Lothar Zimmermann und Stefan Raspe
Ein Winter mit vielen Extremen – LWF aktuell 117
Der Winter 2017/2018 war mit 0,4 °C in Bayern trotz des kalten Februars überdurchschnittlich warm, 1,5 Grad wärmer als das Mittel 1961–90. Hier machten sich der milde Dezember und der Rekordjanuar bemerkbar. Damit war der Winter trotz »Väterchen Frost« immer noch der 29.mildeste Winter seit 1881/1882.
Mit 230 l/m² fiel rund 15 % mehr Niederschlag als im langjährigen Mittel (Rang 33 der feuchtesten Winter seit 1881/82). Die Sonnenscheindauer lag mit 180 Stunden 5 % über der Norm. Die Wälder konnten mit voll gesättigten Bodenwasserspeichern in die neue Vegetationsperiode hineingehen.
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Abb. 1: Mittlere Abweichung der Lufttemperatur vom langjährigen Mittel 1961-1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Im Dezember dauerte die vorwiegend westliche Strömung an, die bereits im November geherrscht und für wechselhafte Verhältnisse gesorgt hatte. So gab es meist nasskaltes und wolkenreiches Wetter mit häufigen Niederschlägen. Tiefdruckgebiete und ihre Ausläufer brachten wiederholt Niederschläge, die räumlich große Unterschiede aufwiesen. Am 18. Dezember wurde an der Waldklimastation Goldkronach im Fichtelgebirge 135 mm Niederschlag gemessen.
Im Flachland fiel der Niederschlag nur gelegentlich, im Bergland aber überwiegend als Schnee. Im Vergleich zu den schneearmen Wintern 2015 und 2016 fiel in der Adventszeit damit relativ viel Schnee, der aber dann unterhalb 1.000 m mit dem Weihnachtstauwetter verschwand. Die hohen Niederschläge führten auch zu einem deutlichen Anstieg des Füllstandes der Bodenwasserspeicher an den Waldklimastationen (Abbildung 2).
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Abb. 2: Mittlere Abweichung des Niederschlags vom langjährigen Mittel 1961-1990 an den Waldklimastationen (Grafik: LWF)
Von der Temperatur her war es deutlich zu warm. Nur auf einigen Mittelgebirgsgipfeln und am Alpenrand war es zu kalt (Zugspitze –1,8 Grad). In den ersten beiden Monatsdekaden schwankte die Temperatur um das langjährige Mittel, danach lagen die Temperaturen meist darüber. Die niedrigste Temperatur der Waldklimastationen wurden am 3. Dezember mit –12 °C an der WKS Berchtesgaden unterhalb des Watzmanns über Schnee, die höchste mit 13,8 °C am 25. Dezember an der WKS Sonthofen gemessen.
Am 11. und 14. Dezember sorgten zwei Sturmtiefs, besonders in Südbayern, für Brüche und Würfe einzelner Bäume (DWD 2018a). Am Morgen des 14. Dezembers kippte in dem kurzen, aber heftigen Gewittersturm mit Orkanböen in Germering bei München sogar ein Baukran um und verursachte hohen Sachschaden. Auf der Zugspitze wurden dabei Windspitzen bis zu 150 km/h erreicht. An den Waldklimastationen wurde die höchste Windböengeschwindigkeit mit 98 km/h auf der WKS Höglwald gemessen.
Insgesamt fiel der Dezember in Bayern vergleichsweise mild (+1,5 Grad im Vergleich zu 1961– 90, an den WKS +0,9 Grad), niederschlagsreich mit 87 l/m2 (+14 %) und sonnenscheinärmer (–9 %) aus. Die meisten Niederschläge fielen im Allgäu mit bis zu 250 l/m².
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Abb. 3: Entwicklung der Bodenwasservorräte im gesamten durchwurzelten Bodenraum in Prozent zur nutzbaren Feldkapazität (Grafik: LWF)
Der Januar 2018 war deutlich zu warm und sehr niederschlagsreich. Wärmemäßig schob sich dieser Januar auf Platz 3 der wärmsten Januare in Bayern seit 1881. Deutschlandweit erreichte er Platz 6. Phänologisch kam damit der Startschuss für den Vorfrühling sehr früh in diesem Jahr. Verantwortlich war das Vorherrschen einer westlichen Strömung, die den Durchzug zahlreicher Tiefausläufer wie schon in den beiden Vormonaten begünstigte. Sie brachten zum einen ungewöhnlich lang sehr milde und feuchte Luft nach Bayern, zum anderen sorgten sie auch für die zwei heftigen Winterstürme »Burglind« und »Friederike«, die aber für Bayern noch verhältnismäßig glimpflich abliefen.
Besonders Friederike wurde von seiner Sturmstärke mit dem exakt zehn Jahre früher aufgetretenen Orkan »Kyrill « verglichen. Vorsichtshalber stellte die Deutsche Bahn den gesamten Fernverkehr ein. In Schwaben und Franken blockierten umgefallene Bäume den Regionalverkehr. Schüler in der Stadt und dem Landkreis Hof sowie im Landkreis Wunsiedel konnten sich über einen schulfreien Tag wegen des Sturms freuen. An den Waldklimastationen betrug die höchste Windgeschwindigkeit 98 km/h, gemessen im Höglwald bei Augsburg. Am 3. Januar hinterließ in Neuhütten im Spessart ein Tornado eine 5 km lange Schneise mit umgestürzten und abgebrochenen Bäumen (DWD 2018 a). Deutschlandweit fiel der Monat um mehr als 4 Grad zu warm aus. Der Großteil der Nächte verlief frostfrei, strenge Fröste traten nicht einmal in den Alpentälern auf (DWD 2018 b). Temperaturen unter –6 °C wurden an den Waldklimastationen nur im Bayerischen Wald und in den Alpen gemessen. Am wärmsten war es mit 14,2 °C am 25. Januar um die Mittagszeit in Pfeffenhausen im Landkreis Landshut.
Durch die milden Temperaturen wurde die Winterruhe der Vegetation schon früh unterbrochen. Im Bereich des Tertiärhügellands, nördlich der Isar fing der Hasel schon – zum Leidwesen vieler Allergiker – am 9. Januar an zu blühen (DWD 2018 b). Mehr als drei Wochen früher als im langjährigen Mittel 1992–2017, das eh schon aus den warmen 1990er und 2000er Jahren besteht. Der Blühbeginn der Erle wurde gar vereinzelt über einen Monat früher als im vergleichsweise kurzen Beobachtungsmittel (2009–2017) gemeldet. Im Donautal sowie im Süden und Südosten gab es vereinzelte Meldungen des Blühbeginns ab Mitte bis Ende des Monats. Und erwartungsgemäß blühte auch schon das Schneeglöckchen, dessen Austrieb allerdings stärker durch die Tageslänge beeinflusst wird. Aber auch hier spielt die hohe Temperatur eine Rolle und verfrüht ihr Auftreten um fast drei Wochen. Ebenso waren Krokusse und Winterlinge, die beide normalerweise erst ab Mitte Februar zu erwarten sind, schon im Januar zu erspähen.
Auch wenn er sehr mild war, so war der Januar mit einem bayernweiten Gebietsmittel von ca. 120 mm doch sehr nass (DWD 2018 b). Im Mittel der Waldklimastationen fielen allerdings »nur« 96 mm, knapp 5 % mehr normalerweise. Spitzenreiter war die Waldklimastation Sonthofen, wo mit 256 mm mehr als doppelt so viel Niederschlag fiel als im langjährigen Mittel (+156 %). Der Monat verlief über weite Strecken schneefrei, lediglich um den 21. Januar schneite es bis in viele tiefe Lagen. Um den 5. und 22. Januar führten Regen und starkes Tauwetter besonders an kleineren Flüssen zu Hochwasser (DWD 2018 b). Durch häufigen Niederschlag und die nassen Vormonate waren die Böden durchweg gesättigt. Auch auf den letzten beiden Waldklimastationen, an denen die Bodenfeuchte gemessen wird, übersteig der Füllstand der Bodenwasserspeicher die 100-Prozentmarke. Die Böden blieben meist aufgetaut, so dass das Befahren im Zuge der Holzernte schwierig war.
Dem trüben, nassen und viel zu milden Januar folgte ein sonniger, trockener und eisigkalter Februar. Hierfür musste sich die Wetterlage komplett umstellen. Wer schon auf einen weiteren milden Rekordwinter gesetzt hatte, der hatte jedoch nicht die Rechnung mit Russlands »Väterchen Frost« gemacht. Gegen Ende des Monats führte eisige Kaltluft aus Nordost bzw. Ost vielfach zu zweistelligen Minusgraden. Die niedrigste Temperatur an den Waldklimastationen wurde an der WKS Mitterfels im Bayerischen Wald mit –20 °C am 27. Februar in den Morgenstunden gemessen.
Eine Kältewelle Mitte/Ende Februar kommt immer wieder vor, zuletzt traf es uns 2012 mit einer zweiwöchigen Frostperiode. Damit in unseren Breiten solche tiefen Temperaturen erreicht werden, müssen viele Faktoren gleichzeitig zusammenspielen. Zum einen muss ein stabiles Hoch über dem Atlantik Tiefdruckgebieten den Weg zu uns versperren, welche normalerweise von Westen feuchte und milde Luft im Gepäck haben. Zum anderen müssen sowohl Hochdruckgebiete über Skandinavien oder Nordosteuropa im Zusammenspiel mit tiefem Luftdruck im Mittelmeerraum mit einer östlichen bis nordöstlichen Strömung sibirische Kaltluft zu uns transportieren. Wenn dann noch eine Schneedecke die nächtliche Abkühlung in sternenklaren Nächten unterstützt, wird es richtig frostig.
Und genau so lief es ab: Zunächst erschwerte der allmähliche Aufbau kräftiger Hochdruckgebiete über Nord- und Osteuropa zunehmend die Passage von Tiefdruckgebieten über Mitteleuropa. Anfang und Mitte Februar brachten Tiefausläufer noch gebietsweise kräftigen Wind und Niederschlag. Letzter fiel dann ab Monatsmitte noch als Schnee und sorgte auch in tieferen Lagen für eine vergleichsweise dünne, aber für die weitere Auskühlung ausreichende Schneedecke. Sonst herrschte unter Hochdruckeinfluss eine trockene und überwiegend sonnenscheinreiche Witterung vor. In der letzten Dekade floss dann mit stärker werdender Ostströmung am Südrand eines kräftigen nordeuropäischen Hochs trockene Polarluft ein, die für sonniges und eiskaltes Winterwetter sorgte.
Insgesamt war der Februar sowohl in Bayern als auch in Gesamtdeutschland deutlich zu kühl und sehr niederschlagsarm. Dabei war Bayern sogar mit 2,9 °C und einer Abweichung der Lufttemperatur vom Soll von –2,4 Grad das kälteste Bundesland. An den Waldklimastationen betrug die mittlere Abweichung sogar –3 Grad. Damit reichte es allerdings nur für Rang 24 der kältesten Februare. Zuletzt war 2012 der zehntkälteste Februar mit einer monatlichen Durchschnittstemperatur von –4,5 °C und 1986 wurden sogar –7 °C erreicht, was dann für Rang 5 reichte. Richtig kalt war es 1956 mit –11,3 °C, dafür musste dann der Frost mit zweistelligen Minusgraden vier Wochen anhalten!
Insgesamt fiel durch den Hochdruck bayernweit nur die Hälfte des üblichen Niederschlags, an den Waldklimastationen sogar nur ein Viertel, während die Sonne mit 97 Stunden dafür um ein Viertel mehr als gewöhnlich schien. Trotzdem war Bayern damit das zweitsonnenscheinärmste Bundesland. Besonders vom Allgäu bis zum Chiemgau schien die Sonne örtlich weniger als 40 Stunden (DWD 2018b). Trotz der geringen Niederschläge blieben die Böden meist wassergesättigt. Nur unter Nadelwald gingen die Füllstände der Bodenwasserspeicher zeitweise geringfügig unter die Feldkapazität zurück.
Abb. 4: Mittlere Lufttemperaturen und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie an der Wetterstation Taferlruck (Grafik: LWF)
"Friederike" und die Sturmsaison des Winters 2017/18
Die Spitzenböengeschwindigkeiten in Deutschland, die das Orkantief Friederike am 18. Januar 2018 auslöste, sind durchaus vergleichbar mit denen anderer schwerer Winterstürme, wie beispielsweise Orkan Kyrill, der vor genau elf Jahren am 18./19. Januar 2007 über ganz Deutschland wütete. Kyrill zog damals über Schottland, die Nordsee und Dänemark nach Osten, so dass an seiner Südseite sehr hohe Geschwindigkeiten in ganz Deutschland auftaten. Sein tiefster Kerndruck betrug 965 hPa. Bei Friederike verlief die Zugbahn etwas weiter südlich, auch wurde »nur« ein Kerndruck von 974 hPa erreicht. Von den höchsten Windgeschwindigkeiten wurde vor allem die Mitte Deutschlands getroffen, d.h. ein Streifen von Nordrhein-Westfalen über Hessen und Thüringen bis Sachsen. Hier übertrafen die Spitzenböen jene aus dem Zeitraum 1981– 2010. In Bayern war insbesondere der äußerste Nordwesten betroffen.
Laut einer Meldung der Europäischen Wirtschaftsdienst GmbH (EUWID) vom 24. Januar 2018 verursachte der Orkan Friederike bundesweit knapp 7 Mio. fm Sturmholz, wobei die Hauptschadensgebiete in Süd-Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Nordhessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt lagen. Daneben forderte er auch mindestens sechs Menschenleben und legte den gesamten Fernverkehr der Bahn lahm. In Bayern war Friederike dagegen eher ein üblicher Wintersturm und verursachte relativ geringen Schaden. Dennoch mussten die Einsatzkräfte viele hundert Male ausrücken, um umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste auf den Straßen zu entfernen.
Die Sturmsaison im Herbst und Winter 2017/2018 begann mit Sturm Sebastian am 14. September 2017 ungewöhnlich früh und hatte eine Reihe schwerer Stürme im Gepäck. Die Stürme Xavier am 5. und Herwart am 31. Oktober suchten vor allem Nord- und Ostdeutschland heim. Am 2. Januar sorgte Sturm Burglind auch für größere Schäden in Bayern. Den krönenden Abschluss bildete dann Friederike. Die Ursache für diese Häufung an schweren Stürmen war eine seit dem Herbst vorherrschende Westwetterlage. Dabei ziehen Tiefdruckgebiete in rascher Abfolge vom Nordatlantik über die Nordsee nach Südskandinavien. An ihrer Südflanke können sich bei großen Temperaturgegensätzen dann Sturmtiefs entwickeln. Ähnliche Verhältnisse mit den entsprechenden Stürmen gab es auch Anfang der 1990er Jahre häufiger. Zwischenzeitlich nahm die Zahl der Westwetterlagen und damit auch der Stürme deutlich ab. Erst in der jüngeren Vergangenheit ist wieder eine Zunahme zu verzeichnen. Ob sich dieser Trend fortsetzen wird, ist allerdings noch ungewiss.
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