Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 135

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden Sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF aktuell.

Waldbewirschaftende setzen auf Expertise des AWG

Dr. Muhidin Šeho an einem Rednerpult während des VortragesZoombild vorhanden

Dr. Muhidin Šeho (AWG) bei einem Vortrag vor Waldbesitzenden. (© Dietmar Fund)

Die klimawandelbedingte Zunahme von Schadereignissen und die Schwächung sowie das Absterben verschiedener Baumarten rücken das Thema »Baumarten- und Herkunftswahl im Klimawandel« zunehmend in den Fokus. Viele Forstbetriebsgemeinschaften (FBG), Waldbesitzervereinigungen (WBV) und Forstwirtschaft­liche Vereinigungen (FV) möchten bei ihren Jahreshauptversammlungen deshalb Expertenmeinungen einholen und sich darüber informieren, welche Baumarten und Herkünfte für die Begründung klimastabiler Bestände geeignet sind. Das Amt für Waldgenetik (AWG) richtet sein Augenmerk bei entsprechenden Veranstaltungen auf die »neuen« Baumarten und auf die Wahl der richtigen Herkunft. Eine zentrale Rolle in Zeiten des Klimawandels kommt dabei der Versorgung mit herkunftssicherem und hochwertigem Vermehrungsgut von heimischen und nichtheimischen Baumarten zu. Eine Empfehlung des AWG an alle Waldbewirtschaftenden ist, in Zukunft noch stärker auf die Herkunft und die Qualität von Saat- und Pflanzmaterial aller Baumarten (heimische sowie nichtheimische Baumarten und Herkünfte) zu achten. 2022 halten Referenten des AWG Vorträge zu dieser Thematik bei Ver­anstaltungen der Waldbesitzervereinigungen Viechtach, Altötting-Burghausen und Kempten, der Forstbetriebsgemeinschaft Arnstein sowie der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Unterfranken.

Dr. Muhidin Šeho, AWG

Pinus mugo – eine variantenreiche Kiefernart

Blick auf einen Hang mit einer Population der LatschenkieferZoombild vorhanden

Latschenkiefer (Pinus mugo str)– Population im Untersuchungsgebiet (© B. Fussi, AWG )

Die Erhaltung forstlicher Genressourcen bei der Latschenkiefer erfordert die Bestimmung der Art und ggf. ihrer Unterarten. Dazu ist es notwendig, morphologische und genetische Differenzierungen vorzunehmen und die daraus gewonnenen Ergebnisse für die Artbestimmung heranzuziehen. In einem gemeinsamen Projekt mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Institut für Ökologie und Landschaft (Prof. Ewald), arbeitet das Amt für Waldgenetik derzeit an der Unterscheidung der Pinus mugo str. und P. uncinata auf Kalkstandorten. Die methodische Vorgehensweise ist ei­ne Paarbildung benachbarter Populationen von P. mugo str.und P. unci­nata, die in genetischem Austausch stehen. Dabei sollte ein Genfluss vor allem über Pollen gewährleistet sein, sodass die tatsächliche Unterscheidung der beiden Arten festgestellt werden kann. Derzeit werden genetische Proben entlang eines Transsekts von Bayern (Riedboden bei Mittenwald) über Österreich, Schweiz bis in die südlichen Westalpen (Frankreich) gewonnen. Kernmikrosatelliten-Marker erstellen genetische Fingerabdrücke für 30 Bäume je Bestand, aus denen genetische Vielfaltsparameter und mögliche artspezifische genetische Muster abgeleitet werden. Nach Abschluss des Projekts ist es geplant, weitere bayerische Bestände zu untersuchen und ihre Erhaltungswürdigkeit und -dringlichkeit zu bewerten. Anschließend kann die Ausweisung von Erhaltungsbeständen vorgenommen werden. Zur langfristigen Sicherung des Genpools ist zudem der Aufbau einer Erhaltungsplantage sinnvoll.

Dr. Barbara Fussi und Dr. Muhidin Šeho, AWG

AWG-Beiträge zur Tagung der AG Gastbaumarten

Blick auf einen Bestand noch junger Baumhaseln im Weltwald FreisingZoombild vorhanden

Baumhasel im Weltwald Freising (© J. Geiger, AWG)

Vom 20. bis 21.April 2022 fand auf Einladung von Dr. Bertram Leder die Jahrestagung der AG Gastbaumarten der Sektion Waldbau im Deutschen Verband Forstlicher Forschungsanstalten in Freising statt. Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet sorgten für einen reichen Erfahrungsaustausch. Ein Schwerpunkt war wieder der Wissenstransfer zwischen der Forschung und der forstlichen Praxis. Bei einer Exkursion im »Weltwald« unter Führung des Arboretumleiters Herbert Rudolf wurden die Chancen und Risiken des Anbaus verschiedener Alternativbaumarten in Deutschland diskutiert.

Zu der Vortragsreihe steuerte das AWG zwei Referate bei. Randolf Schirmer stellte die Bedeutung der Unterart und der Herkunftsfrage am Beispiel des süddeutschen Schwarzkiefernversuchs heraus. Hier zeigten sich deutliche Unterschiede im Höhenwachstum der Unterarten. Bisher am besten entwickelte sich Pinus nigra ssp. laricio, vor allem die korsischen Herkünfte. Auch Samenplantagen aus Frankreich und Deutschland haben bisher gut abgeschnitten – andere Herkünfte fielen dagegen deutlich ab. Gerade bei der Schwarzkiefer empfiehlt es sich also, nur bewährte Herkünfte zu verwenden.

Johann Geiger berichtete von der Saatgutversorgung alternativer Baumarten. Im Fokus standen vor allem Edelkastanie, Atlaszeder und Libanonzeder. Herkunftssicheres Saatgut dieser Baumarten war die letzten Jahre eher knapp. Einige Länder, z. B. Frankreich und die Türkei, haben selbst ehrgeizige Aufforstungsziele und damit selbst einen hohen Saatgutbedarf. Deshalb bleiben die Identifikation und Empfehlung klimaplastischer Herkünfte weiter wichtig. In der Türkei gibt es allein 2.941 ha zugelassene Edelkastanienbestände mit meist hoher genetischer Diversität. Diese Herkünfte sollten zukünftig in Praxisanbauversuchen getestet werden. Das Augenmerk wird dabei besonders auf die Herkunftssicherheit gerichtet. Durch die Gewinnung von genetischen Proben bei den Elternbäumen kann eine Überprüfung und Zuordnung des Saatguts und des Pflanzmaterials vorgenommen werden. Kontakte im In- und Ausland sollen weiter intensiviert werden. Auch an anderen Baumarten und Herkünften wird weiter geforscht, um für die Klimakrise gerüstet zu sein.

Johann Geiger, AWG

Fortbildung »Forstvermehrungsgutrecht in der Praxis«

Die Teilnehmer stehen im Kreis auf einer LichtungZoombild vorhanden

Teilnehmer der Fortbildung in einem Douglasien­bestand 8© M. Luckas, AWG9

Die Bedeutung und Auswirkung des Forstvermehrungsgesetzes einschließlich der damit verbundenen Rechtsvorschriften dürfen im forstlichen Alltag nicht unterschätzt werden. Schließlich bilden die fachgerechte Erzeugung, der transparente Handel und die ordnungsgemäße Verwendung von geeigne­tem Vermehrungsgut eine wesentliche Grundlage für stabile und zukunfts­fä­hige Wälder. Sinn und Zweck dieses umfangreichen rechtlichen Regelwerkes müssen aber verstanden und in der Praxis angewendet werden können. Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat deshalb auf Initiative der Landesstelle je zwei Vertreter der Ämter für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) zu Schulungen eingeladen. Ziel war, alle Ämter dauerhaft mit fachlich versierten Ansprechpartnern und Multiplikatoren für ihre forstlichen Kolleginnen und Kollegen auszustatten.
Die Fortbildungen, die von der Landesstelle im Auftrag der Forstschule Lohr durchgeführt wurden, fanden innerhalb von drei Jahren statt, letztmalig in Oberfranken in der Nähe von Ebermannstadt. Unter dem Titel »Forstliches Vermehrungsgut in der Praxis – Grundlagen und Vollzug« stand die hoheitliche Überwachung der gesamten Produktions- und Handelskette von forstlichem Vermehrungsgut im Mittelpunkt: Von der Auswahl geeigneter, qualitativ hochwertiger Erntebestände über die amtlichen Aufgaben bei der Erntetätigkeit und der Ausstellung des Stammzertifikats bis hin zur Kontrolle der Aussaat und Anzucht in den Forstbaumschulen und zur Anlieferung der Pflanzen an die Waldbesitzer. Nicht nur die theoretische Wissensvermittlung, sondern gerade die praktische Umsetzung durch jeden einzelnen Lehrgangsteilnehmer waren den Referenten Gert Günzelmann und Michael Luckas wichtig. Sie prüften beispielsweise die Zulassungskriterien in einem Douglasienbestand bei den Teilnehmern ab und übten mit ihnen die erste Qualitätseinschätzung von Erntegut beim Ausfüllen des Stammzertifikats. Auch die Formenkenntnisse der Samen heimischer wie auch fremdländischer Baumarten wurden aufgefrischt und die vollständigen Lieferscheinangaben ausführlich besprochen. Großes Interesse fand die Erläuterung der einschlägigen Vorschriften zum aktuellen Themenkomplex »Alternative Baumarten«. Zur Erleichterung und Standardisierung der hoheitlichen Aufgabenerfüllung vor Ort plant die Landesstelle auf Wunsch der Teilnehmer, den Ansprechpartnern der ÄELF einschlägige Merkblätter, hilfreiche Anleitungen und notwendige Werkzeuge zusammenzustellen und zu übergeben.

Michael Luckas, AWG

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