01.09.2022
Waldverjüngung in trockenen Zeiten - Blickpunkt Waldschutz 15/2022
von Ludwig Straßer, Wolfram Rothkegel und Ottmar Ruppert

Die heißen Temperaturen und der fehlende Regen führten im Sommer 2022 in Südeuropa zu ausgetrockneten Flussbetten (z.B. Po oder Nera in Italien) und großflächigen Waldbränden (z.B. Spanien, Griechenland und in Ostdeutschland). Die Trockenheit hatte aber auch wieder große Teile Bayerns, vor allem Nordbayerns, im Griff. Mehrfach wurde bayernweit fast überall die höchste Waldbrandstufe erreicht (Abb. 1, Waldbrandindex Anfang August), die Pegel vieler Flüsse und die Grundwasserstände befinden sich immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau (Abb. 2) und an nordbayerischen Waldklimastationen sank der verfügbare Wasservorrat in den Mangelbereich. An den fränkischen Waldklimastationen reicht die Trockenheit bis über einen Meter in den Waldboden hinein.

Waldbrandindex zeigt auf Bayernkarten fast durchgängig die höchsten Warnstufen

Abb. 1: Waldbrandindex zeigt von 3. bis 7. August 2022 für große Teile von Bayern fast durchgängig die höchsten Warnstufen (Grafik DWD)

Bayernkarte zeigt fast überall niedrigen Grundwasserstand Zoombild vorhanden

Abb. 2: In vielen Gebieten von Bayern ist das Grundwasser auf einem sehr niedrigen Stand, Stand 2.8.2022, (Grafik NID)

Vor allem in jungen Forstkulturen kam es zu teils massiven Ausfällen. Aber auch z.T. raumhohe Eichenkulturen zeichneten. Der starke Wasserstress führt bei den Pflanzen zu einer deutlich herabgesetzten Vitalität (Abb. 3). Feinwurzeln, Blätter und ganze Zweigteile starben ab. Nachfolgend kam es zur Besiedlung durch Sekundärschädlinge wie z.B. Borkenkäferarten oder Wurzelpilzen wie dem Hallimasch und zum Absterben von Forstpflanzen (Abb. 4).

Selbst Pflanzen aus Naturverjüngung leiden unter der extremen Trockenheit. Sie überstehen diese aber besser als Pflanzen aus der Baumschule, da sie mit ihrem Wurzelwerk den Boden tiefgründiger und feinwurzelreicher erschließen können.

Abgewendet werden können die Schäden nur durch üppig fallenden Regen in den betroffenen Gebieten oder durch ein „Herüberretten“ der Kulturen durch Bewässerung. Langfristig kann den ständig zunehmenden Extremsituationen im Wald nur durch eine qualitativ hochwertige Ausführung von Pflanzungen und ein angepasstes waldbauliches Vorgehen begegnet werden.
Junge Roteiche im Wald mit welken Blättern

Abb. 3: Trockenschäden an im Frühjahr gepflanzter Roteiche (© L. Straßer, LWF)

Junge Douglasie mit vertrockneten Nadeln im Wald

Abb. 4: Durch Trockenheit abgestorbene Douglasie aus Frühjahrspflanzung (© L. Straßer, LWF)

In Trockengebieten sollte dies zukünftig u.a. folgendes umfassen:

  • Sofern waldbaulich steuerbar, soll der Altholzschirm vorsichtiger als bisher über Pflanzflächen aufgelichtet werden, um zumindest für die Anwuchsphase ein kühleres und feuchteres Waldinnenklima zu sichern.
  • Die Größe von Pflanz- oder Umbauflächen klein halten (Anreicherung/Ergänzungskulturen), um so über den ganzen Tag hinweg für eine Beschattung der Pflanzen zu sorgen.
  • Vorhandene vorwüchsige Pionierbaumarten wie Salweiden, Birken, Pappeln, zwischenständiges Schattlaubholz oder Sträucher (Holunder, Faulbaum etc.) im bemessenen Umfang auf Pflanzfläche belassen, um so unmittelbar nach einer Pflanzung bereits für Schatten und Windruhe zu sorgen.
  • Der Etablierung von klimatoleranten Baumarten mit einer gesunden, tiefgründigen Wurzel aus Naturverjüngung kommt eine immer größere Bedeutung zu.
  • Bei künstlicher Verjüngung auf qualitativ hochwertige Baumschulware (Frischekette, Wurzelschutzbehandlung) und fachgerechte Pflanzung (nur mäßiger Wurzelschnitt, lagegerechte Wurzeleinbringung) achten.
  • Um Bewässerungsfahrzeugen den „Zugang“ auf Pflanzflächen zu ermöglichen, sollte zumindest jede zweite Rückegasse gemulcht werden, da Standardschlepper bzw. Bauhoffahrzeuge in der Regel mit Ästen belegte Rückegassen nicht befahren können. Weitere Informationen finden sie im Merkblatt „Bewässerung von Forstkulturen“ der LWF.
  • Herbstpflanzungen vor allem von Nadelholzkulturen, insbesondere der Douglasie. Aber auch Laubholz vermehrt im Herbst einbringen, um Anwuchsprobleme bei Frühjahrstrockenheit zu umgehen.