Der Bayerische Wald | 34 / 1+2 NF S. 50-57 | Dezember 2021 | ISSN 0724-2131
Fledermäuse in Naturwaldreservaten und Wirtschaftswäldern von der Innmündung bis zum Großen Arber
von Angela Siemonsmeier und Markus Blaschke

Mopsfledermaus

Mopsfledermaus (© H.-J. Fünfstück, www.5erls-naturfotos.de)

Fledermäuse sind in Wäldern eine sehr aktive, wenn auch nur selten zu beobachtende Artengruppe, die eine starke Bindung an bestimmte Waldstrukturen zeigt. Daher werden Fledermäuse auch als Leit- und Zielarten für die Beurteilung des Waldbaus in Wäldern eingesetzt (Dietz 2010). Den Wald nutzen viele Fledermausarten sowohl als Jagdhabitat als auch als Rückzugsraum während der Ruhestunden am Tag. Einige Fledermausarten, wie die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus), werden sogar als typische Waldarten bezeichnet (Hammer et al. 2017).

Im Rahmen eines Projektes des Waldklimafonds sollten verschiedene Artengruppen im Hinblick auf mögliche Veränderungen im Zuge des Klimawandels, aber auch im Kontext der Bewirtschaftung untersucht werden (Siemonsmeier et al.2019, 2020). Parallel zu den planmäßigen Aufnahmen ergab sich die Möglichkeit, auf einer Auswahl von Probeflächen des Gesamtprojektes auch die Fledermausaktivitäten mit Hilfe von Rufaufzeichnungsgeräten zu erfassen. Ziel dieser Erfassung war es zum einen, die Verbreitung von Fledermäusen entlang des Höhen- und somit analogen Temperaturgradienten zu erfassen. Zum anderen sollte untersucht werden, inwieweit die Bewirtschaftung der Wälder einen Einfluss auf die Fledermausgemeinschaften und die Aktivität der Fledermäuse hat.

Methodik

Untersuchungsgebiet
Die Untersuchungen fanden in acht Naturwaldreservaten und in benachbarten Wirtschaftswäldern von der Donau bzw. dem Inn bei Passau bis zu den Hängen des Großen Arbers statt. Der Höhengradient reichte von etwa 300 bis 1.400 m ü. NHN und umfasste Buchen-Eichenmischwälder im Neuburger Wald mit den Naturwaldreservaten (NWR) Leitenwies und Hecke, Bergmischwälder bei Grafenau bzw. Spiegelau mit den NWR Frauenberg und Rehberg, das NWR Rusler Wald am Ruselabsatz und das NWR Riesloch bei Bodenmais, sowie Fichtenhochlagenwälder am Großen Arber mit den beiden Reservaten Grübel und Seeloch. Sieben der ausgewählten Naturwaldreservate wurden bereits 1978, das NWR Riesloch 1989 vollständig aus der Nutzung genommen. Die Waldbestände hatten zu diesem Zeitpunkt allerdings in der Regel schon eine sehr naturnahe Baumartenausstattung und wurden vielmals zuvor nur sehr extensiv genutzt. Für jede Fläche im Reservat (NWR) wurden im Umkreis von maximal drei Kilometern je ein laubbaum- (A) und ein nadelbaumbetonter (B) bewirtschafteter Wald in gleicher Höhenlage als Vergleichsflächen ausgewählt.
Rufaufzeichnungsgerät im WaldZoombild vorhanden

Abb. 1: Rufaufzeichnungsgerät (batcorder, ecoObs GmbH, Nürnberg) auf einer der Untersuchungsflächen (© M. Blaschke, LWF)

Aufzeichnung der Fledermausrufe
Auf jedem der Probeflächensets wurden zeitgleich Rufaufzeichnungsgeräte (batcorder, ecoObs GmbH, Nürnberg; Abb. 1) über einen Zeitraum von vier Monaten für je eine Nacht pro Monat aufgestellt. Somit konnte gewährleistet werden, dass für die drei Bewirtschaftungstypen jeweils bei gleichen äußeren Witterungsverhältnissen die Ruferfassungen erfolgen konnten. Die Geräte wurden an 2,5 m hohen Stangen montiert und waren jeweils so programmiert, dass die Rufaufzeichnungen eine Stunde vor Sonnenuntergang begannen und eine Stunde nach Sonnenaufgang selbstständig abgeschaltet wurden. Folgende Aufnahmeeinstellungen wurden verwendet: quality = 20, post trigger = 800 ms, threshold level = 27 dB, critical frequency = 14 kHz. Aus den parallel erfolgten Untersuchungen der Waldstrukturen standen für jede Probefläche umfangreiche Daten zur Beschreibung der Lebensräume zur Verfügung (Siemonsmeier et al. 2020).
Tab. 1: Übersicht der taxonomischen Gruppen mit den enthaltenen Taxa sowie ihrem jeweiligen Echoortungstyp
GruppeArtenEchoortungstyp
MyotisAlle heimischen Arten der Gattung MyotisKurzstreckenortung (SRE)
PipistrellusAlle heimischen Arten der Gattung PipistrellusMittelstreckenortung (MRE)
NyctaloidArten der Gattungen Nyctalus, Eptesicus, VespertilioLangstreckenortung (LRE)
BarbastellaBarbastella barbastellus (nur eine heimische Art in
der Gattung)
Kurzstreckenortung (SRE)
VespertilionidaeAlle heimischen Fledermausarten ohne
die Hufeisennasen (Rhinolophoidae)
Rufauswertungen
Die Rufauswertung erfolgte auf einem Apple Laptop mit der Software bcAdmin sowie batIdent (ecoObs, Nürnberg). Nach der automatisierten Ruferkennung wurden alle Sequenzen auf Plausibilität überprüft und einer Art bzw. einer Artengruppe zugeordnet. Die Zuordnung der Echoortungstypen zu den taxonomischen Gruppen (Tab. 1) folgt Frey-Ehrenbold et al.(2013).
Statistische Auswertungen
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit dem Statistikprogramm R (Version 3.6.2) (R Core Team 2019). Die Betrachtung der Fledermausaktivitäten im Hinblick auf Flächentyp,vertikale Waldstruktur und Höhenlage erfolgte bezogen auf die übergeordneten taxonomischen Gruppen bzw. die Echoortungstypen (Tab. 1). Mit der nicht-metrischen multidimensionalen Skalierung (NMDS), einer multivariaten Statistik zur Visualisierung von Artengemeinschaften, wurden Zusammenhänge zwischen den Artengemeinschaften, basierend auf den taxonomischen Gruppen und ihren Kontakthäufigkeiten, und den Umweltparametern analysiert. Dazu wurde das Paket „vegan“ eingesetzt (Oksanen et al. 2020). Species response curves, die die Vorkommenswahrscheinlichkeit einer Art im Verlauf des Höhengradienten darstellen, wurden mit dem Paket „eHOF“ berechnet (Jansen & Oksanen 2013).

Ergebnisse

Fledermausaktivitäten als Anzahl der KontakteZoombild vorhanden

Abb. 2: Fledermausaktivitäten ausgedrückt als Anzahl der Kontakte nach taxonomischen Gruppen für die drei untersuchten Bewirtschaftungsformen (© M. Blaschke, LWF)

Im Rahmen der Aufnahmen auf den 24 Untersuchungsflächen mit je 4 Aufnahmenächten konnten insgesamt über 80.000 Fledermausrufe in mehr als 10.000 Aufnahmesequenzen aufgezeichnet werden. Die am häufigsten registrierten Arten waren die Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus), auf die 31 % aller Rufsequenzen entfielen, und Arten der Gattung Myotis, die insgesamt einen Anteil von über 40 % erreichten. Von den Einzelarten waren noch die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) mit 6,1 %, die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) mit 3,7 % aller Sequenzen, der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) mit 3,2 % und die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) mit 2,2 % häufiger registriert worden.

Die Fledermausaktivität (in Form von kumulierter Anzahl an Kontakten) war in den Naturwaldreservaten am höchsten. Danach folgten mit weniger als der Hälfte an Kontakten die bewirtschafteten Wälder, mit etwas höherer Aktivität in den nadelholzdominierten als in den laubholzdominierten Wirtschaftswäldern (Abb. 2).
Balkendiagramm: Prozentuale Anteile der Echoortungstypen auf die GesamtaktivitätenZoombild vorhanden

Abb. 3: Prozentuale Anteile der Echoortungstypen auf die Gesamtaktivitäten in den drei Bewirtschaftungsformen (© M. Blaschke, LWF)

Insbesondere Arten der Gattungen Pipistrellus und Myotis zeigten deutlich höhere Aktivitäten in den Naturwaldreservaten, aber auch die Mopsfledermaus (Gattung Barbastella) wurde vor allem in den Naturwaldreservaten nachgewiesen. Fledermausarten der Nyctaloiden-Gruppe waren jedoch mit ähnlichen Aktivitäten in Naturwaldreservaten und nadelholzdominierten Wirtschaftswäldern zu finden.

Eine Betrachtung der relativen Anteile der Fledermausgruppen an den Gesamtaktivitäten je Bewirtschaftungsform zeigte, dass in laubholzdominierten Wirtschaftswäldern vor allem Arten der Gattung Myotis detektiert wurden, gefolgt von Arten der Gattung Pipistrellus. Ein umgekehrtes Bild ergab sich bei den nadelholzdominierten Wirtschaftswäldern. Hier hatten Pipistrellus-Arten einen deutlich größeren Anteil an der Gesamtaktivität, während Arten der Gattung Myotis und Arten der Gruppe der Nyctaloiden jeweils etwa 20 % einnahmen. In den Naturwaldreservaten kamen die Gattungen Myotis und Pipistrellus jeweils auf etwa 40 %. Der Anteil der Nyctaloiden fiel im Vergleich zu den Wirtschaftswäldern etwas geringer aus.
Fledermausaktivitäten unterteilt nach EchoortungsstrategieZoombild vorhanden

Abb. 4: Fledermausaktivitäten unterteilt nach Echoortungsstrategie in Abhängigkeit von der Mittelschichtdeckung (links) und der Oberschichtdeckung (rechts) (SRE – Kurzstreckenortung, MRE – Mittelstreckenortung, LRE – Langstreckenortung)(© M. Blaschke, LWF)

Eine Betrachtung der Echoortungstypen nach ihren Anteilen an den Gesamtaktivitäten je Flächenkategorie ergab einen sehr hohen Anteil der Kurzstrecken-Echoortung mit fast 60 % in laubholzdominierten Wirtschaftswäldern, während in den nadelholzdominierten Wirtschaftswäldern die Mittelstrecken-Echoortung dominierte (Abb. 3). In den Naturwaldreservatenhatten Kurz- und Mittelstreckenortung ähnliche Anteile, mit einem nur geringen Anteil der Langstreckenortung. Wie erwartet hatte die Waldstruktur einen entscheidenden Einfluss sowohl auf die Gesamtaktivität als auch auf die Verteilung der Kontaktzahlen auf die Echoortungstypen.

Insbesondere für die Mittelschichtdeckung ergab sich ein klar abnehmender Trend mit zunehmenden Deckungsanteilen, wobei die Aktivität von Fledermäusen mit Kurzstrecken-Echoortung mit zunehmender Mittelschichtdeckung zunächst anstieg und bei 50 % Mittelschichtdeckung und darüber wieder abfiel (Abb. 4). In Wäldern ohne oder mit nur schwach ausgeprägter Mittelschicht dominierten hingegen Fledermäuse mit Mittelstreckenechoortung. Ein weniger klares Bild zeigte sich bei der Oberschichtdeckung. Ein Schwerpunkt der Gesamtaktivitäten zeichnete sich jedoch bei den höheren Deckungsanteilen ab, die in der Regel mit einer schwach ausgeprägten Mittelschicht einhergehen.
Balkendiagramm: Fledermausaktivitäten im Verlauf des HöhengradientenZoombild vorhanden

Abb. 5, links: Fledermausaktivitäten unterteilt nach taxonomischen Gruppen im Höhengradienten; rechts: prozentuale Anteile der Echoortungstypen im Höhengradienten (© M. Blaschke, LWF)

Im Verlauf des Höhengradienten ergab sich ein klarer Schwerpunkt der Fledermausaktivität in den Tieflagen im Bereich der flussnahen Reservate Leitenwies und Hecke, gefolgt von den höchstgelegenen Flächen im Umgriff des Reservats Seeloch am Großen Arber (Abb. 5). Während in den Tieflagen Arten der Gattung Pipistrellus, insbesondere die Mückenfledermaus (P. pygmaeus) und die Rauhautfledermaus (P. nathusii), dominierten, waren in den Hochlagen vor allem Arten der Gattung Myotis in den Rufaufzeichnungen vertreten. Das große Mausohr (Myotis myotis) wurde jedoch hauptsächlich in den Wäldern um die Naturwaldreservate Leitenwies und Hecke in den Tieflagen gefunden. Auch Arten der Gruppe Nyctaloide, hier insbesondere der Große Abendsegler (Nyctalus noctula), wurden schwerpunktmäßig in den Tieflagenwäldern nachgewiesen. Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) zeigte eine auffällige Vorliebe für das totholzreiche Naturwaldreservat Leitenwies mit seinen alten Eichen und Buchen, konnte aber auch in den Naturwaldreservaten Rusler Wald und Riesloch in mittlerer Höhenlage noch nachgewiesen werden.
Entsprechend der Artenverteilung im Höhengradient dominierte in den Tieflagen die Mittelstrecken-Echoortung, während mit zunehmender Meereshöhe Fledermausarten mit Kurzstreckenortung mit höheren Anteilen vertreten waren. Nyctaloide Arten mit Langstreckenortungsstrategie waren vor allem im unteren Drittel des Höhengradienten bis etwa 550 m ü. NHN präsent.
Modellierte Vorkommenswahrscheinlichkeiten der Fledermausarten im HöhenverlaufZoombild vorhanden

Abb. 6: Modellierte Vorkommenswahrscheinlichkeiten für Zwergfledermaus (P_pip), Mückenfledermaus (P_pyg), Rauhautfledermaus (P_nat), Mopsfledermaus (B_bar), Großen Abendsegler (N_noc) und Großes Mausohr (M_myo) im Verlauf des Höhengradienten (© M. Blaschke, LWF)

Basierend auf den Daten der Rufanalyse wurden für einzelne, akustisch gut nachweisbare Arten die jeweiligen Vorkommenswahrscheinlichkeiten im Verlauf des Höhengradienten modelliert (Abb. 6). Insbesondere für die Mückenfledermaus und die Rauhautfledermaus zeigte sich ein deutlicher Schwerpunkt in den Tieflagen, während die verwandte Zwergfledermaus vor allem zwischen 500 und 700 m ü. NHN und zwischen 1.000 und 1.300 m ü. NHN mit hohen Wahrscheinlichkeiten vorkam. Dabei wurden nur auf zwei Flächen beide Arten registriert, während auf allen anderen Untersuchungsflächen entweder die Zwerg- oder die Mückenfledermaus nachgewiesen wurde.

Die Rufaufzeichnungen der beiden Flächen mit Nachweisen beider Arten zeigten Kontaktzahlen der Mückenfledermaus im drei- bis vierstelligen Bereich, während für die Zwergfledermaus dort nur einstellige Kontaktzahlen erreicht wurden. Für die Mopsfledermaus, eine Bewohnerin von Spaltenquartieren wie beispielsweise Stammanrissen oder Spalten hinter abstehender Rinde, ergab sich mit zunehmender Meereshöhe eine kontinuierlich abnehmende Vorkommenswahrscheinlichkeit. Ähnliche Kurvenverläufe waren beim Großen Abendsegler, der auf großräumige Baumhöhlen angewiesen ist, und dem Großen Mausohr, das bevorzugt im Unterwuchs-freien Laubwald Laufkäfer jagt, zu beobachten.
NMDS der Fledermausgemeinschaften auf den UntersuchungsflächenZoombild vorhanden

Abb. 7: NMDS der Fledermausgemeinschaften (© M. Blaschke, LWF)

Die NMDS auf der Grundlage der Kontakthäufigkeit der einzelnen taxonomischen Artengruppen an jedem Standort machte in Verbindung mit Waldstrukturparametern deutlich, dass für die Fledermäuse in erster Linie die Deckung der Mittelschicht und zum anderen die Verjüngungsschicht eine wichtige Rolle spielen (Abb. 7).

Leider geht aus dem Diagramm die wichtigste Einflussgröße für die Artenzusammensetzung, die sich in der Grafik von links nach rechts abzeichnet, nicht klar hervor. Der einzige Umweltparameter, der hiermit eng verknüpft zu sein scheint, ist die Verjüngung mit der Weißtanne.

Diskussion

Die Untersuchungen im Höhengradienten des Bayerischen Waldes konnten zeigen, dass Fledermäuse als heimliche und stille Jäger der Nachtstunden in allen Wäldern vorhanden sind. In den seit rund 40 Jahren unbewirtschafteten Naturwaldreservaten konnte eine höhere Aktivität von Fledermäusen beobachtet werden, als in den nahegelegenen Wirtschaftswäldern. Dies entspricht den Beobachtungen von Knoll (2016) in Wäldern der montanen Stufe in den österreichischen Alpen. Bei ihrem Vergleich zwischen bewirtschafteten und unbewirtschafteten Waldbeständen waren die Aktivitäten der Fledermäuse in den unbewirtschafteten Flächen signifikant höher. Auch Leidinger et al. (2020) fanden höhere Fledermausaktivitäten in Naturwaldreservaten bei einem Vergleich von bewirtschafteten und unbewirtschafteten Wäldern im Steigerwald. Russo et al. (2010) untersuchten Vorkommen der Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) in einem unbewirtschafteten Wald und nahegelegenen Wirtschaftswaldflächen in Italien und berichteten, dass nicht nur deutlich mehr Mopsfledermäuse im unbewirtschafteten Wald gefangen wurden, sondern dass auch die Quartiere der Mopsfledermäuse zum überwiegenden Teil im unbewirtschafteten Wald lagen. Auch in der vorliegenden Studie wurde die Mopsfledermaus (Abb. 8), basierend auf den Rufanalysen, mit höheren Aktivitäten in Naturwaldreservaten nachgewiesen.
Sowohl die Komposition der Fledermausgemeinschaften als auch die Fledermausaktivität, gemessen an der Anzahl der Kontakte je Standort, und die Verteilung der Kontakte auf die Echoortungstypen waren stark von der vertikalen Struktur des Waldlebensraums beeinflusst. So wurden die meisten Kontakte in Wäldern mit fehlender oder schwach ausgeprägter Mittelschicht registriert. Hier dominierten Fledermäuse mit Mittelstreckenortungsstrategie, während bei mittlerem Deckungsgrad der Mittelschicht häufiger Fledermausrufe vom Kurzstreckenechoortungstyp aufgezeichnet wurden. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien zu insektivoren Fledermäusen, wie beispielsweise Froidevaux et al. (2016) und Blakey et al. (2017). So führten Froidevaux et al. (2016) bioakustische Aufnahmen in Kombination mit terrestrischem Laserscanning zur Untersuchung der Waldstruktur in österreichischen Tieflagenwäldern durch und fanden einen signifikant negativen Effekt zunehmender vertikaler Strukturierung der Wälder auf die Aktivität von Fledermäusen mit Mittelstreckenechoortung. Diese Arten sind für die Insektenjagd entlang von Randstrukturen angepasst und meiden Waldbestände mit zu dichter Vegetation, wohingegen Fledermäuse mit Kurzstreckenortungsstrategie auch hinsichtlich ihres Flugverhaltens (langsam und mit guter Manövrierfähigkeit) Wälder mit vermehrter vertikaler Struktur besser nutzen können. Nyctaloide Arten jagen in schnellem Flug und mit Rufen des Langstreckenortungstyps hauptsächlich in großräumigeren offenen Bereichen und über dem Kronendach. Entsprechend war die Nachweisquote an den hier untersuchten Standorten im Vergleich zu Fledermäusen mit Echoortung des Mittel- und Kurzstreckentyps deutlich geringer.
Im Verlauf des Höhengradienten wurden die höchsten Fledermausaktivitäten in den Tieflagenwäldern registriert, gefolgt von den höchstgelegenen Flächen am Großen Arber, während die niedrigsten Aktivitäten in den Wäldern der mittleren Lagen verzeichnet wurden. Auch Deplazes et al. (2016) registrierten bei einer Untersuchung der Fledermauspopulationen in fünf Waldnaturschutzgebieten der Schweiz bis in eine Höhenlage von gut 1.000 m ü. NHN die höchsten Fledermausaktivitäten in einem niedrig gelegenen Waldgebiet. Kaňuch und Krištín (2006) erzielten die höchsten Fangzahlen von Fledermäusen bei Netzfängen in einem Höhengradienten im Polana-Gebirge in der Slowakei an Standorten in den Tieflagen. Die beiden zitierten Studien berichten jedoch von abnehmenden Aktivitäten bzw. Abundanzen mit zunehmender Höhenlage, während in der vorliegenden Untersuchung insbesondere die Flächen der mittleren Lagen geringere Fledermausaktivitäten aufwiesen. Die modellierten Species responses curves für ausgewählte Arten im Höhengradienten entsprechen den Angaben zur Verbreitung der betrachteten Fledermausarten in der einschlägigen Literatur (Dietz et al. 2007). Die deutliche Abgrenzung der Aktivitätsräume von Mückenfledermaus und Zwergfledermaus mit nur geringfügiger Überschneidung stimmt mit Untersuchungen von Nicholls und Racey (2006) in Schottland überein, die mittels Radiotelemetrie zeigen konnten, dass die beiden nah verwandten Arten deutlich voneinander abgrenzbare Lebensräume nutzen. So wurde die Mückenfledermaus, wie in der vorliegenden Studie, in flussnahen Wäldern nachgewiesen, die Zwergfledermaus präferierte bei den schottischen Untersuchungen hingegen vor allem das landwirtschaftlich genutzte Offenland, Laubwälder und Waldränder. Auch Runkel (2008) fand eine deutliche Abgrenzung der jeweiligen Jagdgebiete voneinander im Naturwaldreservat Waldhaus und angrenzenden Beständen im Steigerwald.

Schlussfolgerungen

Großer Abendsegler Zoombild vorhanden

Großer Abendsegler (© B. Mittermeier)

Naturwaldreservate sind als seit Jahrzehnten forstlich ungenutzte Wälder der natürlichen Alterung überlassen und stellen bedeutende Lebens- und Rückzugsräume für waldbewohnende Fledermäuse dar. Insbesondere das totholzreiche Naturwaldreservat Leitenwies in Donaunähe bewies mit knapp 200 Nachweisen der gefährdeten Mopsfledermaus seine Qualität als Lebensraum für anspruchsvolle Waldfledermäuse. Die vertikale Waldstruktur erwies sich als der einflussreichste Parameter auf die Fledermausaktivität und die Zusammensetzung der Fledermausgemeinschaften. So führten hohe Deckungsanteile der Mittelschicht zu abnehmender Fledermausaktivität. Im Verlauf des Höhengradienten wurden die höchsten Anzahlen an Fledermauskontakten in den Tieflagen registriert, gefolgt vom höchstgelegenen Naturwaldreservat Seeloch am Großen Arber. Abnehmende Aktivitäten mit zunehmender Meereshöhe wurden für den Großen Abendsegler, das Große Mausohr und die Mopsfledermaus nachgewiesen. Sowohl die Rauhautfledermaus als auch die Mückenfledermaus blieben auf die Wälder in der Nähe von Donau und Inn beschränkt, während die Zwergfledermaus bis in die höchsten Lagen nachweisbar war. Die beiden letztgenannten Arten zeigten deutlich voneinander abgegrenzte Aktivitätsräume mit sehr geringer Überlappung.

Danksagung

Wir danken Herrn Prof. Wolfgang Weisser vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der Technischen Universität München für die Bereitstellung der Batcorder. Die Feldarbeiten fanden im Rahmen des Projektes „Höhengradient“ der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft statt, das durchdas Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft sowie das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit aus Mitteln des Waldklimafonds finanziert wurde.

Quellen

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  • Deplazes, L., Frey-Ehrenbold, A., Ziegler, M. & Bontadina, F. (2016): Grosse Fledermausvielfalt in den Waldnaturschutzgebieten des Kantons Zug. – Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 167(5), 278-285.
  • Dietz, C., von Helversen, O. & Nill, D. (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas: Biologie, Kennzeichen, Gefährdung. – Kosmos.
  • Dietz, M. (2010): Fledermäuse als Leit- und Zielarten für Naturwald orientierte Waldbaukonzepte. – Forstarchiv 81(2), 69-75.
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  • Froidevaux, J. S., Zellweger, F., Bollmann, K., Jones, G. & Obrist, M. K. (2016): From field surveys to LiDAR: shining a light on how bats respond to forest structure. – Remote Sensing of Environment 175, 242-250.
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