Buche und Buchenwald aus tierökologischer Sicht - LWF Wissen 86
von Olaf Schmidt

Zusammenfassung: Die Beurteilung der Biodiversität in unseren Buchenwäldern hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Sprach man vor ca. 30 Jahren mit Blick auf die spärliche Artenzahl in der Bodenvegetation dieser Wälder noch überwiegend von »artenarmen Buchenwäldern«, hat man vor ca. 20 Jahren zunehmend die verborgene Tierwelt und ihren Artenreichtum im Boden, in und unter der Rinde, im Holz und in den Kronen entdeckt. Wir tragen für unsere heimischen Buchenwaldtypen als wichtige Teile der für Mitteleuropa typischen sommergrünen Laubwälder eine besondere Verantwortung. Der folgende Beitrag versucht die Vielfalt an Tierarten in den Buchenwäldern nach den Orten ihres Vorkommens (z. B. Laub, Rinde, Holz, Boden) vorzustellen und zu charakterisieren. Der Erhalt und die Förderung naturnaher Laubwälder, v. a. der Buchen- und Eichenwälder, und ihrer typischen Lebensgemeinschaften ist eine Forderung, die Naturnahe Forstwirtschaft, klimatoleranter Waldumbau und Artenschutz gleichermaßen erheben.

Buchenwälder, wie sie ohne unser Zutun in Bayern vorherrschen würden, beherbergen tausende von Arten. Doch wo findet sich diese Artenvielfalt? Kaum ein Waldbesucher hat diese Fülle an Arten je bewusst gesehen oder erkannt. Sie ist versteckt im Humus und Boden, in und unter der Rinde, im Holz oder hoch oben in den Baumkronen. Sie entzieht sich unseren raschen Blicken. Im Folgenden wollen wir die verschiedenen Orte des Geschehens an der Buche bzw. im Buchenwald besuchen und einige der dort vorkommenden Tierarten exemplarisch vorstellen.

Die wichtigsten und am weitest verbreiteten natürlichen Waldlebensraumtypen Deutschlands wären Buchen- und Buchen-Mischwälder. Diesen Wäldern kommt als Lebensraum für Tierarten in Mitteleuropa aus mehreren Gründen eine besondere Bedeutung zu (Gulder/Müller-Kroehling 2002):
  • Sie waren die mit Abstand bedeutendste Vegetationsform in der mitteleuropäischen Urlandschaft und gehören heute noch, trotz starker Veränderungen durch den Menschen, zu den naturnächsten Bereichen der Kulturlandschaft;
  • Sie weisen aufgrund ihrer Vertikalstruktur – vom Waldboden bis in den Kronenbereich der Bäume in 30 – 40 m Höhe – gerade für kletternde, stammabsuchende und flugfähige Tierarten ein reichhaltiges Angebot an Nahrung, Deckung und Brutmöglichkeiten auf;
  • Sie besitzen eine große innere Dynamik, d.h. Wälder verändern sich, sie sind befähigt sich aus sich selbst heraus im Laufe der Zeit immer wieder zu erneuern; die Waldentwicklung durchläuft verschiedene Phasen, v.a. bei der Verjüngung sind aber zwei deutlich verschiedene Prinzipien zu erkennen: 1). die kleinräumige, mosaikartige Verjüngung durch gestürzte, überalterte Einzelbäume und -gruppen (sommergrüne Laubwälder); 2.) die flächige, oft auch großflächige, Verjüngung nach Sturm, Waldbrand oder Borkenkäfer-Massenvermehrung über Schlagflora, Pioniergehölze zum Klimaxwald (Nadelwälder).

Die Rolle von Buchenwäldern

Da die Rotbuche auf nicht zu nassen, nicht zu trockenen, nicht übermäßig nährstoffreichen und nicht zu kalten Standorten den anderen Baumarten Mitteleuropas v.a. durch ihre Schattenverträglichkeit auf Dauer überlegen ist, wäre sie bei uns unter natürlichen Verhältnissen beinahe allgegenwärtig. Der Jahresrhythmus dieser sommergrünen Laubwälder ist geprägt durch den Laubfall im Herbst und den Wiederaustrieb im Frühjahr. Buchenwälder sind aber durch den Bestandsschatten der Buche dunkler und feuchter als andere Wälder. Lücken im Kronendach werden durch die plastisch reagierende Buche rasch wieder geschlossen. Die Bodenvegetation ist daher artenärmer als z.B. in Eichenwäldern. Diese zeigen sich als lichte und oftmals sonnendurchflutete Wälder ganz anders dar.
Die grobe Borke der Eichen bietet einer großen Anzahl von Insekten und Spinnentieren Verstecke und damit den Borkenabsuchern wie z.B. Wald- und Gartenbaumläufer und Kleiber, gute Ernährungsmöglichkeiten. Außerdem kann sich unter den lichten Kronen der Alteichen eine zweite, oft sogar eine dritte Schicht mit großem Strukturreichtum etablieren. Darüber hinaus spielen Eichen mit ihrem Höhlenreichtum eine wichtige Rolle für die höhlenbrütenden Vogelarten der Wälder. Im Vergleich hierzu weisen die Buchen- und Buchen-Mischwälder einige Besonderheiten auf (Schmidt 2006):
  • Kennzeichnend ist die hohe Schattenverträglichkeit der Buche; Buchenwälder sind daher oft schattig, dunkel, kühl und feucht und besitzen ein ausgeglichenes Bestandsinnenklima. Sie sind der Vermehrung wärmeliebender Insekten nicht förderlich.
  • Im Buchenwald gibt es sehr viele „Stratenwechsler“ unter den Insekten, d.h. viele Insektenarten verpuppen sich im Boden und leben als Imagines in den Baumkronen.
  • Buchen besitzen lebenslang eine glatte Rinde und bilden nur ausnahmsweise eine Borke aus. Gerade in mittelalten Buchenwäldern, v.a. in Wirtschaftswäldern, sind typische Stammabsucher grobborkiger Bäume, wie Baumläufer, Kleiber und Mittelspecht, seltener; bei Vorhandensein größerer Totholzmengen fühlen sich aber auch diese Vogelarten in Buchenwäldern sehr wohl.
  • Buchen können enorme Baumdimensionen erreichen und bieten so auch dem größten unserer heimischen Spechte, dem Schwarzspecht, die Möglichkeit des Höhlenbaues. Damit werden auch Höhlen für Nachmieter aus der Tierwelt geschaffen (z.B. Dohle, Hohltaube, Kleiber, Bilche usw.).
  • Steile, abgebrochene bzw. abgestorbene Starkäste faulen bei der Buche zu tiefen Stammlöchern aus, die ideale Brut- und Versteckmöglichkeiten für höhlenbrütende Vogelarten ergeben.
  • Blitzschläge oder Sonnenbrand führen zu Rindenschäden, die sich z.B. im Aufplatzen und Abstehen großer Rindenpartien zeigen. Hier ergeben sich für die beiden Baumläuferarten sehr geeignete Brutmöglichkeiten.

Artenreicher Buchenwald

Buchenwälder in ihren verschiedenen Ausprägungen beheimaten eine typische Tierwelt. Man geht von ca. 7000 Tierarten in Buchenwäldern aus. Dabei gelten Buchenwälder als besonders reich an Pilz-, Pflanzen- und Tierarten, die vom Totholz profitieren. Sehr eindrucksvoll wurde bei umfassenden faunistischen Untersuchungen in hessischen Naturwaldreservaten gezeigt, welche tierische Artenfülle in Buchenwäldern vorkommen. So konnten in einem Naturwaldreservat im Vogelsberg ca. 4500 Tierarten gefunden werden. Auf nur 0,000002 % der Fläche Deutschlands konnten dort bereits fast 12 % aller in Deutschland vorkommenden terrestrischen Tierarten nachgewiesen werden (Dorow/Flechtner 1999). Ein eindrucksvoller Beweis für die Bedeutung unserer Buchenwälder zum Erhalt unserer mitteleuropäischen Biodiversität!

Blätter und Kronenbereich der Buche

In der Gesamtartenzahl aller phytophagen Insekten- und Milbenarten nimmt die Gattung der Weiden (Salix) mit 728 Arten den Spitzenplatz ein. Dicht gefolgt von der Gattung Quercus, die mit zwei heimischen Eichen-Arten bei uns vertreten ist, auf denen 699 Arten nachgewiesen wurden. Die weiteren artenreichsten Baumgattungen sind Betula (499) Populus (470) und Prunus (436), was die hohe tierökologische Bedeutung gerade unserer Pionierbaumarten Salweide, Sandbirke und Aspe belegt. (Brändle/Brandl 2001).
Die Buche führt mit 275 Arten das zweite Drittel der Baumarten vor Weißdorn (273) und Hasel (259) an. Sie liegt damit in der Artenzahl Phytophager vor den beliebten Edellaubbaumarten Ulmen (237), Ahorne (210) und Linden (207). Wobei die Gattung Acer, bei vier heimischen Arten, mit 77 spezialisierten Arten eine deutlich höhere Anzahl aufweist als die Buche (44). Das letzte Drittel der dann schon an phytophagen Arten ärmeren Baumgattungen umfasst Tanne (165), Hainbuche (158), Esche (145) bis hin zum Schlusslicht Eibe mit nur 9 Arten. (s. Abb. 1).

Säulendiagramm zeigt die Gesamtartenzahl pflanzenfressender Insekten einiger Baumarten

Abb. 1: Gesamtzahlen phytophager Insekten- und Milbenarten an heimischen Gehölzarten und -gattungen. (nach Brändle/Brandl 2001)

Fast 90 % der Phytophagen des Buchenwaldes finden sich in der Baumkrone und entziehen sich dadurch meist unserer Beobachtung (Weidemann 1978). Schaut man sich die einzelnen Tiergruppen genauer an, so erkennt man Unterschiede. Bei den Schmetterlingen kommen an der Buche 72 Arten vor, an der Gattung Quercus dagegen 205 Arten. Die Weißdorne (103) und die Hasel (81) liegen jetzt in den Artenzahlen vor der Buche, Fichte und Kiefer dagegen deutlich dahinter. (s. Tab. 1)
Tabelle 1: Artenzahlen der in Bayern an Baumgattungen nachgewiesenen Groß-Schmetterlingsarten (Auswahl)
BaumartArtenzahlBaumartArtenzahl
Eichen (Quercus)205Mehl-/Els-/Vogelbeere (Sorbus) 61
Birken (Betula) 182Ahorne (Acer)59
Weiden (Salix) 179Ulmen (Ulmus)54
Kirschen, Schlehen, Zwetschke (Prunus) 163Fichte (Picea)52
Pappeln (Populus)136Hainbuche (Carpinus)46
Weißdorne (Crataegus)103Kiefer (Pinus)42
Hasel (Corylus)81Linden (Tilia)42
Buche (Fagus)72Esche (Fraxinus)42
Der rostbraun gefärbte Nagefleck mit schwarzen Flecken an den Flügeln sitzt auf einem AstZoombild vorhanden

Abb. 2: Nagelfleck (Aglia tau), Männchen. (© S. Braun)

Ein typischer und auffälliger Buchenwaldschmetterling, hauptsächlich des Waldmeister-Buchenwaldes, ist der Nagelfleck (Aglia tau), dessen Männchen (Abb.2) meist Ende April/Anfang Mai mit gaukelndem Flug in den Buchenwäldern auf sich aufmerksam machen. Sie suchen die meist regungslos an den Stammfüßen der Buchen sitzenden Weibchen, um sich mit ihnen zu paaren.

Nach der Begattung legen die Weibchen in den Kronen ihre Eier ab, aus denen eigenartige Räupchen (Abb.3) schlüpfen, die rot-weiße Dornfortsätze auf der Haut tragen. Sie ernähren sich von Buchenblättern und verpuppen sich im August in einem lockeren Gespinst im dürrem Buchenlaub am Waldboden. (Fath/Schwab 2015, Schmidt 1991).
Die hellgrüne Raupe des Nageflecks isst an einem BlattZoombild vorhanden

Abb. 3: Nagelfleck (Aglia tau), Raupe. (© S. Braun)

Eine weitere typische Schmetterlingsart, die hauptsächlich auf Buchen angewiesen ist, ist der Buchen-Zahnspinner (Stauropos fagi) mit seiner auffälligen, skurrilen Raupe (Abb.4), die bis 55 mm groß werden kann. In den ersten Raupenstadien ähnelt die langbeinige und bewegliche Raupe einer Ameise, im letzten Raupenstadium biegt sie Vorderkörper und Hinterleib bei Gefahr nach oben und ähnelt dann in dieser Haltung einer Fangschrecke. Die Raupe verpuppt sich in einem dichten Kokon im Buchenlaub und überwintert als Puppe. Die Flugzeit der graubraunen Falter fällt dann in die Monate April/Mai. Hoch oben in den Kronen der Buchen älterer Buchenwälder basenreicher Standorte lebt meist unentdeckt der Schwarzeck-Zahnspinner (Drymonia obliterata), dessen Raupen sich ebenfalls von Buchenlaub ernähren. Die Buchenkahneule (Hylophila prasinana) frisst als Raupe von Juli bis Oktober ebenfalls bevorzugt an Buchenblättern. Die Raupe verpuppt sich auf einem Buchenblatt und fällt mit diesem dann im Herbst zu Boden, um dort zu überwintern.
Der zu den Trägspinnern gehörende Buchen-Rotschwanz (Calliteara pudibunda, Abb. 5) hat seinen Namen von dem roten rasierpinselartigen Haarschopf am Hinterleib seiner Raupe (Abb.6). Der Falter selbst ist unscheinbar grau gefärbt. Die Vorderbeine zeigen in Ruhehaltung immer nach vorn, daher wird der Falter auch Buchen-Streckfuß genannt. In Buchenwäldern des Spessarts gab es früher immer wieder Massenvermehrungen dieser Schmetterlingsart, aber da die Hauptfraßzeit spät im August liegt, sind die forstlichen Auswirkungen selbst bei massenhaftem Auftreten nur geringfügig.
Die braune Raupe des Buchen-Zahnspinners sitzt auf einem Blatt

Abb. 4: © S. Braun

Der weiß-graue Buchen-Rotschwanz (Nachtfalter) sitzt auf einer Rinde

Abb. 5: © S. Braun

Die gelb-schwarze Raupe des Buchen-Rotschwanzes mit einem roten Haarschopf am Hinterleib

Abb. 6: © S. Braun

In Buchenblättern treten auch Minierer auf, so z.B. die Buchenminiermotte (Phyllonorycter maestingella, syn. Lithocolletis faginella), die an der Blattunterseite zwischen zwei Blattadern eine längliche Platzmine erzeugt. Bei massenhaftem Auftreten können sich bis zu fünf Minen auf einem Buchenblatt befinden. Es kommen jährlich zwei Generationen vor.
Ein Rynchaenus fagi- Käfer in Nahaufnahme. Er ist nur ca. 2 mm groß, wie eine Skala zeigt.Zoombild vorhanden

Abb. 7: Rynchaenus fagi-Käfer, frisch geschlüpft. (© FVA-BW)

Ein weiterer Minierer in Buchenblättern ist der Buchenspringrüßler (Rynchaenus fagi) (Abb.7), der zu den häufigsten Insekten in Buchenwäldern zählt. Er ist auch die einzige wirklich monophage Käferart an der Buche.

Die Weibchen legen ihre Eier immer an der Mittelrippe des Buchenblattes ab. Von dort minieren die Käferlarven anfangs, um dann die Gangmine am Blattrand zu einer Platzmine zu erweitern (Dreyer 1991). Das führt zu einer teilweisen Braunfärbung der Blätter und kann leicht vom Boden aus mit Spätfrostschäden verwechselt werden. Die Käfer selbst verursachen Lochfraß in den Blättern und Fraß an den Blattstielen. Dieser Käferfraß an den Blattstielen führt zu vorzeitigem Abfall der noch grünen Buchenblätter.

In den Anfangsjahren der Waldschadenserhebungen wurde dieser grüne Blattfall der Buche als Symptom der Waldschäden gewertet. Es ist Roloff (1985) zu verdanken, dass die wahren Verhältnisse zwischen Käferfraß an den Blattstielen und dem vorzeitigem Blattfall aufgeklärt wurden. Selbst bei massenhaftem Auftreten des Buchenspringrüßlers sind die forstlichen Auswirkungen vernachlässigbar.
Eine Galle auf einem Blatt in NahaufnahmeZoombild vorhanden

Abb. 8a: Gallen der Buchengallmücke (Mikiola fagi). (© A. Waagmeester)

Bei den Gallen-Induzierern und den Blatt-Minierern finden sich an der Buche die meisten wirklichen Buchen-Spezialisten. Aufgrund ihrer endophagen Lebensweise sind diese Arten besonders eng an bestimmte Wirtspflanzen gebunden (Walentowski et.al. 2010). Die Buchengallmücke (Mikiola fagi) tritt in allen Buchenwäldern monophag an Buchenblättern auf. Ihre eiförmigen, spitzen und harten Gallen auf der Blattoberseite der Buchenblätter sind nicht zu übersehen (Abb.8a). Die Weibchen legen ihre Eier in die Schuppen der Buchenknospen ab. Ihre Endgröße erreichen die entstehenden Gallen im Mai mit bis zu 12 mm. Erst sind diese Gallen grün, später rotbraun gefärbt. Im April erscheinen die Imagines. Die Larven darin wachsen bis zum Herbst und verschließen dann die Gallen mit einem Gespinst. Im Oktober fallen die Gallen von den Blättern ab und zu Boden. Die Larven überwintern in den Gallen und verpuppen sich hier. Die Buchengallmücke erreicht eine Größe von bis zu 5 mm und ist an ihrem roten Hinterleib gut zu erkennen (Bellmann 2012) (Abb8b). Es konnten schon bis zu 24 Gallen pro Buchenblatt gezählt werden. Trotzdem ist der „Schaden“ für die Buche unbedeutend. (Schmidt 1991).
Eine kleine Larve befindet sich im inneren der aufgeschnittenen GalleZoombild vorhanden

Abb. 8b: Aufgeschnittene Galle der Buchengallmücke (Mikiola fagi) mit Larve. (© F. Vincentz)

Ebenfalls auf Buchenblättern treten die kleineren, kugeligen und behaarten, ca. 3 – 5 mm großen Gallen der Buchenblattgallmücke (Hartigiola annulipes) auf. An den Buchenblättern finden sich manchmal unterseits weiße Wachswolle, die auf die Buchenblatt-Wolllaus (Phyllaphis fagi) zurückgehen.

Diese Lausart überwintert als Ei an den Buchenknospen. Mit dem Laubausbruch schlüpft die Larve. Die Saugtätigkeit kann zu eingerollten, gewellten Blatträndern, zu Schiffchenbildung und zur Braunfärbung führen. Bei älteren Buchen ist diese Saugtätigkeit unbedeutend, Buchenkeimlinge können aber bei starkem Buchenblatt-Wolllaus-Befall absterben.

Leben auf, in und unter der Buchenrinde

Eine Besonderheit der Rotbuche ist, dass sie i.d.R. keine Borke ausbildet und bis ins hohe Alter ihre silbergraue Rinde behält. Auf dieser glatten Rindenoberfläche siedeln sich gerne Algen an, die als Nahrungsbasis für Schneckenarten dienen. Der weit verbreitete Steinpicker (Helicigiona lapicida), einen Schnirkelschneckenart, kommt sowohl an Kalkfelsen (Name!) als auch in Buchenwäldern vor. Er lebt gern auf der Buchenrinde, um dort den Algenbelag abzuweiden. In den 1980/90er Jahren zeigte diese Schneckenart aber große Bestandseinbrüche bei ihren Buchenwaldpopulationen, was auf das besonders saure Stammabflusswasser an Buchenstämmen zurückgeführt wurde. Durch sein gekieltes Gehäuse, das einen Durchmesser von 15 – 17 mm erreichen kann, ist diese Schneckenart gut zu erkennen. Ebenfalls den Algenbewuchs auf der Rinde weiden verschiedene Arten der Schließmundschnecken (Clausiliidae) ab. Diese Schnecken besitzen ein turmförmiges, meist 12 – 17 mm hohes Gehäuse, das im Gegensatz zu den meisten anderen heimischen Schneckenarten linksgewunden ist. Alle Schließmundschnecken sind Zwitter.
Buchenstamm mit weißen hantelgroßen Flecken, des Weißen RindenpilzesZoombild vorhanden

Abb. 9: Athelia epiphylla (© A. Kunca)

Einige Pilzarten haben sich auch darauf spezialisiert, die Zellen der auf der Rinde lebenden Grünalgen auszusaugen. So kann man den Weißen Rindenpilz (Athelia epiphylla) (Abb.9) häufig auf Buchenrinde beobachten. Durch seine auffällige Erscheinung mit handtellergroßen weißen Flecken ist diese für die Buche harmlose Pilzart nicht zu übersehen (Butin 2011). Ein Zusammenspiel von Schnecken und einer Pilzart kennen wir auch von dem Schwarzen Rindenschorf (Ascodichaena rugosa) (Abb.10) der Buche. Diese Zusammenhänge wurden erst 1977 restlos aufgeklärt. Die fleckenartigen, schwarzen und rauen Streifen auf der Buchenrinde waren zwar schon lange bekannt, aber die Verbreitung der Sporen über Schnecken war unbekannt. Auch dass diese Pilzart ein hoch spezialisierter Rindenparasit ist, der allerdings nur die bereits abgestorbenen Zellen der Rindenkorkschicht besiedelt, war lange unbekannt (Butin 2011).
Auf der Buchenrinde lebt auch die Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagi) (Abb.11a), die durch ihre Saugtätigkeit in der Rinde zu kleinen Verletzungen führt, in die dann der Pilz Nectria coccinea eindringen und das Rindengewebe zum Absterben bringen kann. Es kommt zum Schleimfluss, weswegen diese Erscheinung auch als Buchenschleimfluss-Krankheit (Abb.11b) bekannt ist.
Schwarzer Rindenschorf am Stamm einer Buche

Abb. 10: © Jugrü

Die Buchenwollschildlaus

Abb. 11a: © S. Rae/Flickr

bräunlicher Schleim fließt den Stamm hinab

Abbildung 11b; © S.Thierfelder

der dunkelbraun gefärbte Großer Buchenborkenkäfer von obenZoombild vorhanden

Abb. 12: Großer Buchenborkenkäfer © U. Schmidt / Wikipedia

Im Vergleich zu anderen Baumarten kommen an der Buche nur wenige Borkenkäferarten vor. Es sind nur 10 Arten bekannt. An der Gattung Picea (Fichte) treten dagegen 38, an der Gattung Pinus (Kiefer) sogar 59 und an der Gattung Quercus (Eiche) 16 Borkenkäferarten auf.

An der Buche sind es v.a. der ca. 2 mm große Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) (Abb.12) und der 1 – 2 mm messende Kleine Buchenborkenkäfer (Ernoporicus fagi), der hauptsächlich stärkere, absterbende Buchenäste besiedelt. Nach dem Trockenjahr 2003 trat der Buchenborkenkäfer häufiger auf. Er legt in der Buchenrinde ein Gangsystem mit meist 5 – 8 Untergängen an. Häufig findet sich auch an Buchen der aus Ostasien eingeschleppte Schwarze Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus) mit seinen typischen Bohrmehlwürstchen.
Ebenfalls unter der Rinde der Buchen können sich verschiedenen Prachtkäferarten entwickeln. Sind Buchenwälder durch anhaltende und mehrjährige Trockenheit und Dürre in ihrer Vitalität geschwächt, kann der grünschillernde Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) (Abb.13) solche Buchen befallen und als letztes Glied in der Kette zum Absterben bringen. Häufiger können aber noch die Prachtkäfer-Arten [i]Agrilus sulcicollis, A. angustulus und A. olivicolor an Buchen auftreten (Vogel et.al. 2020).
Eine Besonderheit stellt der seltene Berliner Prachtkäfer (Dicerca berolinensis) (Abb.14) dar, der hauptsächlich in über 180-jährigen Buchenwäldern vorkommt und sich bevorzugt in anbrüchigen und abgestorbenen Buchen entwickelt. Diese bis 20 – 24 mm große und seltene Prachtkäferart konnte 2004 und 2021 im Steigerwald bei Ebrach und 2017 im Naturwaldreservat Mittelberg bei Beilngries nachgewiesen werden.
Die smaragdgrünen Käfer auf einem Blatt in Nahaufnahme

Abb. 13: © Siga / Wikipedia

Der schimernde Berliner Prachtkäfer auf einem Blatt

Abb. 14: © J. Schißlbauer

Xylobionte Arten im Buchenholz

der schwarz gefärbte Balkenschröter mit imposanten Mundwerkzeugen auf einer RindeZoombild vorhanden

Abb. 15: Sinodendron cylindricum (© Siga / Wikipedia)

Die Prachtkäfer und der Schwarze Nutzholzborkenkäfer leiten zu den xylobionten Insekten an der Buche über. Aus der Käferwelt ist hier der 12 – 16 mm große Kopfhornschröter (Sinodendron cylindricum) (Abb.15), ein Verwandter des Hirschkäfers, zu nennen, der bevorzugt in weißfaulem, noch stehendem Buchentotholz, aber auch im Totholz anderer Laubbäume (Hainbuche, Hasel, Eiche) vorkommt und sich dort entwickelt. Die Männchen tragen ein gut erkennbares Horn am kleinen Kopf.

Häufiger als diese Art ist in Wäldern und Parks mit alten Buchen bzw. Laubbäumen der Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus) (Abb.16) zu finden. Der stattliche, 19 – 32 mm große Käfer besitzt deutlich sichtbare Oberkiefer (Mandibel). Auch er entwickelt sich in alten, weißfaulen Laubhölzern, meist Buche, aber auch Linden, Pappeln, Obstbäumen. Die Entwicklungszeit beträgt zwei bis drei Jahre.

Der Buchenbock (Cerambyx scopolii), der die Buche im Namen trägt, ist dagegen weniger im eigentlichen Buchenwald zu finden, da er etwas wärmebedürftiger ist und gerne in lichten Laubwäldern und an Waldrändern vorkommt. Die ca. 17 -28 mm großen Käfer sitzen von Mai bis Juli häufig auf Blüten, z.B. des Weißdorns. Die Larven entwickeln sich zweijährig in verschiedenen Laubhölzern, z.B. Buche, Birke, Obstbäume, Eiche, Edelkastanie.
Der matt-schwarze Balkenschröter mit weit geöffneten Mundwerkzeugen auf einer RindeZoombild vorhanden

Abb. 16: (© artas / stockphoto.com)

Von den ca. 300 xylobionten Arten an der Buche ist keine Art monophag an sie gebunden. Die meisten Käferarten können sich auch im Eichenholz oder Holz anderer Laubbäume entwickeln (z.B. Birke, Pappel, Weide). (Walentowski et. al. 2010). Aufgrund ihrer weiten und flächigen Verbreitung kommt der Buche dennoch eine wichtige Rolle beim Erhalt unserer typischen Totholzkäfer-Fauna zu. Bei neueren Untersuchungen im sog. „Astbündelprojekt“ nahm die Buche mit der Artenzahl der an ihr gefunden xylobionten Käfer einen Platz im ersten Viertel der untersuchten 42 europäischen Baumartern ein (Vogel et.al. 2020).

Eine Besonderheit der Buchenwälder ist ihr Reichtum an Pilzarten, v.a. auch an holzbesiedelnden und holzzersetzenden Arten. Gerade diese Pilzkonsolen der Holzpilze sind wiederum ein Lebensraum für verschiedene Käferarten v.a. der Baumschwammkäfer (Ciidae) und der Pilzkäfer (Erotylidae). Ein bekanntes Beispiel ist der Zunderschwamm-Schwarzkäfer (Bolitophagus reticulatus), der die Fruchtkörper des Zunderschwammes (Fomes fomentarius) besiedelt. Bei sog. sauberer Waldwirtschaft und Entnahme aller anbrüchigen Buchen mit Zunderschwamm-Besatz verschwindet diese Käferart aus den so bewirtschafteten Buchenwäldern.

Bucheckern als Nahrungsressource für Tiere

Bei der Buche gab es in den letzten Jahrzehnten etwa in einem Drittel der Jahre Halb- und Vollmasten (Konnert et.al. 2014). In einem Mastjahr produziert eine Buche etwa 15 -20 kg (30 kg) Bucheckern und bei 100 – 130 gut bekronten und masttragenden Buchen pro ha sind das Bucheckern-Mengen von 1500 – 2000 kg/ha, in extremen Fällen sogar bis 3000 kg/ha.
Der lachs-farben und grau-schwarz-weiß gefärbte Bergfink sitzt auf einem AstZoombild vorhanden

Abb. 17: Bergfink-Männchen im Übergang vom Winter- zum Prachtkleid. (© K. Chapman / Wikipedia)

Ein enormes Nahrungsangebot für alle samenfressenden Tierarten, z.B. Eichhörnchen, Wald-, Gelbhals- und Rötelmäuse, Siebenschläfer, Haselmaus, Wildschweine, Dachs, Ringeltaube, Eichelhäher, Kleiber, Meisen, Buch- und Bergfinken. Buchen tragen aber nicht jedes Jahr so große Mengen an Bucheckern. Seit Ende der 1980er Jahre zeigen die Ergebnisse der Fruktifikationserhebungen aber die Tendenz zu kürzeren Abständen der Fruktifikation.

Von den Vogelarten sind 26 Arten bekannt, die Bucheckern als Nahrung aufnehmen, hier sind v.a. Ringeltaube, Meisen, Kleiber, Kernbeißer, Gimpel, Buch- und Bergfink zu nennen (Turcek 1961). Ein besonderer Liebhaber der Bucheckern ist der aus Nordeuropa in manchen Samenjahren der Buche massenhaft einfliegende Bergfink (Abb.17). Über die spektakulären Einflüge und v.a. über die Massenschlafplätze dieser Art wird in den Medien immer wieder berichtet (Schürmann 1985). Die Bucheckern in unseren mitteleuropäischen Buchenwäldern sind im Winter die Hauptnahrung für diese aus den Nadel- und Birkenwäldern Nordeuropas und Asiens stammende Vogelart.

Wegen des massenhaften Einfalls von Bergfinkenschwärmen in Buchenwälder und des Verzehrs von Bucheckern wurde diese Vogelart im älteren forstlichen Schrifttum meist als „forstschädlich“ eingestuft, da man ein Ausbleiben der Buchen-Naturverjüngung befürchtete. Eine Einschätzung, die in heutiger Zeit als überholt gilt.
Der Kleiber ist ein weiterer bekannter Singvogel unserer Wälder und im Winter ein beliebter und gern gesehener Besucher an den Vogel-Futterstellen. Als Indikator-Art hat der Kleiber jedoch hohe Bedeutung für alte, strukturreiche und naturnahe Buchen- bzw. Laubwälder. Er bevorzugt ältere und totholzreiche Waldentwicklungsphasen. Hier findet er genügend Spechthöhlen und auch natürliche Höhlungen, wie z.B. ausgefaulte Astlöcher. Im Frühjahr und Sommer stellen Insekten, ihre Entwicklungsstadien und Spinnen seine Hauptnahrung dar.
Im Herbst und Winter stellt er seine Ernährung auf pflanzliche Kost um und ernährt sich von den Samen vieler Laub- und Nadelbäume. Hier kommt der Buche mit ihren ölhaltigen Bucheckern und ihrer weiten Verbreitung eine Schlüsselrolle für die Ernährung des Kleibers zu. Bei verschiedenen Untersuchungen zeigte sich, dass sich gute Buchenmasten offensichtlich günstig auf die Überlebensrate der Kleiber im Winter auswirken. In Jahren mit guter Buchenmast kam im Herbst eine höhere Anzahl von Jungvögeln vor. Allerdings wird die Sterblichkeit der Vögel im Winter hauptsächlich durch die Härte des Winters bestimmt. (Zang 2003, Zang/Kunze 2007).
Insgesamt sind die Zusammenhänge sehr komplex und nicht monokausal. Die beiden Einflussfaktoren Buchenmast und Winterhärte wirken etwa in gleicher Größenordnung auf die Kleiber-Population ein.

Das kann auch Auswirkungen auf andere Vogelarten haben, denn nimmt die Kleiber-Population nach einer Buchenmast zu, geht im Folgejahr die Trauerschnäpper-Population zurück, weil dieser nicht mehr genügend Bruthöhlen findet.
Wald-, Gelbhals- und Rötelmäuse profitieren ebenfalls vom Nahrungsangebot der Bucheckern. Sie verstecken diese Früchte im Boden und aus diesen „vergessenen“ Verstecken können dann im nächsten Jahr büschelweise Buchen keimen. So tragen die Mäuse zur Ausbreitung der Buche bei. Allerdings ist die Entfernung, in der die Mäusearten ihre Verstecke anlegen, sehr gering und wesentlich kürzer als z.B. die Entfernung, die ein Eichelhäher mit Eicheln zurücklegt. Diese geringe Ausbreitungstendenz der Buche mag ein Grund für die späte und verzögerte Rückwanderung der Buche nach der Eiszeit nach Mitteleuropa sein.
Die Raupen des Buchenwicklers (Lapeyresia fagiglandana) entwickeln sich in Bucheckern. Nach dem Verlassen der Buchecker erkennt man ein kreisrundes Ausbohrloch.

Artenreiche Bodenlebewelt

Ein artenreicher, aber meist auch unbekannter Lebensraum ist der Humus und der Oberboden in Wäldern. Die Waldböden werden von einer ungeheuren Vielfalt von Bodentieren und z.T. mit hohem Individuenreichtum besiedelt. Diesen Bodenlebewesen, v.a. Springschwänzen, Hornmilben, Regenwürmern, Asseln, Saftkugler, Schnurfüßer, Schnecken u.a.m. kommt die Rolle zu, den Abbau der organischen Substanz zu beschleunigen.

Durch Zerkleinern des organischen Abfalls, der Streu, schaffen diese Organismen Raum für Bakterien und Pilze, die den Waldbäumen und anderen Pflanzen dann die Nährstoffe schneller zur Verfügung stellen können. Dabei werden die Bodenlebewesen aufgrund ihrer Größe in Mikrofauna (0,002 – 0,2 mm), Mesofauna (0,2 – 2,0 mm) und Makrofauna (ab 2,0 mm) eingeteilt. Größere Tiere, z.B. Kleinsäuger, Wühlmäuse, Regenwürmer, zählen dann zur Megafauna (ab 20 bzw. 100 mm).

Eine Besonderheit im Buchenwald sind die Stratenwechsler, d.h. ein Großteil der bodenlebenden Gliederfüßer nutzt den Boden nur phasenweise. Es kann davon ausgegangen werden, dass rd. 75 % aller Waldinsekten ein Stadium im Boden verbringen (Schulz 1998). Die Meso- und Makrofauna der Waldböden in Buchenwäldern wird von Trauer-, Pilz- und Haarmücken dominiert. Ihre Larven zählen zu den wichtigsten Bodentieren, denn sie setzen bis 1/3 des Bestandsabfalls um. In Buchenwäldern auf sauren Standorten sind die Larven von Trauer- und Pilzmücken die wichtigsten Erstzersetzer des Buchenlaubs (Schulz 1998).
Auch Schnecken gehören zur Meso- und Makrofauna des Bodens in Buchenwäldern. Aufgrund der feuchten, schattigen und kühlen Verhältnisse in den meisten Buchenwäldern treten Schnecken dort sehr artenreich auf. Bei Untersuchungen in rund einem Drittel der bayerischen Naturwaldreservate konnten 177 Molluskenarten nachgewiesen werden. Dabei dominierten die Gehäuseschnecken mit 111 Arten deutlich vor den Nacktschnecken (Strätz 2009). Die höchsten Artenzahlen fanden sich mit 66 Arten im NWR Wasserberg, einem Buchenwald in der Frankenalb, gefolgt vom Auwald im NWR Mooser Schütt mit 61 Arten. Aber auch in den Buchen- und Buchenmischwäldern der Rhön und des Frankenwaldes konnten Artenzahlen von 55 – 60 Arten gefunden werden. Wobei eine wichtige Steuerungsgröße auch bei den Landschnecken der Totholzanteil darstellt. In bewirtschafteten Laubwäldern mit nur geringem Totholzanteilen waren die Artenspektren bis zur Hälfte reduziert (Strätz 1999).
Ebenfalls zur Makrofauna zählen im Waldboden von Misch- und Laubwäldern mit einer Größe von meist 9-14 mm die Vertreter der Waldschaben (Ectobius spec.), die sich von abgestorbenen und zersetzten Pflanzenteilen ernähren. In Mitteleuropa kommen acht Waldschaben-Arten vor. Am häufigsten ist die Gemeine Waldschabe (Ectobius lapponicus), die ca. 9 -12 mm Größe erreicht und meist zwischen Mai und September in den Wäldern zu finden ist. In den letzten Jahren machte die aus Südeuropa stammende Bernstein-Waldschabe (Ectobius vittiventris) von sich reden. Der Erstnachweis für Deutschland stammt aus dem Jahr 2002, für Bayern aus dem Jahr 2011. Sie kommt gerne in Gärten vor und dringt im Herbst häufig in Häuser ein, wo sie oft mit anderen schädlichen und lästigen Schabenarten verwechselt wird. Von der Bernstein-Waldschabe geht aber für Vorräte und die menschliche Gesundheit keine Gefahr aus. Sie ist harmlos.

Vogelwelt der Buchenwälder

Vögel sind die arten- und individuenreichste Wirbeltiergruppe in unseren Breiten. Sie besiedeln alle vorkommenden Lebensräume in Mitteleuropa. Rund 100 der 260 regelmäßig in Deutschland brütenden Vogelarten sind an Wälder gebunden. 76 Vogelarten werden als Waldvögel im engeren Sinne bezeichnet, darunter 50 Singvogelarten. Wälder sind in Mitteleuropa die Ökosysteme mit den meisten Vogelarten. Wobei sich die Wälder je nach Alter, Struktur, Baumarten, Höhenlage und weiteren Faktoren durchaus unterscheiden. Daher kommen nicht in allen Wäldern immer die gleichen Vogelarten vor. Das sieht man besonders deutlich im Unterschied der Vogelwelt der Laub- und Nadelwälder.
Für den Vogelschutz besonders bedeutsam sind reife, alte Wälder, die in ihrer Zerfalls- und Optimalphase mit Verjüngungskernen eine große Struktur- und Nischenvielfalt auf engstem Raum bieten, die wiederum zu einer Vielfalt an Tier- und Vogelarten führt. Die Allerweltsart Buchfink kann hier neben dem Spezialisten Zwergschnäpper vorkommen. Häufig in Buchenwäldern zu finden ist der Schwarzspecht, der bestimmte Durchmesser von Stämmen für die Anlage seiner großen Höhlen benötigt. Er spielt mit der Anlage dieser großen Höhlen eine wichtige Rolle in der Lebensgemeinschaft des Waldes auch für andere höhlenbewohnende Tierarten, z.B. Hohltaube, Raufußkauz, Fledermäuse, Hornissen u.a.m. Auch der Mittelspecht kommt in Buchenwäldern vor, v.a. wenn es genügend Biotopbäume und Totholz dort gibt. Bei Untersuchungen in bayerischen Vogelschutzgebieten stellte sich ein Wert von mindestens sechs Biotopbäumen pro ha als notwendig für den Mittelspecht dar. Auch sollten die Laubwaldbestände in der Größe von 4 – 20 ha liegen, um vom Mittelspecht besiedelt werden zu können. Förderlich wirkt sich auf den Mittelspecht, der als „Stocherspecht“ bekannt ist, ein Anteil von bis zu 30 % rauborkiger Laubbaumarten aus (z.B. Eiche). (Kudernatsch et. al. 2020). Auch der Grauspecht kommt gerne in Buchenwäldern vor, wobei er auch andere strukturreiche Wälder nicht meidet. Er ist weniger als der Grünspecht auf Ameisen als Hauptnahrung angewiesen und kann auch große geschlossene Wälder besiedeln, sofern genügend Strukturen und Grenzlinien vorhanden sind.
Von den Singvogelarten können Sumpfmeise und Waldlaubsänger als typische Vogelart der Buchenwälder gelten. In Mitteleuropa besiedelt auch der Zwergschnäpper bevorzugt alte, höhlenreiche Buchenwälder in luftfeuchter Lage. Der Eichelhäher kommt ebenso als Begleitart in Buchenwäldern vor, wie die häufigen und dominanten Singvögel Buchfink und Kohlmeise.

Struktur- und Nischenvielfalt führen zur Artenvielfalt

Naturnahe, dem Standort angepasste Laub- und Mischwälder, die außerdem reich strukturiert sind und alt werden dürfen, bieten die besten Voraussetzungen für ein vielfältiges Vogelleben. Je älter und ausgereifter ein Waldbestand ist, umso mehr Struktur- und Nischenvielfalt kann er bieten. Je gestufter und strukturierter ein Wald ist, umso mehr Vogelarten mit unterschiedlichen Ansprüchen können dort gleichzeitig leben. Das größte Angebot an solchen Strukturen findet sich in reifen Wäldern in der Alters - und Zerfallsphase. Es kommt zu einem kleinräumigen Wechsel der Strukturen. Dadurch wird eine Nischenvielfalt auf engstem Raum ermöglicht, die verschiedenen Vogel-Gilden, z.B. Knospenabsucher, Zweigkletterer, Borken- und Rindenabsucher, Stammkletterer, Boden-, Frei- und Höhlenbrüter auf der gleichen Fläche Lebensraum bietet. Aus der Strukturvielfalt folgt die Nischenvielfalt und aus dieser die tatsächliche Vielfalt an Vogelarten.
Auffallend ist, dass viele der Waldvogelarten in Deutschland eine stabile oder positive Bestandsentwicklung aufweisen und nur wenige national bedroht sind. Von den Waldvögeln unter den Singvogelarten hat der Halsbandschnäpper in den letzten Jahrzehnten im Bestand stark abgenommen und wird daher auf der Deutschen Roten Liste geführt. Auch beim Waldlaubsänger sind regional große Bestandseinbrüche zu verzeichnen. Mehr als ein Fünftel des Weltbestands von Sumpfmeise, Sommergoldhähnchen und Misteldrossel brüten bei uns.

Laubwälder spielen also aus globaler Vogelschutzsicht eine zentrale Rolle in Deutschland. Bei uns waren am Ende der nacheiszeitlichen Wiederbewaldung Rotbuchen-Wälder der vorherrschende Primärwaldtyp, der ursprünglich weite Teile Deutschlands bedeckte. Die Rotbuche selbst besitzt aber ein eher kleines Verbreitungsgebiet, das sich von Westeuropa über das westliche Mitteleuropa bis auf den Balkan und die Karpaten erstreckt und dessen Zentrum mit einem Viertel des potenziellen Areals in Deutschland liegt.

Der besondere Stellenwert deutscher Buchenwälder wurde 2008 anlässlich der UN-Konferenz zur Biodiversität in Bonn hervorgehoben. Neben der Buche spielen Stiel- und Traubeneiche als Primärwald-Baumarten in Deutschland eine wichtige Rolle (z.B. Auwälder, Eichen-Hainbuchenwälder). So ist es zu erklären, dass sich einige und durchaus häufige Vogelarten besonders an Eichen- und Buchenwälder, d.h. Laubwälder, angepasst haben und ein entsprechend begrenztes Verbreitungsgebiet, weltweit gesehen, besitzen, so z.B. Sumpfmeise, Gartenbaumläufer, Sommergoldhähnchen und Rotkehlchen.
Gerade der Schutz und die Wiederherstellung naturnaher Laubwälder, insbesondere Buchen- und Eichenwälder, muss im Vogelschutz mehr Aufmerksamkeit bekommen. Hier treffen sich auch die Interessen eines klimatoleranten Waldumbaus mit denen des Artenschutzes. Wichtig wären auch der Erhalt bzw. die Wiederherstellung naturnaher Auwälder und Flussauen.

Mutter des Waldes

Wälder mit führender Buche gibt es nur in Mitteleuropa und in einigen Teilen West- und Osteuropas. Weltweit gesehen besitzt die Rotbuche ein recht kleines Verbreitungsgebiet, das auch große Teile von Deutschland umfasst. Unter dem Gesichtspunkt, die Lebensgemeinschaften und Arten zu schützen, für die wir hier in Mitteleuropa weltweit die Verantwortung tragen, sollten wir auch erkennen, dass der Erhalt und die Erweiterung der Buchenwälder, und anderer Laubwälder, unser mitteleuropäisches Naturerbe darstellt (Flade 1995). Auch im Klimawandel wird die Buche auf längere Zeit das Rückgrat des klimatoleranten Waldumbaus bleiben (Kölling et.al. 2005).

Summary:
The assessment of biodiversity in our beech forests has changed over recent decades. Around 30 years ago, the sparse number of different species in the ground vegetation of beech forests caused people to refer to them predominantly as “species-poor” beech forests, whereas 20 years ago, people increasingly began to discover the hidden fauna and great wealth of species in the soil, in and under the bark, in the wood and in the crowns. We bear a special responsibility for our native beech forest types as important parts of the deciduous broadleaf forests typical of Central Europe. The following article aims to present and characterise the diversity of animal species in the beech forests according to the places where they occur (e.g. in foliage, bark, wood, soil). The preservation and promotion of near-natural deciduous forests, especially beech and oak forests and their typical biological communities, are essential for close-to-nature forestry, climate-tolerant silviculture and species conservation.

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