LWF aktuell 148
Asiatische Hornisse in Bayern
von Olaf Schmidt und Stefan Berg
Die Asiatische Hornisse breitet sich immer weiter aus – 2023 wurden die ersten Nester in Bayern gefunden. Die Etablierung dieser Art ist nicht mehr aufzuhalten. Es ist aber sinnvoll, die Ausbreitung dieser Art und ihre Auswirkungen auf die heimische Insektenwelt, insbesondere auf die Honigbiene, weiter zu beobachten und zu dokumentieren.
Herkunft und Ausbreitung in Europa
Die aus Südostasien stammende Asiatische Hornisse (Vespa velutina), die man wegen ihrer markanten gelben Füße im Englischen auch „yellow-legged hornet" nennt, breitet sich seit ihrem Erstnachweis in Südwestfrankreich im Jahre 2004 weiter in Europa aus. Die Heimat der in Europa eingeschleppten Unterart Vespa velutina nigrithorax liegt in China sowie in der Grenzregion zwischen Indien und Myanmar. Wichtig ist es zunächst hervorzuheben, dass es sich bei dieser nach Europa eingeschleppten und seit 2014 auch in Teilen Deutschlands nachgewiesenen Asiatischen Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) nicht um die immer wieder in den Medien genannte Japanische Riesenhornisse (Vespa mandarinia) handelt.
Die Art gelangte mit Warensendungen aus Asien nach Frankreich. Ihre Ausbreitung in Frankreich verlief sehr schnell. Innerhalb weniger Jahre wurden rund zwei Drittel des Landes besiedelt. Nur aus den nordöstlichen Departements liegen bisher keine Nachweise vor. Die Ausbreitung erreichte auch die grenznahen Regionen Spaniens und Italiens. Ein isoliertes Vorkommen entwickelte sich in Nordportugal. Aus Südbelgien liegt ein Einzelnachweis vor (Witt 2015).
Ausbreitung in Deutschland und Bayern
In Deutschland wurde die Art erstmals 2014 in der baden-württembergischen Stadt Waghäusel bei Karlsruhe entdeckt. Der erste bestätigte Nestfund gelang im November 2014 in Büchelberg (Rheinland-Pfalz). Nachweise liegen unterdessen aus Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Berlin und seit Kurzem auch aus Bayern vor.
2018 wurden Nester der Asiatischen Hornisse in und um Karlsruhe gefunden. Zwei der Nester befanden sich in luftiger Höhe von etwa 20 Metern in den Kronen von Laubbäumen, sodass sie erst nach Beginn des Laubfalls ab Ende Oktober entdeckt und entfernt werden konnten (Höcherl und Berg 2019).
In Bayern wurde am 22.10.2022 bei Neuhütten im Spessart eine Asiatische Hornisse fotografiert. Dies ist wahrscheinlich der dokumentierte Erst-Nachweis dieser Art für Bayern. Im Jahr darauf, 2023, wurden fünf Nester aufgefunden und entfernt, das letzte im unterfränkischen Miltenberg.
Merkmale und Unterscheidungen zur Hornisse
Es ist wichtig, die Asiatische Hornisse von der geschützten heimischen Hornisse (Vespa crabro) sicher zu unterscheiden. Die Asiatische Hornisse ist insgesamt etwas kleiner und deutlich dunkler gefärbt als unsere heimische Hornisse. Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse erreichen eine Körperlänge von bis zu 2,5 cm, Königinnen von bis zu 3 cm. Damit sind sie etwas kleiner als unsere Hornisse, die bei den Arbeiterinnen eine Körperlänge von bis zu 3 cm und bei Königinnen von bis zu 3,5 cm erreichen.
Die heimische Hornisse ist durch ihren gelb-schwarz gemusterten Hinterleib deutlich von der Asiatischen Hornisse zu unterscheiden (Abbildung 2). Dagegen ist der Körper der Asiatischen Hornisse überwiegend schwarz. Die Beine sind gelb, was ihr im Englischen den Namen „yellow-legged hornet" (Gelbfuß-Hornisse) eingebracht hat. Nach einem breiten dunklen Bereich ist der Hinterleib ebenso wie das Kopfschild orange bis gelblich gefärbt. Die eingeschleppte Farbvariante V. velutina var. nigrithorax hat eine komplett schwarze Brust (Höcherl und Berg 2018).
Abb. 2a: Asiatische Hornisse (© S. Berg, LWG (Präperate) )
Abb. 2b: Europäischen Hornisse (© S. Berg, LWG (Präperate) )
Europäische Hornisse | Asiatische Hornisse |
---|
blassgelber Hinterleib mit schwarzen Streifen | Schwarze Grundfärbung, breite orangene Streifen am Hinterleib mit feiner gelber Binde am ersten Segment |
Kopfvorderseite gelb, Kopfoberseite rot | Kopfvorderseite orange, Kopfoberseite schwarz |
Brust und Beine schwarzbraun | gelbe Beinenden |
auch nachts flugaktiv | nicht nachtaktiv |
Abb. 3: Unterschiede zwischen Europäischer und Asiatischer Hornisse (© LWF)
Zoombild vorhanden
Abb. 4: Frei in den Ästen einer Erle hängendes Nest der Asiatischen Hornisse. (© S. Berg, LWG)
Ein weiterer Unterschied zeigt sich im Nestbau. Während unsere heimische Hornisse ihre Nester immer in geschützten Höhlen, Nistkästen oder Verstecken anlegt, baut die Asiatische Hornisse in bis zu 20 m Höhe überwiegend frei in den Baumkronen hängende Nester (Abbildung 4). Seltener sucht sie geschützte Stellen zum Nestbau, z. B. unter Dachvorsprüngen.
Aufgrund fehlender einfacher morphologischer Unterschiede können Arbeiterinnen von Königinnen bei der Asiatischen Hornisse im Gelände nicht sicher unterschieden werden.
Auswirkungen auf die heimische Tierwelt
Wenn auch bisher Meldungen von Verlusten von Bienenvölkern durch die Asiatische Hornisse bei uns nur Einzelfälle sind, so zeigen die Erfahrungen aus unseren Nachbarländern, dass sie durchaus eine Bedrohung für die Imkerei darstellen kann. Im Vergleich zu unserer heimischen Hornisse, die bekanntlich auch einzelne Honigbienenarbeiterinnen abfängt, aber den Hauptanteil ihrer Nahrung mit Larven und Imagines von Fliegen und Mücken deckt, machen bei Vespa velutina Honigbienen 37 bis 85 % der Beute aus (Höcherl und Berg 2019). Honigbienen sind damit für die Asiatische Hornisse ein wichtiger Bestandteil ihres Nahrungsspektrums, dennoch kommt es nicht grundsätzlich zu einer Zerstörung ganzer Honigbienenvölker. Hintergrund ist, dass Bienenvölker bei einem starken Beflug der Asiatischen Hornisse ihre Flugaktivität einschränken oder sogar ganz einstellen. Da die Asiatische Hornisse primär die zurückkommenden Arbeiterinnen abfängt, reduziert sich auf diesem Wege ihr Fangerfolg. Dennoch wirkt sich diese Strategie nachteilig für die Bienenvölker aus, denn sie tragen weniger oder keine Vorräte mehr ein. Gerade in der starken Präsenzphase von Vespa velutina im August und September werden die Winterbienen produziert. Durch die verminderte Sammelleistung der Bienenvölker kann das zu einer Unterversorgung der eigentlich langlebigen Winterbienen führen (Requier et. al. 2018).
Zoombild vorhanden
Abb. 5: Vor dem Bienenstock patrouillieren Asiatische Hornissen, um zurückkehrende Honigbienen abzufangen. (© S. Berg, LWG)
Ob sich die Asiatische Hornisse auf die Populationen der heimischen sozialen Faltenwespenarten, z. B. durch Konkurrenz um Neststandorte oder Nahrung und durch Prädation auswirkt, muss genau beobachtet werden. Noch liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über einen negativen Einfluss auf unsere heimische Hornisse vor. Es könnte sein, dass für die Hornisse im Frühjahr eine Konkurrenzsituation hinsichtlich der Nistplätze mit der früher fliegenden Asiatischen Hornisse vorstellbar ist. Andere Arten der sozialen Faltenwespen gehören dagegen zur regelmäßigen Beute der Asiatischen Hornisse und könnten somit durch Prädation direkt beeinträchtigt werden.
Die Völker der Asiatischen Hornisse sind deutlich individuenreicher als die der heimischen Hornisse. Die maximalen Zahlen liegen bei der heimischen Hornisse bei 1.700 produzierten Individuen (Witt 2015), während Völker der Asiatischen Hornisse über 10.000 Individuen erreichen können (Witt 2015).
Nach den Vorgaben der EU-Verordnung 1143/2014 muss jedes Vorkommen der Asiatischen Hornisse bei den zuständigen Umweltbehörden gemeldet werden (in Bayern die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise bzw. kreisfreien Städte). Die heimische Hornisse (Vespa crabro) ist als besonders geschützte Art nach Bundesartenschutz-Verordnung (BArtSchV Anl. 1) i. V. m. § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eingestuft. Daher ist es in der Praxis wichtig, beide Arten nicht zu verwechseln. Die Asiatische Hornisse lässt sich, wie oben beschrieben, gut und einfach von der heimischen Hornisse unterscheiden.
Das Institut für Bienenkunde und Imkerei (IBI) der LWG in Veitshöchheim hat eine Unterscheidungshilfe im Scheckkartenformat herausgebracht, die an Imker verteilt wurde. Außerdem wurde dort bereits 2017 erfolgreich das Vorwarnsystem „Bee Warned" gegen die Asiatische Hornisse und den Kleinen Beutenkäfer eingeführt (Höcherl und Berg 2017, 2019). Die „BeeWarned" Internetseite ist auch die offizielle Meldeplattform für verifizierte Funde der Asiatischen Hornisse.
Ausblick
Das Gefahrenpotential der Asiatischen Hornisse für heimische Arten wie v. a. Honigbiene (Apis mellifera) und Hornisse (Vespa crabro) bleibt abzuwarten. Die Gefährlichkeit dieses Insekts für den Menschen wird leider häufig übertrieben. Aufgrund ihrer hohen Individuenzahl und Nestdichte kann die Asiatische Hornisse Einfluss auf die Biodiversität nehmen. Für die Imkerschaft ist es eine neue Herausforderung, der jedoch mit Maßnahmen wie dem Schutz der Bienenvölker durch spezielle Vorbauten an den Bienenkästen bis zu einem gewissen Grad begegnet werden kann. Sollten die Völker der Asiatischen Hornisse in Deutschland aufgrund ungünstigerer klimatischer Bedingungen grundsätzlich individuenärmer bleiben, wären damit auch viele mögliche Problemszenarien abgemildert (Witt 2015).
Ihre Einwanderung gilt mittlerweile als unumkehrbar. Wir werden mit dieser Art leben müssen. Das Monitoring und die Beobachtung dieser „neuen" Insektenart soll aber helfen, deren Ausbreitung zu erfassen und zu dokumentieren. Eine erhöhte Aufmerksamkeit, v. a. der Imker und der interessierten Naturbeobachter, ist weiterhin notwendig und sinnvoll, aber ohne Hysterie auf der einen oder Verharmlosung auf der anderen Seite.
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