LWF aktuell 152
Regionalität verbessert Kohlendioxid-Bilanz
von Christina Brand, Markus Briechle und Christoph Schulz

Blick auf den Holzlagerplatz eines Sägewerks.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Regionale Her- und Bereitstellungsprozesse verbessern die CO2-Bi­lanz in Abhängigkeit der Produktionsschritte. (© S. Friedrich, AELF Krumbach-Mindelheim)

Das von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) aus dem Waldklimafonds geförderte Projekt „CarboRegio" untersuchte drei Jahre lang verschiedene Fragen zur Regio­nalität im Forst- und Holzbereich in der Beispielregion Allgäu. Eine davon lautete: Welchen Einfluss hat eine re­gio­nale Produktion auf die CO2-Bilanz von Holzprodukten? Zur Beantwortung dieser Frage wurde exemplarisch für verschiedene Holzprodukte analysiert, wie stark die Treibhausgasemissionen durch kürzere Transportentfernungen verringert werden können.

Ein Vorteil, der im Allgemeinen mit Regionalität assoziiert wird, ist die kürzere Transportentfernung, die zu geringeren Transportemissionen führt und damit einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet. Dies wird oft als Argument für regionale Produkte angeführt. Wahrscheinlich sind kurze Transportwege sogar der am häufigsten genannte Umweltvorteil (Martin, 2014). Selten wird jedoch eine Größenordnung für diese Einsparungen an Emissionen angegeben.

Untersuchte Produkte

Ein regionaler Holzbau sowie Holzprodukte aus den Bereichen Energie, Bau und Innenausbau/Möbel wurden analysiert. Die Auswahl erfolgte nach zwei Kriterien: Zum einen sollte es sich um existierende regionale Ketten im Untersuchungsgebiet Allgäu handeln. Zum anderen war die Verfügbarkeit von Daten bzw. die Möglichkeiten der eigenen Erhebung entscheidend für die Auswahl. Folgende Produkte wurden ausgewählt:
  • Waldhackschnitzel aus Fichte zur Wärmeerzeugung,
  • Starkholzplatten: Dreischichtplatten mit hochkant stehenden Brettern als Mittellage aus Fichte für tragende und nichttragende Wand- und Deckenelemente
  • Rohbau eines Einfamilienhauses mit Garage aus Starkholzplatten
  • lasierter Holzfensterrahmen aus lamellierten Fichtenkanteln
  • geölter Esstisch aus massivem Eichenholz
Für jedes Produkt wurde mithilfe der Methode der Ökobilanzierung eine CO2-Bilanz erstellt und dabei eine regionale und eine nicht-regionale Variante miteinander verglichen. Diese unterscheiden sich nur in den Transportentfernungen, weitere Parameter wurden nicht verändert. Das bedeutet, es wurden die gleichen Produktionsbedingungen bei beiden Varianten angenommen.

Methode der Ökobilanzierung und Definition der Systemgrenzen

Grafik stellt das Produktsystem mit den verschiedenen Lebenszyklusphasen, hier für ein Einfamilienhaus dar.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Darstellung eines Produktsystems mit den verschiedenen Lebens-zyklusphasen – hier für ein Einfamilienhaus – sowie den Inputs und Outputs. (© LWF)

Die Ökobilanzierung ist eine Methode, mit der die potenziellen Umweltauswirkungen eines Produktsystems analysiert werden. Grundsätzlich soll bei der Ökobilanzierung der gesamte Lebensweg eines Produkts betrachtet werden, d. h. „von der Wiege bis zur Bahre" (engl. „cradle to grave"). Dies beinhaltet die Prozesse der Rohstoffgewinnung, der Produktion, der Nutzung sowie der Wiederverwertung bzw. Entsorgung. Um die potenziellen Umweltauswirkungen eines Produktsystems zu bestimmen, werden alle relevanten Input- und Outputflüsse identifiziert, quantifiziert und bewertet. Inputs in das System sind Rohstoffe, Betriebsstoffe und Energie. Outputs aus dem System sind Koppelprodukte, Abfälle sowie verschiedene Emissionen in Luft, Wasser und Boden.

Um den Einfluss von Regionalität zu ermitteln, wurde bei allen Produkten der Lebenszyklus bis zum Eintreffen beim Endkunden betrachtet („cradle to consumer", siehe Abbildung 2), also Rohstoffgewinnung, Produktion sowie alle Transporte bis zum Endkunden. Für die restlichen Lebenszyklusphasen gibt es keinen Unterschied zwischen den regionalen und nicht-regionalen Varianten der Holzprodukte, weswegen diese nicht einbezogen wurden.

Verwendete Daten

Grundlage für die Bilanzierungen bildeten die Daten eines regionalen Betriebes (bei Starkholzplatten und Einfamilienhaus), Literaturquellen (bei Waldhackschnitzeln, Esstisch und Fensterrahmen (Dressler et al., 2016, Castillo et al., 2021, Krebs et al., 2021) sowie die Ecoinvent-Datenbank (LfStat, 2022). Zusätzlich haben verschiedene Experten aus der Branche wichtige Erfahrungswerte und Einschätzungen beigetragen.
Die Transportdistanzen der regionalen Varianten beruhen auf existierenden Fallbeispielen idealer Bereitstellungsketten. Für die alternativen Varianten wurden mithilfe der Expertenbefragungen mittlere nicht-regionale Transportdistanzen für die Branche ermittelt. Diese unterliegen Unsicherheiten, da sie auf subjektiven Einschätzungen beruhen. Repräsentative Distanzen für die einzelnen Transportprozesse und Produkte sind grundsätzlich schwer zu ermitteln. Abbildung 3 zeigt den Unterschied von Transportentfernungen zwischen regionalen und nicht-regionalen Varianten.
ProduktGesamtentfernung nicht regionale VarianteGesamtentfernung regionale Variante
Waldhackschnitzel100 km30 km
Starkholzplatten575 km70 km
Einfamilienhaus3335 km1520 km
Fensterrahmen1625 km120 km
Esstisch480 km50 km

Abb. 3: Aufsummierte Distanz aller Transportprozesse der Bereitstellungskette für regionale und nicht-regionale Varianten der untersuchten Holzprodukte. Beim Einfamilienhaus sind nur Transporte der Vorketten der Holzbauprodukte berücksichtigt. Die Distanzwerte ergeben sich z. B. für den Esstisch aus: Distanz Rundholz + Distanz Schnittholz + Distanz Esstisch.

Anteile der verschiedenen Lebens­zyklusphasen

Grafik zeigt den Anteil der Lebenszyklusphasen am Treibhauspotenzial.Zoombild vorhanden

Abb. 4: Prozentuale Anteile der verschiedenen Lebenszyklus-phasen am Treibhauspotenzial der regionalen und nicht-regionalen Varianten der untersuchten Holzprodukte.
(© LWF)

In Abbildung 4 sind die Anteile der betrachteten Lebenszyklusphasen (Rohholzbereitstellung, Holzproduktherstellung, Transporte) am Treibhauspotenzial (engl. Global Warming Potential, kurz GWP, wird in kg CO2-Äquivalenten angegeben) der untersuchten Holzprodukte dargestellt. Beim Einfamilienhaus wird zusätzlich der Anteil der Bereitstellung von Nichtholz-Bauprodukten (Beton, Stahl usw.) separat dargestellt.

Generell hängt der Einfluss der Transporte auf die Gesamtbilanz von der Komplexität des Produktes ab: Je mehr Produktionsschritte und Materialien für die Herstellung notwendig sind, umso höher sind tendenziell die Gesamtaufwendungen und umso geringer wird der Anteil der Transporte. Dies wird beim Vergleich der Produkte Waldhackschnitzel und Esstisch (wenige Produktionsschritte, wenige andere Materialien außer Holz) gegenüber den Holzfensterrahmen und dem Einfamilienhaus (viele Produktionsschritte, viele andere Materialien außer Holz) deutlich. Es ist zu berücksichtigen, dass hier ein Einfamilienhaus ohne Keller betrachtet wurde und dieser eine große zusätzliche Menge an Treibhaugasemissionen verursachen würde, sodass der Anteil der Transporte bei einem Einfamilienhaus mit Keller noch geringer wäre. So wäre beim Holzfenster der Anteil der Transporte noch geringer, wenn nicht nur der Rahmen, sondern auch die emissionsintensive Glasscheibe betrachtet worden wäre. Bei den Starkholzplatten ist der Transport­anteil an den Treibhausgasemissionen trotz vieler Produktionsschritte groß. Dies erklärt sich dadurch, dass die Emissionen bei der Herstellung verhältnismäßig niedrig sind, da der betrachtete Betrieb eine hohe Material- und Energieeffizienz hat und selbst erzeugten Solarstrom nutzt.
Generell hängt der Einfluss der Transporte auf die Gesamtbilanz von der Komplexität des Produktes ab: Je mehr Produktionsschritte und Materialien für die Herstellung notwendig sind, umso höher sind tendenziell die Gesamtaufwendungen und umso geringer wird der Anteil der Transporte. Dies wird beim Vergleich der Produkte Waldhackschnitzel und Esstisch (wenige Produktionsschritte, wenige andere Materialien außer Holz) gegenüber den Holzfensterrahmen und dem Einfamilienhaus (viele Produktionsschritte, viele andere Materialien außer Holz) deutlich. Es ist zu berücksichtigen, dass hier ein Einfamilienhaus ohne Keller betrachtet wurde und dieser eine große zusätzliche Menge an Treibhaugasemissionen verursachen würde, sodass der Anteil der Transporte bei einem Einfamilienhaus mit Keller noch geringer wäre. So wäre beim Holzfenster der Anteil der Transporte noch geringer, wenn nicht nur der Rahmen, sondern auch die emissionsintensive Glasscheibe betrachtet worden wäre. Bei den Starkholzplatten ist der Transport­anteil an den Treibhausgasemissionen trotz vieler Produktionsschritte groß. Dies erklärt sich dadurch, dass die Emissionen bei der Herstellung verhältnismäßig niedrig sind, da der betrachtete Betrieb eine hohe Material- und Energieeffizienz hat und selbst erzeugten Solarstrom nutzt.

Faktoren für den Einfluss des Transports auf die Bilanz

Neben der Komplexität des Produkts gibt es noch weitere relevante Faktoren, die direkt oder indirekt den prozentualen Anteil des Transports an der CO2-Bilanz beeinflussen, wie z. B. die Art der Stromerzeugung oder das Transportmittel.
Wie oben erwähnt wird in diesem Fall bei der Herstellung der Starkholzplatten der benötigte Strom über Solaranlagen durch den Hersteller selbst erzeugt. Bei der Nutzung von Netzstrom würden sich die Treibhausgasemissionen in der Produktionsphase deutlich erhöhen und somit würde sich der Anteil der Transporte am Treibhauspotenzial verringern. Ein weiteres Beispiel ist der Transport des Esstischs zum Endkunden, der als Lieferung mit einem Kleintransporter bei einem definierten Auslastungsgrad modelliert wurde. Beim Einsatz eines privaten PKW zur Abholung eines einzelnen Esstischs wären die Treibhausgasemissionen der Transportphase höher und somit auch der Anteil der Transporte am Treibhauspotenzial. Die Beispiele zeigen, dass der Anteil des Transports je nach Annahmen schwanken kann. Deshalb können anhand der hier berechneten Ergebnisse keine allgemeingültigen Aussagen zum Einfluss des Transports auf die CO2-Bilanz von Holzprodukten gemacht werden.

CO2-Einsparung bezogen auf das einzelne Produkt

Balkendiagramm zeigt die Einsparung an Treibhausgasemissionen.Zoombild vorhanden

Abb. 5: Prozentuale Einsparung an Treibhausgasemissionen der regio­nalen Varianten im Vergleich zu den nicht-regionalen Varianten. (© LWF)

In Abbildung 5 sind die prozentualen Einsparungen an Treibhausgasemissionen durch Regionalität (in Form von kürzeren Transportwegen) für die verschiedenen Holzprodukte dargestellt. Wenig überraschend führen alle regionalen Varianten zu deutlichen Reduktionen der Treibhausgasemissionen gegenüber den nicht-regionalen Varianten.

Je höher der Anteil der Transporte an der CO2-Bilanz eines Produkts, umso größer ist auch die CO2-Einsparung durch eine regionale Produktion und Vermarktung. Daher ist das prozentuale Einsparpotenzial in Bezug auf das Ergebnis (»cradle to consumer«) beim Esstisch aus Massivholz, bei den Starkholzplatten und auch bei den Waldhackschnitzeln höher als bei den Holzfensterrahmen und beim Einfamilienhaus.

Bedeutung von Herstellungs- und Bereitstellungsphase

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Herstellung bzw. die Rohholzbereitstellung den größten Anteil an den Treibhausgasemissionen haben und die Transporte erst an zweiter oder gar dritter Stelle stehen (Abbildung 4). Es lässt sich daher schlussfolgern, dass für eine Verbesserung der CO2-Bilanz neben den Transporten auch die Produktionslinien hinsichtlich ökologischer Kriterien optimiert werden sollten – das betrifft den Einsatz nachwachsender Rohstoffe und erneuerbarer Energien sowie die Steigerung von Energie- und Materialeffizienz. Dadurch werden die Aufwendungen der Herstellungsphase verringert, der Anteil der Transporte am Treibhauspotenzial erhöht sich und somit wird das prozentuale CO2-Einsparpotenzial durch Regionalität bedeutsamer.

Zusammenfassung & Schlussfolgerungen

Runder Massiv-Holztisch.Zoombild vorhanden

Abb. 6: Durch die regionale Herstellung eines Massivholz-Esstisches lassen sich über 30 % der CO₂-Emissionen einsparen. (© Firmafotografen)

Alle regionalen Varianten der untersuchten Holzprodukte führen zu deutlichen Reduktionen der Treibhausgasemissionen gegenüber den nicht-regionalen Varianten.

Je komplexer die Herstellung eines Produktes ist und je mehr Produktionsschritte und Materialien notwendig sind, desto geringer ist tendenziell der Anteil des Transportes an der CO2-Bilanz. Neben der Komplexität des Produkts gibt es jedoch noch weitere relevante Faktoren, die direkt oder indirekt den prozentualen Anteil des Transportes an der CO2-Bilanz beeinflussen (z. B. die Art der Stromerzeugung oder das Transportmittel).

Den größten Anteil am Treibhauspoten­zial der Holzprodukte haben die Phasen der Herstellung bzw. der Rohholzbereitstellung, während die Transporte erst überwiegend an dritter Stelle stehen. Daher sollte neben einer regionalen Beschaffung und Vermarktung auch die Optimierung der Produktionslinien hinsichtlich ökologischer Kriterien fokussiert werden, um die CO2-Bilanz von Produkten zu verbessern.
Für eine Beurteilung des absoluten CO2-Einsparpotenzials auf Regionsebene müssen die vermarkteten Mengen berücksichtigt werden. Unter diesem Aspekt sollten von den hier untersuchten Holzprodukten vor allem bei Vollholz-Bauelementen und Wohnhäusern eine regionale Produktion und Vermarktung im Allgäu gefördert werden, um möglichst viele Treibhausgasemissionen einzusparen.

Literatur

  • L. Martin, „Local-motion: Using Regional Brands as an Egine for Sustainable Regional Development,“ Carl von Ossiettzky Universität Oldenburg, Murrhardt, 2014.
  • M. Avetisyan, T. Hertel und G. Sampson, „Is Local Food More Environmentally Friendly? The GHG Emissions Impacts of Consuming Imported versus Domestically Produced Food,“ Environmental and Resource Economics, Bd. 58, pp. 415-462, 2014.
  • G. Brunori, F. Galli, D. Barjolle, R. V. Broekhuizen, L. Colombo, M. Giampietro, J. Kirwan, T. Lang, M. E., D. Maye, K. D. Roest, C. Rougoor, J. Schwarz, E. Schmitt, J. Smith, Z. Stojanovic, T. Tisenkopfs und J.-M. Touzard, „Are Local Food Chains More Sustainable than Global Food Chains? Considerations for Assessment.,“ Sustainability, Bd. 8, Nr. 5, p. 449, 2016.
  • E. Schmitt, F. Galli, D. Menozzi, S. Maye, J.-M. Touzard, A. Marescotti, J. Six und G. Brunori, „Comparing the sustainability of local and global food products in Europe,“ Journal of Cleaner Production, Nr. 165, pp. 346-359, 2017.
  • BMEL, „Waldstrategie 2050,“ Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Bonn, 2021.
  • V. Castillo und R. Schweizer, „Life Cycle Assessment - Comparison of a hardwood and Medium Density Fibreboard (MDF) dining table,“ CiVaG AG, 2022.
  • S. Pohl, „Betrachtungen zur Nachhaltigkeitsqualität der Holzbauweise im Wohnungsbau,“ LCEE Life Cycle Engineering Experts GmbH, Darmstadt, 2017.
  • DIN EN ISO 14040:2009-11, „Umweltmanagement - Ökobilanz - Grundsätze und Rahmenbedingungen,“ Beuth Verlag, Berlin, 2009.
  • H. König, „Lebenszyklusnanalyse von Wohngebäuden. Lebenszyklusanalyse mit Berechnung der Ökobilanz und Lebenszykluskosten. Endbericht.,“ 2017.
  • F. Nagler, T. Jarmer, A. Niemann, A. Cruel, T. Auer, L. Franke, H. Kaufmann, S. Winter, S. Ott, M. Krechel, C. Gehlen und C. Thiel, „Enbericht für das Forschungsvorhaben: Einfach Bauen,“ Technische Universität München, München, 2018.
  • L. Krebs, L. Ramseier und R. Frischknecht, „Ökobilanz von Holz- und Holz-Metall-Fensterrahmen,“ treeze Ltd., Uster/Schweiz, 2021.
  • LfStat, „Baufertigstellungen neuer Wohn- und Nichtwohngebäude in Bayern 2021 auf Kreisebene nach Gebäudearten und dem überwiegend verwendetem Baustoff - Rauminhalt in 1.000 m³,“ Bayerisches Landesamt für Statistik, Fürth, 2022e.
  • BauSites GmbH, „Fenster- und Türenmarkt Deutschland 2020 und 2021,“ 2021. [Online]. Available: https://www.baulinks.de/webplugin/2021/0736.php4. [Zugriff am 7 März 2023].

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  • Markus Briechle
  • Christina Brand
  • Christoph Schulz