Eine Gruppe von Kindern steht in einem Laubwald.

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Herbert Rudolf
Neues aus dem »Weltwald« – LWF aktuell 123

Landesarboretum öffnet mit den »Gärten der Kontinente« einen emotionalen Zugang zur Heimat vieler Baumarten

Die Anfänge der modernen Forstwirtschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts fallen zusammen mit der europaweiten Blütezeit des Landschaftsparks englischer Prägung. Beide Entwicklungen verbindet die Faszination für all die neuen Baumarten, die Seefahrer und Naturforscher aus fernen Ländern mit nach Hause gebracht hatten. Einmal aus ästhetischen, einmal aus ökonomischen Gründen fanden sie ihren Weg in Parks, Baumsammlungen und forstliche Versuchsanlagen, einige sogar als Bereicherung in die heimischen Wälder – und so auch in den »Weltwald« bei Freising.

Obwohl die ersten Pflanzungen für das Bayerische Landesarboretum im Kranzberger Forst erst 1989 erfolgten, reichen die Wurzeln des Exotenanbaus auch hier bis ins 19. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit kaufte die königlich-bayerische Forstverwaltung die vier Bauernhöfe des Weilers Oberberghausen. Die Hofgärten und Äcker des Dorfes dienten, nachdem die Bewohner weggezogen waren, unter anderem als Baumschulgelände, auf dem nordamerikanische und asiatische Baumarten angezogen wurden.

So finden wir heute im Weltwald, dessen Areal sich weitgehend mit der Ortsflur von Oberberghausen deckt, unter anderem stattliche Douglasien, Roteichen, Tulpenbäume, Scheinzypressen, Amur-Korkbäume, Stroben und Nordmanns-Tannen. Viele Anbauversuche aber misslangen, sodass man zu Beginn des 20. Jahrhundert beschloss, den Exotenanbau in Freising wieder einzustellen.

Ein Großteil der Flächen wurde mit Fichte aufgeforstet, bis auf einige feuchte Wiesentälchen. Begleitet von Kleingewässern und blütenreichen Lichtungsrändern verleihen sie heute dem Weltwald einen parkähnlichen Charakter. Seit einigen Jahren haben zwei Ziegenherden die Grünlandpflege übernommen (Abbildung 2). Damit holen sie die beschauliche Atmosphäre historischer Hutewaldungen zurück in unsere betriebsame Zeit und beleben das Landschaftsbild mit bunten Blumen. Neben Ziegenmilch und wildem Obst kann das Landesarboretum seit Kurzem mit einer weiteren »paradiesischen« Speise aufwarten, einem speziellen Weltwald- Honig. Schon in seinem Duft erahnt man die außergewöhnliche Vielfalt an Nektarquellen.

Gärten der Kontinente

Junge Frau auf blühender WieseZoombild vorhanden

Abb. 1: Die blütenreichen Wiesen sind ein wichtiges Element des parkähnlichen Landschaftsbildes. (Foto: H. Rudolf)

Im Beitrag »Der ›Weltwald‹ in Freising« (Rudolf 2014) wurde bereits ausführlich über das neue Entwicklungskonzept mit seinen dendrologischen, landschaftsästhetischen und kommunikativen Aspekten berichtet. Die Ausführungen schließen mit der Ankündigung: »An drei ausgewählten Plätzen, passend zur Gliederung des Arboretums nach Kontinenten, sollen erlebnisorientierte Einrichtungen entstehen, die den Besucher mit kulturellen Aspekten der Baum-Heimatländer in Berührung bringen.

«Fünf Jahre später sind diese Planungen weitgehend verwirklicht. Ein Hauptanliegen der drei Gärten – Amerika, Europa, Asien – ist es, die Weltwald-Idee für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Gärten der Kontinente sind deshalb besondere Orte zum Verweilen, zur Kontemplation sowie zum Spielen. Ihre Gestaltung und räumliche Anordnung hängt eng mit den zugehörigen Themenpfaden zusammen. Diese geführten Rundwege sind mit unterschiedlichen Farben und Piktogrammen markiert.
Eine Ziege steht am Zaun, auf der anderen Seite einige KinderZoombild vorhanden

Abb. 2: Ziegen beweiden als »Landschaftsgärtner« das waldfreie Grünland. (Foto: H. Rudolf)

Mit den Gärten der Kontinente rückt der Weltwald gestalterisch in die Nähe eines Landschaftsparks. Denn auch in den englischen Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts wird meist nicht nur reine Natur dargestellt. Kleinarchitekturen unterschiedlicher Stilrichtungen spielen darin eine wichtige Rolle. In einer wohl komponierten Gemengelage aus abschirmenden Gehölzen und öffnenden Wiesen- und Wasserflächen sind sie Teil eines »begehbaren Landschaftsgemäldes«.

Bei der Auswahl der Architekturstaffagen gesellte sich oft zur Sehnsucht nach dem Vergangenen (Mittelalter) und dem Mythos (Arkadien) auch die Sehnsucht nach dem Exotischen (Orient). Insofern können die Gärten der Kontinente im Weltwald auch als Hommage an die große Ära der Landschaftsparks mit ihrem »Maskenball der Stile« (Siegmund 2010) verstanden werden. Allerdings ist damit keine bloße Nachahmung historischer Vorbilder beabsichtigt. Die verschiedenen, sprechenden Bilder – Indianer-Tipi, mittelalterliche Burg und japanische Pagode – werden deshalb in abstrahierter Form dargestellt.

Umfangreiche Informationen zum Weltwald sind online in der aktuellen 2019 erschienenen Broschüre »Weltwald Freising « veröffentlicht (Rudolf 2019).

Amerika–Garten

Der Amerika-Garten möchte ausgewählte Elemente nordamerikanischer Landschaften, d. h. Wald, Felsengebirge, Prärie, Wüste und Sumpfgebiet, darstellen und vor allem Kindern die Möglichkeit bieten, spielerisch in die Welt der indigenen Völker Nordamerikas einzutauchen. Dabei wird versucht, die Lebensräume unterschiedlicher Stämme kindgerecht nachzuempfinden: Wald-Indianer, Prärie- Indianer, Höhlen-Indianer, Sumpf-Indianer (Arens & Braun 2004). Wesentliche Elemente des Spielgeländes sind daher eine Sandfläche mit Indianertipis (Abbildung 3), ein Totempfahl, ein angedeutetes Felsengebirge sowie eine Steganlage mit Pfahlbauten (Abbildung 4). Direkt angrenzend befindet sich ein älterer Bestand mit Westlicher Hemlocktanne und Riesen- Lebensbaum. Zucker-Kiefern und Papier- Birken wurden als Solitäre platziert.

Europa–Garten

Am höchsten Punkt des Landesarboretums befindet sich der Europa-Garten. Wie bei den beiden anderen Einrichtungen, korrespondiert die Gestaltung mit dem Symbol/Piktogramm des zugehörigen Themenpfades. Das ist in diesem Fall eine Burg. Gleichzeitig thematisiert der Entwurf – würde man aus der Vogelperspektive auf den Garten schauen – das Logo des Weltwaldes: ein Tulpenbaumblatt (Abbildung 5).

In schlichter Form werden die Elemente einer frühmittelalterlichen Burganlage (Erdhügelburg, auch »Motte« genannt) stilisiert. »Berg« und »Burggraben« entstehen durch die Geländemodellierung. Die »Burgmauer«, in Form einer Stechpalmenhecke befindet sich dabei auf Höhe des Ausgangsniveaus. Vier »Wehrtürme « aus Silberweidenstämmen in den Ecken der Burg überragen das Gelände. Im Sommer sind sie vollständig belaubt und laden zum Versteckspiel ein.

Fünf, in einem Kreis angeordnete Ungarische Eichen, umreißen »Burgplatz« und »Bergfried«. Mit zunehmendem Alter werden die Bäume zu einer gemeinsamen Krone zusammenwachsen und einen Innenraum formen. Die strengen Formen der Anlage erfordern, ähnlich wie bei einem Barock-Garten, eine vergleichsweise exakte Pflege.

Asien–Garten

Der Asien-Garten soll die Anmutung einer fernöstlichen Gartenanlage hervorrufen. Ein chinesischer Garten gibt dem Besucher die Möglichkeit, mit allen seinen Sinnen zu genießen. Der aus dem chinesischen entstandene japanische Garten möchte durch eine perfekte Reduzierung nur mit den Augen und dem Verstand wie ein Kunstwerk erfasst werden (Beuchert 1998).

Wichtige Gestaltungselemente des Asien- Gartens, entlehnt aus diesen Traditionslinien, sind ein Mondtor, eine Wasserfläche, eine Brücke, Trittsteinwege und Steinsetzungen sowie eine formal reduzierte Pagode (Abbildung 7). Bedeutsam für die Platzwahl waren die unmittelbare Gewässernähe sowie eine Umrahmung durch bereits hochgewachsene, dekorative Baumarten ostasiatischer Provenienz: Urweltmammutbaum, Amur-Korkbaum, Japanische Walnuss. Gleich in der Nähe befindet sich die 2012 entstandene Holzskulptur »Der Koi im Reisfeld« (Abbildung 6).
Spielzelte aus Holz auf einem Spielplatz mit spielenden Kindern

Abb. 3: Amerika–Garten: Indianerdorf (Foto: H. Rudolf)

Ein kleiner Hügel, der aus großen Felsbrocken besteht; darauf eine Familie mit Kindern

Abb. 4: Amerika–Garten: "Rocky Mountains" (Foto: H. Rudolf)

Platz in Form eines Tulpenbaumblattes

Abb. 5: Europa–Garten: Tulpenbaumblattplatz (Foto: H. Rudolf)

Skulptur eines Koi inmitten von Reis mit Kindern daneben stehend

Abb. 6: Asien–Garten: Koi-Skulptur (Foto: H. Rudolf)

Pagode inmitten von Wald

Abb. 7: Asien–Garten: Pagode (Foto: H. Rudolf)

Veranstaltungen

Bis zur Neueröffnung des Landesarboretums mit dem Beinamen »Weltwald« im Herbst 2011 war dessen Bekanntheitsgrad, gemessen an der über 20-jährigen Bestandsdauer, eher gering. Dies belegen Umfragen durch Studierende der TU München. Erst die Ausstattung mit Besucherleitsystem, Info-Pavillons, Themenpfaden und den Gärten der Kontinente hat den Weltwald zum beliebten Ausflugsziel für die ganze Familie gemacht. Einen Beitrag dazu leisteten sicher auch die öffentlichkeitswirksamen Bildhauersymposien »Skulpturtage« 2011, 2012 und 2016.

Ermutigt durch die große Nachfrage wird seit einigen Jahren ein Veranstaltungsprogramm mit fachlichen Führungen, erlebnisorientierten und kulturellen Angeboten aufgelegt. Ein Highlight dieser Veranstaltungsreihe ist alljährlich am 9. Mai die Feier des Europatags im Europa- Garten. Neben Alphornklängen und Reigentänzen darf dabei natürlich auch die »Ode an die Freude« von Ludwig van Beethoven nicht fehlen.

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Autor

  • Herbert Rudolf