Dr. Ingrid Illies
Robinie – Nahrungsquelle für Bienen und andere Blütenbesucher – LWF Wissen 84

Blütenbau und Bestäubung

Die Robinie (Robinia pseudoacacia) ist ein Schmetterlingsblütler (Fabaceae), deren weiße Blüten in hängenden Trauben angeordnet sind. Die Blütenstände erreichen eine Länge von 10 bis 25 cm und bestehen aus 10 bis 25 angenehm duftenden Blüten. Diese sind kurz gestielt und entsprechen einer typischen Schmetterlingsblüte.

Innerer Aufbau

Die Blüten sind zwittrig und verfügen über fünf Kronblätter, von denen zwei zu einem Schiffchen verwachsen sind. Zwei weitere Kronblätter bilden die seitlichen Flügel, die mit dem Schiffchen verzahnt sind. Das fünfte Kronblatt steht aufrecht und bildet die rundliche Fahne, die am Grund des Blattes einen gelben Fleck aufweist (Schütt 2014, Hess 1990). Die Schmetterlingsblütler werden in der Blütenökologie auf Grund der Blütenmorphologie auch zu den »Fahnenblumen« gezählt (Hess 1990). Die Staubblätter und der Fruchtknoten sind im Schiffchen der Blüte verborgen.

Bestäubung durch Insekten

Weiße, traubenförmige Blüte einer Robinie mit blauer Biene daraufZoombild vorhanden

Abb. 1: Eine Holzbiene (Xylocopa spec.) sammelt auf der Robinie. Holzbienen kommen ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und sind mittlerweile in Folge des Klimawandels auch nördlich der Alpen zu finden. (Foto: I. Illies)

Der oberständige Fruchtknoten ist länglich und trägt einen gekrümmten, dicht behaarten Griffel mit einer runden Narbe. Der behaarte Griffel ist wichtig für die Bestäubung der Blüte, denn bei der Robinie kommt ein Bürstenmechanismus zum Einsatz (Kugler 1970). Bereits im Knospenstadium der Blüte werden die Pollenkörner auf den behaarten Abschnitt des Griffels, die sogenannte Bürste, übertragen. Diese endet jedoch unterhalb der Narbe.

Es folgen ein haarloser Bereich und ein aufrechter Kranz von Haaren direkt unterhalb der Narbe. Dies verhindert die Selbstbestäubung, also die Übertragung des eigenen Pollens von der Bürste auf die Narbe. Beim Blütenbesuch werden die Tiere durch die auffällige Fahne angelockt. Der gelbe Fleck am Blattgrund der Fahne dient als Saftmal, d. h. er weist den Tieren den Weg in das Innere der Blüte. Der Nektar wird über die gesamte Fläche des Blütenbodens abgesondert.

Insekten landen auf dem Schiffchen und drücken es durch ihr Gewicht herunter. Der Griffel mit dem Fruchtknoten tritt dadurch heraus und berührt die Bienen an der Bauchseite. Blütenbesucher auf der Suche nach Nektar und Pollen nehmen dabei auch den Pollen der Bürste auf und tragen ihn zur nächsten Blüte. Haften an den Tieren Pollenkörner der Robinie von früheren Blütenbesuchen im Haarkleid, kommt es zur Bestäubung.

An der Robinie wird aber auch »Nektarraub« durch Honigbienen beobachtet. Die Tiere versuchen dabei dem Griffel auszuweichen und die Blüte von der Seite zu öffnen, um so den Nektar aufzunehmen, ohne Pollen auf die Narbe zu übertragen (Giovanetti und Aromne 2013). Ein solches Verhalten wird von Honigbienen auch bei der Luzerne beobachtet, bei der erfahrene Sammlerinnen versuchen der Staubblattröhre zu entgehen, die beim Blütenbesuch den Tieren von unten gegen den Kopf schlägt, sobald sie auf der Blüte landen.
Der Großstadtbaum (Gedicht)

Der Großstadtbaum

Ein Baum steht in der großen Stadt,
wo er nur wenig Sonne hat,
verlassen und alleine.

Von Osten nur ein schmaler Gang
von Westen her ein Schienenstrang
von Süd und Nord nur Steine.

Ich blieb oft vor dem Baume stehn.
Er hat mich schweigend angesehn,
als wollte er mich grüßen.

Die Wurzeln unter dem Asphalt,
sie sehnten sich nach einem Wald,
wie ich mit müden Füßen.

Der Baum schaut mir in das Gesicht,
als wollte er mit seinem Licht
mir einen Trost bereiten.

Er muss hier Jahr um Jahre stehn
und hatte nie ein Reh gesehn
und all die Herrlichkeiten.

Bist du auf einen Platz gestellt,
der dir nicht sonderlich gefällt,
dann denk an die Akazie.

Wenn dich das Schicksal nicht verpflanzt,
dann halte aus, so gut du kannst,
und dulde still, mit Grazie.


Fred Endrikat

Nektar und Pollen für Insekten

Die Robinienblüte produziert große Mengen Nektar. In 24 Stunden werden im Mittel zwischen 1,7 und 2,9 mg Nektar sezerniert. Der Zuckergehalt des Nektars liegt zwischen 34 und 59 % (Maurizio und Schaper 1994). In einer Studie von Somme et al. (2016) wird ein Zuckergehalt von bis zu 66 % angegeben.

Damit gehört die Robinie zu einem der bedeutendsten Nektarproduzenten unter den Bäumen. Im Nektar der Robinie sind vor allem Saccharose (57 – 63 %) und Fruktose (28 – 33 %) enthalten. Der Anteil von Glukose ist mit 9,1 – 9,7 % gering (Maurizio und Schaper 1994). Die Nektarproduktion ist stark von der Außentemperatur abhängig, bei höheren Temperaturen sezernieren die Blüten mehr Nektar.

Die Pollenmenge je Blüte ist gering. Honigbienen, die an Robinien Pollen sammeln, tragen kleine hellbis dunkelgraue Höschen. Der Proteingehalt wird mit 14,1 % Trockensubstanz angegeben (Maurizio und Schaper 1994).

Nahrung für Blütenbesucher

Honigbiene an weißer, traubenförmigen Blüte einer RobinieZoombild vorhanden

Abb. 2: Die hängenden Trauben der Robinien duften angenehm und werden intensiv von Insekten besucht. Im Bild sammelt eine Honigbiene an den Blüten. (Foto: I. Illies)

Die Robinie wird von zahlreichen Tieren als Nahrungsquelle und Lebensraum genutzt, wobei die Bedeutung für die heimische Fauna sehr kontrovers diskutiert wird (Kowarik 2010). Kruel (1952) gibt 60 Tierarten für Mitteleuropa an, welche die Robinie als Nahrungsquelle nutzen. Darunter befinden sich 48 meist polyphage Insektenarten, also Generalisten, die nicht auf eine Pflanzenart spezialisiert sind.

Betrachtet man die Blütenbesucher, so finden sich hier viele Insekten, insbesondere Bienen, die an der Robinie nach Nektar und Pollen suchen (Körber 2019). Neben der Honigbiene gibt es zahlreiche Wildbienenarten, welche die Robinie nutzen. Bei diesen Wildbienen handelt es sich überwiegend um polylektische Arten, also um Generalisten, die im Gegensatz zu den oligolektischen Arten nicht auf eine Pflanzengattung bzw. Familie spezialisiert sind.
Hausmann et al. (2016) konnten mittels Kescherfängen an Standorten in Berlin 20 verschiedene Wildbienenarten nachweisen, die an der Robinie sammelten, darunter mehrere Hummelarten.

Robinienhonig

Zwei Gläser Honig: links rötlich und rechts gelblichZoombild vorhanden

Abb. 3: Robinienhonig – ein begehrter Sortenhonig mit besonders heller Farbe und mildem Aroma. Im Vergleich dazu ein dunkler und würziger Waldhonig. (Foto: M. Drechsel)

Die große Menge zuckerreichen Nektars macht die Robinie in der Imkerei zu einer bedeutenden Trachtpflanze. Bei einem entsprechenden Trachtangebot kann Robinienhonig, der auch als Akazienhonig bezeichnet werden darf, geerntet werden. Robinienhonig ist fast farblos bis hellgelb und zeichnet sich durch einen blumig-milden Geruch und Geschmack aus. Sortenreiner Robinienhonig ist klarflüssig und kristallisiert erst sehr spät. Grund dafür ist der geringe Glukosegehalt im Honig, im Mittel 26 g / 100 g (von der Ohe 2014). Der Glukosegehalt im Honig ist höher als im Nektar, da das Enzym Invertase aus dem Bienenspeichel Saccharose in Glukose und Fruktose spaltet.

Für die Bestimmung eines Sortenhonigs werden die im Honig enthaltenden Pollen untersucht. Ein Sortenhonig muss einen bestimmten Prozentsatz an Pollen der entsprechenden Trachtpflanze aufweisen, damit die Sorte ausgewiesen werden kann. Für Rapshonig ist z. B. ein Pollenanteil von 80 % am Gesamtpollen erforderlich, damit ein Honig als Rapshonig deklariert werden kann. Bei der Robinie beträgt dieser Anteil nur 20 %, der Pollen ist im Honig unterrepräsentiert. Auf Grund der hängenden Blütenstände gerät natürlicherweise nur wenig Pollen in den Nektar auf den Blütenboden und damit in den Honig.

Akazienhonig wird in Deutschland vor allem in Brandenburg geerntet. In Europa gewinnen die Länder Ungarn, Rumänien, und Bulgarien große Mengen von Akazienhonig. Akazienhonig ist in Deutschland sehr beliebt. Häufig wird Akazienhonig auch für Veredelungsprodukte genutzt, da seine geringe Kristallisationsneigung es ermöglicht, ihn z. B. mit Gewürzen oder Nüssen zu mischen.

Zusammenfassung

Die Robinie (Robinia pseudoacacia) bietet Blüten besuchenden Insekten große Mengen zuckerreichen Nektars. Die weißen Blüten sind in hängenden Trauben angeordnet. Die Bestäubung der Schmetterlingsblüten erfolgt mittels eines Bürstenmechanismus, bei dem Pollen auf die Bauchseite der bestäubenden Insekten übertragen wird. Die Robinie wird von Honigbienen, aber auch zahlreichen Wildbienenarten als Nektar- und Pollenquelle genutzt. Der von den Honigbienen eingetragene Nektar kann als Sortenhonig (Akazienhonig) geerntet werden.
Literatur
  • Giovanetti, M.; Aromne, G. (2013): Honey bee handling behaviour on the papilionate flower of Robinia pseudoacacia L. 7:119–124
  • Hausmann, S.L.; Petermann, J.S.; Rolff (2016): Wild bees as pollinators of city trees. Insect Conservation and Diversity. 9: 97–107
  • Hess, D. (1990): Die Blüte: eine Einführung in Struktur u. Funktion, Ökologie und Evolution der Blüten. Ulmer Verlag Stuttgart
  • Körber, K. (2019): Bäume und Sträucher für Bienen und Insekten. Eine Empfehlungsliste in Zusammenarbeit mit der bayerischen Baumschulwirtschaft. Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Garten (Hrsg.)
  • Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen – Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer Verlag Stuttgart
  • Kruel, W. (1952): Die tierischen Feinde der Robinie. In: Göhre K. (Hrsg.): Die Robinie und ihr Holz. Deutscher Bauernverlag. Berlin. 287–326
  • Kugler, H. (1970): Blütenökologie. Gustav Fischer Verlag Stuttgart
  • Maurizio, A.; Schaper, F. (1994): Das Trachtpflanzenbuch – Nektar und Pollen – die wichtigsten Nahrungsquellen der Honigbiene. Ehrenwirth Verlag München
  • Schütt, P. (2014): Robinia pseudoacacia. In Enzyklopädie der Holzgewächse: Handbuch und Atlas der Dendrologie (eds B. Stimm, A. Roloff, U.M. Lang und H. Weisgerber)
  • Somme, L.; Moquet, L.; Quinet, M.; Vanderplanck, M.; Michez, D.; Lognay, D.; Jacquemart, A.-M. (2016): Food in a row: urban trees offer valuable floral resources to pollinating insects. Urban Ecosyst 19:1149–1161
  • von der Ohe, W. (2014): Honig: Entstehung, Gewinnung, Verwertung. Kosmos Verlag Stuttgart

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