Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 133

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden Sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF aktuell.

Ernte von Zerreichensaatgut angelaufen

Eichenbestand mit grünen BlätternZoombild vorhanden

Eichenbestand in Italien (© H. Haumaier, AWG)

Im Rahmen des Projekts »QPFC-Bewertung der Anbaueignung von Herkünften der drei mediterranen Eichenarten Flaumeiche, Ungarische Eiche und Zerreiche in Süddeutschland« führte das Amt für Waldgenetik (AWG) Ende Oktober 2021 eine Einsammlung von Zerreicheln in Norditalien, ca. 20 km östlich von Verona, durch.

Unter fachkundiger Mitwirkung von Kollegen des »Centro Nazionale Carabinieri Biodiversità« in Peri (staatliche Samenklenge) konnten aus zwei Zerreichenbeständen insgesamt 31 kg Saatgut gesammelt werden. Parallel dazu erfolgte eine repräsentative genetische Beprobung der Samenbäume. Beide Bestände hatten ein Alter von cira 60–70 Jahren und wurden früher vorwiegend im Niederwaldumtrieb genutzt. Aufgrund der Brennholzbewirtschaftung hat keine Qualitätsauslese stattgefunden. Die Zulassungskriterien für Saatguterntebestände konnten daher nur eingeschränkt angewendet werden. Das Erntegut kommt im AWG Versuchspflanzgarten Laufen zur Aussaat. Die Pflanzen sollen ab Frühjahr 2024 auf Herkunftsversuchsflächen bei Alzenau ausgebracht werden.

Darüber hinaus wurde das ca. 240 ha umfassende Naturwaldreservat »Bosco della Fontana« bei Mantua besichtigt. In dem etwa 100-jährigen Bestand ist ein Zerreichenanteil von ca. 20 % enthalten. Weitere Mischbaumarten sind Traubeneiche, Walnuss, Hopfenbuche, Feldahorn und Schwarzerle. Eine Ernte war mangels Fruktifikation nicht möglich und muss auf nächstes Jahr verschoben werden.

Für die Umsetzung des Projekts besteht für die drei Eichenarten ein Saatgutbedarf von 220 kg. Trotz einer weiteren Ernte in Frankreich konnten in Herbst 2021 nicht mehr als 20 % des benötigten Ernteaufkommens eingebracht werden. Vor dem Hintergrund der für diesen Herbst aus vielen Ernteregionen gemeldeten Spreng- bzw. Fehlmasten bei Ungarischer Eiche, Zerr- und Flaumeiche ist es erfreulich, dass diese Ernteaktion überhaupt stattfinden konnte.

Im Rahmen des Projekts »Förderung der Saatgutversorgung bei Alternativbaumarten« wurden 34 kg Saatgut der Edelkastanie gesammelt. Der autochthone Bestand in Spiazzi piani liegt auf 820 bis 880 m Meereshöhe (11,6 °C, 1.200 mm Niederschlag). Der Bestand wurde überwiegend als Brennholz genutzt, so dass keine Auslesedurchforstung stattfand.

Ohne die unentgeltliche Unterstützung der Kollegen aus Peri wären die Ernten nicht durchführbar gewesen. Ihnen gilt daher unser besonderer Dank.

Randolf Schirmer, Hubert Haumaier und Johann Geiger, AWG

Alternativbaumarten in der Klimakrise

Astfreier hoher und dicker Stamm eines Baumes der Ferkelnuss von unten nach oben fotografiertZoombild vorhanden

Ferkelnuss (© J. Geiger, AWG)

Von 30. September bis 2. Oktober 2021 fand in Zweibrücken die Jahrestagung der Interessengemeinschaft (IG) Alternativbaumarten statt. 38 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet und den Niederlanden tauschten unter Leitung von Bernhard Mettendorf, Sprecher der IG Alternativbaumarten, ihre Erfahrungen aus. An einem Bestand der Orientbuche (Fagus orientalis Lipsky) bei Kirkel im Saarland wurden sowohl die Unterscheidungsmerkmale zur Rotbuche als auch die Chancen und Risiken des Anbaus der Orientbuche in Deutschland diskutiert. Beim nächsten Exkursionspunkt auf der Hickory-Versuchsfläche in Karlsbrunn konnten die Geradschaftigkeit und Astfreiheit der Schindelborkigen Hickory (Carya ovata) sowie der Ferkelnuss (Carya glabra) bestaunt werden. Trotz ihres langsamen Jugendwachstums kommen die Pfahlwurzler als Erweiterung der Baumartenpalette auf feuchten Standorten in Betracht.

Auf einer weiteren Versuchsfläche bei Dellfeld besichtigten die Teilnehmer die Kleinasiatischen Tannenarten (Abies bornmülleriana, A. equi-trojani, A. nordmanniana). Im Alter von 40 Jahren beeindrucken die Tannenarten bereits mit Oberhöhen von 23 Metern und Brusthöhendurchmessern (BHD) von 35 bis 40 cm. Des Weiteren konnte eine Anbaufläche mit Edelkastanie, Walnuss und Baumhasel begutachtet werden. Die 30-jährige Erstaufforstung wurde früh (ab Alter 10) und konsequent gepflegt. Am meisten hat davon die Edelkastanie profitiert, die durch große, vitale Kronen und BHDs von 40 bis 46 cm überzeugte. Die Besichtigung einer Wiebke-Kahlfläche, die 1991 mit Hybridnüssen (Juglans intermedia), Vogelkirsche (Prunus avium) und Elsbeere (Sorbus torminalis) bepflanzt worden war, stellte einen Höhepunkt der Exkursion dar. Hier beeindruckten Vitalität und Dimension der vollständig freigestellten, wertgeasteten Hybridnüsse (BHDs von 44 bis 52 cm im Alter 30). Zwei hochinteressante Abendvorträge rundeten den Erfahrungsaustausch der Tagung ab.

Johann Geiger, AWG

Projekt »FraxVir«: Wie Pflanzenviren das Eschentriebsterben beeinflussen

schematische Darstellung der Projektpartner und deren Aufgaben im Projekt FraxVirZoombild vorhanden

Partner und Teilprojekte im Projekt FraxVir (© LWF)

Nicht nur Mensch und Tier sind geplagt von Viren, sondern auch Bäume können von Pflanzenviren infiziert werden. Wie sich diese Infektionen auf Eschen auswirken, deren Bestände seit Jahren ohnehin vom Eschentriebsterben stark geschädigt sind, untersuchen derzeit mehrere Institutionen im bundesweiten Projekt »FraxVir«. Das Eschentriebsterben, das durch einen Pilz verursacht wird, hat sich innerhalb weniger Jahre so weit ausgebreitet, dass praktisch alle Eschenbestände im Land betroffen sind. Die Krankheit gefährdet den weiteren Anbau der Baumart als Nutzholz, beeinträchtigt andere Ökosystemleistungen und hat zahlreiche negative ökologische Folgen. Neben den technischen und biologischen Aspekten des Problems sind auch die sozioökonomischen Auswirkungen ein wichtiges Thema. Daher sind dringende Erhaltungsmaßnahmen erforderlich.

Die Forschung zum Eschentriebsterben ist auf die Züchtung von Resistenzen und auf Prozesse der natürlichen Selektion in autochthonen Eschenpopulationen ausgerichtet. Auf dieser Grundlage baut das neue Projekt auf, zudem berücksichtigt es Aspekte wie die Erkennung, Charakterisierung und Analyse des Auftretens von Virosen sowie das Eschentriebsterben in speziellen Beständen. Es gibt einen spezifischen genetischen Hintergrund für das Triebsterben bei der Esche. Ob dies auch für Virusinfektionen zutrifft, soll nun geklärt werden. Dafür ist es notwendig, die Übertragung von Viren zu untersuchen, die Virusabwehrgene im Eschengenom zu finden und eine Verbindung zwischen der Variation dieser Gene und spezifischen Phänotypen herzustellen. In einem ersten Schritt ist vorgesehen, die generative Übertragung der Viren zu analysieren. Da die Infektion stets anti­virale Abwehrmechanismen auslöst, werden in einem zweiten Schritt die wichtigsten genetischen Komponenten dieser Prozesse identifiziert und charakterisiert. Der dritte Schritt des Projekts zeigt die kausalen Zusammenhänge auf, um zu erklären, wie die Variation des genetischen Hintergrunds den beobachteten Phänotyp auf der Ebene der Zellen, Gewebe und Organsysteme beeinflusst. Bei Forstgehölzen wie der Esche fehlen solche Untersuchungen zu Viren bislang, weshalb das Ergänzungsprojekt eine große Forschungslücke füllt.

Das Projekt wird von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) für drei Jahre mit einem Fördervolumen von rund einer Million Euro gefördert. In der Umsetzung kooperieren die Katho­lische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Universität Hohenheim und das Bayerische Amt für Waldgenetik.

Dr. B. Fussi und Dr. Z. Köbölkuti, AWG Teisendorf

Dr. Zoltan Köbölkuti

Seit dem 1. Dezember 2021 arbeite ich im Projekt »FraxVir« am Bayerischen Amt für Waldgenetik. Als Wissenschaftler habe ich mich auf die Genomik von Waldbäumen spezialisiert. Dabei verwende ich genomische und transkriptomische Daten, die mittels neuer Sequenziermethoden erstellt wurden, um biologische Fragen zu beantworten. Im Jahr 2018 habe ich an der Szent Istvan Universität in Budapest promoviert. In meiner Doktorarbeit untersuchte ich Populationen der Waldkiefer (Pinus sylvestris) hinsichtlich ihrer Anpassung, basierend auf morphologischen und anatomischen Be­obachtungen sowie ihrer Herkunft. Im Rahmen dieser Arbeit identifizierte ich die in die Anpassung involvierten Kandidatengene und entwickelte neue SNP-Marker. Anhand dieser SNPs konnte die Nukleotiddiversität der Kandidatengenorte bewertet und daraus Rückschlüsse auf die Anpassungsreaktionen abge­leitet werden. Des Weiteren war ich an der Entwicklung von markerbasierten Züchtungstechnologien für Pappeln beteiligt. Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf Wachstum, Anpassung an Umweltstress, Krankheitsresistenz, spe­­zi­fischem Gewicht und Faserqualität. Dabei wurde die Rolle der transkriptionel­len und posttranskriptionellen Regulierung durch Hormone, Transkriptionsfaktoren und microRNAs in Abhängigkeit des Mikrofibrillenwinkels untersucht. Darüber hinaus habe ich dazu beigetragen, genomische Datensätze durch RAD-tag Sequenzierung mit hochvariablen SNP-Markern in Robinia pseudoacacia L., Quercus petraea (Matt.) Liebl. und Quercus cerris L. bereitzustellen.

Dr. Zoltan Köbölkuti, AWG

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