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Olaf Schmidt
Nichtheimische Baumarten zwischen Naturschutz und Forstwirtschaft – LWF aktuell 123

Keine Angst vor dem Fremden. Es gilt, die Vor- und Nachteile sachlich und vorurteilsfrei zu analysieren und zu bewerten

Die Forstwirtschaft in Bayern wie in ganz Deutschland wird in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels nicht umhinkommen, in ihr Baumartenportfolio auch nichtheimische Baumarten aufzunehmen. Allerdings tragen unter anderem Naturschutzvertreter Bedenken vor, dass diese »neuen« Baumarten auch eine Gefahr für das Ökosystem Wald darstellen könnten. Die forstlichen Chancen und die naturschutzfachlichen Risiken gilt es unvoreingenommen zu anlysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Zum Wohle von Forstwirtschaft und Naturschutz.

Hügelige, bewaldete LandschaftZoombild vorhanden

Abb. 1: Die Edelkastanie stellt ihre »Waldtauglichkeit« schon seit vielen Jahrhunderten in Rheinland-Pfalz unter Beweis. (Foto: E. Segatz)

Im Zuge des Klimawandels steigt das Interesse von Waldbesitzern und Forstleuten, alternative, d. h. seltene heimische und nichtheimische, Baumarten vermehrt für den klimatoleranten Waldumbau zu nutzen. Insbesondere für die klimaanfällige Fichte werden Alternativen gesucht. In den bereits jetzt wärmsten Gebieten Bayerns, am Untermain und im Schweinfurter Trockengebiet, scheinen durch den Klimawandel einige heimische Baumarten an den Rand ihrer Möglichkeiten zu geraten.

Hier wird es notwendig, um den Wald mit all seinen Funktionen zu erhalten, klimatolerante alternative Baumarten vermehrt anzubauen. Insgesamt wird eine Mischung der Wälder, nicht nur nach Baumarten, sondern auch nach Stufung, Strukturreichtum, Ungleichaltrigkeit und genetischer Vielfalt immer wichtiger. Beim Anbau nichtheimischer Baumarten können aber Risiken für den Waldbesitzer zum Beispiel Schädlingsanfälligkeit, klimatische Anfälligkeiten, Holzqualität und für die Gesellschaft (Invasionspotenzial) und Folgen für das Ökosystem Wald, wie Insektenrückgang nicht immer ausgeschlossen werden.

Naturschutz vs. Forstwirtschaft

Drei rote und grüne Pfeile, die gegensätzliches verdeutlichen sollenZoombild vorhanden

Abb. 2: Unterschiedliche Sichtweisen bei Betrachtung gleicher Fakten nichtheimischer Baumarten (Grafik: LWF)

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat 2013 erstmalig eine bundesweite naturschutzfachliche Bewertung von in Deutschland lebenden gebietsfremden Gefäßpflanzen vorgelegt (Nehring et al. 2013a/b). Nach diesen Ergebnissen sind einige Baumarten, darunter auch die forstlich angebauten Baumarten Douglasie, Roteiche, Strobe, Robinie und Hybridpappel, als invasive Arten aufgelistet, die angeblich heimische Arten gefährden sollen. Sie werden in einer »Schwarzen Liste« geführt, für die ein spezielles bundesweites Management zur Kontrolle und Ausbreitungsbekämpfung vorgesehen ist. In einem offenen Brief deutscher Forstwissenschaftler vom 4. Juni 2014 an das BfN wurden die pauschalen Aussagen, dass gebietsfremde Baumarten die einheimische Natur beeinträchtigen, in Zweifel gezogen. Hintergrund dieser Diskussion ist aber nach wie vor die unterschiedliche Betrachtungsweise nichtheimischer Baumarten aus Sicht des Naturschutzes oder aus Sicht der Forstwirtschaft.

Während sich Forstleute und Waldbesitzer über Wuchspotenzial, Konkurrenzkraft und Verjüngungsfreudigkeit einiger nichtheimischer Baumarten freuen, sehen Naturschutzvertreter hier die Gefahr, dass dadurch heimische Baumarten verdrängt oder zurückgedrängt werden. Während Forstleute es schätzen, wenn sich Baumarten natürlich verjüngen, sehen Naturschutzvertreter in einer guten Naturverjüngungsmöglichkeit auch die Gefahr der Invasivität dieser Baumart, d. h. ein Eindringen in andere Waldbestände und natürliche Waldgesellschaften (Abbildung 2).

Weiterhin werden zum Beispiel fehlende Mykorrhiza-Partner und die fehlende Anpassung heimischer Insekten an nichtheimischen Baumarten, die zu einem Verlust an Artenvielfalt bei Insekten und einer Nahrungsverknappung für insektenfressende Vogelarten, Amphibien, Reptilien und Kleinsäugern führen kann, vorgebracht. Dieses Argument der Nahrungsarmut durch fehlende Insektenarten ist tatsächlich nicht zu leugnen. Einige Untersuchungen, die in den letzten Jahren liefen, zeigen hier deutliche Effekte auf (Kolb 1996; Kolbe 1995; Gossner 2004). Unsere einheimischen Insekten sind nicht auf eingeführten Baumarten, vor allem bei Baumgattungen, die bei uns nichtheimisch sind (z. B. Pseudotsuga, Tsuga, Cedrus, Liriodendron), angepasst.

Die Forstwirtschaft sieht diese Insektenarmut als Vorteil an, da damit auch größere Vitalität mit einhergeht, während die Artenschützer darin einen Verlust an Vielfalt erkennen. Bei einem allgemeinen Rückgang von Insekten können auch Bestäuber und natürliche Feinde (Räuber) betroffen sein. Zudem ist anzunehmen, dass in Wäldern, wie schon jetzt im Offenland, die Insektenbiomasse zurückgehen könnte und damit auch die Nahrungsgrundlage für viele höhere Arten.

Invasivität

Bei der Bezeichnung »Invasive Art« gibt es zwei verschiedene Definitionsansätze. Aus der Perspektive der Naturwissenschaft sind alle Arten »invasiv«, die in einem Gebiet nicht heimisch sind und sich dort vermehren und ausbreiten (Kowarik 2010).

Nach der zweiten Definition sind invasive Arten nichts anderes als gebietsfremde Problemarten. Diesen Ansatz verfolgt auch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), in dem § 7 den Begriff »Invasive Art« definiert: »eine Art, deren Vorkommen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets für die dort natürlich vorkommenden Ökosysteme, Biotope oder Arten ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellt.« Diese Definition ist bedeutsam, da sie hier nicht nur von einer möglichen Gefährdung einer neuen Art ausgeht, sondern auf ein »erhebliches Gefährdungspotenzial« abstellt.

Eine Gefahr für die biologische Vielfalt durch invasive Arten gilt weltweit tatsächlich für isolierte Lebensräume zum Beispiel Inseln, Berggipfel, abflusslose Seen. Die Gefahr für die biologische Vielfalt in Mitteleuropa geht aber nicht von invasiven Tier- und Pflanzenarten aus, sondern hier spielen Eutrophierung, Klimawandel, Versiegelung der Landschaft, Verarmung der Feldflur und Insektizideinsatz die wesentlich bedeutsamere Rolle, die zu einer Gefährdung und zu einem Rückgang unserer Artenvielfalt führen. Durch eingeschleppte oder eingeführte Arten ist in Mitteleuropa noch keine einzige heimische Art ausgestorben. Dies führen auch Essl & Rabitsch (2013) in ihrem Buch »Biodiversität und Klimawandel « aus: »Im Vergleich mit anderen Regionen der Erde sind die ökologischen Auswirkungen in Mitteleuropa jedoch weniger dramatisch. So ist bisher kein Fall bekannt, in dem heimische Arten allein durch invasive gebietsfremde Arten ausgestorben sind.«

Auch Kowarik (2010, S. 395) selbst schreibt: »Der Problemstatus einer Art ist jedoch keine biologische Eigenschaft. Dieselbe Art kann … zu Problemen führen, … an anderer Stelle sind vielleicht sogar Ökosystemdienstleistungen der Art erwünscht … Hier verbaut eine pauschalnegative Art-Bewertung mögliche Spielräume. «

Auswirkungen auf Tierarten

Welche Auswirkungen nichtheimische Baumarten auf die Fauna haben oder haben könnten, wird im Folgenden an den pflanzenfressenden, an den blütenbesuchenden und an den holzbewohnenden Insekten sowie an Beispielen aus der Vogelwelt diskutiert.

Phytophage Insekten

Besonders hervorzuheben ist hier die Arbeit »Diversität und Struktur arborikoler Arthropodenzönosen fremdländischer und einheimischer Baumarten«, die Gossner 2004 vorgelegt hat. Er führt hier Vergleiche zwischen Stieleiche und Roteiche sowie zwischen Fichte und Douglasie durch.

Auf der Douglasie kommen bei uns Rote- Liste-Arten zwar in ähnlichem Umfang vor wie auf der Fichte, aber in deutlich geringerer Individuenzahl. Es ist daher unter Artenschutzaspekten bei einer starken Ausweitung des Douglasienanbaus, besonders in Reinbeständen, mit einem Rückgang gefährdeter Insektenarten zu rechnen.

Beim Vergleich von Stieleiche zu Roteiche kam Gossner zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen:
  • Kronenzönosen der Roteiche sind im Vergleich zur Stieleiche als individuenund artenarm einzustufen.
  • Die Unterschiede sind im Reinbestand deutlicher ausgeprägt.
  • Die Roteiche weist eine deutlich geringere Individuen- und Artenzahl gefährdeter Insektenarten auf. Trotzdem ist die Roteiche keine »ökologische Wüste«.
Schmetterling mit blauen Flügeln und weißen Augen daraufZoombild vorhanden

Abb. 3: Der Kleine Schillerfalter ist auf heimische Pappelarten und die Salweide als Nahrungspflanze angewiesen, nutzt jedoch auch die nichtheimische Hybridpappel. (Foto: J. Hlasek)

Bei Untersuchungen der Rüsselkäfer, Borkenkäfer, Rindenglanzkäfer und Kurzflügler in Beständen mit und ohne nichtheimische Baumarten fanden sich in drei Fangjahren auffällige Unterschiede (Kolbe 1995). Am arten- und individuenreichsten war zwar der Buchenbestand, aber auch der Mischwald mit nichtheimischen Baumarten schnitt bei den Artenzahlen ähnlich gut ab. Die Individuenzahlen waren allerdings bei den Gruppen der Rüsselkäfer und Borkenkäfer im Exotenmischwald deutlich niedriger als in Buchen- oder Fichtenwald.

Eine der hartnäckigsten Fehleinschätzungen der Auswirkung neophytischer Gehölze auf unsere heimische Artenvielfalt war die Meinung, dass die Hybridpappel (P. x canadensis) eine »Nahrungsfalle« für bedrohte Schmetterlingsarten wie dem Kleinen Schillerfalter (Apatura ilia) darstellen würde. Bereits 1987 hatte Hafner nachgewiesen, dass die Raupen des Kleinen Schillerfalters auch die Blätter der Kanadischen Hybridpappel nutzen (Barsig 2004). Trotzdem hält sich in Naturschutzkreisen dieser Vorwurf der vermeintlichen Biotopfalle bis in jüngste Zeit.

Bei neueren Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) wurden heimische mit südosteuropäischen Baumarten pärchenweise verglichen (Hain- und Hopfenbuche, Esche und Mannaesche, Winter- und Silberlinde). Insgesamt konnten 804 Fensterfallen, 416 Gelbtafeln und 390 Klopfproben ausgewertet werden. Damit wurden über den gesamten Erfassungszeitraum auf den 30 Bäumen insgesamt über 90.000 Insekten und Spinnen gefangen.

Es zeigt sich zwischen heimischen und südosteuropäischen Baumarten kein signifikanter Unterschied in der Artenvielfalt der Insekten und Spinnen. Nur 200 der 90.000 in der Studie gefangenen Insekten wurden bisher bis zur Art bestimmt, das waren die Gruppen der Zikaden und der Wildbienen. Bei den beiden Gruppen wurden tatsächlich keine signifikanten Unterschiede in der Artenzahl zwischen gebietsfremden und heimischen Baumarten gefunden. Bei den untersuchten Arten handelt es sich aber um europäische Baumarten, die sogar aus der gleichen Gattung (Tilia, Fraxinus) oder nahe verwandten Gattungen (Carpinus, Ostrya) stammen. Da sind von vornherein keine großen Unterschiede bei den phytophagen Arten zu erwarten.

Sicher gilt dies zum Beispiel auch für unsere Haselnuss und die Baumhasel. Anders sähe es aber aus, wenn man Douglasie mit Fichte, Kiefer, Tanne oder Eiche mit Tulpenbaum, oder Paulownia mit Buche vergleichen würde. Ebenso hat sich die Einschätzung der Edelkastanie durch neuere Forschungen geändert. Da die Gattung Castanea eng verwandt mit der Gattung Quercus ist, konnte man davon ausgehen, dass sich das Artenspektrum phytophager und xylobionter Insektenarten beider Gattungen sehr ähnelt. Eindrucksvoll konnte das in den umfangreichen Untersuchungen im Rahmen des INTERREG-Projekts »Die Edelkastanie am Oberrhein« nachgewiesen werden.

Die Untersuchungen zeigen, dass alte struktur- und totholzreiche Edelkastanienbestände eine ähnlich hohe Bedeutung für die Biodiversität erlangen können wie alte Eichenbestände (Segatz 2015).

Blütenbesuchende Insekten

Bei blütenbesuchenden Insekten wie Honigbiene, Schwebfliegen und andere mehr sind zum Beispiel die nichtheimischen Baumarten Robinie und Roßkastanie sehr beliebt. Diese Baumarten werden daher gerne von Imkern gefördert. Eine große Fehleinschätzung war aber über Jahre auch die Auffassung, dass die nichtheimische Silberlinde (Tilia tomentosa) für Bienen und Hummeln giftigen Nektar produzieren würde. Zu diesem Ergebnis kam Madel 1977.

Das führte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu einem regelrechten »Kreuzzug« gegen die Silberlinde in unseren Städten. Auch in München wurden mit diesem Argument, wie in vielen anderen Städten, Silberlinden gefällt. Erst die Untersuchungen von Baal und Surholt (1994) erforschten den Totenfall von Bienen und Hummeln unter Silberlinden genauer und kamen zum Ergebnis, dass nicht der Nektar giftig war, sondern dass für das Sterben der Bienen Nahrungsmangel ursächlich war! Die toten Hummeln und Bienen unter Silberlinden sind einfach verhungert! Die Wissenschaftler forderten daraufhin, in Städten wieder mehr Silberlinden anzupflanzen, um das Blütenangebot für Bienen und Hummeln zu vergrößern.

Dieser Fall der Silberlinde zeigt sehr deutlich auf, dass man mit der pauschalen Ablehnung oder der euphorischen Zustimmung zum Anbau nichtheimischer Baumarten sehr vorsichtig sein muss. Erst genauere Untersuchungen liefern uns die entscheidenden Argumente zum Für und Wider, um Chancen und Risiken abschätzen und ohne Dogmatik differenziert betrachten zu können (Schmidt 2006).

Xylobionte Insekten

Junge Roteiche mit HerbstlaubZoombild vorhanden

Abb. 4: Die Roteiche ist nicht nur auf Grund ihres Holzes und ihres Zuwachses interessant, auch ihre herbstliche Rotfärbung gefällt. (Foto: K. Schreiber, LWF)

In Wäldern spielen für die Artenvielfalt xylobionte Insekten eine große Rolle. Bei der Untersuchung der Totholzkäferfauna in Köln konnte festgestellt werden, dass xylobionte Käfer sowohl einheimische als auch fremdländische Baumarten zu ihrer Entwicklung nutzen. Hier ist nur der Unterschied wichtig, ob es sich um Nadeloder Laubbäume handelt. Die größte Bedeutung hatten dort Baumarten der Gattungen Populus, Tilia, Ulmus und Acer. Aber auch die nichtheimischen Gattungen Aesculus, Sophora, Robinia und vor allem Catalpa waren wichtige Fundorte xylobionter Käfer (Stumpf 1994).

Für Berlin fordert Möller (1998) bei Pflege- und Sicherungsmaßnahmen neophytischer Gehölze einen Abwägungsprozess. Überraschend vielfältig zeigte sich dort die Totholzkäferfauna an der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina). An einem anbrüchigem Exemplar wurden 27 xylobionte und mycetophage Insektenarten nachgewiesen. Ähnlich positiv fällt bei Möller auch die Bewertung für Xylobionte an der Roteiche aus.

Vogelwelt

Im Winter fehlen in Douglasienkronen Insektenstadien und Spinnen. Wegen dieser fehlenden Nahrungsgrundlage sind Douglasien-Reinbestände kaum mit insektenfressenden Vogelarten wie beispielsweise Wintergoldhähnchen, Tannen- und Haubenmeise besiedelt (Gossner & Utschick 2004). Kolb fand 1996 im Weinheimer Exotenwald bei brutbiologischen Untersuchungen an der Kohlmeise schlechtere Reproduktionserfolge in Beständen mit nichtheimischen Baumarten als in naturnahen Wäldern. Gründe liegen im geringeren Nahrungsangebot durch fehlende Insekten.

Fazit

Zusammenfassend kann man für den Wald das Fazit ziehen, dass es beim Anbau nichtheimischer Baumarten durchaus ökologische Auswirkungen – zum Beispiel auf die einheimische Fauna – gibt. Fremdländische Baumarten sollten daher in unseren Wäldern nur nach vorheriger intensiver Risikoabschätzung und keineswegs in Reinbeständen, sondern nur in intensiver Mischung mit einheimischen Baumarten ausgebracht werden, um diese Folgen so gering wie möglich zu halten. Auch hier ist der Mischwald die erste Wahl (s. Beitrag Tretter et al. und Falk et al.).

Wenn, wie prognostiziert, das Klima in unseren Breiten wärmer und trockener wird, die Extremereignisse gleichzeitig zunehmen, könnten in nicht allzu ferner Zukunft ganz andere Baumarten an Bedeutung gewinnen. So könnte beispielsweise die Edelkastanie (Castanea sativa), die in einigen Gebieten Bayerns, zum Beispiel am Untermain, bereits jetzt schon gute Wuchsleistungen zeigt, auch in Mischung mit Eiche, Buche und Kiefer interessante Waldbilder aufbauen helfen.

Hier gibt es, wie in vielen Fragestellungen im forstlichen Bereich, auch nur ein differenziertes Vorgehen, das keine »Entweder– oder«- sondern eine »Sowohl–als auch«-Strategie umfasst. Gerade in Wäldern kommt den Bäumen im Vergleich zu den anderen Organismen des Ökosystems aufgrund ihrer Langlebigkeit und ihrer dominanten Struktur eine entscheidende Rolle zu. Die Baumartenwahl ist daher ganz besonders entscheidend und der Bewirtschafter hat dabei möglichst umfassend die verschiedenen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Abschließend kann man Forstleuten und Waldbesitzern nur raten, nicht in das Horn der Ängste vor »fremden« Arten zu stoßen, sondern sachlich und gewissenhaft zu beobachten und unvoreingenommen Vor- und Nachteile zu benennen.

Zusammenfassung

Mit der fortschreitenden Klimaerwärmung werden zunehmend auch nichtheimische Baumarten eine größere Rolle im Waldbau und im Waldaufbau spielen. Damit wachsen auch Spannungen zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz. Zunächst beschreibt der Artikel allgemein das Spannungsfeld zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz. Im Weiteren wird dann anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, dass keine Verallgemeinerungen, sondern nur sachliche, unvoreingenommene Analysen weiterhelfen. Zum Schluss wird durchaus kritisch angemerkt, dass der Anbau nichtheimischer Baumarten sorgfältig und besonnen zu geschehen hat und die Mischwald-Option für Forstleute und Waldbesitzer die erste Wahl sein sollte.
Literatur
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