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Joachim Stiegler, Alfred Wörle, Verena Spiegel, Lothar Zimmermann, Alexandra Wauer, Stephan Raspe und Hans-Peter Dietrich
Mehr Leid als Freud! – LWF aktuell 123

Baumarten auf den Waldklimastationen reagieren unterschiedlich auf die Wetterextreme der vergangenen Jahre

Wer sich nach den beiden Ausnahmesommern 2003 und 2015 eine etwas längere Verschnaufpause erhoffte, der wurde bereits 2018 wieder bitter enttäuscht. Denn auch im vergangenen Jahr hatten unsere Wälder mit einem weiteren »Jahrhundertsommer« zu kämpfen. Auf zahlreichen Waldklimastationen wurden die Rekordwerte bezüglich Hitze und Trockenheit aus dem Jahr 2003 sogar nochmals übertroffen. Derartige Trockenperioden belasten die Wälder augenscheinlich, auch wenn nicht alle Baumarten gleichermaßen reagieren. Dies dokumentieren unter anderem Umfangmessungen an Bäumen, die im Rahmen des Umweltmonitorings an den Waldklimastationen durchgeführt werden.

Ein Mann steht vor einem Baum, der ein Umfangmaßband auf Brusthöhe hat. Der Mann notiert etwas in ein Notizbuch.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Ein Mitarbeiter der LWF liest die aktuellen Werte ab. (Foto: J. Stiegler)

In den Untersuchungsbeständen der Waldklimastationen (WKS, s. Tabelle 1) werden mit Hilfe von Permanent-Umfangmessbändern alljährlich die Durchmesser der Bäume einer 50 x 50 m großen Fläche ermittelt. Die Bänder werden nach Abschluss jeder Vegetationsperiode abgelesen, um die Durchmesserentwicklung in Brusthöhe eines jeden Jahres zu erfassen. Auf diese Weise kann das Dickenwachstum der Bäume, das ansonsten nur anhand der Jahrringentwicklung an Stammscheiben oder Bohrkernen sichtbar wird, analysiert werden.

Zwar ist die Durchmesserentwicklung mit Rinde nicht mit dem jährlichen Stammholzzuwachs gleichzusetzen, die Messungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg lassen aber gleichwohl eine Einordnung zu, wie die Bäume auf bestimmte Temperatur- und Niederschlagsereignisse reagieren.

Drei »Jahrhundertsommer« in zwei Jahrzehnten

Ein Baum mit einem verrosteten UmfangmaßbandZoombild vorhanden

Abb. 2: Dauerhaft angebrachtes Umfangmessband. (Foto: J. Stiegler)

Der Sommer 2018 war mit 18,9 °C der drittwärmste Sommer in Bayern seit Wetteraufzeichnung im Jahr 1881, knapp hinter 2015 mit 19,0 °C. Nur 2003 war es mit durchschnittlich 20,1 °C noch wärmer (Zimmermann & Raspe 2019). Zugleich fiel in diesen Zeiträumen auch vergleichsweise wenig Niederschlag, vielerorts war extreme Trockenheit die Folge und die Bäume gerieten in Trockenstress. Betrachtet man die Trockenheit rein meteorologisch mittels des Dürreindex nach De Martonne, zeigt sich regional ein sehr unterschiedliches Bild: In allen drei Jahren herrschten in Teilen Frankens und der Oberpfalz sehr trockene Verhältnisse, während es Südbayern (Alpen, Alpenvorland, Bayerischer Wald) aufgrund immer wieder vorkommender Gewitterniederschläge nicht ganz so hart traf (Zimmermann & Raspe 2019).

Die in Tabelle 1 aufgeführten WKSStandorte von Nordwestbayern bis in die Voralpen decken einen breiten Klimagradienten ab. Im langjährigen Mittel von 1990 bis 2018 wurden die höchsten Temperaturen über 15 °C während der Vegetationszeit in Würzburg, Riedenburg, Freising und Altötting gemessen. Am kühlsten ist es an den Standorten über 800 m ü. NN in Flossenbürg, Mitterfels und Kreuth mit Werten unter 13 °C (Abbildungen 4, 6, 7). Die Nährstoffversorgung an den Standorten ist i.d.R. ausreichend bis gut (LWF 1992–2001). Die tonreichen Substrate an den Stationen Würzburg und Riedenburg (Tabelle 1) reagieren jedoch besonders empfindlich auf Austrocknung.
Tabelle 1: Die ausgewerteten 13 Waldklimastationen mit Informationen zu Lage, Klima, Boden und Bestand
Tabelle 1: Die ausgewerteten 13 Waldklimastationen mit Informationen zu Lage, Klima, Boden und Bestand

ALT = Altdorf, AOE = Altötting, BBR = Bad Brückenau, DIN = Dinkelsbühl, EBE = Ebersberg, FLO = Flossenbürg, FRE = Freising, KRE = Kreuth, MIT = Mitterfels, RIE = Riedenburg, ROT = Rothenbuch, ROK = Rothenkirchen, WUE = Würzburg

DMI = De Martonne-Index (Aridität), GZ = Grundflächenzuwachs
WaldklimastationKREMITROKBBRFLOROTEBEAOEFREALTDINRIEWUE
Wuchsgebiet/-bezirk15/0411/0208/0103/0210/0402/0213/0213/0312/0805/0605/0606/0204/02
Klimatönungkühl-feucht    gering wasser-
limitiert
    trocken warm  
DMI112936459555855524544413934
Durchschnittl. Jahrestemperatur
(1961-1990) [°C]
6,05,05,35,55,26,96,97,47,47,66,86,98,0
Durchschnittl. Jahresniederschlag
(1961-1990) [mm]
1802134293810088109869331032812824664662674
Höhe ü. NN [m]11001020670800840470540420510410470480330
ExpositionS-SWNWebenSNOebenebenSebenebenS-NWNord
Bodenart HauptwurzelraumtLlSsLutLsLsLsLuLuLsSlSuL - TlU - T
Hauptbaumart (HB)FiBuFiBuFiEiFiFiEi/BuKieKieEiEi
Ø Alter HB [Jahre]12014065140100120958512590100130120
Ø BHD 2018 [cm]57,344,632,842,846,442,645,139,963,6/64,731,137,950,142,7
Ø GZ [cm2] 2000–201829,1524,6516,716,1927,3324,5418,1916,8536,7/50,913,1113,9327,8922,79

Forschungsansatz

Ein Kiefernbestand Zoombild vorhanden

Abb. 3: Etwa 2.800 Probebäume an den Bayerischen Waldklimastationen werden intensiv beobachtet. (Foto: Archiv, LWF)

Die kontinuierliche Erfassung von Witterungsdaten und die permanenten Umfangmessungen an den Bäumen der Waldklimastationen (Abbildungen 2 und 3) bieten eine Datengrundlage, die es ermöglicht, den Einfluss von Wetterextremen auf die Grundflächenentwicklung der Stämme zu veranschaulichen. Neben den Trockensommerjahren 2003, 2015 und 2018 zählt hierzu beispielsweise auch das Spätfrostereignis im Jahr 2011.

Um eine aussagekräftige Zeitreihe zu erhalten, die diese Extremereignisse vollständig berücksichtigt, beinhaltet der Beobachtungszeitraum daher alle Jahre seit der Jahrtausendwende. Dieser Beobachtungszeitraum entspricht zugleich auch der Referenzperiode, zu deren gemittelten Zuwachswerten die Werte der einzelnen Jahre ins Verhältnis gesetzt werden (siehe Abbildungen 4 bis 7). Die Auswertungen orientieren sich dabei nicht an der Grundflächenentwicklung des Gesamtbestandes mit Bäumen aller sozialen Klassen. Betrachtet werden ausschließlich die Einzelbaumzuwächse der vitalsten Bäume der Kraft’schen Klassen 1 und 2, an denen im gesamten Zeitraum lückenlos Durchmesser erhoben wurden. Diese sind Konkurrenzeffekten weniger stark ausgesetzt als zwischen- oder unterständige Bäume.

Der Verlauf des Dickenwachstums lässt Rückschlüsse auf die Stärke des Witterungseinflusses zu und ist zugleich ein Indikator dafür, wie gut oder schlecht Bäume am jeweiligen Standort extremen Wetterbedingungen standhalten können (Resistenz). Dabei gilt zu beachten, dass bei der Umfangermittlung in Rinde Schwankungen durch Quellen und Schwinden auftreten können, was im Unterschied zur Jahrringanalyse zu einer höheren Ungenauigkeit der Messergebnisse führt.

Um den möglichen Einfluss der Witterung auf den Wachstumsverlauf nachvollziehbar aufzuzeigen, werden die Durchschnittstemperaturen und Niederschlagssummen der einzelnen forstlichen Vegetationsperioden unterhalb der Diagramme mit angegeben. Da auch starke Frucht- und Mastjahre, sowie Durchforstungseingriffe den Witterungseffekt überlagern können, wird in den nachfolgenden Abbildungen zusätzlich aufgeführt, in welchen Jahren an den Waldklimastationen Mastjahre auftraten und Hiebsmaßnahmen stattfanden (Quelle: WKS Monitoring).

Fichte: Dickenwachstum im Achterbahnmodus

Komplexe Grafik, bestehend aus einem oberen Teil mit Koordinatensystem, darunter Tabelle. Alles bunt und farbigZoombild vorhanden

Abb. 4: Fichte: Prozentuale Abweichung der Grundflächenentwicklung zum Mittel der langjährigen Referenzperiode (2000–2018). (Datenquelle: WKS-Monitoring, Grafik: LWF)

Vom Flachland bis in die Berglagen reagierten die Fichten deutlich auf die Extremereignisse der vergangenen beiden Jahrzehnte. Neben den Trockensommern in den Jahren 2003, 2015 und 2018 ist auch das Spätfrostjahr 2011 von einem starken Zuwachsrückgang gekennzeichnet. In allen vier Jahren wich die Grundflächenentwicklung deutlich negativ vom langjährigen Referenzwert ab (Abbildung 4).

Auf den Stationen in Altötting (2011) und Flossenbürg (2018) lagen die Zuwächse um etwa 60 % unter diesem Durchschnittswert. In Flossenbürg mag dies wohl im Wesentlichen den rekordverdächtigen, extrem geringen Niederschlägen während der Vegetationsperiode von lediglich 221 Liter pro Quadratmeter geschuldet sein. Betrachtet man nur die Zuwachseinbußen aufgrund der Trockenereignisse, schneidet das Jahr 2018 über alle Stationen hinweg am ungünstigsten ab.

Auffällig ist auch, dass an den kühl-feuchten Bergstationen in Nordostbayern (Flossenbürg, Rothenkirchen) im Jahr 2015 keine Einbußen bei der Grundflächenentwicklung erkennbar sind. Hier konnten die vergleichsweise niedrigen Vegetationszeit-Temperaturen und das Ausbleiben eines Mastjahres – anders als auf den Flachlandstandorten an den Waldklimastationen Altötting und Ebersberg – offensichtlich Schlimmeres verhindern.

Der Einfluss von Durchforstungen oder Hiebsmaßnahmen auf die mittlere jährliche Grundflächenzunahme der vita- len Bäume ist in der Jahresentwicklung vergleichsweise unauffällig. Ausnahmen zeigen sich etwa in Flossenbürg 2014/ 2015, wo im Extremjahr nach vorheriger Durchforstung – anders als bei allen anderen Standorten – eine Zunahme des Dickenwachstums erkennbar wird oder in Rothenkirchen nach der Durchforstung im Jahr 2010. Mastereignisse hingegen wirken sich deutlich stärker auf die Grundflächenentwicklung aus als forstliche Eingriffe. Beispielsweise verstärken die Masten im Jahr 2015 an den Stationen Altötting und Ebersberg sowie die Mast im Jahr 2018 in Flossenbürg den Zuwachsrückgang noch zusätzlich.

Kiefer: Zweigeteiltes Bild in Mittelfranken

Komplexe Grafik, bestehend aus einem oberen Teil mit Koordinatensystem, darunter Tabelle. Alles bunt und farbigZoombild vorhanden

Abb. 5: Kiefer: Prozentuale Abweichung der Grundflächenentwicklung zum Mittel der langjährigen Referenzperiode (2000–2018). (Datenquelle: WKS-Monitoring, Grafik: LWF)

An den WKS Altdorf und Dinkelsbühl werden Kiefernbestände analysiert, die ausreichend nährstoffversorgt sind und Böden mit mittlerer Wasserspeicherkapazität aufweisen. An beiden Waldklimastationen fällt – beginnend mit dem Jahr 2007 – eine im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegene Grundflächenzunahme auf (Abbildung 5). Auch Jahrringanalysen, die an Kiefern-Stammscheiben der WKS Altdorf durchgeführt wurden, bestätigen dieses Phänomen (Thurm et al. 2018).

Es liegt nahe, dass die im Jahr 2007 vorherrschenden günstigen Wuchsbedingungen mit überdurchschnittlich hohen Niederschlagswerten hierfür ursächlich sind und das Dickenwachstum aller Baumarten (vgl. auch Abbildungen 4, 6 und 7) – insbesondere jedoch das der Kiefer – förderten. Ein ähnlich sprunghafter Durchmesseranstieg wurde bei Kiefern beispielsweise auch schon nach dem Jahr 1950 im schweizerischen Wallis festgestellt. Auch Rigling et al. (2004) vermuten die Ursache im Auftreten von abrupt besseren Wachstumsbedingungen.

Bei Untersuchungen an kronengeschädigten Kiefern in Nordostbayern war in den 1950er Jahren ebenfalls ein ungewöhnlich starker Anstieg im Zuwachsgang aller Probebäume – unabhängig vom Schädigungsgrad – nachweisbar (Pretzsch 1989). Auch wenn der damit einhergehende »zweigeteilte« Kurvenverlauf (Abbildung 5) die Interpretation des Wuchsverhaltens in Abhängigkeit von Einflussfaktoren wie Trockenheit und Spätfrost deutlich erschwert, ist augenscheinlich dennoch erkennbar, dass die Zuwächse nicht zwangsläufig nach Extremereignissen einbrechen. So liegt die Grundflächenzunahme bei den gemessenen Bäumen im Trockenjahr 2015 sogar höher als in den beiden jeweils vorangegangen Jahren.

Damit erweisen sich die Kiefern an den Waldklimastationen Altdorf und Dinkelsbühl als sehr robust gegenüber Trockenstress. Die an den beiden Waldklimastationen gewonnenen Erkenntnisse dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit dem Trockenjahr 2015 bis zum jetzigen Zeitpunkt verbreitet Kiefern in Mittelund Unterfranken ausfallen, ohne dass die Ursache bislang eindeutig geklärt ist. Mitverantwortlich für diese ernstzunehmende Situation ist unter anderem ein Pilz namens Sphaeropsis sapinea (Synonym: Diplodia pinea), der i.d.R. im Zusammenhang mit Trocken- bzw. Hitzestress oder anderen Schadfaktoren seine volle Schadwirkung entfaltet und oftmals zum Absterben ganzer Bäume führt (Blaschke & Cech 2007; Langer et al. 2011).

Es sei noch erwähnt, dass sich die Durchforstung auf der WKS Dinkelsbühl im Jahr 2000 und die damit einhergehende Stammzahlreduktion von etwa 30 % in einem starken Zuwachsanstieg in den Folgejahren bemerkbar macht.

Laubbäume an den Waldklimastationen bewahren kühle Krone

Komplexe Grafik, bestehend aus einem oberen Teil mit Koordinatensystem, darunter Tabelle. Alles bunt und farbigZoombild vorhanden

Abb. 6: Buche: Prozentuale Abweichung der Grundflächenentwicklung zum Mittel der langjährigen Referenzperiode (2000–2018). (Datenquelle: WKS-Monitoring, Grafik: LWF)

Die drei Bestände mit führender Buche reagierten nicht so stark auf die Trockenperioden als die Fichtenbestände, denn die Abweichung der Grundflächenentwicklung vom langjährigen Mittel der Referenzperiode lag über alle gemessenen Buchen hinweg lediglich im Jahr 2003 leicht im negativen Bereich und in den Jahren 2015 und 2018 sogar über dem Durchschnittswert (Abbildung 6, 2015 in FRE vermutlich zusätzlich durch Hiebsmaßnahme verstärkt).

Hier gilt es allerdings zu erwähnen, dass die beiden montan gelegenen Buchenbestände an den Waldklimastationen Bad Brückenau und Mitterfels (Tabelle 1) weniger gefährdet gegenüber Trockenheit sind. Ebenso reduzieren die guten Bodenverhältnisse an der WKS Freising (mächtige Lehmschicht mit hoher Wasserspeicherkapazität) die Gefahr einer Bodenaustrocknung deutlich. Auch bei Buchen im Umfeld der WKS Riedenburg (wegen kürzerer Zeitreihe nicht dargestellt) wurden auf den flachgründigen und vergleichsweise warm-trockenen Standorten im Extremjahr 2015 kein reduziertes Dickenwachstum festgestellt (Stiegler et al. 2016).

Gleiches gilt für das Jahr 2018, hier wurde auf dem Jurastandort bei Riedenburg ebenfalls ein Zuwachs festgestellt, der über dem Mittel einer neunjährigen Referenzperiode liegt (Quelle: WKS Monitoring). Aus Abbildung 6 geht weiterhin ein relativ hoher Zuwachs (40 % über dem langjährigen Referenzwert) bei den Buchen an der WKS Bad Brückenau im Jahr 2018 hervor, der angesichts von nur 214 mm Niederschlag während der gesamten Vegetationsperiode äußerst beeindruckend ist. Alle die Baumart Buche betreffenden Ergebnisse spiegeln die Situation nach Abschluss der Vegetationsperiode im Jahr 2018 wider. Inzwischen – etwa ein Jahr nach der letzten Datenerhebung – stellt sich heraus, dass in zahlreichen Regionen Deutschlands (u. a. in Nordbayern) vermehrt Buchen absterben. Als Ursache werden die Folgen der langanhaltenden Hitzeperiode im Jahr 2018 und das damit einhergehende Wasserdefizit im Boden vermutet.

Abbildung 6 zeigt auch sehr eindrucksvoll, wie empfindlich die Buchen auf den Spätfrost im Jahr 2011 bzw. 2004 (nur Bad Brückenau) reagierten. An allen Standorten bricht der Zuwachs auf etwa die Hälfte des Referenz-Niveaus ein. Hiervon am stärksten betroffen ist die höher gelegene WKS Mitterfels im Vorderen Bayerischen Wald (Tabelle 1). Mastjahre nehmen auf den Kurvenverlauf kaum einen Einfluss, lediglich die Mast im Jahr 2014 an der WKS Bad Brückenau führt zu nennenswerten Zuwachseinbußen.

Bei den Eichen wirkt sich die witterungsbedingte starke Austrocknung der Böden in den Jahren 2003, 2015 und 2018 nur geringfügig auf das Wachstum aus. Das Mittel aller gemessenen Bäume liegt hier maximal 10 % unter dem Durchschnittswert (Abbildung 7). Damit zeigt die als trockenresistent eingestufte Eiche (Klemmt et al. 2018) von allen Baumarten die größte Unempfindlichkeit gegenüber trockenheitsbedingten Zuwachseinbußen. Im Allgemeinen sind die Eichenflächen von einem eher ausgeglichenen Verlauf der Zuwachskurven geprägt, die Schwankungen weichen – im Gegensatz zu den anderen Baumarten – weniger stark vom langjährigen Referenzwert ab. An der WKS Würzburg ist der Grundflächenzuwachs in den Trockenjahren 2015 und 2018 am stärksten beeinträchtigt. Hier wird das Dickenwachstum der Eichen durch wiederholten Raupenfraß von Eichenschädlingen überprägt.

Nennenswerte, witterungsbedingte Mortalität nur im Sommer 2003

Auf allen bayerischen Waldklimastationen fielen den beiden Trockensommern 2015 und 2018 (bis zum Zeitpunkt der Aufnahme im Spätherbst 2018) kaum Bäume zum Opfer. Von den insgesamt circa 2.800 Bäumen, die mit Permanent-Umfangmessbändern ausgestattet waren, wurden im Jahr 2015 lediglich 16 Bäume (überwiegend Fichten an der WKS Rothenkirchen) und im Jahr 2018 nur 14 Bäume außerplanmäßig genutzt bzw. der Kategorie »Totholz stehend« zugeordnet. Damit bewegen sich die Werte im Bereich derer eines »Normaljahres «. Im Jahr 2003 hingegen waren deutlich mehr Ausfälle (90 Bäume) zu verzeichnen, die in den Fichtenbeständen vorrangig auf Borkenkäferbefall zurückgeführt werden konnten.

Großes Puzzle mit vielen Teilen

Komplexe Grafik, bestehend aus einem oberen Teil mit Koordinatensystem, darunter Tabelle. Alles bunt und farbigZoombild vorhanden

Abb. 7: Eiche: Prozentuale Abweichung der Grundflächenentwicklung zum Mittel der langjährigen Referenzperiode (2000–2018). (Datenquelle: WKS-Monitoring, Grafik: LWF)

Die Analyse der Grundflächenentwicklung in Abhängigkeit von äußeren Rahmenbedingungen und physiologischen Prozessen ist äußerst komplex. Sie stößt vor allem beim Zusammentreffen von mehreren Einflussfaktoren an ihre Grenzen. So stellen beispielsweise Dietrich et al. (2015) fest, dass sich starke Blüte und Fruktifikation in trockenen Jahren in einer signifikant höheren Zuwachsminderung zeigt als in feuchten Jahren. Ebenso nehmen die Bestandesstruktur, waldbauliche Eingriffe oder waldschutzrelevante Aspekte ihren Platz im großen Puzzle ein.

Es ist daher nicht zulässig, die im Zusammenhang mit der vorliegenden Datengrundlage dargestellten Befunde zu verallgemeinern. Vielmehr sollten anhand von langfristig angelegten Untersuchungen – wie sie etwa im Rahmen des Umweltmonitorings an den Waldklimastationen stattfinden – möglichst viele Puzzleteile ausfindig gemacht werden, um zielgerichtete Anpassungsstrategien für die Forstwirtschaft zu entwickeln. Bisher bekannt (z. B.: Zang et al. 2011) und durch diesen Artikel bestätigt, erweist sich die höhere Empfindlichkeit von Fichten gegenüber Trockenstresssituationen im Vergleich zu den anderen Wirtschaftsbaumarten. Dies untermauert die forstwirtschaftlichen Bemühungen, Fichtenbestände angesichts des prognostizierten Klimawandels in stabilere Mischbestände umzuwandeln.

Zusammenfassung

Auf zahlreichen Waldklimastationen werden schon seit vielen Jahren Umfangmessungen an ausgewählten Probebäumen durchgeführt. Die Verschneidung dieser Messwerte mit den meteorologischen Daten aus dem forstlichen Umweltmonitoring erlaubt eine vorsichtige Beurteilung, wie sich abiotische und biotische Ereignisse auf das Wachstum der Bäume auswirken. Analysiert und ausgewertet wurde das Zuwachsverhalten der vier Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche über einen Zeitraum von 19 Jahren (2000–2018). Die Bäume reagieren baumartenspezifisch und zum Teil auch zeitlich versetzt auf Trockenstress, Spätfrost, Durchforstungen, Masten und Schädlingsfraß. Die Forschungsarbeiten an den Waldklimastationen liefern damit eine wichtige Datengrundlage, um Anpassungsstrategien für die Forstwirtschaft weiterzuentwickeln.
Literatur
  • Blaschke, M.; Cech L. T. (2007): Absterbende Weißkiefern – eine langfristige Folge des Trockenjahres 2003? Forstschutz aktuell Nr. 40, S. 32–34
  • Dietrich, H.-P.; Nikolova, P.; Beck, W.; Grams, T.; Seifert, T.; Seifert, S. (2015): Abschlussbericht zum Forschungsprojekt M28: Vergleichende ökophysiologische und dendroklimatologische Bewertung der Auswirkungen von Wassermangel und Trockenheit auf verschiedene Baumarten an bayerischen Waldklimastationen unveröffentlicht
  • unveröffentlicht Klemmt, H.-J.; Fischer, H.; Tretter, S. (2018): Die Eiche(n) im Klimawandel. LWF aktuell 119 (4), S.12–15
  • Langer, G.; Bressem, U.; Habermann, M. (2011): Diplodia-Triebsterben der Kiefer und endophytischer Nachweis des Erregers Sphaeropsis sapinea. AFZ-Der Wald 11, S. 28–31
  • LWF (1992–2001): Bayerische Waldklimastationen – Jahrbücher der Jahre 1992 bis 2001; Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hrsg.)
  • Rigling, A.; Weber, P.; Cherubini, P.; Dobbertin, M. (2004): Bestandesdynamik zentralalpiner Waldföhrenwälder aufgezeigt anhand dendroökologischer Fallstudien aus dem Wallis. Schweiz. Z. Forstwes. 155, 6: S. 178–190
  • Pretzsch, H. (1989): Untersuchungen an kronengeschädigten Kiefern (Pinus sylvestris L.) in Nordost-Bayern. Forstarchiv, 60. Jahrgang, Sonderdruck aus Heft 2 und 3
  • Stiegler, J.; Wörle, A.; Zimmermann, L.; Dietrich, H.-P. (2016): Es war einmal ein heißer Sommer… LWF aktuell 110 (3), S. 10–13
  • Thurm, E.; Meyer-Münzer, B.; Wauer, A.; Klemmt, H-J. (2018): Die Mistel und ihr Einfluss auf das Wachstum der Kiefern im Reinbestand. DVFFA - Sektion Ertragskunde - Beiträge zur Jahrestagung 2018
  • Zang, C.; Rothe, A.; Weis, W.; Pretzsch, H. (2011): Zur Baumarteneignung bei Klimawandel: Ableitung der Trockenstress-Anfälligkeit wichtiger Waldbaumarten aus Jahrringbreiten
  • Zimmermann, L.; Raspe, S. (2019): Jahrhundertsommer Nr. 3. LWF aktuell 119 (4), S. 56–58

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