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Cornelia Triebenbacher, Ludwig Straßer, Hannes Lemme, Gabriela Lobinger, Josef Metzger und Ralf Petercord
Waldschutzsituation in Bayern 2017

Witterungsextreme prägten das Waldschutzjahr 2017 in Bayern. Diese nahmen direkten Einfluss auf die Schadinsekten. Der Kälteeinbruch im Frühjahr verzögerte den Ausflug der Fichtenborkenkäfer und die Entwicklung v.a. der Eichenschädlinge. Der heiße Frühsommer fachte jedoch die Entwicklung der Großschädlinge wieder an. Die Auswirkungen des Sturmtiefs „ Kolle“ für die betroffene Region sind hinsichtlich der Borkenkäfergefahr erst in den kommenden Jahren im Ganzen zu erfassen.

Abiotische Einflüsse

Gebrochene Fichten in einem Altbestand nach einem Sturm.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Orkan "Kolle" verursachte flächige Sturmschäden (Foto: Lemme; LWF)

Wie in den vergangenen Jahren prägten extreme Witterungsereignisse auch das Waldschutzjahr 2017. Der März gilt als der wärmste März seit Aufzeichnung der Witterung im Jahre 1881. Die anhaltend sommerliche Witterung bis Mitte April führte zu einem starken und außergewöhnlich frühen ersten Ausflug der Fichtenborkenkäfer sowie zum verfrühten Blattaustrieb. Die anschließende Kälteperiode bis Mitte Mai mit Spätfrostereignissen unterbrach den Flug der Borkenkäfer und den Blattaustrieb. Der Mai war trotz seines kühlen Anfangs insgesamt 2° C wärmer als im Durchschnitt der Referenzperiode 1961 – 1990 der bayerischen Waldklimastationen.

Der Juni gilt als der zweitwärmste Juni seit 1881. Die hohen Temperaturen beschleunigten die Entwicklung der Borkenkäferbruten, sodass die Entwicklungsverzögerung vom April und Mai wieder ausgeglichen wurde. Sturmtief „Kolle“ führte im August in den Bereichen Regen, Freyung-Grafenau und Passau zu massiven Schäden von ca. 2,3 Mio. Festmetern Schadholz auf einer Waldfläche von etwa 40.000 ha.

Die Niederschläge lagen im Jahresverlauf rund 3% über dem Durchschnitt der Jahre 1961-1990 der bayerischen Waldklimastationen, trotzdem gab es im Witterungsverlauf Zeiträume mit angespannter Wasserversorgung. Das ausgeprägte Hochdruckgebiet ab Mitte März führte zu einer hohen Transpiration der Nadelbaumarten, was eine starke Abnahme der Bodenfeuchte mit sich brachte und die Niederschlagsdefizite aus den vorangegangenen Wintermonaten zusätzlich verschärfte. Intensive Niederschläge im April und Anfang Mai sorgten für eine Verbesserung der Wasserversorgung der Böden. Diese waren zu Beginn des Sommers mit 70-90% noch gut gefüllt. Aufgrund der geringen Niederschläge und der hohen Transpiration infolge der heißen Temperaturen ab Mitte Mai sank der Bodenwassergehalt im Juni teilweise auf 40-50% der nutzbaren Feldkapazität.

Der Juli und August waren durch lokale heftige Gewitter und Schauer mit starken Niederschlägen geprägt, sodass die Wasserversorgung der Wälder während des Hochsommers als überwiegend günstig angesehen werden kann. Auch der Herbst war überdurchschnittlich niederschlagsreich und damit aus Waldschutzsicht günstig. Die Herbst- und Winterstürme, die in anderen Regionen Deutschlands teils starke Schäden verursachten, führten in Bayern insgesamt nur zu geringen Waldschäden.

Situation der Nadelbäume

Grafik mi sechs Schwärmkurven, links untereinander drei für den Kupferstecher, rechts für den Buchdrucker.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Schwärmverlauf des Kupferstechers (links) und des Buchdruckers (rechts) in Bayern von 2015 bis 2017.

Die Situation der Fichte hat sich im Jahr 2017 erneut verschlechtert. So sorgte das Sturmtief „Kolle“ im August für flächige Sturmschäden in den Regionen Passau, Freyung-Grafenau und Regen. Die Massenvermehrung der Fichtenborkenkäfer setzte sich im Jahr 2017 weiter fort. Das dritte Jahr in Folge konnte der Buchdrucker (Ips typographus) nach 2015 und 2016 eine dritte Generation anlegen. Nach einem sehr frühen und starken ersten Schwärmflug Anfang April mit erstem Stehendbefall an Standorten in Niederbayern unterbrach eine Kältewelle den Schwärmflug. Dieser setzte dann Mitte Mai mit massiven Anflugzahlen an den Pheromonfallen des Borkenkäfermonitorings 2017 wieder ein (Abb. 2).

Langanhaltendes Hochdruckwetter im Juni und Juli glich die zeitliche Verzögerung wieder aus und führte zu einer beschleunigten Entwicklung der Bruten, sodass bereits Anfang August eine dritte Generation angelegt werden konnte. In den ausgelegten Bruthölzern waren Mitte Oktober die Larven dieser Generation kurz vor der Verpuppung und überwintern in der Rinde. Die Anflugzahlen an den Bayerischen Borkenkäfermonitoring-Standorten waren die höchsten seit Beginn des Borkenkäfermonitorings im Jahr 2006 (Abb. 2).
Sechs Karten für die Gefährdung der bayerischen Wälder. Oben drei Karten für den Buchrducker, unten für den Kupferstecher.Zoombild vorhanden

Abb. 3: Einschätzung der Gefährdungslage durch den Buchdrucker (oben) und Kupferstecher (unten) Ende September der Jahre 2015 bis 2017.

Die Gefährdung durch den Buchdrucker betraf nicht nur die südlichen und mittleren Teile Bayerns, sondern zunehmend auch Bestände in den nördlichen Landesteilen (Abb. 3). Schwerpunkte des Befalls sind allerdings weiterhin die vom Sturm „Niklas“ im März 2015 betroffenen Flächen im südbayerischen Alpenvorland sowie der südliche Jura, die südliche Oberpfalz und Niederbayern.

Die Bruten des Kupferstechers (Pityogenes chalcographus) aus 2016 befanden sich zu Beginn der Schwärmperiode 2017 teils noch im Larven- und Puppenstadium und mussten sich erst fertig entwickeln. Dementsprechend startete der erste Schwärmflug erst ab Mitte Mai. Die Fangzahlen lagen bei zahlreichen Fallenstandorten auf einem extrem hohen Niveau (Abb. 2). Der Entwicklungsverlauf der Bruten erfolgte nahezu zeitgleich zum Buchdrucker. Teilweise legte auch der Kupferstecher eine 3. Generation an. Die räumliche Verteilung zeigt beim Kupferstecher eine regional differenziertere Befallssituation (Abb. 3). Besonders betroffen waren 2017 Bereiche in Niederbayern und Mittelfranken.

Insgesamt erhöhte sich die Schadholzmenge von 2016 zu 2017 auf 3,55 Mio. Fm und hat sich damit nahezu verdoppelt.

Siehe auch:

Borkenkäferinfoportal

Kiefernrinde mit sichtbaren Fraßspuren und abfallenden TeilenZoombild vorhanden

Abb. 4: Sekundärschäden (Foto: Lemme, LWF).

Die Nonne (Lymantria monacha) befindet sich an Kiefer und Fichten weiterhin auf Latenzniveau. Die Winterbodensuche nach Kiefernspanner, Kieferneule, Kiefernbuschhornblattwespen und Kiefernspinner zeigte keine Anzeichen einer Dichteerhöhung. Lokal kam es in Mittelfranken zu Lichtfraß durch Larven der Sommergeneration der Kiefernbuschhornblattwespe in Kiefernreinbeständen.

Ab dem Winter 2015/2016 wiesen Kiefern in verschiedenen Landesteilen Bayerns zunehmende Kronenverfärbungen und Absterbeerscheinungen infolge des Trockenjahres 2015 auf. Untersuchungen im Winter 2016/2017 an abgestorbenen Kiefern zeigten, dass kambiophage Schadinsekten wie der Blaue Kiefernprachtkäfer nur zu einem geringen Anteil am Schadgeschehen beteiligt waren. An allen Kiefern konnte das Diplodia­-Triebsterben, eine pilzliche Erkrankung, die von dem Schaderreger Sphaeropsis sapinea verursacht wird, nachgewiesen werden. Die Schadmeldungen 2017 zum Diplodia­-Triebsterben liegen auf dem gleichen hohen Niveau wie 2016. Die Schäden durch Kiefernprachtkäfer und andere rindenbrütende Käfer haben im Vergleich zu den Vorjahren 2015 und 2016 deutlich zugenommen.
Tannentrieb mit schwarzen PünktchenZoombild vorhanden

Abb. 5: Dunkel gefärbte Läuse aus der Gattung der Tannentriebläuse Dreyfusia. (Foto: Petercord, LWF).

Die Schäden durch die Tannentrieblaus Dreyfusia spp. nahmen im vergangenen Jahr weiter zu. Besonders vom Befall betroffen sind Tannenverjüngungen im Voralpenland und Bergwald.
Trieb eines Nadelbaums, welcher nach unten hängt und am Absterben scheint.Zoombild vorhanden

Abb.6: Zunehmend werden auch Douglasien-Jungpflanzen vom Dipoldia-Triebsterben befallen (Foto: H. Lemme, LWF)

Die auch im Sommer 2017 vorherrschende warm-feuchte Witterung begünstigte die Nadel- und Schüttepilze. Besonders die Rußige Douglasienschütte trat verstärkt auf.

Auffällig war die Zunahme eines bis jetzt in Bayern eher selten zu beobachtenden einjährigen Schüttezyklus. Dieser führt an Standorten mit längeren Frostperioden und hohen Frühjahrsniederschlägen zu einem raschen Nadelverlust der Douglasie. Dies führt zu einer massiven Schwächung der Bäume. Die befallene Pflanze wird anfälliger für Sekundärbefall vor allem durch Käfer.

Als besonders gefährdet gelten Nordhänge, Muldenlagen sowie windstille und luftfeuchte Standorte. Aussparen solcher Standorte und eine weitständige Begründung von Douglasienkulturen minimieren die Schadenswahrscheinlichkeit. Erstmalig sind Douglasienkulturen durch das Diplodia-Triebsterben massiv geschädigt worden.
Krone eines Baumes mit rot-gelben Nadeln.Zoombild vorhanden

Abb.7: Die Fichtennadelröte war 2017 auffällig wie hier im AELF Mindelheim (Foto: Kreuzer, AELF Mindelheim)

Besonders in Oberbayern und Schwaben war im Herbst der Befall durch die Fichtennadelröte (Rhizospheara und Lophodermium) auffällig. Wie bereits in den vergangenen Jahren regelmäßig zu beobachten, schwächt der Pilz vor allem die Bäume in dichten Jungbeständen in luftfeuchten Lagen und erleichtert einen Sekundärbefall mit Borkenkäfern. An gepflanzten Fichten wurde besonders häufig eine Besiedlung mit dem Hallimasch nachgewiesen. Hier zeigt sich, dass nach wie vor das Thema Pflanzung und der Umgang mit den Pflanzen vor, während und nach der Pflanzung von großer Bedeutung ist und bleibt.

In dichten Jungbeständen, bevorzugt in luftfeuchten und windstillen Lagen konnte die Rhizoctonia-Nadelbräune der Tanne, früher als Herpotrichia-Nadelbräune beschrieben, vielfach nachgewiesen werden. Das vermehrte Auftreten ist zum einen der günstigen Witterung zum anderen dem Umstand geschuldet, dass Pflanzungen der Tanne vielfach das Dickungsstadium erreichen. In der Regel verbessert sich die Situation wieder, sobald der Fichten-Altholzschirm über den Tannen gelichtet wird oder ein Pflegeeingriff den Dichtstand innerartlich verringert.

Situation der Laubbäume

Die Eiche wies 2017 allgemein eine gute Belaubungssituation auf. Nur lokal kam es zu geringfügigem Fraß durch Mitglieder der Eichenfraßgesellschaft. Hier wirkte sich die über fast vier Wochen anhaltende kalt-feuchte Witterung im April bis Anfang Mai positiv aus. Es kam hierdurch zu hohen Mortalitätsraten und einer starken Entwicklungsverzögerung bei den Raupen aller Mitglieder der Eichenfraßgesellschaft. Die Populationsdichten der Frostspannerarten brachen derart ein, dass bei der herbstlichen Leimringprognose nur noch vereinzelte Weibchen gefangen wurden. Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) trat kleinflächig mit erhöhten Gespinstnestdichten und Fraß in Schwaben, Mittelfranken und der westlichen Oberpfalz wieder deutlicher in Erscheinung. In vitalitätsschwachen Eichenbeständen erforderte der Eichenprachtkäfer nach wie vor erhöhte Aufmerksamkeit.

Ab 2016 stiegen im gesamten Überwachungsgebiet die Populationsdichten des Schwammspinners (Lymantria dispar) deutlich an. 2017 wurde die Warnschwelle von 2000 Faltern/Falle während der Gesamtfangzeit an 70 % der Prognosestandorte überschritten. An diesen Standorten führten die Mitarbeiter der LWF eine Eigelegesuche durch, die eine starke Populationszunahme und die Progradation des Schwammspinners bestätigte. In den bekannten Befallsgebieten Unter- und Mittelfrankens wurde daraufhin im Herbst eine gezielte Eigelegesuche durch die Revierleiter der ÄELF und BaySF zur Befallsabgrenzung veranlasst. Dabei wurden in Beständen mehrerer Amtsbereiche hohe Eigelegedichten gefunden, die die Prognose „Kahlfraß“ rechtfertigen. In Abhängigkeit von der Besatzdichte mit Schwammspinner und der Vitalität der Eiche werden hier zum Erhalt der Eichen Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich.
Nach dem Mastjahr 2016 zeigte sich die Belaubungssituation der Buche im Jahr 2017 wieder günstiger. Spätfrostschäden im Frühjahr nach verfrühtem Blattaustrieb konnten aufgrund der ausreichenden Wasserversorgung wieder ausgeglichen werden. Das Schadrisiko durch den Buchenprachtkäfer ist nach wie vor hoch.
Seit dem Auftreten des Eschentriebsterbens 2008 verschlechtert sich die Situation der Esche weiter. Entsprechend dem Krankheitsverlauf sind die stärksten Schäden weiterhin in den Jungbeständen und Stangenhölzern zu verzeichnen. Aber auch in den Altbeständen der Esche steigt der Anteil absterbender und abgestorbener Bäume sukzessive an. Zunehmend treten an den erkrankten Bäumen sekundäre Schadorganismen auf. Besonders auffällig sind hierbei Wurzelfäulen, welche die Stabilität der Eschen schwächen und bei Stürmen immer wieder zu Windwürfen führen. Im Hinblick auf die Arbeitssicherheit werden forstwirtschaftliche und baumpflegerische Maßnahmen zur Sanierung der Schäden zunehmend gefährlich und aufwendiger.
Krebsartige Wucherung mit Fäule an altem Ahornstamm.Zoombild vorhanden

Abb. 8: Der ursprünglich aus Nordamerika stammende Pilz Eutypella parasitica verursacht ausgedehnte Krebswucherungen an verschiedenen Ahorn-Arten. (Foto: Schlenker, LWF)

Im Stadtgebiet von München wurde 2013 erstmals an einem Ahorn ein Befall durch Eutypella parasitica festgestellt. Im Zuge eines Forschungsprojektes zum Ahornstammkrebs wurde das Vorkommen des Pilzes Eutypella parasitica im Herbst 2017 intensiv untersucht. Die Erkrankung ist durch die sich negativ auf die Holzqualität auswirkende krebsartige Wucherung an der klimatoleranten Baumart Ahorn von großer Bedeutung.

Die Verbreitung, anfangs nur auf das Stadtgebiet München beschränkt, ist weitläufiger als bisher angenommen. Die Suche im Herbst 2017 konzentrierte sich auf einen 25 km-Radius um München und entlang der Isar. Es wurden über 40 neue Verdachtsbäume gefunden. Selbst außerhalb des 25 km-Radius konnte im Bereich der Isar bei Freising der Erreger noch nachgewiesen werden.

Quarantäne-Schadorganismen

Im vergangenen Jahr wurde kein weiterer Fund des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB) und Asiatischen Moschusbockes (Aromia bungi) bekannt. Das bayernweite Monitoring zum Auftreten des Kiefernholznematoden (Bursaphelenchus xylophilus) hat 2017 keinen positiven Befund erbracht.

Ausblick

Im Jahr 2018 wird das Hauptaugenmerk in Bayern v.a. auf der Bekämpfung der Fichtenborkenkäfer und Schwammspinner liegen. Der Witterungsverlauf und die konsequente Aufarbeitung potentiellen Brutraumes werden für das weitere Schadgeschehen durch die Fichtenborkenkäfer entscheidend sein. Bei der Kiefer wird der weitere Schadverlauf durch das Diplodia-Triebsterben und den Prachtkäferbefall weiter zu beobachten sein. Entsprechend der notwendigen Kulturmaßnahmen auf den zahlreichen Schadflächen der vergangenen drei Jahre ist mit einem verstärkten Aufkommen der bekannten Kulturschädlinge zurechnen.

Schneller Überblick

  • Starke Schäden durch Fichtenborkenkäfer von 3,55 Mio. Fm;
  • Schwammspinner in Massenvermehrung;
  • Verstärkte Schäden durch Tannentrieblaus;
  • Weiterhin Auffällige Schäden durch das Diplodia-Triebsterben an der Kiefer;
  • Eschentriebsterben setzt sich weiter fort;
  • Erstfund von Euthypella parasitica an Ahorn in Waldbestand um München.

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