Michael Mößnang
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Kein anderer Baum im Frankenwald leidet so sehr unter dem Klimawandel wie die Fichte – aber es gibt Hoffnung

Dürreperioden, Stürme und Borkenkäfer: Die Boten des Klimawandels machen auch im Frankenwald den Fichten das Leben immer schwerer. Mit der »WaldInitiative Frankenwald« und starken »Sekundanten« stehen Waldbesitzer und Forstleute dem gebeutelten Brotbaum seit Jahren bei.

Wer vom Prinz-Luitpold-Turm auf dem Döbraberg seinen Blick über den Frankenwald streifen läßt, wird schnell feststellen: Fichten, soweit das Auge reicht! Über 70 Prozent beträgt der Anteil der Fichten an der Waldzusammensetzung des Frankenwaldes. Die Fichte ist aus dem Frankenwald nicht mehr wegzudenken. Allerdings setzt der Klimawandel den Fichten seit Jahren arg zu, macht er sich doch mit immer häufigeren Trockenperioden und Sturmereignissen auch im Frankenwald deutlich bemerkbar. Im Schlepptau des Klimawandels zieht dann der Borkenkäfer durch die Waldbestände und gibt den Fichten häufig den Todesstoß.

Baum des Jahres: Vom Brotbaum zum Notbaum

Schneebedeckter Nadelwald. In der Mitte sieht man einen Hochsitz.Zoombild vorhanden

Abb.1: Die Fichte ist die Charakterbaumart des Frankenwaldes. (Foto: P. Hagemann)

Derweil war und ist die Fichte für viele Generationen von Waldbesitzern und Förstern der »Brotbaum « schlechthin. Mit der Klimaerwärmung ist aus dem Brotbaum aber immer mehr ein Problembaum geworden. Und dabei erfahren die Fichte und der Frankenwald in diesem Jahr noch besondere Aufmerksamkeit, da die Fichte zum »Baum des Jahres« und der Frankenwald zum »Waldgebiet des Jahres« gewählt wurden.

Das ist genau der richtige Zeitpunkt für eine Ehrenrettung, finden Peter Hagemann, Gerhard Lutz und Marco Kunz. Peter Hagemann leitet den Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten, Gerhard Lutz ist stellvertretender Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach und Marco Kunz Projektmanager am AELF Kulmbach und verantwortlich für das Projekt »WaldInitiative Frankenwald«.

Die Fichte – Garant für Arbeit und Wohlstand

»Seit etwa 200 Jahren hat die Fichte einen regelrechten Siegeszug durch den Frankenwald geführt. Die Fichte war im Frankenwald vor 300 Jahren noch kaum anzutreffen«, weiß Peter Hagenmann. »Die damals vorherrschenden Buchen- und Tannenwälder sind den Übernutzungen der örtlichen Hammerschmieden und Glashütten und einem europaweiten Holzhunger zum Opfer gefallen.«

Günstig für die Fichte war auch das eher raue Klima, das zwischen 1300 und 1900 in Mitteleuropa herrschte und »Kleine Eiszeit« genannt wird. Die robuste Fichte war auf den spätfrostgefährdeten Kahlflächen leicht nachzuziehen, während Buche und Tanne immer weiter zurückgedrängt wurden. »Die zuwachsstarke Fichte war ein Garant für Arbeit und Wohlstand der Menschen im Frankenwald.«

Einmal Dürre, Käfer, Sturm und wieder zurück

Stehende und umgeworfene Stämme von Nadelbäumen.Zoombild vorhanden

Abb.2: Sturmwurf-Fläche (Foto: BaySF)

Das änderte sich erst, als vor ein oder zwei Jahrzehnten sich das Klima immer mehr zum Warm-Trockenen hin wendete. »Lang andauernde Trockenphasen schwächten die Fichten soweit, dass die Fichtenborkenkäfer ganze Bestände vernichten konnten«, sagt Peter Hagemann und zeigt auf ein 30 m großes Käferloch. »Wenn der Käfer nicht ›weiterarbeitet‹, dann fährt eventuell der nächste Sturm in das Käferloch und reißt weitere Bäume um. So werden die Waldbestände zunehmend instabiler und Sturm und Käfer können ihr Werk fortsetzen. Es ist ein Teufelskreis.«

Diese Entwicklung läuft im Frankenwald schneller ab als in vielen anderen Waldgebieten Bayerns. Verantwortlich dafür sind die flachgründigen Waldböden, die noch dazu die Fichte nur schwer durchwurzeln kann. Das Trockenjahr 2003 hat diese Entwicklung nochmals beschleunigt. Wenn man der Frankenwaldfichte helfen will, dann muss man jetzt handeln.

Mischbaumarten retten die Fichte

Die Waldbestände des Frankenwaldes sind insbesondere durch Luftschadstoffe, saure Ausgangsgesteine sowie frühere Pflanzungen von ungeeigneten Fichtenherkünften besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. Um im Privat- und Körperschaftswald den Aufbau standortsgemäßer, herkunftsgerechter und damit widerstandsfähiger Wälder zu erhöhen, wurde im Frankenwald die »WaldInitiative Frankenwald« (WIF) gestartet.

Ziel ist es, die Waldbesitzer für die Vorteile von Mischwäldern und die Auswirkungen des Klimawandels zu sensibilisieren. In den sieben Projektgebiete der WaldInitiative Frankenwald werden besitzübergreifend Maßnahmen zur Intensivierung des Waldumbaus durchgeführt. Die Projektflächen sollen als Beispielsobjekte auch eine Wirkung über das Projektgebiet hinaus entfalten.

3.000 Tannen und Buchen für den Wald der Zukunft

Nach vier Jahren zieht Gerhard Lutz eine positive Zwischenbilanz. Dazu fahren wir in das Projektgebiet »In der Au« bei Marienroth im Landkreis Kronach. »Für dieses Projekt konnten wir über 30 Privatwaldbesitzer mit einer Waldfläche von insgesamt circa 35 ha gewinnen. Dort führten und führen wir gemeinsam Pflege- und Pflanzaktionen durch. In den vergangenen vier Jahren haben wir über 3.000 Tannen und Buchen gepflanzt.

Die Weißtanne besitzt ein kräftiges und tiefreichendes Wurzelwerk und erschließt damit auch tiefere Bodenschichten. So bereitet die Tanne auch den Fichtenwurzeln den Weg in die Tiefe zu mehr Nährstoffen und Wasser. Damit wird die Fichte stabiler und standfester und somit auch robuster gegen den Klimawandel. Die Buche mit ihrem Laub verbessert vor allem von oben her die Nährstoffsituation. Hier in der ›Au‹ haben wir den Grundstein für den Wald der Zukunft gelegt. «

Ein Herkunftsversuch und 1.000m Rückeweg

Ein Mann steht im Wald und zeigt auf eine Forststraße.Zoombild vorhanden

Abb.3: Projektmanager Marco Kunz zeigt auf einen neu gebauten Rückeweg und eine Tannenpflanzung. (Foto: K.H. Hofmann)

Marco Kunz, der verantwortliche Projektmanager am AELF Kulmbach, führt uns ein paar hundert Meter weiter auf eine 0,7 ha große Tannenfläche. »Hier stehen wir auf einer Fläche, auf der wir Tannen aus Rumänien ausgesät haben. Die Tannen stammen aus einem Gebiet, das klimatisch dem entspricht, was wir hier im Frankenwald in der Zukunft erwarten dürfen. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich die heimischen und die rumänischen Fichtenherkünfte in Zukunft verhalten werden.«

Dieser Versuch mit verschiedenen Tannenherkünften wird vom Bayerischen Amt für forstliche Saatund Pflanzenzucht durchgeführt. Hauptaugenmerke, der wissenschaftlichen Untersuchungen, liegen dabei auf Austrieb, Wachstum, Sämlingsentwicklung, Qualität, Vitalität, Anpassungsfähigkeit und Widerstandfähigkeit gegenüber abiotischen und biotischen Schäden. Die Versuche basieren auf einem Forschungsprojekt, das sich unter anderem mit der Verbesserung der Versorgung mit forstlichem Vermehrungsgut in den Herkunftsgebieten Ostbayerns beschäftigt.

Da viele Privatwaldflächen mit Forst- und Rückewegen noch ungenügend ausgestatten sind, galt ein Projektziel der Erschließung bislang schlecht erschlossener Hanglagen. So muss man im Falle einer Borkenkäfer- Massenvermehrung rasch und gründlich reagieren können. Hierzu ist die Erschließung der Waldflächen eine unverzichtbare Notwendigkeit. Gleiches gilt auch, wenn es um die Pflege und Nutzung der Waldbestände geht. »In Marienroth konnten wir einen 1.000 m langen Rückeweg in ein bislang unerschlossenes Waldgebiet bauen.

Der Rückeweg ermöglicht nun für zehn Waldeigentümer eine vernünftige Nutzung des 15 ha großen Gebiets. Wir hoffen, dass dieses Wegeprojekt weitere Strahlkraft entwickelt und Vorbild für ähnlich gelagerte Fälle werden kann,« erläutert uns Gerhard Lutz.

Fichtenholz aus dem Frankenwald

Sechs liegende Fichtenstämme.Zoombild vorhanden

Abb.4: Die Frankenwaldfichte liefert hochwertiges Nutzholz. (Foto: A. Kelle)

Wie sieht es mit der Zukunft der Fichte aus im »Waldgebiet des Jahres«? Peter Hagemann und Gerhard Lutz haben dazu eine dezidierte Meinung: »Das Holz der Frankenwaldfichte war schon immer sehr begehrt und wird es mit Sicherheit auch bleiben. Die Waldbesitzer leben von ihr und erzielen mit ihr auf dem Holzmarkt beachtliche Preise. « »Deshalb haben die Forstleute hier im Frankenwald auch entsprechend schnell reagiert und den notwendigen Waldumbau forciert.«

»Um den Nachwuchs der Fichte braucht man sich dabei schon einmal keine Sorgen zu machen. Die Fichte verjüngt sich außerordentlich üppig«, sind sich Hagemann und Lutz sicher. Überleben werde sie aber nur, wenn wir ihr möglichst viele Mischbaumarten zur Seite stellen. »Die Fichte im Frankenwald braucht starke Partner«, heißt laut Hagemann und Lutz das Gebot der Stunde.

Beigemischte tiefwurzelnde Baumarten wie Tanne und Bergahorn ermöglichen es der Fichte, mit ihren Wurzeln auch tiefer liegende wasserführende Schichten zu erschließen. Laubbäume wie Buche, Birke, Vogelbeere oder Edellaubhölzer würden für die Fruchtbarkeit der Waldböden und damit auch die Nährstoffversorgung der Fichten sorgen.

Nadelholz auch für künftige Generationen

»Wir Förster handeln nachhaltig, das heißt, wir müssen viele Jahrzehnte in die Zukunft denken. Früher ging es darum, die Versorgung der Menschen mit Nutzholz sicher zu stellen. Heute geht es um die gesamte Bandbreite der Leistungen des Waldes.« Und das ist für Peter Hagemann und Gerhard Lutz in Zeiten des Klimawandels die größte Herausforderung: »Wir müssen uns möglichst breit aufstellen. Jede Baumart hat ihre Stärken und Schwächen. Schafft es die Fichte alleine nicht mehr, den Nadelholzbedarf künftiger Generationen zu decken, dann müssen andere Baumarten wie Douglasien und Lärchen ins Spiel kommen.«

Und bei einem sind sich die beiden Forstleute sicher: »Mit der nötigen Unterstützung wird die Fichte auch in Zukunft mit ihrer Leistungsfähigkeit für die Menschen da sein und weiter das Gesicht des Frankenwaldes prägen.«

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