Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 137

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Bulgarische Herkünfte für Bayerns Wälder?

Ein Baum ist in gelber Farbe mit C6 markiertZoombild vorhanden

Typische Markierung der Erntebestände in Berkowiza (© J. Geiger, AWG)

Zur Erweiterung der Baumartenpalette und zur Streuung des Risikos gewinnen alternative Baumarten und Herkünfte zunehmend an Bedeutung. Praxisanbauversuche (PAV) können hierzu wertvolle Erkenntnisse für Bayern liefern. Empfehlenswert für PAVs ist hochwertiges und herkunftssicheres Vermehrungsgut zugelassener Bestände aus dem natürlichen Verbreitungsgebiet unterschiedlicher Baumarten.

In Bulgarien finden sich viele autochthone Bestände von Baumarten, die im Hinblick auf den Klimawandel für Bayern eine wichtige Rolle spielen können. So gibt es dort bei der Rotbuche landesweit 416 zugelassene Erntebestände mit insgesamt über 6.000 ha Fläche. Auch bei Edelkastanie, Zerreiche, Flaumeiche, Robinie und Atlaszeder sind zahlreiche Erntebestände vorhanden. Deren genetische Diversität ist in der Regel hervorragend, sollte jedoch untersucht und mit heimischen Beständen verglichen werden.

Viele der genannten Baumarten stocken auf (mäßig) trockenen Standorten und müssen mit hohen Sommertemperaturen zurechtkommen. In Buchen-Herkunftsversuchen zeigten einzelne Herkünfte aus Bulgarien unter warm-trockenen Bedingungen sowohl beim Anwuchs als auch beim Höhenwachstum eine gute Performance. Um diese positiven Tendenzen weiter zu erforschen, sollten weitere Herkünfte aus Bulgarien in Praxisanbauversuchen ausprobiert werden.

Im Rahmen des Projekts »Saatgutversorgung bei Alternativbaumarten« bereisten Mitarbeiter des AWG deshalb zugelassene Erntebestände in Bulgarien. Nach der Anreise besuchten sie zunächst die zuständige Forest Seed Control Station (Saatgutprüfung und Zulassungsstelle für Erntebestände) in Sofia, wo man gemeinsam die Daten der Erntebestände verifizierte und sich über andere für Bayern interessante Baumarten austauschte.

Anschließend wurden drei zugelassene Saatgut-Erntebestände der Rotbuche (Fagus sylvatica) mit einer Fläche von insgesamt 94 ha bei Berkowiza dokumentiert. Hier zeigt die Buche bei Sommertemperaturen bis 34 ° C gute Vitalität und Qualität (Abbildung). Des Weiteren konnten zugelassene Bestände der Atlaszeder (Cedrus atlantica) und drei Erntebestände der Edelkastanie (Castanea sativa) besichtigt und beschrieben werden. Die zwei Edelkastanien-Bestände im Südwesten Bulgariens leiden jedoch unter starkem Befall mit Rindenkrebs. Der Bestand im Norden zeigt noch keine Symptome und kann deshalb für PAVs empfohlen werden.

Von allen bewerteten Beständen entnahmen die AWG-Mitarbeiter Proben zu deren genetischer Charakterisierung. Daneben diente die Reise nach Bulgarien dazu, Kontakte zum Saatguthandel und zu den dortigen Forstbehörden zu intensivieren.

Johann Geiger, AWG

Etablierung von Zedern-Herkunftsversuchen – auf die Wurzel kommt es an

Eine ausgegrabene Wurzel. Erkennbar ist ein KnickZoombild vorhanden

Deutlich ist der Knick in der unteren Hauptwurzel dieser vierjährigen Zeder zu erkennen. Diese Wurzeldeformation verhindert eine nachhaltige Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen. (© M. Tubes, AWG)

Die Hitze- und Trockenperioden in diesem Jahr führten vielen Waldbesitzenden die Realität des Klimawandels vor Augen. Neben der Frage nach der geeigneten Baumart und Herkunft stellt sich auch die Frage, wie Pflanzungen die immer schwieriger werdende Anwuchsphase überstehen können.

Die Anlage von zwei großen Zedern-Herkunftsversuchen ermöglicht wichtige Erkenntnisse im Umgang mit dieser neuen Alternativbaumart in unseren Breiten. Die Zeder gilt als trockenheits- und hitzetolerant. Die beiden circa 1 ha großen Versuchsflächen wurden im Rahmen des »CorCed«-Projekts, das von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe gefördert wird, unter Leitung von Dr. Muhidin Šeho (AWG) aufgebaut. Neben der Wahl der richtigen Herkunft sind bei der Anlage von Zeder-Kulturen weitere Aspekte von praktischer Bedeutung.

Zedern bilden ihre Pfahlwurzel hauptsächlich in der Anwuchsphase aus. Beim Verschulen von Sämlingen im Pflanzbeet reagierte die Zeder mit einem Pflanzschock, weshalb für die Anlage der Versuchsflächen ausschließlich zwei- bis dreijährige Containerpflanzen zum Einsatz kamen. Bei einem erheblichen Teil der Pflanzen stellte man dabei starke Wurzeldeformationen, die auch mittels Wurzelschnitt nicht vollständig behoben werden konnten. Daher ist die Entwicklung zu einer vitalen Pflanze gefährdet – sie kann tiefere Bodenschichten nicht erschließen, wenn sich die Wurzel nicht gleich zu Beginn ihres Wachstums eindeutig nach unten ausrichtet. Dies wäre jedoch die Voraussetzung für die ausreichende Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen auch in niederschlagsarmen und heißen Perioden. Hinzu kommt, dass ein starker Spätfrost die Kulturen vier Wochen nach der Pflanzung schädigte. Um weitere Spätfrostschäden zu vermeiden, legte man den Pflanzzeitpunkt zur Nachbesserung der Ausfälle auf die Tage nach den Eisheiligen 2022. Die Versuchsfläche Kelheim mit sandigem Oberboden wurde aufgrund ausbleibender Niederschläge im Sommer 2022 bewässert.

Bei Zeder wird aufgrund der vorliegenden Erfahrungen von der Verwendung wurzelnackter Pflanzen abgeraten. Sind einjährige Containerpflanzen zu klein für die Etablierung auf unkrautwüchsigen Standorten, empfiehlt es sich, auf mehrjährige Containerpflanzen zurückzugreifen. In diesem Fall sollte die Aussaat der Zeder in der Baumschule in große Container erfolgen, um eine ungehinderte Pfahlwurzelentwicklung in den ersten Jahren zu gewährleisten.

Martin Tubes, AWG

Eschentriebsterben: Resistenzpotenziale mittels Epigenetik bewerten (EpiFrax)

Junge Eschen wachsen in Töpfen in einer Klimakammer heran.Zoombild vorhanden

Eschenklone in der Klimakammer der Universität Göttingen. Alle Eschen wurden künstlich mit dem Erreger des Eschentriebsterbens infiziert. Ein Teil der Klone hat sich auf der Dauerbeobachtungsfläche des AWG als weniger anfällig erwiesen als andere Klone. (© Renata Callegari Ferrari, Universität Göttingen)

Die Esche hat eine weite Standortsamplitude und würde auf vielen Standorten mit den sich ändernden Klimabedingungen gut zurechtkommen. Dadurch wäre sie für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel als mögliche Mischbaumart von großer Bedeutung. Durch die rasante Ausbreitung des Eschentriebsterbens im letzten Jahrzehnt ist jedoch ein hoher Schädigungsgrad bei den Bäumen zu beobachten – das langfristige Fortbestehen vieler Eschenbestände und sogar der Naturverjüngung ist unsicher.

Anhand von Studien, die sich mit epigenetischen Mechanismen befassen, kann das Anpassungspotential von Bäumen an verschiedene biotische und abiotische Bedingungen besser erkannt werden. Die Epigenetik befasst sich nicht mit der vorhandenen Erbinformation an sich, sondern damit, wie Umwelteinflüsse die Funktion der Gene verändern.

Das Projekt »EpiFrax« trägt durch die Erforschung epigenetischer Muster dazu bei, die direkte Anpassungsfähigkeit und phänotypischen Plastizität von Eschen gegenüber einem Stressfaktor besser zu verstehen. Das grundlegende Resistenzpotenzial der Esche gegenüber dem Eschentriebsterben kann somit künftig genauer beurteilt werden und in Handlungsempfehlungen zum Umgang mit dem Eschentriebsterben einfließen. Die gewonnenen Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Nutzung der forstlichen Genressourcen bei der Esche.

In einer bestehenden Klonsammlung des Bayerischen Amts für Waldgenetik (AWG) wurden Eschen über mehrere Jahre auf ihre Anfälligkeit gegenüber dem Eschentriebsterben untersucht und anfällige sowie gesunde Bäume beobachtet. Man vermehrte jeweils zwei gesunde und zwei anfällige Ge­notypen durch Pfropfen und infizierte diese in Klimakammern der Abteilung für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung an der Georg-August-Universität Göttingen unter kontrollierten Bedingungen mit dem pilzlichen Erreger. Kleine und nicht codierende Ribonucleinsäuren (miRNA) können auf die Krankheitsentwicklung einwirken. Die Muster dieser microRNAs werden als epigene­tische Mechanismen untersucht und mit Methoden und Ergebnissen des Forschungsprojekts »FraxGen« ergänzt. Als Probenmaterial dienen sowohl die Pflanzen aus dem kontrollierten Infektionsversuch als auch die gleichen Genotypen aus der Klonfläche.

Dr. Hannes Seidel, AWG

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