Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 139

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Besuch aus Zagreb

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Dr. Angelina Gavranovic-Markic (Mitte) besuchte zusammen mit Randolf Schirmer (links) Andreas Ludwig (rechts) im BaySF-Pflanzgartenstützpunkt Laufen. (© AWG)

In der letzten Novemberwoche 2022 besuchte Dr. Angelina Gavranovic-Markic vom kroatischen Forstforschungsinstitut in Jastrebarsko das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG). Sie bearbeitete Buchensaatgutproben im Saatgutprüflabor des AWG und erhielt darüber hinaus einen Eindruck vom gesamten Arbeitsspektrum des AWG. Eine Exkursion zu Herkunftsversuchen im Raum Linz rundete das Besuchsprogramm ab. Der Besuch trug dazu bei, die künftige Zusammenarbeit im Bereich Herkunftsversuche, Saatgutprüfung und Zulassung von Erntebeständen auszubauen. Im Rahmen des Klimawandels sind besonders wärme- und trockenheitstolerante Herkünfte von z. B. Stiel- und Traubeneiche in Kroatien für den Anbau in Bayern von besonderem Interesse. Dr. Gavranovic-Markic wird künftig die forstliche Saatgutprüfung in Kroatien leiten, sodass in diesem Arbeitsbereich eine langfristig angelegte Kooperation angestrebt wird.

Randolf Schirmer, AWG

Neue Samenplantage für die »Selber Höhenkiefer«

Gruppenbild vor zu pflanzenden Weiß-TannenZoombild vorhanden

Leiter und Mitarbeiter des Forstbetriebs Nordhalben und Mitarbeiter des AWGauf der neuen Samenplantage (© Johann Geiger, AWG)

Mitte November 2022 hat das Amt für Waldgenetik (AWG) in Zusammen­arbeit mit dem Forstbetrieb Nord­halben der Bayerischen Staatsforsten in Premeusel (Gemeinde Presseck)eine neue Samenplantage für die »Selber Höhenkiefer« angelegt. Die neue Samenplantage wird die be­stehende Samenplan­tage »Ebrach-Schafknock« im Forstbetrieb Ebrach ersetzen, auf der nach einem Sturmereignis und aufgrund von Vitalitätsverlusten sukzessive Bäume ausfallen. Ziel der Neuanlage ist es, die genetische Ressource der »Selber Höhenkiefer« weiterhin zu erhalten und zu nutzen.

Die »Selber Höhenkiefern«, auch »Vogtländer Höhenkiefern« genannt, kommen aus dem Herkunftsgebiet 851 12 – Oberes Vogtland und Nordostbayerische Mittelgebirge und sind durch schmale und kegelförmi­ge Kronen gut an Nassschnee angepasst. Sie besitzen lange, vollholzige Schäfte und bringen auf mäßig nährstoffversorgten Standorten hochwertiges Kiefern-Stammholz hervor. Die Pflanzen für die neue Kiefern-Samenplantage »Premeusel« wurden über Veredlung angezogen. Die geernteten Reiser wurden im forstlichen Versuchsgarten Grafrath auf Kiefern-Unterlagen gepfropft und auf eine bis dahin landwirtschaftlich genutzte Fläche bei Premeusel ausgepflanzt. Die Samen­plan­tage ist 2,6 ha groß und wurde im Verband 10 x 8 m begründet. Um die Verteilung der Klone und ihre Wieder­holungen zu optimieren, wurde ein Algorithmus eingesetzt. Dadurch soll später bei der Samen­bildung eine optimale gegenseitige Bestäubung der Klone, d. h. ein in­tensiver genetischer Austausch und damit eine hohe genetische Vielfalt im Saatgut, sichergestellt werden.

Die Neuanlage der Samenplantage plante das Sachgebiet 3 »Erhalten und Nutzen forstlicher Genressourcen« des AWG. Die praktischen Arbeiten vor Ort führten die AWG-Mitarbeiter Andreas Zaiser, Johann Geiger und Jonas Eckel sowie zwei Mitarbeiter des Forstbetriebs Nordhalben aus. Die weitere Betreuung der Fläche übernimmt das AWG in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb und örtlichen Unternehmern.

Jonas Eckel, AWG

Identifizierung klimatoleranter Saatguterntebestände der Weißtanne

Blick in den Wald, der Altbestand einer Saatgutplantage von WeißtannenZoombild vorhanden

Weißtannen im ausgewählten Saatguterntebestand Schrög. (© Muhidin Šeho, AWG)

Die Weißtanne (Abies alba Mill.) hat ein großes natürliches Verbreitungsgebiet und die mitteleuropäischen Populationen wachsen in einer relativ großen Bandbreite von Standorts- und Umweltbedingungen. Im Rahmen des Projekts »sensFORclim« wird unter der Annahme, dass Waldbestände lokal angepasst sind, die Trockenheitstoleranz verschiedener Weißtannenbestände entlang eines Umweltgradienten untersucht. Das Projekt ist multidisziplinär ausgerichtet und bewertet die genetische Variation, die
Standortbedingungen sowie die Resilienz der Bäume auf der Grundlage eines dendroökologischen Ansatzes. Die genetische Vielfalt als wichtigster Maßstab und Basis für die Anpassung an eine sich verändernde Umwelt wird auch zukünftig von großer Bedeutung sein.

Die Bewertung umfasst eine Vielzahl von Beständen, die die gesamte Bandbreite der ökologischen Ansprüche der Art repräsentieren. Ziel ist es, klimatolerante Saatguterntebestände zu identifizieren, deren Saatgut der Praxis langfristig als forstliches Vermehrungsgut empfohlen werden kann. Die populationsgenetische Analyse anhand molekularer Marker (Mikrosatelliten) lieferte erste wichtige Informationen zum Genpool sowie zu den genetischen Vielfaltsparametern der Weißtanne in Süddeutschland.

Bei der internationalen IUFRO Tagung zum Thema »Fir and pine management in a changeable environment: risks and opportunities«, die vom 19. bis 22. September 2022 in Sarajevo/Bosnien und Herzegowina stattfand, wurden erste Ergebnisse vorgestellt. Diese zeigen einerseits genetische Differenzierungen und Übergangszonen zwischen westlichen und östlichen Clustern in Süddeutschland sowie andererseits Gradienten und regionale Variationen der genetischen Vielfalt. Erklärung für diese Muster ist, dass die Weißtanne nach der Eiszeit die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebiets wiederbesiedelt hat. Die Ergebnisse aus den multidisziplinären Studien werden verwendet, um zukünftige Herkunfts- und Verwendungsempfehlungen zu erweitern.

Dr. Muhidin Šeho

Amt für Waldgenetik Externer Link

So wirkt der Klimawandel auf Fichte und Buche

Ein Blick in die Krone von Früh- und Spätaustreibenden Buchen auf der VersuchsflächZoombild vorhanden

Früh- und spätaustreibende Buchen auf der Versuchsfläche Freising. (© Darius Kavaliauskas, AWG)

Der Klimawandel wird voraussichtlich zu einer weiteren Veränderung der Stabilität und Vitalität von Waldbeständen führen. Beispielsweise können Störungen wie Spätfröste besonders Bäume mit früher Blatt- und Blütenbildung treffen und sich auf die Blühintensität auswirken. Dies kann zur Folge haben, dass nicht die gesamte genetische Information an die nachfolgende Generation weitergegeben wird, so dass genetische Vielfalt möglicherweise verloren geht. Um die zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels abzuschätzen, untersuchten die Projektpartner die Blatt-/Nadelphänologie für die Buche (Fagus sylvatica) und Fichte (Picea abies) zusammen mit Merkmalen der Blüten- und Samenbildung.

In den Jahren 2018 bis 2020 wurden im Rahmen des deutschlandweiten Projekts »GenMon« 14 Buchen- und zehn Fichtenbestände beobachtet. In jedem Bestand wählten wir 20 Altbäume und 200 Individuen der natürlichen Verjüngung aus und bewerteten den Zeitpunkt sowie die Dauer der Blatt-/Nadelentwicklung zusammen mit der visuell bewerteten Intensität der Blüten- und Samenbildung. Wir untersuchten den Einfluss von Spätfrost sowie Unterschiede in spezifischen phänologischen Mustern (früh vs. spät) über die Studienjahre hinweg und bewerteten den Zusammenhang von Blüte und Saatmast. In den meisten Beständen, insbesondere bei der Buche, entfaltete die Verjüngung im Vergleich zu den Altbäumen deutlich früher ihre Blätter. Höhere Frühlingstemperaturen waren mit einem früheren Austrieb der Altbäume und einer kürzeren Dauer der Blattentfaltung verbunden. Über die drei Beobachtungsjahre wurde ein um 2,5 Tage früherer Austrieb je Grad Temperaturanstieg festgestellt.

Die meisten Bäume, die sehr früh oder sehr spät ausgetrieben haben, zeigen über den gesamten Beobachtungszeitraum das gleiche Muster. Die Blühintensitäten scheinen über ganz Deutschland synchronisiert zu sein, jedoch zeigen die Fruktifikationsintensitäten auch lokale Einflüsse. Abgesehen davon, dass der Blattaustrieb als hochgradig vererbbares Merkmal angesehen wird, bestätigte unsere Studie eine plastische phänotypische Reaktion, die für Waldbäume unter sich ändernden Umweltbedingungen (Klimaerwärmung) vorteilhaft sein könnte.

Dr. Barbara Fussi, AWG

Poster zum Projekt wurde vorgestellt bei der Tagung »Pheno2022« in Avignon (F) Externer Link

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