15.12.2022
Befall von Fichten mit noch grüner Krone durch Bockkäfer - Blickpunkt Waldschutz 19/2022
von Cornelia Triebenbacher und Christoph Sikora

Stehende Fichte mit abgefallener RindeZoombild vorhanden

Abb. 1: Rindenabfall an Fichte mit grüner Krone - verursacht durch Fichtenbockkäfer, ohne vorherigen Befall durch Buchdrucker oder Kupferstecher (© M. Landgraf)

Im Laufe des Sommers trafen bis in den Herbst hinein Meldungen zu vereinzeltem Stehendbefall an Fichte durch Fichtenbockkäfer (Tetropium ssp.) bei der Abteilung Waldschutz der LWF ein. Die Meldungen kamen aus verschiedenen Regionen Bayerns (Neustadt-Uffenheim, Selb, Pegnitz, Waldkraiburg, Regensburg). Der Befall erfolgte ausschließlich durch Fichtenbockkäfer. Buchdrucker und andere Borkenkäferarten waren nicht beteiligt.

Was sind die Ursachen?

Aufgrund der Hitze und Trockenheit im Sommer 2022 kam es zu Trockenschäden an Fichte. Auf Standorten mit einer Kombination aus einem hohen Niederschlagsdefizit und einer starken Austrocknungsneigung kam es zu besonders starken Wassermangel an Fichten. Die Fichten waren teilweise so „trocken“, dass sie selbst den Rindenbrütern Buchdrucker und Kupferstecher offensichtlich nicht mehr als Brutmaterial taugten.

Welche Arten kommen in Betracht?

Fichtenstamm mit Larvengängen und Bohrlöchern im HolzZoombild vorhanden

Abb. 2: Larvengänge und Einbohrlöcher der Larven in den Splint zur Überwinterung (© J. Landgrebe, LWF)

Es gibt zwei Fichtenbockkäfer-Arten, die augenscheinlich kaum unterschieden werden können und auch in ihrer Lebensweise sehr ähnlich sind.

Zum einen ist das der Gemeine Fichtensplintbock (Tetropium castaneum). Er ist 9-18 mm groß und hat eine braune bis schwarze Färbung. Das Halsschild ist schwarz-glänzend und leicht punktiert. Die Käfer fliegen von Mai bis Juli, in optimalen Jahren auch schon von April bis in den August. Geschwächte stehende Fichten als auch frisch gefällte Bäume werden bevorzugt besiedelt.

Zum anderen könnte es sich um den Braunen Fichtenbock (Tetropium fuscum) handeln. Der Käfer hat eine Größe von 8-17 mm und ist ebenfalls braun bis schwarz gefärbt. Das schwarze Halsschild dieser Art ist matt und an der Basis stärker punktiert. Die Flugzeit der Käfer ist von April bis Juli. Es können je nach Witterung bis zwei Generationen angelegt werden.
Dicke weiße Larve in hellem Holz, 1,5 cm langZoombild vorhanden

Abb. 3: Überwinternde Larve im Splintholz (© J. Landgrebe, LWF)

Beide Arten kommen oft vergesellschaftet vor und befallen hauptsächlich ältere Fichte (ab einem Alter von ca. 60 Jahren), aber auch Kiefer und Lärche. Die Käfer legen in Rindenritzen rund 100 Eier ab. Die nach 2 Wochen schlüpfenden Larven fressen zuerst unter der Rinde und beginnen bei weiterem Wachstum mehr und mehr, das Splintholz zu schürfen. Die Larvengänge werden mit Bohrmehl gefüllt: zuerst mit braunem, später mit hellbraunem/gelben Bohrmehl gemischt.

Die Struktur des abgelegten Bohrmehls ist nicht wolkig (wie bei den Prachtkäferarten). Die Gänge sind unregelmäßig gewunden, verlaufen aber vorzugsweise in Längsrichtung. Zur Verpuppung bohrt sich die Larve in das Splintholz in Form eines längsovalen Einbohrlochs ein. Dieses endet in einem Hakengang mit einer Puppenwiege am Ende.

Der Hakengang wird mit etwas gröberen Genagsel verstopft. Die Überwinterung erfolgt als Puppe oder Larve. Die Fraßbilder beider Arten lassen sich nicht unterscheiden.

Forstliche Bedeutung

Beiden Arten treten maximal als sekundäre Schaderreger auf und besiedeln frisch abgestorbene oder vorgeschädigte Bäume. Gerade stark trockengestresste Bäume, welche der Buchdrucker bereits verschmäht, können von diesen Arten befallen werden. Dennoch sind die beiden Arten die waldschutzrelevanteren unter den Bockkäfern, da sie an Einzelstämmen in hohen Dichten auftreten können. Die stoffliche Holzverwertung ist wegen der Verpuppung im Holzkörper kaum mehr möglich.

Handlungsempfehlungen

Waldschutzmaßnahmen sind in der Regel nicht zu ergreifen, da die Fichtenböcke nur sehr selten lebende Bäume befallen. Ein flächiger Befall ist deshalb nicht zu erwarten.
Finden im Bestand ohnehin Durchforstungs- bzw. Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen statt, können befallene Stämme mit entnommen werden. Diese sollten bis zum Schlupf des Käfers im Frühjahr abgefahren werden, um den Befallsdruck auf weitere geschwächte Fichten oder frisch eingeschlagene Stämme zu mindern (Holzentwertung).
Wenn Sie in Ihrem Wald einen Befall von mehreren Fichten mit Fichtenbockkäfer beobachten, bitten wir Sie um eine kurze Nachricht an die LWF (E-Mail: waldschutz@lwf.bayern.de), da wir die Situation im Blick behalten möchten.

waldschutz@lwf.bayern.de