Marie Pegelow, Wolfgang Fricker, Antje Julke, Simon Ecke, Jan Dempewolf, Ewald Endres und Hans-Joachim Klemmt
Schadensbestimmung – virtuell mit UAV - LWF aktuell 131

Drohneneinsatz liefert rasch eine Einschätzung von Schäden an Schwarzkiefern

Im größten zusammenhängenden Schwarzkiefernvorkommen in Bayern sind infolge der extremen Trockenjahre seit 2015 verstärkt Diplodia­-Schäden aufgetreten. Um den Umfang zahlenmäßig einschätzen zu können und gleichzeitig eine Grundlage für ein Monitoring der Schadensentwicklung zu legen, haben LWF und HSWT 2019 und 2021 diese Flächen mit Drohnen beflogen und über einen neuartigen, GIS­-basierten Ansatz ausgewertet. Dieser Untersuchungsansatz stellt einen effizienten, digitalisierten »Inventur­ und Monitoringansatz vom Schreibtisch aus« dar, der nach entsprechender Weiterentwicklung grundlegende Inventurpraktiken zukünftig verändern kann.

abgestorbene Schwarzkiefern mit braunen Nadeln unter weiß-blauem HimmelZoombild vorhanden

Abb. 1: Schwarzkiefernbestand bei Leinach (Unter­franken), aufgenommen 2019 (Foto: H.-J. Klemmt, LWF)

Die Schwarzkiefer (Pinus nigra L.) ist eine Baumart, der in Zukunft aufgrund des Klimawandels wachsende Bedeutung zukommen könnte (Klemmt et al. 2012; LWF 2020). Umso sorgenvoller stimmen Beobachtungen, die infolge der Trockenjahre 2015, 2018 und 2019 in den Waldungen der unterfränkischen Gemeinden Leinach und Erlabrunn, in denen sich die flächenmäßig bedeutsamsten Schwarzkiefernbestände in Bayern befinden, gemacht wurden.

Bei den Schwarzkiefernbeständen handelt es sich weitgehend um gleichaltrige Reinbestände, die um 1890 bis 1914 mit Saatgut aus dem Wiener Wald gesät wurden. Zahlreiche Schwarzkiefern in diesen Beständen wiesen Verbraunungen der Nadeln der jüngsten Triebe auf bzw. waren gänzlich abgestorben (Abbildung 1). Ursache dürfte ein Zusammentreffen der Faktoren »Trockenheit« und »endophytisches Vorhandensein von Diplodia pinea« (Verursacher des Kieferntriebsterbens) sein, welche den als trockenheitsresistent geltenden Schwarzkiefern ähnliche Probleme wie unseren Waldkiefern bereiten (Klemmt et al. 2018).

Wie viele Bäume in den ausgedehnten, weitgehend ungemischten Beständen betroffen sind, konnte bisher nicht ermittelt werden. Um diese Frage zu klären und um einen Grundstein für ein Monitoring der weiteren Vitalitätsentwicklung der Schwarzkiefern in diesen Beständen in den wärmsten und trockensten Teilen Bayerns zu legen, hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Kooperation mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg eine UAV-Befliegung (umgangssprachlich »Drohnen«) der Bestände durchgeführt.

Beflogen wurde mit einer Vermessungsdrohne DJI P4 RTK mit angeschlossener RGB-Sensorik innerhalb eines Flugtages eine Fläche von rund 90 ha. Die sich überlappenden Bildaufnahmen wurden mit Hilfe der Software Agisoft Metashape in digitale True-Orthophotos umgerechnet.

Auswertung der Drohnendaten

gesamtes Projektgebiet ist eingekreist. Daneben in größerem Maßstab ein UAV-AusschnittZoombild vorhanden

Abb. 2: Virtuelle Inventur­punkte über den Ortho­photos der UAV­Beflie­gung 2019 der Schwarz­kiefernreinbestände bei Leinach und Erlabrunn in Unterfranken (Grafik: LWF)

Zur Auswertung wurde ein unkonventioneller Weg gewählt: Im Rahmen eines Praktikums an der LWF wurde eine vereinfachte, virtuelle Inventur quasi »am grünen Schreibtisch« durchgeführt. Die Bearbeiterin hat die Flächen nie persönlich in Augenschein genommen, sondern hat nur mit den »Daten« gearbeitet und stand im fernmündlichen Austausch mit den örtlichen Forstexperten.

Zunächst wurde ein Punktraster mit einer Rasternetzweite von 50 m über die beflogene Fläche gelegt. An jedem Gitternetzpunkt wurde ein virtueller Probekreis mit einem Radius von 12,62 m »angelegt«. Insgesamt wurden 176 Probekreise in die Auswertung einbezogen. Abbildung 2 zeigt ein verkleinertes Orthophoto der beflogenen Fläche mit den einbezogenen Inventurpunkten.

An jedem Inventurpunkt wurden alle erkennbaren Bäume in ihrer Spitze mit einer Punktemarkierung versehen und visuell nach Baumart (»Schwarzkiefer« oder »Sonstiges Laub- und Nadelholz«) eingewertet. Anschließend wurde jedes »Schwarzkiefern«-Baumobjekt nach den drei Schadklassen »vital«, »geschädigt« oder »abgestorben« visuell klassifiziert. Bäume wurden als vital gewertet, wenn die komplette Krone zum Befliegungszeitpunkt grün erschien. Als »geschädigt« wurden Bäume gekennzeichnet, wenn braune Nadeln, Zweige und Äste bzw. vollständig kahle Äste erkennbar waren. Als »abgestorben« wurden Schwarzkiefern gekennzeichnet, wenn 80 % und mehr der Fläche der Krone braun oder kahl waren (s. Abbildung 2, links unten).

Im weiteren Fortgang der Auswertungen wurde für jedes Baumobjekt (markierte Baumspitze) eine potenzielle Baumhöhe aus dem normalisierten, digitalen Oberflächenmodell des Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) ermittelt. Auf Basis aller Baumobjekte wurde eine mittlere Höhe für jeden virtuellen Probekreis errechnet. Die gesamten Auswertungsarbeiten haben etwa eine Arbeitswoche Zeit in Anspruch genommen.

Ergebnisse

Streudiagramm mit RegressionskurvenZoombild vorhanden

Abb. 3: Relative Stammzahl pro Schadensklasse (vital, geschädigt, abgestorben) nach der Auswertung zur UAV­-Befliegung der Schwarzkiefernbestände in Leinach bzw. Erlabrunn 2019 (Grafik: LWF)

Die Auswertung hat aufgezeigt, dass 59 % der Schwarzkiefern im Untersuchungsgebiet leichte Schäden und 12 % schwere Schäden aufwiesen bzw. sogar abgestorben waren. Abbildung 3 zeigt die relativen Stammzahlen an den virtuellen Inventurpunkten über der mittleren Höhe aller Bäume für die drei Schadklassen »vital«, »geschädigt« und »abgestorben«, also die Anzahlen der Bäume mit Schäden bzw. abgestorbene Bäume bzw. vitale Bäume in Relation zu allen Bäumen je Inventurpunkt.

Zu erkennen ist eine gegenläufige Tendenz bei den geschädigten und vitalen Schwarzkiefern. Während der Anteil vitaler Bäume mit zunehmenden mittleren Höhen deutlich ansteigt, liegt der Anteil geschädigter Schwarzkiefern am Punkt bei mittleren Höhen am höchsten. Abbildung 4 zeigt hierzu die relativen Anteile der Bäume nach Schadklassen, getrennt für vier Höhenstufen. Die günstigsten Verhältnisse zwischen geschädigten und abgestorbenen Schwarzkiefern einerseits und vitalen Schwarzkiefern anderseits finden wir bei den Probekreisen mit den geringsten mittleren Höhen (Abbildung 4, oben) sowie den größten mittleren Höhen (Abbildung 4, unten).

Eine Überprüfung der Lage der Probepunkte mit überdurchschnittlichen, mittleren Höhen konnte zeigen, dass diese konzentriert im nördlichen Bereich der Befliegungsfläche liegen. Eine Verschneidung der Probekreise mit überdurchschnittlichen Anteilen geschädigter Schwarzkiefern mit Standortinformationen aus dem Bayerischen Standortinformationssystem BaSIS hat keine nachweisbaren Zusammenhänge zu Standortfaktoren wie Wasserversorgung oder Basenausstattung ergeben.

Weiterhin haben sich keine Zusammenhänge zwischen den Anteilen geschädigter und ungeschädigter Schwarzkiefern in gemischten und ungemischten Probekreisen ergeben, wobei Probekreise bereits als gemischt gekennzeichnet wurden, wenn eine andere Baumart zusätzlich zu den Schwarzkiefern vorhanden war. Ebenso konnte mit den angewendeten Methoden kein Dichteeffekt auf die Schadanteile nachgewiesen werden.

Interpretation und Diskussion der Ergebnisse

Schadstoffklassen für 4 Höhenstufen jeweils in einem Kreisdiagramm Zoombild vorhanden

Abb. 4 Anteile der Schadklassen nach mittlerer Höhe der Befliegung in Leinach, Erlabrunn, 2019 (Grafik: LWF)

Mithilfe der »virtuellen UAV-Waldschadensbestimmung« konnte ermittelt werden, dass ein hoher Prozentsatz der Kiefern in den Reinbeständen um Leinach und Erlabrunn Schäden des sogenannten »Kieferntriebsterbens«, mitverursacht durch Diplodia pinea, aufwiesen. Dieses Phänomen ist für Reinbestände außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Schwarzkiefer bereits mehrfach belegt. So beschreibt zum Beispiel Heinze (1996) vergleichbare Schadphänomene, die auf Muschelkalk-Standorten in Thüringen aufgetreten sind.

Eine neue Erkenntnis stellt die Tatsache dar, dass bei günstigeren kleinstandörtlichen Verhältnissen, ausgedrückt durch eine bessere Höhenwuchsleistung der Bäume, unterdurchschnittliche Anteile an Schwarzkiefern mit entsprechenden Schäden aufgetreten sind. Nicht endgültig geklärt werden konnte, ob diese geringeren Anteile geschädigter Schwarzkiefern auf Durchforstungsmaßnahmen zurückzuführen sind oder ob diese auf geringeren Stress der Schwarzkiefern aufgrund geringerer Einstrahlung am Nordhang zurückgehen.

Spannend in diesem Zusammenhang ist, dass in diesen Beständen eine kleinstandörtliche Einwertung aufgrund der Höhenwuchsleistung vorgenommen werden konnte. Laut Information der zuständigen Forstbeamten sind keine deutlichen Altersunterschiede der Schwarzkiefern in diesen Beständen bekannt. Eine endgültige Klärung dieser Frage soll durch Gewinnung von Stockstammscheiben im Rahmen der anstehenden Durchforstungen vorgenommen werden.

Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass sich hier das Bayerische Standortinformationssystem BaSIS zur Detektion von möglichen kleinstandörtlichen Einflussfaktoren auf die Schadwahrscheinlichkeit bei den aufstockenden Schwarzkiefern als ungeeignet erwies. BaSIS basiert derzeit in seinen Standortinformationen auf der Übersichtsbodenkarte des Landesamts für Umwelt (LfU) im Maßstab 1:25.000, die Grundlage für letztere stellt eine Grenzflächenkartierung im Gelände dar, die kleinstandörtliche Unterschiede nicht ausreichend genau abbilden kann. Im Zuge der BaSIS-Weiterentwicklung wird daher eine Implementierung der Kartierungen des Vereins für Forstliche Standorterkundung in Kooperation mit diesem sowie dessen Mitgliedern angestrebt.

Die virtuelle Inventur auf Basis der UAV-Daten hat sich als leistungsfähiges Instrument erwiesen, um schnell einen ersten zahlenmäßigen Überblick über den Zustand von Einzelbäumen und Wäldern zu gewinnen. Im vorliegenden Fall hat dieser davon profitiert, dass es sich bei den beflogenen Flächen mehr oder weniger um Reinbestände gehandelt hat und dass die maßgebliche Baumart a priori bekannt war.

Der Ansatz der virtuellen Inventuren muss zukünftig noch weiterentwickelt und verfeinert werden. Zudem steht eine Validierung der Ergebnisse durch Vergleich mit terrestrischen Aufnahmen aus. Weiterentwicklungsbedarf wird zum Beispiel bei der Berücksichtigung der Bedeutung der Hangneigung im Gelände bzw. bei der automatisierten Klassifikation von Bäumen nach Arten oder Schadklassen gesehen.

Eine Validierung bei der zugrundeliegenden Fragestellung (hier: Schadklassenvalidierung) ist schwierig und aufwendig, da andere Untersuchungen zu ähnlichen Fragestellungen gezeigt haben, dass Ergebnisse einer terrestrischen Inventur aufgrund des unterschiedlichen Blickwinkels nicht 1:1 mit den Ergebnissen einer Drohnenbefliegung verglichen werden können (z. B. Ecke et al. 2017). Eine bessere Vergleichbarkeit könnte nur durch Vergleich von Drohnendaten mit untersuchten, gefällten Bäumen erfolgen. Dies ist allerdings mit einem sehr hohen Aufwand verbunden und wird wohl auch zukünftig eher die Ausnahme darstellen.

Zusammenfassung

Vor blauem Himmel sind von unten die Baumkronen zu sehenZoombild vorhanden

Abb. 5: Blick in den Kronenraum eines Schwarzkieferbestandes (Foto: H.-J. Klemmt, LWF)

In den großflächigen Schwarzkiefernbeständen im unterfränkischen Leinach und Erlabrunn sind infolge der zurückliegenden Trockenjahre deutlich erkennbare Kieferntriebschäden aufgetreten, als deren Verursacher Diplodia pinea angesehen wird. Um den Schadumfang zu quantifizieren, hat die LWF zusammen mit der HSWT Drohnenbefliegungen durchgeführt.

Die Auswertung der Daten mit Hilfe einer virtuellen Inventur hat gezeigt, dass über alle Bestände rund 59 % der Schwarzkiefern Schäden aufwiesen und 12 % der Schwarzkiefern deutliche Schäden zeigten oder abgestorben waren. Weiterhin hat sich gezeigt, dass kleinstandörtliche Unterschiede gegeben waren. Auf den weniger stressinduzierenden Nordstandorten wiesen die Schwarzkiefern deutlich weniger Schäden auf. Der Verfahrensansatz hat sich in seinem ersten Einsatzgebiet bewährt und soll in der Zukunft noch verfeinert werden.

Literatur

  • Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hg.) (2020): Praxishilfe Klima Klima-Boden-Baumartenwahl Band II, Freising, 124S.
  • Ecke, S., Klemmt, H.-J., Endres, E., 2017: UAV-Misteldetektion. AFZ-Der Wald 2017 (24), S. 22-24
  • Heinze, M., 1996: Standorte, Ernährung und Wachstum der Schwarzkiefer. Forstwissenschaftliches Centralblatt 115, S. 17-35
  • Klemmt, H.-J., Falk, W., Bickel, E., 2012: Wie wächst die Schwarzkiefer. LWF aktuell 89/ 2012, S. 41-45
  • Klemmt, H.-J., Taeger, S., Straub, C., Lemme, H., Menzel, A., 2018: Absterbeerscheinungen der Kiefern in Mittelfranken. AFZ-Der Wald, 11/ 2018, S. 20-22

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autoren