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Barbara Meyer-Münzer
Im Bann der Geschichte – Einführung und Ausbreitung der Robinie (Robinia pseudoacacia L.) – LWF Wissen 84

Der Namensgeber – Mythen und Fakten – Jean Robin (1550 – 1629)

Tuschezeichnung einer Robinie, den Blättern der Robinie und den SamenZoombild vorhanden

Abb. 1: Dieses Bild zeigt eine frühe Darstellung des Baumes Robinie aus dem Werk. (Aus: Cornut, Jac., (1635): Canadensium plantarum, aliarumque nondum editarum historia. (...) Le Moyne, Paris)

Oft wird behauptet, Jean Robin habe die allererste Robinie am Place Dauphine in Paris gepflanzt, wo sich damals der Garten der Medizinischen Fakultät befand und dessen Kurator er war. Ist von Jean Robin die Rede, wird er oft als königlicher Gärtner bezeichnet, wobei dies seiner Stellung im damaligen Paris nicht gerecht wird. Er selbst bezeichnete sich in seinen Schriften immer als »Arboriste« und »Simpliciste«. (Als »Simple« wurde früher in der Pharmazie eine aus nur einem Wirkstoff hergestellte Medizin bezeichnet.) Häufig wird er darum in der Literatur auch als Apotheker bezeichnet.

Robin war für verschiedene königliche Gärten verantwortlich. Dazu zählte auch der Jardin Royal du Louvre auf der Ile de la Cité, heute das Areal der Place Dauphine, auf dem ebenfalls lange Zeit eine Robinie von Jean oder Vespasien Robin stand. Es gibt sogar die Auffassung, dass es sich bei diesem um seinen Privatbesitz gehandelt haben könne (Cusset 1966). Vielleicht ist diese Einschätzung aber auch mit seiner absoluten Hingabe an seine Pflanzen zu erklären. 1597 wurde Robin zum Kurator des Gartens der Medizinischen Fakultät ernannt. Dieser Garten musste im Jahr 1617 einem Anbau für die Medizinische Fakultät weichen. Dieser Garten befand sich auf dem Areal des heutigen Square René-Viviani, auf dem heute noch der älteste Baum von Paris zu finden ist – eine Robinie.

Diese Robinie (als Acacia Americana) ist allerdings weder in Robins »Catalogus stirpium ...« von 1601, noch im »Enchiridion isagogicum ...« verzeichnet, das er zusammen mit seinem Sohn Vespasien 1624 verfasst hat. Damit wird häufig argumentiert, die Robins seien bis 1624 noch nicht in Besitz dieses Baumes gewesen. Die Robinie wird nachweislich das erste Mal als »Locusta virginiana arbor« bei John Tradescant, London, im Jahr 1634 erwähnt. 1635 beschrieb Iac Cornut eine Acacia americana Robini in seinem Werk »Canadensium Plantarum«. Die Erweiterung des Titels um »cui adiectum est ad calcem Enchridion Botanicum Parisiense « lässt darauf schließen, dass dieser Baum, den er auch ausdrücklich nach Robin benennt, bereits in der abgebildeten Form vorhanden ist.

Über die Robins existieren nur wenige zeitgenössische Berichte. Jean Robin soll aber in regem Austausch mit den beiden englischen Botanikern John Tradescant und John Gerard gestanden sein. Diese berichteten über einen regen Austausch von Pflanzen und Samen mit Robin. Vermutlich erhielt Robin die ersten Samen von einem dieser, da im Gegensatz zu John Tradescant dem Jüngeren von keinem der Robins Reisen nach »Virginia« bekannt sind (Peabody 1982, Potter 2006).

Bei Parkinson (1640) findet sich dann eine Beschreibung von »Robins false Acacia of America« mit einer sehr ähnlichen Darstellung wie bei Cornut sowie einem Vergleich mit einem »Virginia Locus tree«, der im Gegensatz dazu Dornen habe (Abbildung 1 und 2). Die für unsere Augen eigenartige Darstellung des Baumes lässt sich auf die bis weit in das 18. Jahrhundert gebräuchliche Methode des Köpfens zurückführen.

Die Herkunftsangaben in den Pflanzenkatalogen sollten auch die (materielle) Potenz des zumeist adeligen Auftraggebers widerspiegeln. Je mehr Pflanzen aufgeführt wurden und umso exotischer sie waren, desto besser war die Außendarstellung. (Nicht nur Pflanzen, auch Tiere oder Curiosa aus fernen Ländern wurden in Sammlungen gerne dargestellt.) Geografische Angaben zu ihrer Herkunft sind zumeist grob und eher repräsentativ zu verstehen (Parsons 2018).
In vielen Fällen sind die verschlungenen Wege, auf denen Sämereien und Pflanzen ihren Einzug in einen Garten gefunden haben, nicht nachvollziehbar. Jedoch konnte durch Genanalysen mit hoher Wahrscheinlichkeit Virginia als Ursprung der ersten aus Nordamerika eingeführten Robinien bestätigt werden (Bouteiller 2018). Wer nun, ob Tradescant oder Robin, die erste Robinie in der »alten Welt« gezogen hat und in exakt welchem Jahr, wird ohne die Entdeckung bislang unbekannter Dokumente ein Mysterium bleiben.

Die Ausbreitung in Europa

Darstellungen der einzelnen Teile einer RobinieZoombild vorhanden

Abb. 2: Parkinson zweifelt ebenfalls an der dargestellten Art der Akazie Amerikana Robini aus Paris. (Aus: Parkinson, John, (1640): Theatrum Botanicum: The Theater of Plants, Or An Herball of Large Extent, T. Coates, London, Download von Google Books am 30.04.2020)

Insbesondere aufgrund der Kriegswirren und Seuchenzügen im Europa des 17. Jahrhunderts lassen sich nur vereinzelte Hinweise auf die Robinie wie aus Pisa (Belluccci 1662), Frankfurt (Jonston 1662) und auch Berlin (Elßholtz 1672) finden. Auch erschwert die Vielfalt der Namen eine eindeutige Zuordnung: gebräuchlich waren alle Kombinationen mit Locusta oder Acacia mit Virginiana/Americana/Spinosa/Pseudo/ False/Canadensis. Hinzu kamen noch die vielfältigsten Namenskombinationen in den unterschiedlichen Sprachen, die sich wiederum nicht immer auf die gleiche Baumart bezogen.

Munting beispielsweise bildete in seinem Kupferstich zu »Acacia americana« eindeutig eine Acacia dealbata ab und bezeichnet die Robinie als »Acacia major« (Munting 1696). Carl v. Linné beendet das Namensgewirr im Jahre 1753. Die nationalen Begriffe für die Robinie in allen Sprachen bleiben bis heute dennoch weiter in Gebrauch – so heißt sie im deutschen Sprachraum unter anderem: Schotendorn, (Falsche) Akazie, Heuschreckenbaum oder auch Silberregen. Auch im englischen Sprachraum wird sie meist als »Black Locust« bezeichnet – jedoch ist regional auch white/yellow/sweet Locust gebräuchlich.

Zunächst wurde sie wegen ihrer dekorativen Wirkung und ihres Blütenduftes in höfischen Gärten gepflanzt – wie Gentil 1706 schreibt: »... they make pretty a show ...«. Er berichtet, dass »früher viel mehr Robinien gepflanzt wurden als jetzt« und dass es »wohl daran läge, dass ihre Äste bei Wind schnell brächen« (Zit. übersetzt aus Gentil 1706).

Im Laufe des 18. Jahrhunderts lässt sich die Verbreitung dieser Baumart über fast ganz Europa verfolgen. (Sehr lesenswert sind die von Wimmer (2012) recherchierten Bezugswege für nordamerikanische Baumund Pflanzenarten.) Diese waren zunächst meist in Sammlungen und botanischen Gärten zu finden. Im 18. Jahrhundert hielten sie dann in den immer beliebter werdenden Landschaftsgärten Einzug.

Diese Arten wurden zunächst vornehmlich über England meist als Samen importiert, dann in Baumschulen angezogen und verkauft. John Bartram, ein Farmer aus Philadelphia, verschickte Samen in ganzen Kisten (»Bartrams Box«). Darin »befand sich jeweils ein handgeschriebenes Blatt Bartrams mit den englischen Gehölznamen, die zu deuten für den Empfänger häufig unmöglich war« (zit. aus Wimmer 2012). Diese Kisten wurden meist an Handelsgärtnereien und von dort über bestehende botanische Netzwerke nach ganz Europa versandt (Wimmer 2012).

Ab ca. 1760 fand sich die Robinie in den Katalogen verschiedener Gärtnereien in ganz Europa, etwa bei van Hazen/Valckenburg (Holland) um 1760 oder Buek in Hamburg. Eine besondere Stellung nahm die Gehölzsammlung v. Veltheims in Harbke ein. Seit 1740 bezog v. Veltheim in Harbke Saatgut aus England und verkaufte sie in ganz Europa. Die Harbkesche Baumzucht wurde zu einer der der größten Baumschulen der damaligen Zeit. Schon ab 1760 begann v. Veltheim, nordamerikanische Baumarten zu ziehen »und durch umfangreiche Vermehrung in Deutschland« weiterzuverteilen (zit. Wimmer 2012, S. 18). Das Interesse an nordamerikanischen Baumarten in Europa insgesamt, auch an der Robinie, erfährt bis ca. 1820 eine starke Steigerung, auch bei der sich entwickelnden Forstpartie.

In Deutschland ist es F. C. Medicus, der sich für die Robinie stark macht. In England ist es William Cobbett, Journalist und Abgeordneter des Unterhauses, in Wikipedia als »Pamphleteer« bezeichnet, der ebenso von der Robinie und deren Möglichkeiten zutiefst überzeugt ist. 1825 rühmt er sich, mehr als eine Million Sämlinge verkauft zu haben, den Samen habe er aus der Nähe von Harrisburg/Pennsylvania mitgebracht. Er war so überzeugt von ihrem Nutzen, dass er sie sogar zur führenden Baumart in England machen wollte (Cobbet 1825). In Frankreich fand die Robinie insbesondere in den Weinbaugebieten großen Anklang, da in kurzer Zeit zahlreiche, hochwertige Rebpfähle günstig gewonnen werden konnten (Reinhard 1766).

In Ungarn begann man Anfang des 19. Jahrhunderts mit großangelegten Aufforstungen in der Großen Ungarischen Ebene zur Befestigung der Sanddünen – 1885 waren es 37.000 ha, 1938 186.000 ha und heute mit ca. 25 % der gesamten Waldfläche ca. 460.000 ha (Vitkovà 2017).

Die große Holznot – Streit um fremdländische Baumarten als Weg aus der Krise

Das Hauptargument von Medicus und Cobbet ist die tiefe Überzeugung, dass mit dem Anbau der Robinie die Holznot schnell und endgültig besiegt werden kann. Schon v. Carlowitz verwies auf den drohenden Holzmangel – ein Verweis, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts immer drängender wurde. Es gibt kaum ein forstliches Buch, kaum einen Artikel in einem Journal, der dies nicht in der ein oder anderen Form zumindest erwähnt.

Der Historiker Radkau befördert Mitte der 1980er Jahre den Begriff der Holznot in das Reich des »fiktiven Narrativs« (gezielte Falschinformation) mit der Begründung, es sei ein strategisches Argument zur Durchsetzung obrigkeitlicher Interessen an der Waldnutzung gewesen. Darüber entstand ein heftiger Disput mit der Forstwissenschaft. Das Ergebnis ist eine differenziertere Sichtweise eines regional unterschiedlich ausgeprägten Holzmangels und einer Devastation der Forste durch Kalamitäten, Reparationshiebe, Übernutzung und überhöhter Wildstände.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war durch die Industrialisierung die Bevölkerung der Städte stark angewachsen. Stahlgewinnung und Dampfmaschinen benötigten Holz, auch die Versorgung der Bürger mit Brennholz musste gewährleistet werden. Gerade um die Städte mit einer aufstrebenden Industrialisierung war die Schlüsselressource Holz knapp und damit sehr teuer – auch das Brennholz für die ständig wachsende Bevölkerung (Anonymus 2002). Nicht nur Anstrengungen zum rationelleren Verbrauch, beispielsweise durch die Entwicklung geschlossener Herde und Öfen, sondern auch die konsequentere Umsetzung einer geregelten, nachhaltigen Forstwirtschaft fallen in diese Zeit.

Frühe Polarisierung

Bestandteile einer Robinie: Samen, Blätter, BlütenZoombild vorhanden

Abb. 3: Eine sehr schöne, farbige Darstellung einer Robinia pseudoacacia von Carl Christoph Oelhafens (Aus: v. Schöllenbach, Carl Christoph Oelhafen, [...] Abbildung der wilden Bäume, Stauden und Buschgewächse, Erster Theil, Verlegt und mit den in Kupfer gestochenen und illuminierten Abbildungen versehen von Adam Wolfgang Winterschmidt, Nürnberg, 1772, Digitalisiert von Google Books, Original der Israelischen Nationalbibliothek)

Hans Carl v. Carlowitz richtete sich in dem Vorbericht seiner »Sylvicultura« 1713 an die »hohen Potentaten / Standes = und andere Land = gesessene Personen«, wie alle Verfasser in der damaligen Feudalzeit auch. Wenn Stobbe in seiner Schrift über Neophyten vom »adeligen Selbstverständnis« schreibt und weiter, dass die »Anpflanzung ursprünglich nicht-heimischer Baumarten « von jeher »im Interesse bzw. Fokus des Adels« gelegen war (Stobbe 2009), ist dies zwar nicht falsch, jedoch aus dem zeitgeschichtlichen Zusammenhang gelöst.

Im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen sah v. Carlowitz durchaus Möglichkeiten und Nutzen, der mit den »unterschiedlichen Arten fremder Bäume« für die deutschen Forsten verbunden sei. »Unterdessen / gleichwie wahrhafftig seyn soll / daß alles Europäisches Tangel- [= Nadelholz, Anm. d. Verfassers] und Laub-Holtz in Nord-America zu finden /… / das uns nutzbare oder andere fremdde Holz /auch in Europa aufbringen zu lassen« (Carlowitz 1713, S. 253).

Hans Carl v. Carlowitz war seiner Zeit weit voraus. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts gewann der Gedanke an Bedeutung, Bäume nicht nur als ästhetisches Element in Gärten, sondern als »wilde Bäume« in den Forsten zu verwenden. Die oben erwähnten Baumschulen trugen diesen Gedanken weiter.

Auch v. Wangenheim gab sich durchaus als Freund eines gemäßigten Anbaues fremdländischer Baumarten, vor allem der Robinie, zu erkennen. In seiner Vorrede schrieb er: »wird die Anpflanzung einiger Nordamerikanischen Holzarten in Teutschland, für dieses nützlich und vielleicht wichtig, wenn ihre Anpflanzung an schicklichen Oertern geschieht; wenn sie [...] den Nutzen unserer einheimischen Holzarten überwiegen, [...]. Für unsere Wälder wurde eine solche Anpflanzung aber nachteilig seyn, wenn sie bloß aus Liebe zur Neuheit unternommen, oder eine einheimische bessere Holzart durch eine schlechtere Nordamericanische vertilgt würde« (v. Wangenheim 1787).

Ebenso plädierten du Monceau, Schoelhafen Burgsdorf und du Roi für einen moderaten Umgang mit fremdländischen Baumarten.

Ebenso wenig wie Cobbet in England war auch Franz Casimir Medicus kein Forstwissenschaftler. Medicus war ein Ökonom mit großem botanischem Wissen aus Mannheim. Sein Journal erschien von 1794 bis 1796 in sechs Bänden: »Unächter Acacien-Baum. Zur Ermunterung des allgemeinen Anbaues dieser in ihrer Art einzigen Holzart.« Vor allem argumentierte Medicus mit der einfachen, kostengünstigen Vermehrung über Wurzelbrut, dem schnellen Jugendwachstum und den besonderen Eigenschaften des Holzes.

Seine Begründung für das aufwendige Journal war sein Mißvergnügen darüber »[...] dass meine Abhandlung: ueber das sicherste Mittel, dem Brandholz-Mangel nach einer kurzen Zeit, und für die Zukunft dauerhaft abzuhelfen [...]nicht den mächtigen Eindruck gemacht hat, den ich dadurch zu erzielen wünschte.« Medicus schrieb aus tiefster Überzeugung. In seinem Journal bat er auch um Mitteilungen über bestehende Pflanzungen und legte für die Auswertung der Beobachtungen einen umfangreichen Fragenkatalog an. Er referierte nicht nur lange über die Vorzüge der Robinie, sondern erstellte auch eine Bibliographie der damals verfügbaren Literatur und teilte seine gesamte Erfahrung über Anzucht und Wachstum seiner »Acacien« mit.

Dabei ging er auch auf die Argumente seiner Gegner ein, indem er sie mit seinen Erfahrungen zu widerlegen versuchte. In seinen Augen liegt das Problem niemals bei der Baumart »Acacie«. Gerne und ausführlich berichtete er über rückgemeldete positive Erfahrungen in den weiteren Journalen. Sein größter Gegner war jedoch Landesforstmeister Georg Ludwig Hartig. Er antwortet in einer eigenen Schrift auf das Journal Medicus’ in ausgesprochen scharfer Form. Der Titel lautet: »Beweiß daß durch die Anzucht der weißblühenden Acacie schon wirklich entstandenem oder nahe bevorstehendem Brennholzmangel nicht abgeholfen werden kann: Nebst einem Vorschlag auf welche Art dieser große Zweck viel sicherer zu erreichen seyn möchte« (Hartig 1798).

Seine Argumente waren die Dornen, der krumme Habitus und dass Saatgut von den heimischen Fichten in viel größerer Menge und deutlich billiger gewonnen werden könne.

In Deutschland wurde die Robinie in der Folge punktuell durchaus gepflanzt, gerne als Befestigung von Bahndämmen oder Böschungen.

Der große Erfolg bleibt ihr in Deutschland im Gegensatz zu Ungarn, China oder Südkorea noch verwehrt.

Genetik und Historie – oder Warum ist die Robinie krumm

Die Robinie ist für ihre schlechte Wuchsform in Forstkreisen oftmals verpönt. Es gibt aber auch sehr schöne, gerade Stämme. Betrachtet man die historischen Informationen zur Einführung, ergeben sich zwei Ansatzpunkte zu einer Erklärung:

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde sehr viel Saatgut aus den USA importiert. Das Geschäft lag offensichtlich in den Händen weniger (Wimmer 2012). Unterstellt man, dass mit der Saatgutgewinnung und dem Export nach Europa eine Gewinnerzielungsabsicht bestand (s. o. »Bartrams Box«), lässt diese Unterstellung auch zu, dass die Saatgutgewinnung unter ökonomischen Gesichtspunkten erfolgte: man gewann die Samen dort, wo es am schnellsten ging.

Bei der Robinie waren das weniger die hochgewachsenen Stämme, sondern eher die niedrigeren, mehrstämmigen Exemplare, bei denen die Schoten bequem geerntet werden konnten. 1781 beklagte v. Wangenheim in seinem Vorwort über die Samenhändler: »Diese bekamen die Saamen durch gewisse Personen in America übermacht, die nicht die geringste Kenntniß von der Wahl und Zeitigung derselben hatten, und dieses Gewerbe blos des Gewinstes halber betrieben. Blos der jährliche Abgang der Schiffe, gegen die Mitte oder das Ende Octobers war die Richtschnur dieser Saamenhändler, und je mehr Waare verlangt wurde, je eilfertiger und nachlässiger wurde damit zu Werke gegangen« (Wangenheim 1781).

Da das Saatgut relativ teuer und rar war, wurden innerhalb der botanischen und später forstlichen Netzwerke gerne Setzlinge und selbst geerntetes Saatgut von den früh fruktifizierenden Bäumen getauscht oder von den Baumschulen gekauft. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es schon so viele Robinien in Europa, dass der Import aus den Vereinigten Staaten nicht mehr erforderlich war (Wimmer 2012).

Zum anderen kann man davon ausgehen, dass nach einer Entscheidung für den forstlichen Anbau die Baumart vielfach mit Hilfe der Wurzelbrut vegetativ vermehrt wurde, da dies problemlos und kostengünstig war. In Deutschland stocken die bedeutendsten Robinienvorkommen in Brandenburg. Friedrich II. von Preußen initiierte ihre Anpflanzung und aufgrund ihrer guten Entwicklung etablierte sich die Baumart schnell in den Forsten (Ewald 1992). Anhand genetischer Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass einige Bestände aus dem gleichen Klon bestehen (Liesebach 2012). Damit bestätigte sich, dass Robinien häufig vegetativ vermehrt worden waren.

Legt man die Annahme zugrunde, dass v. Wangenheim recht gehabt hatte, ist es denkbar, dass die beernteten Bäume in ihrem Ursprungsgebiet nicht den Habitus von Schiffsmastrobinien (Raber 1936) hatten und so in Europa Saatgut krummschäftiger Robinien verbreitet wurde. Die Stammform der Robinie ist stark genetisch fixiert. Die häufig anzutreffenden zwieseligen oder krummen Stammformen bilden auch krumme Wurzelschösslinge aus. Bereits Schröck wies explizit darauf hin, dass alle Versuchsanordnungen keinen anderen Schluss zuließen (Schröck 1953).

In einer breit angelegten Studie verglich Bouteiller 34 Populationen der Robinie in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet mit 29 europäischen Populationen. Es wurden 818 Individuen beprobt. Er konnte mit seiner Analyse nachweisen, dass die europäischen Robinien im Wesentlichen auf vier Populationen in den nördlichen Appalachen zurückgehen. Dies stimmt mit den historischen Angaben überein. Die ersten Robinien bis Mitte des 18. Jahrhunderts stammten größtenteils aus Virginia, die späteren aus Pennsylvania und West Virginia. Die enge genetische Verwandtschaft der europäischen Robinien legt nahe, dass ab Beginn des 19. Jahrhunderts kein Saatgut mehr importiert und auch häufig vegetativ vermehrt wurde (Bouteiller 2018).

Damit bestätigte sich die Vermutung, dass das Saatgut des 18. Jahrhunderts an nur wenigen Orten geerntet worden war. Es darf vermutet werden, dass die Robinie auf höhere Akzeptanz gestoßen wäre, wenn das damals importierte Saatgut von Bäumen geerntet worden wäre, die den heutigen Qualitätsanforderungen entsprochen hätten. Die Robinie wurde erst 2003 dem Forstvermehrungsgutgesetz FoVG unterworfen. Bis dorthin durfte sie in Deutschland ungeregelt geerntet und verbreitet werden.

Zusammenfassung

Nach der Einführung der Robinie in Europa zu Anfang des 16. Jahrhunderts verläuft ihre weitere Ausbreitung in einer wellenförmigen Bewegung. Zunächst nur innerhalb Europas gepflanzt, weitet sich der Anbau mit Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur am dritthäufigsten vorkommenden Laubbaumart weltweit aus.

Ihr Potenzial und gleichzeitig ihre Invasivität machen sie zu einer der umstrittensten Baumarten. Gleichzeitig ist die Historie ihrer Einführung von großer Bedeutung für die Genetik, da einerseits die Stammform genetisch fixiert ist und andererseits nachgewiesen wurde, dass die Robinien in ganz Europa auf nur vier Ursprungs-Populationen zurückzuführen sind.

Gleichzeitig gewinnt man durch die Geschichte dieser Baumart tiefe Einblicke in die territoriale, gesellschaftliche und industrielle Entwicklung Europas.
Literatur
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