Eine Gruppe von Kindern steht in einem Laubwald.

RSS-Feed der Bay. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft abonnieren

So verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr. Unser RSS-Feed "Nachrichten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" informiert Sie kostenlos über unsere aktuellen Beiträge.

Aufruf des RSS-Feeds

Michael Mößnang
Holzwerkstatt: Der den Dreh raus hat – LWF aktuell 122

Stefan Raith liebt es, wenn sein Holz so richtig rotiert

Wenn’s rund werden muss, dann sind schon mal 2.000 Umdrehungen in der Minute angesagt; dabei fliegen zwar keine Fetzen, dafür aber feine Holzspäne durch die Luft. In der Werkstatt arbeitet Stefan. Gerade mal 35 Jahre jung geht er mit Holz, Meißel und Maschine schon um wie ein alter Lehrmeister. Und seine Werke können sich durchaus sehen lassen im Kreise seiner Drechslerzunft.

Stefan Raith lebt und drechselt in Rohrbach, einer Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen, mitten im größten Hopfenanbaugebiet der Welt – der Hallertau. Viele seiner Bekannten nennen ihn den »Hoizvernarrt«. Der Name kommt nicht von ungefähr. Schon als kleiner Bub mit sieben, acht Jahren stand er in der Holzwerkstatt seines Großonkels und bestaunte dessen Drechselkünste. Mit acht hat er dann von ihm seine erste Drechselbank geerbt. Mit Holz werkelt der Bub sein Leben lang. Er war und ist einfach in Holz »vernarrt«.

Das Hobby wird zum Beruf

Kein Wunder also, dass er sich als Jugendlicher für einen Holzberuf entschied. Mit 15 Jahren startet er in seine Schreinerlehre. Auch in dieser Zeit stand er oft an seiner Drechselbank. »Immer wieder mal drechselte ich kleinere Stücke wie Kerzenständer und Ähnliches. Leider fehlte mir das Wissen der Drechseltechniken.« Dann schenkte ihm seine Freundin Eva einen Drechselkurs bei einem Profi. »Schon im Kurs konnte ich die ersten kleineren, aber richtig guten Objekte herstellen. Der Funke ist sofort übergesprungen – und auch die Leidenschaft meines Drechsellehrers habe ich mit nach Hause genommen.«
Mann im Karohemd vor einer Drechselbank

Abb. 1: Stefan vor seiner Drehbank. (Foto: S. Raith)

Holzschale in Form eines Reiskorns

Abb. 2: Eine zarte Walnuss-Schale. (Foto: S. Raith)

Drechselbank mit vielen Spänen

Abb. 3: Hier fliegen auch die Späne. (Foto: S. Raith)

Vom Beruf wieder zum Hobby

Zum Ende seiner Schreinerlehre hat Stefan gesehen, dass man als junger Mensch noch viel mehr im Arbeitsleben sehen und lernen kann. Neugierig wie er war, holte er das Abitur nach und studierte Physikalische Technik. Aber auch als Entwicklungsingenieur bei einem großen Autobauer hat er seine Liebe zum Holz niemals aufgegeben. So machte er kurzerhand aus seinem Schreiner-Beruf sein Hobby. Und so oft es ihm seine Zeit erlaubt, steht er in der Kellerwerkstatt seines Hauses an seiner Drehbank.

Der Holzklotz wird zur Holzkunst

Für seine Arbeiten verwendet er nur heimische Hölzer. Neben der richtigen Holzwahl ist die Lagerung des Holzes ein ganz entscheidendes Kriterium. Holz kann trocken, aber auch nass gedrechselt werden. Zunächst wird der Holzklotz grob im Form gebracht, dann ein erstes Mal in die Drechselbank eingespannt und »rundgeschrubbt «.

Wenn Stefan eine Schale drechseln will, deren Öffnung exakt kreisrund werden soll, dann wird die Schalenwand zunächst etwas dicker belassen. Nach einer weiteren Lagerzeit, die durchaus nochmals mehrere Monate betragen kann, wird die Schale wieder eingespannt und fertiggedrechselt. Damit verhindert Stefan, dass sich die Schale noch merklich verziehen kann. Soll die Schale eine individuelle, von ihrem Wachstum abhängige Form bekommen, wird sie im feuchten Zustand in einem Arbeitsgang fertiggedrechselt. Die Schale verformt sich dann beim Trockenvorgang so lange, bis der Endtrockenzustand erreicht ist.
Eine Etagere aus Holz

Abb. 4: Etagere, (Foto: S. Raith)

Eine Schale aus Holz, die wie eine Schale einer aufgeschlagenen Kokosnuss aussieht

Abb. 5: Schale (Foto: S. Raith)

Eine Holzkugel, die wie ein Globus aussieht

Abb. 6: Kugel (Foto: S. Raith)

Die Neugier wird zum Produkt

Stefans Lebensmotto »Immer neugierig bleiben« zählt und wirkt natürlich erst recht beim Drechseln. »Ich muss immer wieder neue Dinge ausprobiern, auch wenn ´s immer wieder mal daneben geht.« Übergroße Schalen, Gefäße mit extrem dünnen Wandstärken oder Holzstücke mit ausgefallenen Jahrringverläufen, die – feucht oder nass gedrechselt – sich je nach Wuchs verwinden und verdrehen, ohne dass das Holz beim Trocknen zum Reißen anfängt. Damit erweitert er sich nicht nur seinen eigenen Erfahrungsschatz, sondern er vergrößert damit die Artenvielfalt seiner Objekte. Mittlerweile enthält Stefans Portfolio neben Schalen, Tellern und Kerzenständern auch Gewürzmühlen, Holzglocken (für den Christbaum), Ringe für dicke und dünne Finger und diverse andere Dekorationsartikel.

Windlichter aus Holz?!

Eine besondere Herausforderung sind Stefans Windlichter. Die Wandstärken betragen nur wenige Zehntel Millimeter. Bei derart dünnen Wänden bringt bereits ein einziges Teelicht das gesamte Objekt zum Leuchten. Je nach Jahrringverlauf und Holzwachstum trägt die Maserung des Holzes zu einem unverwechselbaren und individuellen Leuchtbild bei. Nur mit schärfster Klinge und starken Nerven gelingen derartige Kunststücke.
Ein Traktor entläd seinen Anhänger voll mit Baumstämmen

Abb. 7: Der Traktor bringt Grundmaterial. (Foto: S. Raith)

Salz- und Pfeffermühle sowie eine Salatschüssel aus Holz

Abb. 8: Pfeffer- und Salzmühle (Foto: S. Raith)

Windlicht aus dünnem Holz, das Licht lässt die Maserung durchleuchten

Abb. 9: Hauchzartes Windlicht (Foto: S. Raith)

(R)ausgefallen

Die interessantesten Werke gelingen häufig aus Holzstücken, die irgendeinen »Makel« haben, sei es die verstockte, von Pilzen befallene Buche, der zusammengewachsene Zwetschgen-Zwillingsstamm oder die Ulme mit einer krebsartig wuchernden Maserknolle. So hat Stefan schon manches aussortierte Stück »Brennholz« in ein auffallendes und ausgefallenes Schmuckstück verwandelt.

Drechselbank XXL

Gerade gewachsen, möglichst astfrei und einen gleichmäßigen Jahrringaufbau – so wünschen sich Waldbesitzer und Säger ihre Baumstämme. Und dick sollten sie auch sein. Zumindest für Waldbesitzer und Forstleute können die Bäume nicht dick genug sein. Aber irgendwann sind sie doch zu dick – für den Säger. Viele Spanerlinien können Blöcher bis etwa 70 cm Durchmesser verarbeiten. Wenn ein Bloch an einem Ende den Maximaldurchmesser überschreitet, dann hat der Säger ein Problem. Um Störungen bei der Weiterverarbeitung in der Spanerlinie zu verhindern, muss er den Stamm an diesem Ende auf den zulässigen Maximaldurchmesser herunterfräsen. Das geschieht unter anderem mit einer Überstärken-Reduzieranlage, einer Drechselbank XXL.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autor