Header Boden und Klima

RSS-Feed der Bay. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft abonnieren

So verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr. Unser RSS-Feed "Nachrichten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" informiert Sie kostenlos über unsere aktuellen Beiträge.

Aufruf des RSS-Feeds

Karl Heinz Mellert
"sensFORclim" – Suche nach der Klimasensitivität heimischer Forstgenressourcen – LWF aktuell 127

Bis heute sind in den meisten Bundesländern die Standortseigenschaften der Erntebestände unter anderem auch in Hinsicht auf klimarelevante bodenphysikalische Parameter unbekannt. Die Reaktion von Erntebeständen auf bisherige Klimaextreme ist bisher kaum untersucht worden.

Wie öffentliche Diskussionen und beispielweise Anfragen am AWG zeigen, werden in der Forstpraxis häufig besonders tolerante Herkünfte diskutiert und nachgefragt. Ob es unter den heimischen Herkünften besonders klimatolerante Lokalanpassungen gibt, kann bis heute nicht beurteilt werden.

Projektziele

Junge geradschaftige RotbuchenZoombild vorhanden

Abb. 1: Bayerischer Rotbuchen­Erntebestand (Foto: AWG)

Aktuell geforderte Alternativmaßnahmen, wie beispielsweise »assisted migration«, könnten große Risiken bergen. Die Erfahrungen der forstlichen Praxis mit dem großräumigen Transfer sind vielfältiger Natur und nicht immer von Erfolg gekrönt.

Daher ist es unverzichtbar, zunächst zu prüfen, inwieweit lokale, in Deutschland und den einzelnen Bundesländern vorhandene Forstgenressourcen heimischer Hauptbaumarten eine besondere Klimatoleranz aufweisen. Diesen Fragen will das Forschungsprojekt »sensFORclim« (s. Kasten) nachgehen.

Ziel des Projektes ist es daher, nach klimatolerantem, heimischem Vermehrungsgut der Baumarten Fichte, Buche und Tanne zu forschen und für die Praxis verfügbar zu machen. Hierzu werden Saatguterntebestände in den Bundesländern Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg durch eine Kombination von ökologischen Nischenmodellen mit Methoden der Resilienzforschung sowie der Populationsgenetik untersucht, um besonders klimaangepasste Herkünfte zu identifizieren.

Vorgehensweise

Grafik mit Bäumen, die auf einem Hügel wachsen, darunter hellgrüne Flüsse

Abb. 2: Durch Reihung der Erntebestände entlang eines Gradienten vom feuchtkalten zum warm­trockenen Klima kann ein Bezug zu im Klimawandel entscheidenden demografischen und genetischen Prozessen hergestellt werden (Grafik: AWG)

Traditionell stehen bei Herkunftsfeldversuchen Anwuchs, Wachstum und Qualität bewährter Herkünfte im Zentrum der Aufmerksamkeit, da schließlich adäquate Vorschläge für die Forstpraxis gegeben werden sollten. Der Fokus vieler älterer Herkunftsversuche war auf die Ertragsleistung ausgerichtet. Die Anpassungsfähig keit sowie besonders trockene Standortsbereiche standen dabei nicht im Vordergrund.

Entlang des ökologischen Gradienten von feucht-kaltem zu warm-trockenem Klima finden aber entscheidende demografische und genetische Prozesse statt (Grafik). In sensFORclim werden daher rund 3.000 Saatguterntebestände in Süd- und Südostdeutschland mithilfe von Nischenmodellen entlang dieses ökologischen Gradienten gereiht und stratifiziert.

Der Untersuchungsraum deckt damit eine weite ökologische Klima-Amplitude ab, die vom kalt-kontinentalen Klima (Sachsen, Thüringen) über das gemäßigt-subozeanische Mittelgebirgsklima (Bayern) bis hin zum warm-submediterranen Klima (Kaiserstuhl, Baden-Württemberg) reicht. Diese Regionen sind nicht nur repräsentativ für weite Teile Deutschlands, die Heterogenität in den Umweltbedingungen bietet auch die Möglichkeit zur Ausbildung zahlreicher, möglicherweise im Klimawandel interessanter Lokalanpassungen.

Aus diesem großen Kollektiv werden nach standörtlichen Kriterien 36 Bestände ausgewählt und mittels Methoden der Resilienzforschung (z. B. Dendroökologie) sowie mittels ökophysiologischer Methoden intensiv untersucht.

Durch die interdisziplinäre Arbeitsweise können Zusammenhänge zwischen unterschiedlichsten phänotypischen und genetischen Merkmalen in den Blick genommen und die Reaktionsnormen innerhalb der untersuchten heimischen Hauptbaumarten in Bezug auf relevante klimatische und bodenkundliche Faktoren erfasst werden.
Verbundvorhaben: Klimasensitivität von Forstgenressourcen in Deutschland (sensFORclim)
Ziel des Projekts ist es, Bestände für die Produktion von klimatolerantem, heimischem Vermehrungsgut der Baumarten Fichte, Buche und Tanne zu identifizieren. Das Projektgebiet umfasst Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen. In diesem Bereich wird gezielt nach Waldpopulationen geforscht, die ein hohes Anpassungspotenzial im Klimawandel aufweisen.

Die fünf kooperierenden Antragsteller (Bayer. Amt f. Waldgenetik, TU München, Staatsbetrieb Sachsenforst, Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha) wählen hierzu einen interdisziplinären Ansatz: Es werden Standortsinformationen in die ökologischen Nischenmodelle integriert und der in die Zukunft projizierte Einfluss des Klimawandels auf die Saatguterntebestände ermittelt. Hierdurch werden Aussagen zu Adaptionsreaktionen von Erntebeständen und unmittelbaren Nachkommen möglich.

Dieser Forschungsansatz erlaubt weitreichende Rückschlüsse auf die Anpassungsfähigkeit der untersuchten Baumarten auf die Veränderung relevanter klimatischer Parameter. Die in diesem Ansatz identifizierten Saatguterntebestände können zur Produktion von klimatolerantem Saatgut für die Forstpraxis genutzt werden. Die Ergebnisse münden mittelfristig auch in die gezielte Neuzulassung von Saatguterntebeständen. Mit Hilfe der Nischenmodelle werden zudem Suchkulissen für künftige Transferstudien erstellt, als Grundlage für gezielte Klimawandel-Anpassungs-Feldversuche.

http://www.waldklimafonds.de/ Externer Link

Erwartete Erkenntnisse für die Praxis

Die Fragen nach der Klimasensitivität der Forstgenressourcen in Deutschland und die Bereitstellung von klimatolerantem forstlichem Vermehrungsgut sind für die Praxis von hoher Bedeutung. Die im Projekt verwendeten Methoden haben sich bereits in der Vergangenheit bewährt. Innovativ ist die Kombination der verschiedenen Disziplinen und Methoden:
  • Forstgenetik
  • Standortskunde
  • Modellierung
  • waldwachstumskundliche Resilienzforschung
  • physiologische Studien an Alt- und Jungpflanzen
Durch die Synthese interdisziplinärer Erkenntnisse können Aussagen über die grundsätzliche Eignung von Erntebeständen für die Saatguterzeugung getroffen sowie Grundlagen für die Neuzulassung von Erntebeständen bereitgestellt werden, um künftig gezielt Verjüngungspflanzen ausgewählter Herkünfte heranziehen zu können.

Das Projekt bildet zudem eine wertvolle Basis für hierauf aufbauende Forschungsarbeiten mit hoher Relevanz für die Praxis. Der Effekt des Klimawandels auf die klimatische Plastizität von klimatolerantem Vermehrgut kann dann in speziellen, mit diesen Pflanzen langfristig angelegten Klimawandel-Anpassungs-Feldversuchen (»climate change adaption trials«) untersucht werden. Durch die Anlage solcher Versuchsserien zum Beispiel in Südeuropa kann dem noch bevorstehenden Klimawandel vorgegriffen werden und das Potenzial von vermutlich an Trockenheit angepassten Herkünften präziser eingeschätzt werden.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autor