LWF aktuell 153
BaSIS 2.0: Das neue (Baumarten-) Anbaurisiko
von Tobias Mette, Melina Schaller, Wolfgang Falk, Sandra-Maria Hipler und Klaas Wellhausen

Das Bayerische Standortinformationssystem BaSIS liefert seit 2013 Informationen zum Anbaurisiko von Baumarten unter gegenwärtigen und zukünftigen Klimabedingungen. Ging man damals noch von einem moderaten Temperatur­anstieg aus, so veranlasst uns der Trend der letzten Jahre, auch das Risiko eines „harten" Klima­wandels in Betracht zu ziehen. Höchste Zeit für ein Update des Anbaurisikos – Zeit für BaSIS 2.0!

Wie alles begann

Grafik zeigt das Fichten-Anbaurisiko 2100 im Bayerischen Standortinformations­system (BaSIS).Zoombild vorhanden

Abb. 1: Fichten-Anbaurisiko 2100 im Bayerischen Standort-informations­system (BaSIS) 1.0 für den Bereich südlich von München. (© LWF)

Im Jahr 2008 stellte die LWF als sogenannte „Soforthilfe" den Försterinnen und Förstern in Bayern vorläufige Klimarisikokarten – zunächst für die Baumarten Buche und Fichte und ein Jahr später für sechs weitere wichtige Baumarten – zur Verfügung (Kölling et al. 2010). Nach umfangreichen Weiterentwicklungen und zusätzlichen Daten konnten im Jahr 2013 schließlich Anbaurisikokarten für 21 Baumarten als wichtiger Bestandteil von BaSIS 1.0 im Bayerischen Waldinformationssystem (BayWIS) veröffentlicht werden (Falk et al. 2013). Grundlage für die Anbaurisikokarten „2000" bildeten Klimadaten der Jahre 1971–2000 (Hera et al. 2012), für das Anbaurisiko „2100" das regionale Klimamodell WETTREG mit dem moderaten Emissionsszenario B1 (Spekat et al. 2007). Dieses prognostiziert für Bayern im Mittel einen Anstieg der Jahrestemperatur von 7,8 °C (1971–2000) auf 9,6 °C (2071–2100). Das entspricht einem Temperaturanstieg von 1,8 °C in 100 Jahren. Für den gleichen Zeitraum prognostizierte das Modell WETTREG auch einen merklichen Rückgang der Sommerniederschläge um 18 % von 306 mm auf 251 mm (Abbildung 4). Vor allem für boreale Baumarten wie Fichte erhöht sich dabei das Anbaurisiko bis weit ins Alpenvorland (Abbildung 1).

Ändert sich das Klima stärker als erwartet?

Im Hintergrund einer jungen Tanne stehen zwei Personen die sich unterhalten.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Das Klima ändert sich schneller als erwartet – ist dieser Tannenvorbau an seinem Standort noch zukunftsfähig? BaSIS 2.0 unterstützt hier die Entscheidungsfindung. (© R. Pehlke)

Damals wie heute stellt sich die Frage, welches zukünftige Klima wir den Risikobewertungen unserer Baumarten zugrunde legen sollen. Dabei ist klar: Die EINE verlässliche Klimaprognose für die Zukunft gibt es nicht. Das liegt schon allein daran, dass wir die zukünftigen Treibhausgas-Emissionen nicht kennen. Die Wissenschaft (bzw. das IPCC) hat sich daher auf ein Standard-Set repräsentativer Emissionsszenarien geeinigt, mit dem globale Klimamodelle mögliche Klimaentwicklungen in der Zukunft berechnen. Durch Unterschiede zwischen den Modellen kommt es auch innerhalb der Emissionsszenarien zu einer gewissen Streuung bzgl. der zukünftigen Temperaturen und Niederschläge (Details siehe Kasten).

Ein Vergleich der Klimaperioden 1971–2000 und 1991–2020 in Abbildung 3 und 4 zeigt, dass die Jahrestemperatur in Bayern in nur 20 Jahren um 0,8 °C von 7,8 °C auf 8.6 °C gestiegen ist. Das entspricht 0,4 °C pro Jahrzehnt. Damit liegt die Temperatur nur noch 1 °C unter den für 2071–2100 erwarteten 9,6 °C des bisher in BaSIS 1.0 verwendeten WETTREG B1-Modells. Die Sommertemperatur hat sich mit aktuell 17,3 °C für den Zeitraum 1991–2020 bereits auf 0,4 °C dem im Modell für 2071–2100 erwarteten Wert von 17,7 °C angenähert.
Offensichtlich schreitet also der Klimawandel schneller voran als seinerzeit im WETTREG B1-Modell erwartet und berechnet. Trotzdem können wir über den Zeitraum bis 2100 auch einen moderaten Klimawandel, wie ihn das bisher in BaSIS 1.0 verwendete Klimamodell vorhersagt, nicht gänzlich ausschließen - genauso wenig einen noch härteren Klimawandel. Es empfiehlt sich also bei der langfristigen Wirkung waldbaulicher Maßnahmen nicht auf ein einzelnes Klimamodell zu setzen, sondern die Bandbreite möglicher „Klima-Zukünfte" anhand verschiedener Modelle aufzuzeigen.

Das ist neu in BaSIS 2.0

Die Verwendung neuer Klimamodelle ist einer von drei wesentlichen Gründen für eine grundlegende Überarbeitung des Anbaurisikos und der damit verbundenen Daten und Datenstrukturen im Bayerischen Standortinformationssystem. Dieser Prozess und die sich daraus ergebenden Änderungen fassen wir als zweite Generation BaSIS oder kurz: BaSIS 2.0 zusammen. Die drei wichtigsten Änderungen in BASIS 2.0 werden auf diesen Seiten näher beschrieben:
  • die Verwendung von Klimamodellen für einen mittleren und harten Klimawandel
  • aktualisierte Artverbreitungsmodelle
  • Integration des Bodenwasserspeichers

Klimamodelle für einen mittleren und harten Klimawandel

Grafik zeigt die Sommertemperatur und Sommerniederschläge für Klimadaten.Zoombild vorhanden

Abb. 3: Sommertemperatur und Sommerniederschläge für Klimadaten. (© LWF)

Für Bayern hat das Bayerische Landesamt für Umwelt ein Ensemble von insgesamt 24 Klimamodellen zusammengestellt, auf deren Grundlage auch die Klimaanpassungsstrategie Bayerns aufbaut (LfU 2020, StMUV 2017). Aus diesem sogenannten „Bayern-Ensemble" haben wir für BaSIS 2.0 drei Modelle in die engere Wahl genommen, stellvertretend für einen „milden", einen „mittleren" und einen „harten" Klimawandel (Abbildung 3 und 4). Dem „milden" Klimawandel liegt das Modell MPI-CLM RCP 4.5 zugrunde. Die Jahrestemperatur für 2071–2100 ist mit 9,3°C zwar um 0.3 °C geringer als bei dem im BaSIS 1.0 verwendeten WETTREG B1-Modell, aber die Sommertemperatur ist mit 18,0 °C 0,3 °C höher. Angesichts des rezenten Temperaturanstiegs wurde das Anbaurisiko für das milde Modell zwar berechnet, aber es wird letztendlich nicht in die offizielle BaSIS 2.0 Version eingebunden. Hinter dem „mittleren" Klimawandel in BaSIS 2.0 steckt das Modell MPI-RCA4 RCP 4.5. Hier liegt die Jahrestemperatur 2071–2100 mit 9,8 °C um 0,2 °C höher als im WETTREG Modell und die Sommertemperatur mit 18,7 °C sogar um 1 °C höher als in BaSIS 1.0. Dem „harten" Klimawandel liegt das Modell MPI-CLM RCP 8.5 zugrunde. Mit einer Jahres- bzw. Sommermitteltemperatur 2071–2100 von 10,9 °C bzw. 19,5 °C liegen die Werte um 1,2 °C bzw. 2,2 °C über den Werten des WETTREG Modells. Darüber hinaus unterscheiden sich die in BaSIS 2.0 verwendeten Klimamodelle in folgenden Aspekten vom WETTREG B1-Modell in BaSIS 1.0:
  • geringerer saisonaler Unterschied im Anstieg von Sommer- und Wintertemperatur
  • Anstieg statt Rückgang der Jahresniederschläge
  • geringerer Rückgang der Sommerniederschläge
Außer den Klimamodellen wird in BaSIS 2.0 auch das Gegenwartsklima von 1971–2000 auf die jüngere Vergangenheit 1991–2020 und die bereits eingetretenen Klimaveränderungen aktualisiert. Damit liegen die in BaSIS 2.0 als „2020" bezeichneten Jahres-, Sommer- bzw. Wintertemperaturen um 0,8°, 1,1° bzw. 0,6 °C höher als die Temperaturen, die in BaSIS 1.0 als „2000" bezeichnet wurden (vgl. Abbildung 4). Dagegen haben sich die Niederschlagswerte in der Periode 1991–2020 nur geringfügig gegenüber 1971–2000 geändert – trotz der Trockenjahre 2018–2020.
BaSIS Klima Temperatur [°C]  Niederschlag [mm]  
DatenBezeichnungDatensatzPeriodeJahrSommerWinterJahrSommerWinter
Basis 1.0 Gegenwart2000LfU (DWD)1971-20007.816.2–0.5923306195
Basis 2.0 Gegenwart2020LfU (DWD)1991-20208.617.30.1928306199
Basis 1.0 Klimamodell2100MPI WETTREG-B12071-21009.617.72.6894251240
Basis 2.0 Klimamodell mild2100 mildMPI CLM 4.52071-21009.318.01.1991300217
Basis 2.0 Klimamodell mittel2100 mittelMPI RCA4 4.52071-21009.818.71.7976287225
Basis 2.0 Klimamodell hart2100 hartMPI CLM 8.52071-210010.919.52.91036279244

Abb. 4: Temperatur- und Niederschlagskennwerte für die in BaSIS 1.0 und 2.0 verwendeten Gegenwartsperioden 1971–2000 und 1991-2020 und die in BaSIS 1.0 und 2.0 verwendeten Klimamodelle 2071-2100. Das BaSIS 2.0 Klima­modell „mild" wird nicht in der offiziellen BaSIS 2.0-Version dargestellt.

Aktualisierte Artverbreitungsmodelle

Zwei Personen unterhalten sich im Wald über eine Grafik auf einem Tablet.Zoombild vorhanden

Abb. 6: BaSIS wird bereits seit über einem Jahrzehnt erfolgreich in der Beratung eingesetzt und hilft dabei, die Eignung von Baumarten für den jeweiligen Standort besser einzuschätzen und anschaulich an Waldbesitzende zu vermitteln. (© R. Pehlke)

An der bewährten Methodik zur Einschätzung der klimatischen Ansprüche der Baumarten hat sich aber nur wenig geändert: Aus der räumlichen Verbreitung einer Baumart in Europa leiten wir ab, unter welchen Klimabedingungen diese Art in Europa vorkommt, d. h. wir nutzen Artverbreitungsmo­delle, um den klimatischen Wohlfühlbereich (Klima­nische) einer Baumart zu ermitteln. Diese Klima­nische charakterisieren wir mit drei sehr robusten Parametern: Sommertemperatur, Sommerniederschlag (Juni bis August) und Wintertemperatur (Dezember bis Februar). Sommertemperatur und Sommer­niederschlag beschreiben dabei in erster Linie die Trocken- und Hitzetoleranz einer Art, die Wintertemperatur ihre Kältetoleranz.

Auch wenn die Methodik nicht verändert wurde – in Basis 2.0 wurden die Datengrundlagen für die Berechnung des Anbaurisikos ganz erheblich erweitert und aktualisiert: Die Artverbreitungsmodelle der 2013 in BaSIS 1.0 veröffentlichten 21 Baumarten basierten auf damals verfügbaren Daten von ca. 8.000 europäischen Monitoringpunkten und wurden ergänzt um Karten der potenziell natürlichen Vegetation Europas (Bohn et al. 2003). 2017 hat sich mit der Veröffentlichung des EU-Forest-Datensatzes, der mehr als eine halbe Million Vorkommen von 242 Baumarten aus 30 Ländern umfasst (Mauri et al. 2017), die Datenverfügbarkeit schlagartig verbessert. Bereits 2018 wurde dieser Datensatz an der LWF angewendet, um das BaSIS-Anbaurisiko um elf alternative und seltene Baumarten zu erweitern (Thurm et al. 2018, Thurm et al. 2019). Auch die für BaSIS 2.0 überarbeiteten Artverbreitungsmodelle bauen auf dem EU-Forest Datensatz auf und ergänzen nicht abgedeckte östliche Verbreitungsgebiete um Artverbreitungskarten nach Caudullo et al. (2017).
Durch die neuen Daten und die ergänzte Vorgehensweise ergeben sich naturgemäß leichte Veränderungen in den Klimanischen der Baumarten. Allerdings sind diese vorkommensbezogenen Änderungen bei fast allen Baumarten gering im Vergleich zu den Änderungen, die sich aus den neuen Klimadaten ergeben.

Integration des Bodenwasserspeichers

Die Klimanische einer Baumart lässt sich über die Verschneidung von Verbreitungs- und Klimadaten gut beschreiben. Leider sind jedoch die heute verfügbaren europaweiten Bodendaten zu unvollständig und zu ungenau, um den Einfluss lokaler Standortbedingungen wie z. B. die Basenausstattung oder die Wasserspeicherkapazität des Bodens in einem Modell abzuleiten.
Daher wurden bekannte Zusammenhänge wie die geringe Durchwurzelung und Standfestigkeit von Fichte oder Buche auf stau- oder grundnassen Böden oder die höheren Basenansprüche von Edellaubhölzern aus wissenschaftlichen Literaturquellen und Expertenwissen abgeleitet. Diese Informationen modifizieren das klimatische Anbaurisiko örtlich. In BaSIS 1.0 wurde hierfür der Begriff „Boden-Patch" eingeführt, der bis heute für viele Förster­innen und Förster der Forstverwaltung eine feste Größe darstellt (Patch, engl. für Flicken, Falk et al. 2013, Taeger et al. 2016, Thurm und Falk 2019).
Grafik zeigt das Anbaurisiko der Buche im Bereich der fränkischen Saale bei Bad Kissingen.Zoombild vorhanden

Abb. 5: Anbaurisiko der Buche im Bereich der fränkischen Saale bei Bad Kissingen (Klima 1991–2020). (© LWF)

Andererseits hat die Größe des lokalen Bodenwasserspeichers große Auswirkungen auf Baumwachstum und -vitalität. Das Wasserspeichervermögen des Bodens stellt daher zurecht ein wichtiges Beurteilungskriterium für die Baumarteneignung in der klassischen forstlichen Standortskartierung dar. Um diesen Wasserspeichereffekt abzubilden, werden in BaSIS 2.0 je nach Wasserspeicherkapazität des Bodens Auf- oder Abschläge für den Sommerniederschlag vergeben. Diese Modifikation wirkt sich gerade am trockenen Verbreitungsrand aus und unterscheidet sich daher zwischen den Baumarten. Die Fichte reagiert bereits im Bereich von 150–250 mm Sommerniederschlag am empfindlichsten auf den Bodenwasserspeicher, die Buche im Bereich von 120–220 mm und die Stieleiche erst im Bereich von 100–200 mm.

In Abbildung 5 sehen wir das „neue" Anbaurisiko der Buche im Gegenwartsklima (1991–2020) im Bereich der fränkischen Saale bei Bad Kissingen. Einmal ohne und einmal mit Berücksichtigung des Bodenwasserspeichers. Deutlich zu erkennen ist, wie das relativ einheitliche Anbaurisiko (links) durch den Einfluss des Bodenwasserspeichers markant und kleinflächig überprägt wird (rechts). Solche Muster auf flachgründigen, exponierten Standorten lassen sich unter anderem auch durch Auswertungen von Schadflächen nach den zurückliegenden Trockenjahren in Unterfranken bestätigen.

Klimamodelle im Überblick

Globale Klimamodelle treffen Annahmen über Wirkungszusammenhänge der atmosphärischen Wetterprozesse und des Einflusses von Ozeanen und Landoberflächen, um mögliche Entwicklungen des zukünftigen Klimas zu berechnen. Die Modelle unterscheiden sich zwar in ihren Modellalgorithmen, aber in einem Punkt herrscht Einigkeit: Eine Erhöhung der Treib­hausgaskonzentration in der Atmosphäre führt zu einer Erhöhung der Temperatur – je mehr, desto mehr. Da niemand voraussehen kann, wie stark sich die Treibhausgaskonzentration erhöht, hat man sich auf vier bis sechs repräsentative Emissions-Szenarien geeinigt.

Die heute noch gängigen RCP-Szenarien (Representative Concentration Pathways) werden in Zukunft durch die SSP-Szenarien (Shared Socioeconomic Pathways) ersetzt. Die Zahlenangabe hinter dem RCP bzw. SSP bezieht sich auf den physikalisch rechnerischen Strahlungsantrieb aus den angenommenen anthropogenen Treibhausemissionen bis 2100. Er liegt bei 2.6 bis 8.5 W/m2.

Wichtig ist ebenfalls, dass regionale Angaben zum Klimawandel – wie in Abbildung 3 für Bayern – nicht mit globalen Werten verwechselt werden. Einerseits fällt der Klimawandel regional sehr unterschiedlich aus, andererseits werden unterschiedliche Bezugszeiträume zugrunde gelegt. Die Jahrestemperatur hat sich in Bayern allein von 1900 bis 2020 schon um über 2 °C erhöht und liegt damit über dem globalen Mittel (ca. +1,2 °C). Ein Grund dafür ist, dass sich Landmassen schneller erwärmen als Meere.

Das neue Anbaurisiko – eine Kombination verschiedener Faktoren

Tabelle zeigt das Anbaurisikokarten in BaSIS 2.0 mit grafischen Darstellungen von Bayern.Zoombild vorhanden

Abb. 8: Anbaurisikokarten in BaSIS 2.0. Legende s. Abbildung 9 (© LWF)

Die drei dargelegten Änderungen in BaSIS 2.0 – neue Klimadaten, neue Artverbreitungsdaten und baumartenübergreifende Integration des Bodenwasserspeichers – wirken sich allesamt auf das Anbaurisiko aus (Abbildung 8).

Die Fichte bleibt auch in BaSIS 2.0 eine der klimasensibelsten Baumarten. Selbst bei einem milden Klimawandel ist sie nur noch im Alpenvorland und für die nordbayerischen Mittelgebirge eine Option. Schon bei einem mittleren Klimawandel wäre das Anbau­risiko erst ab einer Höhenlage von 800 m in den ostbayerischen Mittelgebirgen und in den Alpen gering. Bei hartem Klimawandel wäre der Anbau mit geringem Risiko nur über 1.000 m im Bayerischen Wald und in den Alpen möglich.
Die Weißtanne ist wärmetoleranter als die Fichte, reagiert aber stärker auf abnehmende Niederschläge. Daher wird sie schon bei einem milden Klimawandel im trockenwarmen Nordwesten Bayerns Probleme bekommen. Bei einem harten Klimawandel wird das Anbaurisiko in den niederschlagsärmeren ostbayerischen Randgebirgen erst ab 700 m als gering eingestuft, im niederschlagsreichen Alpenvorland schon ab 500 m.
Das Anbaurisiko für die derzeit zum Teil kontrovers diskutierte Rotbuche stufen wir aktuell – und auch beim milden Klimawandel – selbst auf der fränkischen Platte noch als gering ein. Erstaunlich. Doch Schäden, wie sie infolge der Trockenjahre ab 2018 regional auf manchen Standorten beobachtet wurden, sind auch an ihrer Verbreitungsgrenze in Südeuropa so selten, dass sie die allgemeine Vorkommenswahrscheinlichkeit nicht negativ beeinflussen. Erst beim mittleren Klimawandel steigt das Risiko merklich an, vor allem auf flachgründigen Böden. Ab einem hartem Klimawandel ist auch im fränkischen Hügelland sowie in der Donauniederung der Anbau der Buche mit einem höheren Risiko verbunden.
Eichenkeimling wächst auf einem moosbedeckten Waldboden. Zoombild vorhanden

Abb. 7: In BaSIS 1.0 wies die Stieleiche allgemein ein geringes Anbaurisiko auf. Auch bei einem harten Klimawandel­ bleibt das Risiko in BaSIS 2.0 für bayerische Stand­orte weiterhin niedrig. (© A. Ottmann)

Schon in BaSIS 1.0 hatte die Stieleiche eine gute Prognose. BaSIS 2.0 zeigt nun, dass selbst bei einem harten Klimawandel das Anbaurisiko für die meisten bayerischen Standorte gering bleibt. In den Alpen kann sie bei hartem Klimawandel auch in höhere Lagen aufsteigen. Auffällig ist die Auswirkung ihrer Überflutungstoleranz: das Risiko der Stieleiche in den Auen wird nicht „hochgepatcht" , wie bei anderen Baumarten.

Die Edelkastanie ist eine wichtige Zukunftsbaumart für Bayern. Während heute entlang der Alpen und in den Mittelgebirgen die Wintertemperaturen noch limitierend wirken, ist sie in tiefergelegenen Regionen, wo die Buche bei hartem Klimawandel riskant wird, eine mögliche Alternative. Aufgrund ihrer geringen Kältetoleranz kann sie aber auch bei einem hartem Klimawandel nicht so schnell wie die Eiche in höhere Lagen vordringen. Freier Kalk im Oberboden erhöht das Anbaurisiko, daher stechen die Geologien der Fränkischen Alb sowie des Muschelkalks mit erhöhtem Risiko heraus.

Praxisnah und benutzerfreundlich

Tabelle zeigt die Anbaurisiko-„Durchstich" für einen Standort im fränkischen Keuper.Zoombild vorhanden

Abb. 9: Anbaurisiko-„Durchstich" für einen Standort im fränkischen Keuper auf 350 m ohne begrenzende Boden-faktoren (Boden-Patch). (© LWF)

Mit dem Start von BaSIS 1.0 im Jahr 2013 hat die LWF viele wertvolle Erfahrungen gesammelt. Das Feedback der Försterinnen und Förster hat dabei nicht nur die Nutzeroberfläche bedienerfreundlicher gemacht, auch viele inhaltliche Anpassungen gehen auf Verbesserungsvorschläge aus der Praxis zurück. Daher wurden dieses Mal schon vor der offi­ziellen Freigabe von BaSIS 2.0 Informations- und Feedbackworkshops mit Anwendern der bayerischen Forstverwaltung organisiert.

Thema war neben der Darstellungsform auch der Umgang mit den zwei unterschiedlichen Klimamodellen (mittlerer und harter Klimawandel) bei der Baumartenwahl. Leitschnur muss es sein, unnötige Unsicherheiten bei den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, aber auch unserem forstlichen Fachpersonal zu vermeiden. Eine Möglichkeit, die Komplexität unterschiedlicher Anbaurisiko-Zukünfte zu vereinfachen, bietet die sogenannte „Durchstichfunktion" in BayWIS – beispielhaft dargestellt in Abbildung 9. In der Tabelle wird das Anbaurisiko farblich dargestellt, wobei die Baumarten untereinander (in Reihen) und die unterschiedlichen Klimaperioden und -modelle nebeneinander (in Spalten) angeordnet sind. Wenn keine standörtlichen Einschränkungen vorliegen, kann man über den Farbverlauf des Anbaurisikos entlang des Klimagradienten eine übergreifende „Gesamtbewertung" der Klimatoleranz einer Art ableiten.
BaSIS 2.0 wird im Herbst 2025 für die Beratungsförsterinnen und -förster der Bayerischen Forstverwaltung freigeschaltet. Parallel dazu werden Lösungen erarbeitet, die Ergebnisse z. B. in Form von klimasensitiven Baumarteneignungstabellen auszuspielen und als Online-Angebote wie dem „digitalen Baum­experten" zugänglich zu machen. Diese Angebote sollen die forstlichen Zusammenschlüsse, Kommunen und private Waldbesitzende beim Waldumbau unterstützen.
Parallel zur Überarbeitung des Anbaurisikos der 32 Baumarten aus BaSIS 1.0 hat sich die LWF mit den klimatischen und standörtlichen Ansprüchen von weiteren 30 Baumarten beschäftigt, darunter Atlas- und Libanonzeder, Baumhasel, Flatterulme, Wal- und Schwarznuss (Kaule et al 2023). Um diese Arten wird BaSIS 2.0 nach Projektabschluss erweitert.
Nächster Meilenstein ist die konsequente Integration der Bodeninformationen aus der konventionellen Standortkartierung. Entsprechende Daten müssen noch aufbereitet werden, stehen aber teilweise schon zur Einbindung in die Anbaurisikobeurteilung zur Verfügung.

Literatur

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Weiterführende Informationen

Autoren

  • Dr. Tobias Mette
  • Melina Schaller
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  • Wolfgang Falk
  • Dr. Klaas Wellhausen