Pressemitteilung
Künstliche Intelligenz beim Wildtiermonitoring

Fotofalle RehwildZoombild vorhanden

Beispiel für ein Fotofallenbild, auf dem durch KI zwei Rehe korrekt als „Tier“ erkannt wurden (© LWF)

Freising, 31.03.2023: Eine Kooperation aus Forschenden der Universität Bayreuth, der LMU München und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) arbeitet an einer künstlichen Intelligenzsoftware (KI) um heimische Wildtiere auf Bildern von Fotofallen automatisch zu erkennen und zu klassifizieren. Damit soll die Analyse großer Bilddatenmengen, wie sie im Rahmen von Fotofallenforschungsprojekten entstehen, voll automatisiert bzw. zumindest vereinfacht werden. Eine solche KI würde zukünftig das Monitoring mittels Fotofallen effizienter und nutzbarer machen sowie zeitnähere Ableitungen passgenauer Handlungsempfehlungen im Rahmen des Wildtiermanagements ermöglichen.

Wildtiermonitoring mittels Fotofallen ist eine bewährte Methodik zur Abschätzung von Artvorkommen, Wildaktivitäten, Raumnutzung und Populationserhebungen. Die Klassifizierung von Fotofallenbilddaten, also die Erfassung der fotografierten Wildart, der Gruppengröße und des Geschlechts, kann derzeit nur durch geschultes Personal vorgenommen werden. Aufgrund dieser zeit- und damit kostenintensiven Auswertung muss sich der Einsatz von Fotofallenmonitoring bisher auf ausgewählte Forschungsprojekte beschränken. Ein solches Projekt mit einem großräumigen Netz an Fotofallen wird seit einigen Jahren im Veldensteiner Forst mit Unterstützung der Forstbetriebe Pegnitz und Schnaittenbach der Bayerischen Staatsforsten AöR und dem kommunalen Wald der Stadt Auerbach i. d. Oberpfalz betrieben und setzt sich unter anderem mit den Auswirkungen der Anwesenheit des Wolfes auf die Raumnutzung des Schalenwilds auseinander. Zudem kommt in diesem Gebiet ein für weite Teile Bayerns typisches Artenspektrum an Wildtieren vor. Auch die vorliegenden Nutzungsinteressen sind vielfältig und repräsentativ für die bayerischen Wälder. Dazu zählen unter anderem die Forstwirtschaft, der Naturschutz, aber auch Tourismus und Naherholung. Bereits jetzt sind an der LWF umfangreiche Datengrundlagen vorhanden, um eine KI zu trainieren und weiter zu optimieren. Die Chancen stehen daher gut, dass die im Veldensteiner Forst entwickelte und validierte Software auch für andere Monitoring- und Forschungsinitiativen nutzbar zu machen.

Der Einsatz KI-gestützter Klassifizierung von Wildarten von Fotofallen erfolgte bisher vorrangig bei außereuropäischen Tierarten. Die dort entwickelten Algorithmen können daher nicht direkt auf Deutschland übertragen werden. Im jetzt begonnenen Verbundprojekt der drei Partner werden die Fotos von einer auf maschinellem Lernen basierenden Objekterkennungssoftware in die Kategorien „Tiere“, „Personen“ und „Fahrzeuge“ sortiert. So wird datenschutzkonform das automatische Aussortieren von Personenbildern ermöglicht, ohne dass jegliche Information über menschliche Aktivitäten verloren gehen. „Es ist in Deutschland das erste Mal, dass künstliche Intelligenz derart systematisch für die Analyse der wechselseitigen Beziehungen zwischen Menschen und Tieren eingesetzt wird“, sagt das Forschungsteam. Ein zweiter – nachfolgender – Schritt klassifiziert die Wildtierfotos auf Artniveau. Mit zunehmenden Referenzdaten wird der Algorithmus der künstlichen Intelligenz immer wieder angepasst um die Genauigkeit der Anwendung zu optimieren. Eine Entscheidung durch den Menschen muss dann nur noch im Fall seltener Arten, oder zum Beispiel bei wolfsähnlichen Hunden erfolgen.
Das Vorhaben wird als Projekt JA018 (Automatisierte räumliche und zeitliche Erfassung von Wildtier- und Besucheraktivitäten mittels Künstlicher Intelligenz) durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Projekt für vier Jahre mit etwas mehr als 300.000 Euro gefördert.
Gruppenfoto von fünf Personen mit Fotofallen in den HändenZoombild vorhanden

Das Team der Forschenden v.l.n.r: Veronika Mitterwallner (Universität Bayreuth), Dr. Ludwig Bothmann (LMU München), Dr. Hendrik Edelhoff (LWF), Prof. Dr. Manuel Steinbauer (Universität Bayreuth), Dr. Wibke Peters (LWF). (© C. Josten, LWF)

Frau Dr. Wibke Peters und Herr Dr. Hendrik Edelhoff vertreten im Projekt die Stabstelle Wildbiologie und Wildtiermanagement der LWF in Freising. In ihrer Forschungstätigkeit setzen sie sich mit der wissenschaftlichen Erfassung von Wildtierpopulationen zum Beispiel hinsichtlich ihres Zustands, Größe und auch Raumnutzung auseinander. In mehreren Projekten konnten sie bereits ein breites Wissen und Erfahrungen bezüglich des Einsatzes von Fotofallen im Wildtiermonitoring sammeln. Diese Expertise bringen sie nun auch in das neue Projekt ein und wollen die Anwendbarkeit dieser Methodik für die Praxis und zukünftige Forschung weiter optimieren und wildtierökologische Zusammenhänge im Veldensteiner Forst untersuchen.

Prof. Dr. Manuel Steinbauer leitet die Forschungsarbeiten an der Universität Bayreuth. Hier befasst er sich als Professor für Sportökologie unter anderem mit der wachsenden Beliebtheit von Outdoor-Sportarten und den daraus resultierenden Folgen für die soziale und natürliche Umwelt, Landschaft und Natur. Von besonderem Interesse ist dabei, inwieweit die Tierwelt beeinträchtigt wird, wenn natürliche Lebensräume mit zunehmender Intensität für sportliche Aktivitäten genutzt werden.
Dr. Ludwig Bothmann arbeitet als Post-Doc am Lehrstuhl für Statistical Learning and Data Science des Instituts für Statistik an der LMU München. Im Rahmen des Projekts wird er zusammen mit seinem Team bereits entwickelte neuronale Netze auf neue Tierarten trainieren und die Genauigkeit bei der Klassifizierung verbessern. Dabei kann er auf seine langjährige Erfahrung in der KI-gestützten Klassifizierung von Bilddaten sowie der wissenschaftlichen Bewertung der Genauigkeit und Interpretierbarkeit von maschinellen Lernalgorithmen zurückgreifen.

Ansprechpartner:
Dr. Hendrik Edelhoff
Tel.: +4981614591605
E-Mail: poststelle@lwf.bayern.de