Thomas Schäff, Christian Kölling und Wendelin Weis
Nährstoffmängel und deren Kompensation - LWF-aktuell 108

Wälder sind naturnahe Ökosysteme und müssen in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft zahlreiche Funktionen erfüllen. Bei ihrer Bewirtschaftung sind auf lange Sicht die Bodenfruchtbarkeit und das natürliche Produktionspotenzial zu erhalten. In Bayern sind forstliche Standorte sehr vielfältig und weisen im Vergleich mit anderen Bundesländern eine von Natur aus überwiegend günstige Nährstoffausstattung auf. Dennoch können auf nährstoffarmen Standorten Ernährungsmängel auftreten. Möglichkeiten und Vorgehensweisen zur Kompensation solcher Mangelerscheinungen werden hier aufgezeigt.

Bäume benötigen für ihr Wachstum Licht, Kohlendioxid, Sauerstoff, Wasser und mineralische Nährelemente. Hierzu gehören neben den Makronährelementen Stickstoff (N), Phosphor (P), Schwefel (S), Calcium (Ca), Magnesium (Mg) und Kalium (K) auch Spurenelemente wie Eisen (Fe), Mangan (Mn), Kupfer (Cu) sowie Zink (Zn). Die einzelnen Elemente haben ­unterschiedliche Funktionen im Stoffwechsel und stehen untereinander in Wechselwirkung. Für ein gesundes Pflanzenwachstum sind sowohl Mindestnährelementgehalte in den Baumorganen, als auch ausgewogene Verhältnisse der Nährstoffe zueinander erforderlich.

Nährstoffkreislauf im Wald

Fass bei dem die Blanken unterschiedlich lang sind. Bei der kürzesten läuft Wasser aus dem Fass.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Das Minimumprinzip nach Liebig: Die geringste Ressource bestimmt das Wachstum. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Minimumgesetz#

Die Aufnahme der Nährelemente im Boden erfolgt über Wurzeln und mit Hilfe symbiotisch lebender Mykorrhiza-Pilze. Hinsichtlich ihres Wurzelwerks unterscheiden sich die einzelnen Baumarten und können je nach Durchwurzelungstiefe auch weiter entfernte Nährstoffpotenziale im Unterboden nutzen. Letztlich erhöhen Einträge aus der Atmosphäre und Zulieferung aus der Verwitterung den Nährstoffpool in einem Waldökosystem. Anderseits werden Nährelemente ausgewaschen und in Bodenschichten unterhalb des Wurzelraums verlagert oder durch Holzernte und Biomassenutzung entzogen. Diese Nährelemente stehen dem Ökosystem Wald dann nicht mehr zur Verfügung.

Das Ökosystem selbst versucht, durch einen eng geschlossenen Nährstoffkreislauf Nährstoffverluste zu vermeiden. Bäume nehmen Nährelemente auf und lagern diese in ihrer Biomasse ein. Durch den Streufall werden sie dem Humuskörper zugeführt und dort gespeichert. Die Mineralisation des Humus setzt laufend Nährstoffe frei, die wieder von der Vegetation aufgenommen werden können.
weiterlesen

Beurteilung und Identifikation von Nährstoffmängeln

Nährelementmängel führen im Allgemeinen zu nachlassender Wuchsleistung. Will man gezielt Ernährungsmängel ausgleichen, ist jedoch zunächst eine Diagnose zu erstellen. Oftmals sind, ganz im Liebig’schen Sinne, andere Faktoren für die geringere Wuchsleistung verantwortlich.

Laut Waldgesetz für Bayern (BayWaldG, Art. 14,1) ist auf eine Anwendung von Düngemitteln zur reinen Ertragssteigerung zu verzichten. Auch die Richtlinie der PEFC-Zertifizierung stellt klar: Eine Düngung zur Steigerung des Holzertrages ist zu unterlassen. Dagegen gelten Kompensationsmaßnahmen, die die Standortsgüte erhalten oder wiederherstellen, nicht als Düngung, ebenso wenig wie die Pflanzloch- oder Kopfdüngung, die lediglich den Anwuchserfolg sichern. Sie sind damit zulässig (PEFC Deutschland 2014).

Geologie, Standortskarten, das Bayerische Standortinformationssystem BaSIS und Ergebnisse der Bodenzustandserhebung erlauben es, Gebiete mit möglichen Ernährungsschwächen grundsätzlich einzugrenzen. Darüber hinaus geben Humusform und Bodenvegetation (Zeigerpflanzen) vor Ort Hinweise zur Versorgung mit Stickstoff und Phosphor. Bei sehr ausgeprägtem Mangel reagieren Bäume mit Minderwachstum sowie mit charakteristischen Veränderungen von Nadeln, Blättern und Trieben.
weiterlesen

Die Nadelanalyse – am Beispiel Eisenmangel

Zwei Fotos: Oberes: Kiefernbestand; unteres: Bohrstockprofil mit Meterstab, die Bodentiefe liegt bei 20cm.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Im Bohrstockprofil ist die Flachgründigkeit des
Standorts zu erkennen.

Eisenmängel zeigen eine spezifische Symptomatik. Bei Nadelbäumen färben sich die jüngsten Nadeln gelblich (Abbildung 2). Diese Eisenmangelerscheinung tritt vor allem auf flachgründigen Kalkböden auf und wird als Kalkchlorose bezeichnet. Dies beruht darauf, dass diese Mangelerscheinung für anfällige Pflanzen erstmalig auf Kalkböden beobachtet wurde. Sie tritt an den jüngsten Blättern/Nadeln auf, da Eisen innerhalb der Pflanze nur schwer verlagerbar ist.

Eisen ist in Kalkböden von Haus aus nur in sehr geringen Mengen vorhanden und durch den hohen im Boden herrschenden pH-Wert als schwerlösliches Eisenhydroxid gebunden. In dieser Form ist es nicht pflanzenverfügbar.

In einem untersuchten Kiefernbestand bei Wolfratshausen war zur Absicherung der Diagnose »Kalkchlorose« eine Nadelspiegelanalyse erforderlich. Tabelle 1 zeigt auszugsweise die mittleren Nadelspiegelwerte von sieben einzeln analysierten Kiefern auf einem flachgründigen, kalkhaltigen Boden. Für die Symptomgrenze wurde der Median aus der Zusammenstellung von Grenzwerten nach Göttlein (2015) verwendet. Deutlich ersichtlich ist, dass der Mittelwert des Eisengehaltes am oberen Bereich der Symptom-Untergrenze liegt.

Trockenheit und starke Sonneneinstrahlung verstärken die Nadelvergilbung. Trockenheit vermindert einerseits die Nachlieferung des organisch gebundenen Eisens aus der Humusauflage und andererseits ist die Nährstoffdiffusion zu den Pflanzenwurzeln hin geringer. Fallen die Faktoren Trockenheit und starke Sonneneinstrahlung weg, klingt die Vergilbung bei latentem Mangel wieder ab.
Nadelspiegelwerte eines Kiefernbestandes

Calcium- und Magnesiummangel durch ­Bodenversauerung

Nadelwald von obenZoombild vorhanden

Abbildung 3: Unter starkem Magnesiummangel leidender, vergilbter Fichtenbestand im Fichtelgebirge (Sommer 2013). M. Hertel

Auffälligste visuelle Manifestation von Nährstoffmängeln der letzten Jahrzehnte ist die Vergilbung von Fichtennadeln durch Magnesiummangel (Abbildung 3). Als Ursache gilt der »Saure Regen«, der insbesondere in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer Beeinträchtigung der Wälder führte.

Luftverunreinigungen, insbesondere die Emission von Schwefel- und Stickstoffoxiden, bilden zusammen mit Sauerstoff und dem Niederschlagswasser in der Atmosphäre Schwefel- und Salpetersäure. Im Boden führt dieser Säureeintrag zu einer verstärkten Auswaschung basischer Kationen, das sind neben Magnesium auch Calcium und Kalium.

Der summarische Anteil der im Boden vorhandenen Basen wird als Basensättigung ausgedrückt. Bäume auf Standorten, die von Natur aus eine geringere Basensättigung aufweisen und zusätzlich durch hohe Säureeinträge belastet waren, können unter Magnesiummangel leiden und damit Blatt-/Nadelvergilbungen zeigen.
weiterlesen

Bodenschutzkalkung in Bayern

Die Basensättigungstypen der bayerischen Waldflächen und ihre AnteileZoombild vorhanden

Abbildung 4: Die Basensättigungstypen der bayerischen Waldflächen

Die gezielte Kalkung von Waldflächen ist grundsätzlich dazu geeignet, die Stabilität und Ernährungssituation von Wäldern auf versauerten oder zur Versauerung neigenden Standorten zu verbessern. In Bayern ist aufgrund der guten Basenversorgung eine landesweite Bodenschutzkalkung allerdings nicht notwendig. Eine Kalkung wird daher, anders als in anderen Bundesländern, nur auf Standorten für notwendig erachtet, deren Bodenzustand und Ernährungssituation als kritisch beurteilt wird.

Mit diesem differenzierten Vorgehen soll auch gewährleistet werden, dass von der Kalkausbringung keine negativen Auswirkungen auf das Ökosystem und insbesondere auf das Grundwasser ausgehen. Üblicherweise werden für die Kalkung kohlensaure Magnesiumkalke verwendet. Diese Düngekalke sind langsam wirkende Gesteinsmehle aus Dolomit, die neben Calciumcarbonat einen hohen Anteil an Magnesiumcarbonat aufweisen.

Durch Kalkung wird Säure im Boden neutralisiert und so die weitere Versauerung von Boden und Sickerwasser vermindert. Der pH-Wert im Boden steigt, was die Mobilität von Aluminium vermindert. Die Kalklösung bewirkt eine Zufuhr der Nährelemente Calcium und Magnesium und verbessert hier das Nährstoffangebot. Auch das Bodengefüge kann durch Calcium verbessert werden. Kalkung fördert die Mineralisation der Humusauflage und verbessert die Humusform. Zugleich sinkt jedoch der Humusvorrat und im Humus gespeicherte Nährelemente werden mobilisiert.
weiterlesen

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Links

Autoren

  • Thomas Schäff
  • Dr. Christian Kölling
  • Dr. Wendelin Weis