LWF Wissen 87
Die Moorbirke im bayerischen Staatswald
von Sebastian Höllerl, Sabrina Thoma, Heinrich Wimmer, Rasmus Ettl, Kay Müller, Sharon Rakowski, Kilian König, Axel Reichert und Markus Kölbel

Mann vor dicker Moorbirke in warnorangener Jacke

Abb. 1: Einzelne starke Moorbirke (BHD von 80 cm) am FB Selb, Revier Weißenstadt mit Revierleiter Patrick Lehmann. (© A. Reichert)

Die Moorbirke ist im Bayerischen Staatswald auf knapp 7.000 Hektar in unterschiedlichen Anteilen von einzeln bis führend beteiligt. Über die Hälfte dieser Flächen sind als Moorstandorte kartiert. Sie hat eine hohe Bedeutung für die Biodiversität in Moorwäldern und bereichert das Landschaftsbild. Waldbaulich hat sie vor allem aufgrund ihrer Pioniereigenschaften eine Bedeutung, die aufgrund von zunehmenden Störungen im Rahmen des Klimawandels noch steigen wird. Vor allem auf feuchten Standorten kann sie nach Kalamitäten einen Vorwald bilden, der den nachfolgenden Baumarten Schutz gegen Frost oder Wind bietet und eine zu starke Vergrasung des Waldbodens verhindert. Die Bayerischen Staatsforsten streben an, die derzeit relativ knappe Saatguterntebasis zu verbessern, indem sie zulassungsfähige Erntebestände suchen und Erntemöglichkeiten ausnutzen. Dies wird künftig die Möglichkeiten zur Neubegründung mittels Saat erweitern. Im Rahmen der Moorrenaturierung bei den Bayerischen Staatsforsten wird die Moorbirke angemessen berücksichtigt.

Verbreitung der Moorbirke im bayerischen Staatswald

Die relativ seltene, aber nicht nur ökologisch wertvolle Mischbaumart Moorbirke kommt bei den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) aktuell nur in geringem Umfang vor. Nach aktuellem Stand der Forsteinrichtung ist die Moorbirke auf einer Fläche von rund 6.850 Hektar am Bestandesaufbau beteiligt (Abbildung 2 links). Auf der weit überwiegenden Fläche ist die Moorbirke meist einzelstammweise als Mischbaumart am Bestandesaufbau beigemischt. Auf etwa 950 Hektar ist sie die führende Baumart.

Mancherorts finden sich Moorbirken als markante einzelne Besonderheiten im Waldbild (Abbildung 1).

Nach den Ergebnissen der regelmäßigen Inventur im Rahmen der Forsteinrichtung beträgt die Netto-Fläche der Moorbirken in der Oberschicht 432 Hektar, zudem kommen rund 140 Hektar im Unter- und Zwischenstand vor. In der Vorausverjüngung (bis 5 m) stocken etwa 120 Hektar Moorbirke.

Tabelle 1 zeigt das flächenmäßige Vorkommen der Moorbirke im Vergleich zur Sandbirke und zur Vogelbeere nach Altersklassen. Hier wird zum einen der Pionierbaumcharakter der Moorbirke offenkundig. Das Vorkommen beschränkt sich im Wesentlichen auf die erste bis vierte Altersklasse mit einem leichten Schwerpunkt in der dritten Altersklasse. Ab der vierten Altersklasse nehmen die Vorkommen deutlich ab. Zum anderen wird klar, dass die Moorbirke insgesamt wesentlich seltener ist als die anderen beiden Pionierbaumarten.
Tabelle 1: Darstellung der Fläche in ha in Abhängigkeit der Altersklassen mit je 20 Jahren (I – IX) für die Baumarten Sandbirke, Moorbirke und Vogelbeere.
Baumart/Fläche (ha)Altersklasse IAK IIAK IIIAK IVAK VAK VIAK VIIAK VIIIAK IXSumme
Sandbirke32305621194221751182543146441615299
Vogelbeere391314822029142152105749
Moorbirke858313683388000432
Bayernkarte der Moorflächen und des MoorbirkenaufkommensZoombild vorhanden

Abb. 2: Verteilung der Moorbirke auf Flächen der BaySF (links) und Verteilung aller Moorflächen in Bayern laut Standortskartierung (rechts). Nachdem zum Sichtbarmachen der Vorkommen stark überzeichnet werden muss, können die Grafiken nicht verschnitten werden. (© S. Rakowski, BaySF)

Wie ihr Name schon verrät, ist die Moorbirke häufig auf Moorstandorten vertreten, aber nicht ausschließlich dort. Vielmehr kommt sie auch auf mineralischen, oft allerdings anmoorigen Feuchtstandorten, auch auf wechselfeuchten Standorten sowie beispielsweise am Rand von Blockhalden vor. Abbildung 2 zeigt links die Standorte, auf denen die Moorbirke vorkommt und rechts die Moorstandorte. Um die geringen Vorkommen sichtbar zu machen, wurden die Punkte flächenmäßig deutlich überhöht. Aufgrund der unterschiedlichen Überhöhungsfaktoren können die Vorkommen nicht grafisch miteinander verschnitten werden. Schon okular ist allerdings ein häufiges Zusammentreffen von Mooren und Moorbirkenvorkommen erkennbar. Auf mehr als der Hälfte der Bestandeskulisse von Moorbirke, ist der Standort als Moor kartiert (rund 55 %). Schwerpunkte dieses Zusammentreffens liegen im Voralpenraum und in den Mittelgebirgen Nord-Ost-Bayerns.

Etwa 33 % (ca. 2.250 Hektar) der Bestände mit Moorbirkenbeteiligung sind außer regelmäßiger Bewirtschaftung (a. r. B). Es handelt sich um Sonderstandorte (überwiegend geschützte Biotope) wie Moore, Bruchwälder oder Bestände an der Baumgrenze. Dort sieht die Planung der Forsteinrichtung zumeist Hiebsruhe vor und die Bestände werden nicht bewirtschaftet. Zusätzlich liegen diese Flächen oftmals in Naturwäldern und Naturwaldreservaten.

Bedeutung der Moorbirke bei den Bayerischen Staatsforsten

Die waldbauliche Bedeutung der Moorbirke

In früheren Jahren war die Moorbirke, wie auch die mit ihr verwandte Sandbirke, vor allem als »verdämmendes Weichlaubholz« oder als »Wassersäufer« angesehen und wurde zum Teil systematisch aus den Beständen entfernt. Diese Sichtweise hat sich seit geraumer Zeit fundamental geändert. Es gibt zwar nach wie vor Situationen, in denen die Moorbirke zurückgenommen werden muss, wo sie andere Zielbaumarten aufgrund ihrer frühen Kulmination bedrängt. Aber ihre vielen waldbaulich positiven Eigenschaften werden neben ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung inzwischen sehr geschätzt. So dient sie häufig als willkommenes und wertvolles Füll- und Treibholz in lückigen Kulturen. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist aber ihre pionierartige Fähigkeit, neu entstandene Lebensräume zu erobern. Hierdurch eignet sie sich hervorragend, um einen Vorwald auf Kahlflächen zu bilden, die beispielsweise durch Sturmwurf oder Borkenkäferkalamitäten, insbesondere auf Nassflächen, entstanden sind. Sind die Birken einige Jahre alt, bieten sie den nachfolgenden Baumarten Schutz gegen Frost oder Wind und verhindern eine zu starke Vergrasung des Waldbodens. Aufgrund dieser Eigenschaften wird die Moorbirke im Klimawandel möglicherweise in den nächsten Jahren noch wichtiger werden. Die Klimaperspektive der Moorbirke an sich ist jedoch nicht allzu vielversprechend. In einer Untersuchung der LWF, die sich anhand von Klimaanalogien mit den perspektiven der Baumarten im Frankenwald beschäftigt, rangiert die Moorbirke in der Gruppe der Baumarten, die ihr klimatisches Optimum tendenziell schon überschritten haben (Brandl und Mette 2021). Aber im Hinblick auf zunehmende Kalamitäten und Kahlflächen im Klimawandel wird die Fähigkeit der Moorbirke zur Bildung eines Vorwaldes perspektivisch dennoch erst einmal an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus stellt die Moorbirke eine zusätzliche Baumart beim Aufbau der Waldbestände dar, was grundsätzlich aufgrund der Diversifikation einen Beitrag zur Risikostreuung leistet. Nicht zuletzt erzeugt die Moorbirke ein attraktives, oft unterschätztes Nutzholz.

»Weichlaubholz« der Moorbirke – härter als gedacht

Das Holz der Birke ist bei weitem nicht nur ein begehrtes Brennholz für offene Kamine. Neben Spezialverwendungen wie für Obstkisten (Birkenholz hat kaum Eigengeruch) oder Wäscheklammern (Birkenholz färbt nicht ab) eignet es sich durchaus auch für die Herstellung von Möbeln oder Parkettböden. Die Bezeichnung »Weichlaubholz« kann hierbei ein Stück weit irreführend sein. Das Holz der Birke mit einer Brinell-Härte von durchschnittlich 27 N/mm² erreicht zwar nicht die Härte vom Holz einer Buche oder Eiche (40 – 42 N/mm²), aber es ist deutlich härter als das der Pappel, Erle oder Linde (15 N/mm²) und liegt in etwa im Bereich von Walnussholz (27 N/m²) oder Kirschholz (31 N/mm²) (Fachagentur für nachhaltige Rohstoffe 2022). Außerdem kann die Moorbirke – richtig behandelt – durchaus stattliche Dimensionen erreichen (Abbildung 1). Allerdings ist für eine wirtschaftliche Verwertung darauf zu achten, dass entsprechende Dimensionen zügig erreicht werden und ein nicht zu hoher Durchmesser angestrebt wird, da mit zunehmendem Alter bei den Birken die Gefahr der Kernbildung bzw. Fäule deutlich zunimmt.

Naturschutzfachliche und landschaftsökologische Bedeutung

Befallene Moorbirke (links) und Samen der Moorbirke auf Schneeresten (rechts)Zoombild vorhanden

Abb. 3 (links): Moorbirke mit »Hexenbesen«. Verursacher ist der Schlauchpilz Taphrina betulina, der abnorme Triebanhäufungen an Birken induziert. Gut erkennbar ist die typische glatte Rinde und die aufrechte Verzweigung des Feinreisigs bei der Moorbirke. (© A. Reichert, BaySF)

Abb. 4 (rechts): Natürlich angeflogene Samen der Moorbirke auf den letzten Schneeresten. Davon wurde vermutlich die Schneesaat abgeleitet. (© H. Wimmer, BaySF)

Aufgrund ihrer ausgesprochenen Pioniereigenschaften und ihrer Fähigkeit, Freiflächen sehr schnell besiedeln zu können, schützt die Moorbirke den Boden, mindert Erosion und Nährstoffausträge und ermöglicht als Vorwald die Etablierung anderer Baumarten. Auf organischen Böden (Moorböden) und weiteren feuchten Sonderstandorten kann die Moorbirke allerdings nicht nur als Pionier wachsen, sondern auch Teil der Schlusswaldgesellschaft sein. Beim Schutz und der Renaturierung von Mooren kommt der Moorbirke daher eine besondere Bedeutung zu. Dies wird einerseits bei den umfangreichen Planungen berücksichtigt, wobei der Fokus zunächst auf der Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines möglichst optimalen Wasserhaushaltes liegt. Auf der anderen Seite bieten gerade diese Sonderstandorte die Chance, eine eigendynamische Entwicklung der Vegetation zuzulassen.

Die Laubkrone der Moorbirke ist sehr lichtdurchlässig und damit ein hervorragender Lebensraum für Insekten. An ihr finden sich xylobionte und phytophage Käfer, diverse Zikaden, seltene Pflanzenwespen und eine Vielzahl an Schmetterlingen (Müller-Kroehling 2019a, 2019b, Müller-Kroehling und Schmidt 2023). Zahlreiche spezielle Pilzarten besiedeln das wenig dauerhafte Holz. (Müller-Kroehling und Schmidt 2023). Die besondere Bedeutung für die biologische Vielfalt soll durch den bestmöglichen Schutz von Einzelbäumen und durch die Etablierung von Moorbirkenbeständen in Form der Sukzession oder durch gezielte Maßnahmen (Saat oder Pflanzung) gefördert werden.

Darüber hinaus bereichern einzelne, oft eindrucksvolle Exemplare von Moorbirken das Landschaftsbild. Dabei können auch besondere Erscheinungen wie Hexenbesen bewundert werden (Abbildung 3).

Neubegründung von Moorbirkenbeständen

Naturverjüngung und Saat

Die Begründung von Moorbirkenbeständen erfolgt im Idealfall aus Naturverjüngung durch in der Nähe stehende Bäume. Kalamitätsflächen weisen nach der Holzaufarbeitung sehr raue Oberflächen auf. Dabei ist es für die Moorbirkensamen unerheblich, ob Mineralbodenanschluss besteht oder ob es sich um organische Auflagen wie Rohhumus handelt – Hauptsache der Oberboden ist gut durchfeuchtet und frei von behinderndem Grasfilz oder Beerkraut und Brombeere. Die Samen fallen im Spätwinter (Februar, März) vom Baum und treffen im günstigen Fall auf die letzten, schmelzenden Schneereste (Abbildung 4). Durch das Einsickern des Schmelzwassers in den Boden wird der Samen direkt an den Boden gebracht und erhält gleichzeitig die nötige Feuchtigkeit zur Keimung. An geneigten Standorten funktioniert dies zum Teil nicht, weil der Samen mit dem Schmelzwasser abgeschwemmt wird. Diese natürliche Verjüngung der Moorbirke dient auch als Vorbild für die klassische »Schneesaat«. Dabei genügt rund ein Kilogramm Saatgut, gut vermischt mit rund zwei Eimern Sand, um einen Hektar Moorbirke zu begründen. Das Sandgemisch dient in erster Linie zur besseren Dosierung und leichteren Ausbringung.

Dabei muss es aber – auch wenn das Wort in der forstlichen Welt sehr gebräuchlich ist – nicht unbedingt eine »Schnee«-Saat sein. Der letzte Schnee ist nicht unbedingt erforderlich zur Aussaat, aber der Zeitpunkt (unmittelbar vor, während oder unmittelbar nach der Schneeschmelze) und insbesondere die gute und anhaltende Durchfeuchtung der oberen Bodenschichten sind zwingend für die nachfolgende Keimung im zeitigen Frühjahr. Reicht die Feuchtigkeit im Boden nicht aus, ist dieser Zeitpunkt unter Umständen allerdings nicht geeignet für eine Saat (siehe Ausführungen zu Hindernissen bei der Saat und Praxisbeispiel des Forstbetriebs Allersberg unten). Konkurrenzflora sollte die ersten beiden Jahre nicht übermäßig vorhanden sein, denn das würde den Keimlingen bzw. Sämlingen schnell das nötige Licht nehmen. Insofern ist es im Fall von größeren Kalamitätsflächen wichtig, eine Saat rechtzeitig anzulegen, bevor sich die Grasvegetation zu etablieren beginnt.

Im Zusammenhang mit Wiederaufforstungen nach größeren Kalamitäten werden inzwischen auch andere Techniken der Saat angewandt. Es kommen beispielsweise Scheibenräumgeräte als Anbaugeräte an Harvestern zum Einsatz. Anstelle des reinen Saatguts oder der Mischung aus Saatgut und Sand wird das Saatgut z. T. mit natürlichen Materialien pelletiert (ummantelt). Dies hat zum einen den Vorteil der besseren Handhabung, zum anderen aber auch den einer gewissen Feuchtigkeitsspeicherung. Auch Drohnen werden derzeit für die Ausbringung solchen pelletierten Saatguts getestet. Hier kommen z. T. Saatgutmischungen unterschiedlicher Baumarten, auch in der Mischung mit Sträuchern (z. B. Hirschholunder) oder krautigen Pflanzen (Weidenröschen) als sogenannte »Notfallmischung« zum Einsatz (Meinhold und Göttlein 2022).

Hindernisse bei der Bestandesbegründung

Stockausschlag der MoorbirkeZoombild vorhanden

Abb. 5: Sämlinge der Moorbirke (hier Stockausschlag) sind für das Rehwild besondere Leckerbissen. (© H. Wimmer, BaySF)

Für eine Bestandesbegründung der Moorbirke in Form der Saat gibt es verschiedene Hürden. Zunächst ist dies eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Saatgut. Eine vor einigen Jahren durch das Amt für Waldgenetik (AWG) angelegte Samenplantage fruktifiziert bisher noch nicht in ausreichendem Maße. Es bleibt zu hoffen, dass dies in zwei bis drei Jahren der Fall ist. Darüber hinaus gab es bis vor kurzem gemäß Erntezulassungsregister lediglich zwei zugelassene Erntebestände in Bayern. BaySF ist auf der Suche nach weiteren geeigneten Beständen, um die Erntebasis zu erweitern und war in zwei Fällen bereits erfolgreich.

Eine weitere Hürde ist klimatischer Natur und durch den Klimawandel hervorgerufen. Umfangreiche Schneefälle sind inzwischen seltener geworden, sodass eine klassische Schneesaat zunehmend schwieriger wird. Stattdessen gibt es im Frühjahr immer häufiger ausgeprägte Trockenperioden, welche die jungen Keimlinge empfindlich schädigen können.

Ein drittes Hindernis ist der Verbiss durch Schalenwild (Abbildung 5). Die Moorbirke wird häufig und massiv verbissen. Sie ist deutlich attraktiver für Schalenwild als die Sandbirke. Dies ist oft selbst bei reduzierten Rehwildbeständen problematisch. Deshalb ist es unerlässlich, die Verjüngungsflächen groß genug auszuwählen (mindestens 0,1 bis 1,0 ha) und eine Zäunung ist oft nicht vermeidbar. Ab dem dritten Jahr nach der Ansamung ziehen die jungen Pflanzen im Wachstum stark an und entwachsen dem verbissgefährdeten Bereich schnell.

Beispiel der gelungenen Begründung von Moorbirken- beständen am Forstbetrieb Allersberg

Am Forstbetrieb Allersberg wurden einige Moorbirkenbestände erfolgreich durch Saat begründet. Die Ausbringung des Saatgutes erfolgte händisch auf nassen oder anmoorigen Freiflächen. Das vorrangige Ziel war eine initiale Bestockung, sowie die ökologische Beimischung der Moorbirke. Dabei wurde im Abstand von 1,5 – 2 m der Humus an geeigneten Kleinstandorten mit dem Schuh entfernt und somit der Mineralboden freigelegt. Die Reihen waren ca. 2 – 2,5 m voneinander entfernt. Das Saatgut wurde in reiner Form, ohne Mischung mit Sand, auf der Fläche ausgebracht. Zwischen Daumen, Mittelfinger und Zeigefinger wurde eine »Prise« Samen aufgenommen und auf dem Mineralboden verteilt. Im Schnitt wurden 0,3 – 1 kg Saatgut/ ha auf die Fläche verteilt. Die Saaten wurden ohne Schnee im März bis Mai angelegt. Der sonst für die Saat empfohlene auslaufende Winter wurde gemieden, da ein trockenes Frühjahr zu Totalausfällen führen kann. Der Forstbetrieb Allersberg konnte in der Vergangenheit mit Schneesaaten keine Erfolge erzielen.

Wuchshülle zeichnet die Moorbirke in einem Sandbirkenbestand

Abb. 6: Moorbirke mitherrschend in Wuchshülle, umgeben von Sandbirken in Wuchskonkurrenz. Die Wuchshülle wurde zugunsten einer schnellen Erkennung bei der Mischwuchsregulierung noch belassen. Revier Roth, Distrikt Abenberger Wald, Abteilung Nutzung. (© K. König, BaySF)

  • Ganzjährig intensiver Wildverbiss. Auch bei einem weitgehend angepassten Wildstand waren die Moorbirken massiv gefährdet und wurden deshalb zum Teil mit Wuchshüllen geschützt.
  • Konkurrenz durch andere Pioniergehölze wie Sandbirke, Aspe und Kiefer auf der Freifläche (Abbildung 6). Eine Mischwuchsregulierung zugunsten der Moorbirke war unerlässlich.
  • Erkennen der Moorbirke im unbelaubten, jungen Stadium beim Einzelschutz und bei der Mischwuchsregulierung. Ein hilfreiches Merkmal sind die behaarten jungen Triebe im Vergleich zu den warzigen rauhen Trieben der Sandbirke.
Auf den ersten Probeflächen des Forstbetriebes sind aufgrund des Schalenwildes nur noch einzelne buschige Moorbirken, in den natürlich angeflogenen Pionieren, übrig geblieben. Nach dieser Erkenntnis wurden die Moorbirken zum Teil einzeln geschützt und somit blieben sie konkurrenzfähig zu den Pionierbaumarten. Die Saaten sind inzwischen als erfolgreich zu bewerten und haben den Dickungsschluss erreicht (Abbildung 7). Die nächsten Schritte zur künftigen Erhaltung der Moorbirken werden nun die Mischungserhaltung und in absehbarer Zeit die Durchforstung zur Umlichtung der Kronen sein.

Waldbauliche Behandlung: Rechtzeitige Pflege tut Not

Blick in eine erfolgreiche Moorbirkensaat mit dünnen StämmchenZoombild vorhanden

Abb. 7: Gelungene Moorbirkensaat mit natürlich angeflogenen Sandbirken. Saatguteinsatz von 1 kg/ha; Revier Hilpoltstein, Distrikt Schweinszucht, Abteilung Kirchbügel. (© K. König, BaySF)

In den meisten Fällen, wo sich die Moorbirke im Frühjahr natürlich verjüngt hat oder mittels Saat begründet wurde, stehen auch Sandbirken in der Nähe, welche sich im darauffolgenden Herbst ebenfalls mit ihren Samen auf diesen Flächen einbringen. Sandbirken wachsen bei uns in den ersten Jahren schneller als Moorbirken und werden zu einer massiven Konkurrenz. Deshalb kann auf eine frühzeitige Konkurrenzregelung zu Gunsten der Moorbirke i. d. R. nicht verzichtet werden. Bei einer durchschnittlichen Höhe von 2 bis 4 Metern werden dabei rund 100 möglichst vorwüchsige Moorbirken je Hektar ausgewählt und von Sandbirken oder anderen Konkurrenten befreit. Die ausgewählten Moorbirken werden dabei im Radius von 1 bis 2 Metern ausgekesselt. Bis zu dieser Höhe können die samtartigen, mit Flaum behaarten jungen Moorbirken- triebe noch deutlich von den rauen, warzenbehafteten Jungtrieben der Sandbirke unterschieden werden. Werden die Bäumchen höher, ist bei gleich aussehender Rinde, vom Boden aus kaum ein Unterschied mehr zu erkennen (Abbildung 8).

Bei einer Oberhöhe von 12 bis 15 m lässt das Höhenwachstum der Moorbirke nach. Baumarten wie Fichte, Kiefer und evtl. Spirke, welche sich auf solchen Standorten unweigerlich auch angesamt haben, ziehen in den Kronenraum der Birken nach. Die Birke benötigt aber jetzt zunehmend mehr Kronenfreiheit. Bei zu erwartenden Baumhöhen von 25 bis 30 m werden die Moorbirken ab ca. 12 m Höhe kontinuierlich umlichtet und von Kronenspannung freigehalten, um später einen Kronenanteil von ca. 50 % zu erhalten. D. h. alle Konkurrenten und alle von unten in die Krone drängenden Bäume müssen binnen eines Jahrzehnts kontinuierlich und dauerhaft entfernt werden. Kronenberührungen zur Birke sollen künftig vermieden werden. Um zur Risikostreuung im Klimawandel gemäß dem Vier-Baum-Konzept der BaySF auch auf diesen nassen, stets sturmwurfgefährdeten Standorten, möglichst 4 Baumarten zu etablieren, muss bei dieser Höhe die Entscheidung gefällt werden, wo welche Baumart weiter gefördert wird. Die Moorbirke darf dabei nicht zu kurz kommen. Bis zu 50 Moorbirken je Hektar können ausgewählt und zügig freigestellt werden. Dabei ist es sinnvoll, die Moorbirken gruppen- bis kleinflächenweise auszuwählen und vorhandene Mischbaumarten nebenan zu fördern.
Ein Blick in einen Bestand mit fortgeschrittenen BaumhöhenZoombild vorhanden

Abb. 8: Bei fortgeschrittenen Baumhöhen ist die zweifelsfreie Unterscheidung zwischen Sand- und Moorbirke nicht einfach. (© H. Wimmer, BaySF)

Ohne einen Nebenbestand stellt sich im weiteren Verlauf des Bestandeslebens der Moorbirke oft eine Vergrasung oder Bodenverwilderung ein (Abbildung 9). Ein Fichten-Nebenbestand wird deshalb zur Vermeidung der Bodenverwilderung akzeptiert. Sobald die Fichten allerdings in den Kronenraum der Birken durchstechen, müssen sie entfernt werden. Bei konsequenter Umlichtung der Kronen können bis zum Alter von 60 bis 70 Jahren an der Birke Brusthöhendurchmesser von 45 bis 50 cm erreicht und wertvolle, (fast) kernfreie Erdstämme erzielt werden. Zur Förderung der ausgewählten Elitebäume und der angrenzenden Mischbaumarten müssen in den Vornutzungen zahlreiche (Moor-)Birken entnommen werden, welche als Brenn- und Industrieholz verwertet werden können. Aus ökologischen Gründen werden mindestens 10 (Moor-) Birken je Hektar dem natürlichen Alterungs- und Zerfallsprozess überlassen.

Naturverjüngung von Moorbirke unter Moorbirke funktioniert nur, wenn durch einen dichten Unter- und Zwischenstand (i. d. R. bestehend aus Fichte) eine massive Bodenverwilderung verhindert wurde. Dieser Nebenbestand wird komplett entnommen, sobald der Bestand verjüngt werden soll. Weitaus häufiger gelingt die Naturverjüngung der Moorbirke auf Sturmwurfflächen von ehemals dichten Fichtenbeständen, wenn Moorbirken in der Nähe stehen. Auf wechselfeuchten Standorten kam es allerdings in den trockenen Sommern der vergangenen Jahre zum Absterben der Birken. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass künstliche Moorbirken-Bestandsgründungen nur auf echten Nassböden erfolgen.

Blick in einen Moorbirkenbestand, weiß-schwarzer Stamm vor grasigem Grund

Abb 9: Kleinflächiger Moorbirkenbestand ohne Nebenbestand mit Kennzeichnung der Elitebäume. (© A. Reichert, BaySF)

Zukunftsperspektiven für die Moorbirke im Bayerischen Staatswald

Balkendiagramm Häufigkeit der Saat und Pflanzung von Moorbirken im Verlauf der JahreZoombild vorhanden

Abb 10: Kulturneubegründungen (Saat und Pflanzung) der Baumarten Moor-, Sandbirke und Vogelbeere in den Geschäftsjahren 2015 bis 2022. (© LWF)

Ein Vergleich der Neukulturen von Sand-, Moorbirke und Vogelbeere mittels Saat bzw. Pflanzung in den Geschäftsjahren 2015 bis 2022 (Abbildung 10) zeigt deutlich, dass die Moorbirke in den letzten Jahren, die am häufigsten künstlich begründete Baumart unter diesen drei Pionierbaumarten war. Dabei überwiegen die Flächen, auf denen mit Saat gearbeitet worden ist. Es wurden immer wieder Anstrengungen unternommen, die insbesondere ökologisch wichtige Mischbaumart neu zu begründen. Allerdings waren die Flächen in den letzten Geschäftsjahren aufgrund einer knappen Saatgutversorgung deutlich rückläufig. Diesem Trend wollen die BaySF entgegentreten, indem sie sich bietende Erntemöglichkeiten konsequent nutzen und vor allem indem sie aktiv nach zulassungsfähigen Erntebeständen suchen. Im aktuellen Jahr des »Baum des Jahres« hatte man bereits Erfolg und es konnten zwei sehr schöne Bestände ausfindig gemacht werden. Der zuständige Kontrollbeamte und das AWG waren sofort aktiv und die Bestände sind bereits zugelassen. Darüber hinaus werden aktuell Möglichkeiten einer Ernte und Saat der seltenen in der Rhön beheimateten Karpatenbirke, einer Unterart der Moorbirke, ventiliert.

Die Moorbirke wird insgesamt im Bayerischen Staatswald in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Angesichts zunehmender Kalamitäten im Zusammenhang mit dem Klimawandel werden ihre Eigenschaften als Pionierbaumart vor allem auf feuchten und nährstoffarmen Standorten für die Bildung von Vorwäldern immer wichtiger werden. Auf organischen Böden (Moorböden) und weiteren feuchten Sonderstandorten wird sie auch Teil der Schlusswaldgesellschaft sein. Wegen ihrer hohen ökologischen Bedeutung sollten einzeln oder in geringen Anteilen beigemischte Moorbirken unbedingt erhalten und gefördert werden. Bei der Renaturierung von Mooren wird sie im Rahmen umfangreicher Erhebungen zu Vegetation, Hydrologie und ggf. zur Fauna berücksichtigt werden. Die aus diesen Erhebungen abgeleiteten Planungen werden eine angemessene Beteiligung der Moorbirke fördern.

Literatur

  • Brandl, S.; Mette, T. (2021): ANALOG - Waldzukunft zum Anfas- sen. Klimawandel und Baumartenwahl: Beispiel Frankenwald. LWF Aktuell 3/2021, S. 42-45
  • Fachagentur für nachhaltige Rohstoffe (FNR) (2022): Laubholz. Über die Nutzung und Verwendung einheimischer Laubhölzer
  • Meinhold, A.; Göttlein, A. (2022): Schadflächen im Franken- wald - Herausforderung in neuer Dimension. LWF Aktuell 6/ 2022, S. 17-19
  • Müller-Kroehling, S. (2019a): In Dubio pro Betula - Plädoyer für mehr Toleranz gegenüber der Moorbirke in Mooren. Anliegen Natur 41(1), S. 136-144
  • Müller-Kroehling, S. (2019b): Birken in Mooren: Plädoyer für eine forstliche Neubewertung. AFZ-Der Wald, 4/2019, S. 11-13
  • Müller-Kroehling, S.; Schmidt O. (2023): Die Moorbirke - wichti- ger Bestandteil der Biodiversität in Mooren. LWF-Wissen 87, S. 34-53

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Weiterführende Informationen

Autoren

  • Dr. Sebastian Höllerl
  • Sabrina Thoma
  • Heinrich Wimmer
  • Rasmus Ettl
  • Kay Müller
  • Scharon Rakowski
  • Kilian König
  • Axel Reichert
  • Markus Kölbel