Johannes Burmeister, Martina Zacios und Roswitha Walter
Regenwurmbesiedlung von Kurzumtriebsplantagen in der Gemeinde Kaufering - LWF Wissen 79
Regenwürmer erfüllen viele Funktionen im Boden und sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Insgesamt zeigen die Untersuchungen der Regenwurmfauna von bis zu sieben Jahre alten Kurzumtriebsplantagen (KUP) mit Pappeln in Kaufering, dass diese ähnlich wie eine Grünlandnutzung oder eine bodenschonende Ackerbewirtschaftung mit z. B. pflugloser Bodenbearbeitung oder längerem Kleegrasanbau einen reichhaltigen und vielfältigen Regenwurmbestand fördern können.
Insbesondere auf intensiv bewirtschafteten Ackerböden kann die Anlage von Kurzumtriebsplantagen auch aufgrund der positiven Entwicklung der Regenwürmer zur ökologischen Bereicherung beitragen. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die Standortverhältnisse die Ausprägung der Regenwurmfauna stark beeinflussen und auch Alter, Rotation und Vorbewirtschaftung der KUP-Flächen von Bedeutung sein können.
Einleitung
Regenwürmer sind bekannt als Schlüsselorganismen der Bodenökologie. In Deutschland kommen 46 Arten vor (Lehmitz et al. 2014), die drei Lebensformen zugeordnet werden (Dunger 2008, Tabelle 1). Ihre Bedeutung für Kurzumtriebsplantagen ist im Wesentlichen vor dem Hintergrund des Wasserhaushalts und des Stoffkreislaufs zu beurteilen. Besonders in nicht bearbeiteten Böden kommt den Regenwürmern eine wichtige Rolle bei der Einmischung und dem Abbau von organischer Substanz sowie bei der Anlage von luft- und wasserführenden Makroporen zu.
Streubewohner (epigäische Arten) | Mineralschichtbewohner (endogäische Arten) | Tiefgräber (anezische Arten) |
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· leben oberflächennah in der Streu und Humusauflage · bilden keine oder nur temporäre Röhren · kommen vorwiegend im Grünland und Wald vor | · leben im Mineralboden bis ca. 60 cm Tiefe und graben ständig neue auch horizontale Röhren · tragen zur Feindurchmischung von organischer Substanz mit dem Mineralboden bei | · legen nahezu senkrechte, tief in den Unterboden reichende, stabile Röhren an · sammeln organisches Material an der Oberfläche ein, das sie in ihre Röhren ziehen |
Zu einem Großteil werden die so genannten »Bioporen« von den aktiv grabenden Regenwürmern und hier insbesondere den Vertretern der Tiefgräber, die dauerhafte senkrechte Röhren anlegen (anezische Arten, z. B. Lumbricus terrestris), geschaffen. So verbessert die Grabaktivität der Regenwürmer die Infiltration und mindert den Oberflächenabfluss und die Erosion (Joschko et al. 1992; Krück et al. 2001). Zudem schaffen sie mit ihrem Porensystem auch Lebensraum für andere Bodentiere, die selbst über kein ausgeprägtes Grabevermögen verfügen.
Von Bedeutung sind die Regenwürmer auch für den Nährstoffkreislauf und den Humushaushalt einer KUP. Durch die Zerkleinerung und Einmischung von organischer Substanz in den Boden wirken Regenwürmer positiv auf die Nährstoffnachlieferung ein (Bieri und Cuendet 1989; Blouin et al. 2013). Zum einen holen die tiefgrabenden Arten das jährlich anfallende Laub von der Bodenoberfläche, ziehen es zu deutlich sichtbaren Häufchen zusammen und transportieren es in tiefere Bodenschichten, wo sie es dann vorzersetzt weiterverarbeiten und in Form von Regenwurmlosung zum Teil wieder an der Bodenoberfläche absetzen. Insbesondere die tiefgrabende Art Lumbricus terrestris wird durch ein ausreichendes Angebot an Streu- und Rottematerial an der Bodenoberfläche gefördert (Krück et al. 2001).
Untersuchungsfläche und Methode
Alle Untersuchungsflächen liegen bei Kaufering im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech. Jeweils auf einem Löss-, Schotter-, und Ton-Standort erfolgte im Jahr 2013 eine Probenahme der Regenwürmer von fünfjährigen Kurzumtriebsplantagen (Pappel, Anlage 2008 auf Grünland oder ökologisch genutzten Äckern) im Vergleich zu den Landnutzungstypen Grünland und Forst (vor allem Fichte). Die KUP auf dem Löss-Standort diente auch zur Erfassung des Regenwurmbestands in einer Zeitreihe von 2011 bis 2015 (jährlich, Ausnahme 2014).
Dabei konnte im letzten Untersuchungsjahr 2015 bereits auf einer Teilfläche die Situation nach dem ersten Umtrieb erfasst werden. Zum Vergleich der Nutzungsformen KUP und Acker wurden im Jahr 2015 zu den Untersuchungen der KUP auf dem Lössstandort fünf verschiedene Lössäcker mit unterschiedlicher Nutzungsintensität, ein Grünland sowie eine mit Miscanthus bestellte Fläche beprobt.
Zur Erfassung des Regenwurmbestands wurde die in Dunger und Fiedler (1997) beschriebene Fangmethode eingesetzt. Auf eine Fläche von 0,25 m2 wurden in zwei Gaben 10 Liter einer 0,2 %igen Formaldehyd-Lösung aufgebracht. Das Formaldehyd wirkt leicht reizend auf der Haut der Regenwürmer, sodass diese bei Kontakt mit der Lösung aus dem Boden nach oben kriechen.
Die an der Bodenoberfläche erscheinenden Tiere wurden eingesammelt, in Ethanol fixiert und anschließend gezählt, gewogen und die adulten Tiere auf ihre Art bestimmt. Das im Boden verbleibende Formaldehyd wird relativ schnell von Mikroben abgebaut.
Die Anwendung einer Austreibungsmethode kombiniert mit einer Handauslese ist für eine gute Bestandserfassung der Regenwürmer unerlässlich (Ehrmann und Babel 1991; Fründ und Jordan 2003; Pelosi et al. 2009). Dazu wurde ein Viertel der beprobten umrahmten Fläche, also 1/16 m2, mit dem Spaten ca. 30 cm tief ausgestochen. Dieses Bodenmaterial wurde nochmals per Hand nach im Boden verbliebenen Regenwürmern durchsucht und die gefundenen Regenwürmer berücksichtigt.
Mit Hilfe dieser beider Methoden wurde die Regenwurmfauna mit jeweils neun Stichproben pro untersuchter Fläche erfasst. Die Erhebungen fanden jeweils im Frühjahr statt (2011 im März, 2012, 2013 und 2015 im April).
Untersuchungsfläche/ Nutzung | Nutzung/Fruchtfolge | Bodenbearbeitung | Düngung |
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Acker intensiv | ab 2010: Gerste –Mais –Winterweizen– Grünroggen –Mais – Winterweizen 2015: Winterdinkel | Pflug bis 25 cm; nach Grünroggen nur Grubber | mineralisch 2011: Gärrest |
Acker Kompost | ab 2012: Silomais –Weizen –Hafer 2015: Winterweizen | Pflug 18-20 cm | mineralisch, Frischkomost, Gärrest |
Acker ökol. I | ab 2012: Hafer – Winterweizen –Sojabohnen 2015: Winterweizen | Pflug 20 cm | Gülle |
Acker ökol. II | 2011:Triticale 2012–2014: Kleegras 2015: Winterweizen | Pflug 20 cm, außer während Kleegras | mineralisch, Gülle |
Acker pfluglos | ab 2012: Winterweizen – Raps – Wintergerste seit Juli /August 2014: Ackergras (Weidelgras) | pfluglos seit 2012 | mineralisch, Gülle |
Grünland | Mähwiese; vier Schritte | keine | Gülle im Frühjahr; nach Schnitt mineralisch |
KUP Grünland U1 | Pappel Max3; im ersten Umtrieb, Anlage 2008, Vornutzung: Grünland | keine | keine |
KUP Grünland U2 | Pappel Max3; im zweiten Umtrieb, Anlage 2008, 1. Ernte 2013 Vornutzung: Grünland | keine | keine |
KUP ÖAcker | Pappel Max3; im ersten Umtrieb, Anlage 2008; Vornutzung: ökologisch bewirtschafteter Acker | keine | keine |
Miscanthus | Anlage: 2012 | keine |
Ergebnisse und Diskussion

Abb.4: Zeitliche Entwicklung der Regenwurmsiedlungsdichte (Grafik: J.Burmeister, M.Zacios, R.Walter)
Der besonders hohe Anteil an juvenilen Tieren im Jahr 2011 kann auf natürliche, kurzfristige Populationsschwankungen, z. B. aufgrund von Witterungsereignissen, die die Reproduktionsrate der Regenwürmer kurzfristig anregten, hindeuten. Auch das ausgewogenere Verhältnis von juvenilen zu adulten Tieren in den folgenden Jahren 2013 und 2015 weist darauf hin. Besonders die Zahl adulter endogäischer Regenwürmer (Mineralbodenformen) stieg tendenziell mit zunehmendem Alter der KUP an (Abbildung 4). Überraschend ist die Tatsache, dass der Ausgangsbestand an adulten Tauwürmern (Lumbricus terrestris) sich bis zum Jahr 2015 reduzierte.
Möglicherweise spielen hierbei eine Änderung der Artenzusammensetzung in der KUP, wie beispielsweise auch die Zunahme von Prädatoren oder anderen Zersetzern und das veränderte Nahrungsangebot eine Rolle. Das Auftreten von Proctodrilus tuberculatus im Jahr 2015 könnte eine Änderung in der Faunenzusammensetzung andeuten. Eventuell wurde die sehr kleine Art allerdings auch in den Vorjahren übersehen. Der Anteil an streubewohnenden Arten blieb über die Jahre auf ähnlichem Niveau.
Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen den beiden Aufnahmen vor und nach dem ersten Umtrieb der KUP im Jahr 2015. Die Siedlungsdichte in der bereits im Winter 2012/2013 erstmals geernteten KUP lag deutlich niedriger als im benachbarten siebenjährigen Bestand. In wie weit diese Unterschiede durch Änderungen des Mikroklimas und der Nahrungsverfügbarkeit zu erklären sind müssten langfristige Untersuchungen zeigen. Auch in eher langen Zeiträumen auftretende Effekte der evtl. zu erwartenden Änderungen des pH-Wertes, der Nährstoffversorgung und des Humushaushaltes bleiben noch offen.
Ein mit zunehmendem Wachstum der Bäume verbundener Anstieg des jährlichen Wasserverbrauchs einer KUP hat auf einem tiefgründigen Löss-Standort in einer niederschlagsreichen Region wie Kaufering (jährlich über 900 mm, 2006–2015 Landsberg am Lech) vermutlich keine größeren Auswirkungen auf den Regenwurmbestand. Allerdings ist dieser Aspekt in niederschlagsarmen Regionen nicht zu vernachlässigen.
Insgesamt deutet die Anzahl von neun nachgewiesenen Arten und der Regenwurmbestand von ca. 350 bis 500 Individuen/m2 darauf hin, dass Kurzumtriebsplantagen geeignet sind einen reichhaltigen und vielfältigen Regenwurmbestand zu fördern bzw. zu erhalten. Wie sich der Regenwurmbestand und die Zusammensetzung bei zunehmendem Alter und in Abhängigkeit der Rotationen weiterentwickeln wird, ist allerdings noch nicht ausreichend untersucht.

Abb.5: Regenwurmsiedlungsdichte 2013(Grafik: J.Burmeister, M.Zacios, R.Walter)
Auch das Grünland auf dem Schotter-Standort zeigte eine hohe Siedlungsdichte sowie Biomasse der Regenwürmer. Die 2009 auf Grünland angelegte KUP auf diesem Standort wies eine deutlich geringere Biomasse auf, da der Tauwurm Lumbricus terrestris dort fehlte.
In wie weit dies durch den standörtlichen Unterschied der Fläche (z. B. mehr Schotter oder Sand) oder die bewuchsbedingten Änderungen z. B. die trockeneren Bodenverhältnisse durch den erhöhten Wasserverbrauch der Bäume zurückzuführen ist, bleibt offen. Auf Tonböden zeigten Grünland und KUP eine in etwa ähnliche Biomasse und Siedlungsdichte der Regenwürmer, jedoch fehlte dort Lumbricus terrestris unter KUP vollständig. Dafür war Lumbricus rubellus (Streubewohner) und Octolasion lacteum (Mineralbodenform) dort besonders häufig vertreten.
Die Forstflächen zeigten auf allen Standorten die geringste Regenwurmdichte und -biomasse. Auch eine bundesweite Analyse bestätigt, dass Forstflächen im Vergleich zu Grünland und Acker durchschnittlich geringere Regenwurmabundanzen haben (Römbke et al. 2012). Zu beachten ist, dass die Kurzumtriebsplantagen alle auf Flächen mit günstigen Nutzungsformen (Grünland, ökologisch genutzter Acker) und somit wahrscheinlich mit einem entsprechend hohen Ausgangsbestand an Regenwürmern angelegt wurden.
Die Ergebnisse bestätigen, dass neben der Nutzungsform auch die Standortbedingungen und hier wahrscheinlich besonders die Gründigkeit und das verfügbare Wasser von besonderer Bedeutung nicht nur für die zu erwartenden Erträge der KUP, sondern auch für die Regenwurmfauna sind. Auf flachgründigen, sandigen oder kiesigen Standorten mit geringen Niederschlägen und Grundwasser weit unter der Flur ist davon auszugehen, dass die Regenwurmfauna von diesen Bedingungen geprägt wird. Belastbare Daten von anderen Kurzumtriebsplantagen fehlen aus Bayern aber derzeit noch.
Im Vergleich zu Acker ist der Wasserverbrauch besonders in tieferen Bodenschichten unter KUP deutlich höher, was zu trockeneren Bodenverhältnissen über das Jahr und einer langsameren Wiederbefeuchtung im Herbst führt (siehe Artikel Zacios und Zimmermann in diesem Heft). Unter Umständen kann sich dies besonders in niederschlagsarmen Gebieten (z. B. in Unterfranken) ungünstig für die Regenwürmer auswirken.
Allerdings sind die obersten Bodenschichten besonders im Sommer stärker vor Verdunstung geschützt. Die permanente Bodenbedeckung durch die Bäume und die Laubstreu bietet den Regenwürmern wahrscheinlich auch besseren Schutz vor Kälteperioden im Winter (Scheu 1992) oder längeren Trockenperioden im Sommer.

Abb.6: Regenwurmsiedlungsdichte 2015(Grafik: J.Burmeister, M.Zacios, R.Walter)
Die fünf untersuchten Ackerflächen zeigten in Abhängigkeit von der Bewirtschaftung sehr unterschiedliche Werte, wobei besonders die Bodenbearbeitungsintensität einen wichtigen Einfluss auf die Regenwurmfauna hat. Es bestätigt sich somit, dass eine pfluglose Bodenbearbeitung in Äckern mit entsprechender Mulchauflage sich positiv auf die Regenwurmsiedlungsdichte auswirkt (Bauchhenß 1988; Emmerling 2001; Krück et al. 2001; Maurer-Troxler et al. 2006; Johnson-Maynard et al. 2007; Joschko et al. 2009; Jossi et al. 2011).
Aber auch ökologisch bewirtschaftete Äcker mit mehrjährigem Kleegrasanbau bieten günstige Lebensbedingungen für Regenwürmer wie die vorliegenden Untersuchungen zeigen. Dagegen weisen intensiver genutzte Äcker im Vergleich zu den Kurzumtriebsplantagen einen geringeren Regenwurmbestand auf wie dies auch andere Studien belegen (Makeschin et al. 1989; Schmitt et al. 2010; Huber et al. 2013).
Entscheidend für den guten Regenwurmbestand in den Böden der Kurzumtriebsplantagen ist neben der Bodenruhe wahrscheinlich zudem die Bodenbedeckung mit Blattstreu über den Winter bzw. der dichte Kronenschluss während der Vegetationsperiode. Auch die Siedlungsdichte und Artenvielfalt der Regenwürmer im Grünland ist durchschnittlich höher als auf Ackerflächen (Walter et al. 2015).
Neben einer eher humuszehrenden Fruchtfolge und einer höheren Bodenbearbeitungsintensität kann eine zu hohe mechanische Bodenbelastung die Lebensbedingungen für Bodentiere verschlechtern, z. B. durch Sauerstoffmangel, Staunässe, weniger Hohlräume sowie durch Veränderungen der Nahrungsmenge und -qualität.
Eine Bodenverdichtung durch das Befahren bei feuchten Bedingungen kann zu geringeren Siedlungsdichten der Regenwürmer führen (Söchtig und Larink 1992; Krammer et al. 2008; Walter et al. 2015). Da Kurzumtriebsplantagen nur zur Ernte nach mehreren Jahren im Winter befahren werden und dabei Tage mit Bodenfrost genutzt werden können, ist hier diese Gefahr gering.
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