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Kiefern-Ausfälle in Mittelfranken (Projekt ST 327)

Waldbestand mit rötlich verfärbten Kiefern

Seit der Jahrtausendwende wurde mehrfach, insbesondere aus warm-trockenen Gebieten Europas (Wallis, Rhone-Tal), über ein verstärktes Absterben von Wald-Kiefern (Pinus sylvestris) berichtet.

Im Jahr 2016 gingen an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Meldungen der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über häufiger auftretende, mortalitätsbedingte Ausfälle mittelalter bis alter Kiefern ein. Besonders betroffenen war der kiefernreiche Regierungsbezirk Mittelfranken.

Projektziel

Waldbestand mit rötlich verfärbten KiefernZoombild vorhanden

Abb. 1: Deutlich sichtbare Schäden (Foto: M. Püls)

Um den möglichen Umfang der Ausfälle abschätzen zu können und ggf. Ursachen ergründen zu können, wurde daher an der LWF in Kooperation mit der Technischen Universität München (AG Ökoklimatologie) ein Projekt ins Leben gerufen.
Das Projekt verfolgte zwei Zielrichtungen, um die eingangs skizzierten Grundfragen nach Umfang und Ursachen der Ausfälle zu beantworten. Zum einen sollten terrestrische Inventuren sowie Methoden der Fernerkundung bei der Klärung der Frage helfen, ob das Phänomen großflächig auftritt und ob standörtliche Abhängigkeiten gegeben sind. Zum anderen wurden auf Bestandesebene Forschungsansätze mit „Drohnen“, Jahrringanalysen sowie klassischen phytopathologischen Methoden betrieben, um die konkreten Ursachen des Absterbens von Kiefern in den Waldbeständen zu ergründen.

Durchführung

Drohne in der LuftZoombild vorhanden

Abb. 2: Drohne (Foto: LWF)

Teil des ersten Schritts war eine Verdichtung der Aufnahmen bei der jährlichen Waldzustandserhebung. Im Rahmen des Waldumweltmonitorings führt die Bayerische Forstverwaltung seit 1986 jährlich diese Erhebung durch. Die terrestrische Inventur wurde 2016 im Projektgebiet dahingehend ausgeweitet, dass 96 zusätzliche Inventurpunkte im Hinblick auf Vitalität oder gar verstärkte Mortalität der Kiefer untersucht wurden. In Mittelfranken konnten 2016 zwar tendenziell höhere Nadelverluste bei der Baumart Kiefer beobachtet werden, eine erhöhte Mortalität in einzelnen Regionen oder gar auf einzelnen Standorten konnte allerdings mittels dieses Aufnahmeverfahrens nicht nachgewiesen werden.

Zum gleichen Ergebnis führte die Untersuchung von Satellitendaten des Sentinel-2-Systems der Copernicus-Mission der Europäischen Luft- und Raumfahrtorganisation (ESA). Dieses seit 2015 verfügbare System liefert mit einer theoretischen Überflughäufigkeit von 8 Tagen kostenfrei optische Daten mit einer maximalen Bodenauflösung von 10m*10m. Aufgrund der relativ geringen Bodenauflösung in Verbindung mit der Tatsache, dass die Ausfälle vor allem einzelbaum- bis gruppenweise auftraten, konnten mit den angewandten Verfahren der Fernerkundung keine Schwerpunkte des Auftretens der Ausfälle der Kiefer in Mittelfranken ermittelt werden.
Mehrere Multispektral-Bilder von Kiefernbeständen Zoombild vorhanden

Abb. 3: Multispektral-Bilder (LWF)

Um auf Bestandesebene und auf Einzelbaumebene detailliertere Erkenntnisse zu gewinnen, wurden insgesamt fünf Kiefernbestände im Projektgebiet detaillierter untersucht. Diese wurden mit einer „Drohne“ mit aufgesetzter Multispektralkamera beflogen. Weiterhin wurden Jahrringbohrungen an je 15 Bäumen auf je zwei Transekten (Waldrand, Bestandesinneres) in den Beständen an unterschiedlich geschädigten Kiefern durchgeführt und ausgewertet. Diese Auswertung hat deutliche Unterschiede in Jahrringbau sowie in der Vitalität der untersuchten Kiefern gezeigt. Kiefern in Waldrandlagen wiesen über lange Jahre einen deutlich geringeren Zuwachs auf als vergleichbare Individuen im Bestandesinneren (Abb. 3). Ebenso lag die Anzahl vitalitätsschwacher Kiefern in Randlagen deutlich höher als im Inneren der untersuchten Bestände. Standörtliche Unterschiede konnten im Rahmen des Projektes allerdings nicht abgesichert werden.

In den fünf Untersuchungsbeständen wurden darüber hinaus 48 mittelstarke bis starke Kiefern unterschiedlicher Vitalität auf den Befall mit Schadorganismen hin untersucht. Hierbei hat sich gezeigt, dass bei allen Kiefern der Schadpilz Sphaeropsis sapinea (synonym: Diplodia pinea) mindestens in den jüngsten Zweigen im Kronenbereich vorhanden war. Sphaerosis sapinea ist als Bläuepilz und als Erreger des „Diplodia-Triebsterbens an Koniferen“ bekannt. Es handelt sich um einen Schwächeparasit, der ein gewisses Maß an Vorschädigung für seine pathogene Lebensweise benötigt. Darüber hinaus findet sich der Parasit auch auf abgestorbenem Pflanzenmaterial (saprophytische Lebensweise) oder ohne erkennbare äußere Symptome im Pflanzeninneren lebend (endophytisch) in verschiedenen Pflanzenteilen. Durch die saprophytische und endophytische Lebensweise kommt Sphaeropsis sapinea in Waldbeständen häufig vor. Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass der Pilz bei ungünstigen Witterungsverhältnissen oder nach Schadereignissen in eine pathogene, krankheitsverursachende Lebensphase übergehen kann.

Neben dem Vorhandensein von Sphaeropsis sapinea wurden weitere potenzielle biotische Schadursachen wie Mistelbefall oder Befall mit rindenbrütenden Insekten (insbesondere Kiefernprachtkäfer) an den Untersuchungsbäumen beobachtet. Ein Befall mit Kiefernmisteln wurde mit unterschiedlicher Intensität an nahezu allen untersuchten Bäumen, unabhängig vom Vitalitätszustand, festgestellt.

Ergebnisse

In der Gesamtschau wird davon ausgegangen, dass die verstärkten Ausfälle der Kiefer in Mittelfranken 2016 durch den extremen Trockensommer 2015 in Verbindung mit dem Vorhandensein des Schadpilzes Sphaeropsis sapinea gefördert wurden. Zahlreiche Kiefern, und hier insbesondere in besonders exponierten Waldrandlagen, waren hierdurch in der Vitalität eingeschränkt und gestresst. Dies hat, in Verbindung mit begleitenden, sekundären Schadorganismen vermutlich zu den verstärkten Ausfällen geführt.

Auch wenn die Bedeutung der einzelnen ursächlichen Faktoren im Rahmen des Projektes nicht eindeutig geklärt werden konnte, muss mit zunehmendem Klimawandel mit einer Zunahme der Bedeutung des Phänomens gerechnet werden, da hohe Temperaturen einerseits die Entwicklung von Sphaeropsis sapinea in der Infektions- und Virulenzphase begünstigen und gleichzeitig andere biotische Schadorganismen ebenso von den geänderten Entwicklungsbedingungen profitieren werden.
Wie die vorgestellte Untersuchung gezeigt hat, erwiesen sich Kiefern in exponierten Waldrandlagen als besonders anfällig. Aus diesem Grund sollte der klimagerechte Waldumbau bei der Kiefer von diesem Lagen aus beginnend zügig vorangetrieben werden.

Sphaeropsis sapinea ist als Saprophyt weit verbreitet. Untersuchungen aus anderen Bundesländern legen den Verdacht nahe, dass der Pilz auch in seiner endophytischen, symptomlosen Lebensweise in den Kiefernbeständen präsent ist, so dass zahllose Kiefern bereits infiziert sind. Phytosanitäre Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sind daher zwecklos. Werden stark befallene bzw. absterbende Bäume geerntet, sollte dies möglichst rasch geschehen, um die technische Entwertung des Holzes durch die mit der Infektion einhergehende Verblauung zu minimieren. Treten im Schadgeschehen rindenbrütende Käferarten sekundär in Erscheinung, sind Sanierungsmaßnahmen unbedingt erforderlich, um ein fortschreitendes Befallsgeschehen zu verhindern. Da zukünftig häufiger mit sommerlichen Dürreperioden zu rechnen ist, ist mit einem zunehmenden Schadgeschehen in den Kiefernbeständen zu rechnen. Konsequente Pflege und Waldumbaumaßnahmen sind dringend geboten, um die Bestände zu stabilisieren.

Balkendiagramm zu Kiefernschäden. Je näher am Waldrand, desto größer die Schäden.

Abb. 4: Auftreten von Schäden in Abhängigkeit der Entfernung vom Waldrand (Grafik: LWF)

Veröffentlichungen

  • Wauer, A., Mette, T. und Klemmt, H.-J.: Quo vadis, Kiefer? (2018): LWF aktuell 117, 30 - 32
  • Klemmt, H.-J., Taeger, S., Straub, C., Lemme, H., Menzel, A., (2018): Absterbeerscheinungen der Kiefer in Mittelfranken. AFZ-Der Wald, 11/ 2018, 20 - 22
  • Klemmt, H.-J., Petercord, R., Seitz, R., Tretter, S., Menzel, A., (2017): Klimawandel bedroht Kiefern. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt, 51/ 52, 28 - 29
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Steffen Taeger (LWF, bis 2017), Dr. Hans-Joachim Klemmt (LWF, ab 2017)
Laufzeit: 01.08.2016 bis 31.07.2017
Durchführende Institution: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (StMELF)