Christine Franz, Ulrike Geise und Ulrich Meßlinger
Gelbbauchunken in Bayern und was Waldbesitzer für sie tun können - LWF-aktuell 130
Fast die Hälfte der Gelbbauchunken-Fundorte in Bayern liegt im Wald. Der bayerischen Waldbewirtschaftung kommt damit eine hohe Verantwortung für diese FFH-Art zu.
Es steht insgesamt nicht gut um die Gelbbauchunke in Deutschland. Im letzten Nationalen FFH-Bericht 2019 wurde ihr auch in Bayern ein ungünstiger bis schlechter Erhaltungszustand konstatiert. Von den 187 bayerischen FFH-Gebieten, in denen sie gemeldet ist, sind 85 überwiegend mit Wald bestockt. Im Rahmen einer integrativen Waldbewirtschaftung gibt es jedoch eine Reihe einfacher Möglichkeiten, der Art wieder »auf die Sprünge« zu helfen.
Als mitteleuropäischer Endemit genießt die Gelbbauchunke (Bombina variegata) über die Fauna-Flora-Habitat (FFH) -Richtlinie einen hohen internationalen Schutz. Sie ist eine Art des Anhangs II der FFH-Richtline, für deren Erhalt FFH-Gebiete ausgewiesen wurden.
Ziel ist der Erhalt oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes. Außerdem greift hier das sogenannte Verschlechterungsverbot. Zudem ist sie auch im Anhang IV aufgeführt und somit durch das Artenschutzrecht streng geschützt. Lokale Populationen – auch außerhalb von FFH-Gebieten – dürfen somit nicht erheblich beeinträchtigt werden.
Rund ein Drittel des Gesamtareals der Gelbbauchunke liegt in Deutschland (Steinicke et al. 2002). Innerhalb Deutschlands wiederum stellen Bayern und Baden-Württemberg das Hauptverbreitungsgebiet dar. Bayern hat dementsprechend eine sehr hohe Verantwortung für die Erhaltung dieser Art (Abbildung 2).
Eigentlich eine Pionierart der Auen
Abb. 1: Die Gelbbauchunke ist deutschlandweit sehr gefährdet. (Foto: hfuchs, panthermedia.net)
Heute besiedelt die Art hauptsächlich von Menschen geschaffene Ersatzlebensräume wie Steinbrüche, Sand-, Ton- und Kiesgruben oder militärische Übungsgelände, wo durch den laufenden Betrieb immer wieder geeignete Kleingewässer entstehen. Im Wald sind es heute vor allem wassergefüllte Fahrspuren und Gräben, die die Gelbbauchunke als Reproduktionsgewässer nutzt.
Insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern gibt es noch großflächigere Gelbbauchunken-Vorkommen in Wäldern. Dies spiegelt sich auch in der Anzahl der Wald-FFH-Gebiete wieder, in denen sie als Schutzgut gemeldet ist. Zwar kommt sie dort meist nur in geringen Individuendichten vor, dennoch haben die Wald-Unkenbestände eine wichtige Funktion für die Vernetzung der isolierten Populationen im Offenland. Daher ist es umso wichtiger, diese Vorkommen in den Wäldern zu stabilisieren.
In bayerischen Wald-FFH-Gebieten noch häufig anzutreffen
Abb. 2: In Bayern ist die Gelbbauchunke zwar noch weit verbreitet, aber der Erhaltungszustand der Populationen ist häufig ungünstig bis schlecht. (Grafik: LWF)
In nur einem einzigen FFH-Gebiet wird der Erhaltungszustand mit sehr gut (Bewertung »A«) bewertet und nur in 30 % der Gebiete geht es dem kleinen Lurch gut (Bewertung »B«). 44 % der Vorkommen in den FFH-Gebieten sind dagegen so individuenarm (weniger als 50 erwachsene Tiere), dass sie mit »C« (mittlerer bis schlechter Erhaltungszustand) bewertet werden mussten. In rund 25 % der FFH-Gebiete konnte die Art sogar gar nicht mehr nachgewiesen werden.
Keine Fortpflanzung ohne Kleingewässer
Abb. 3: Schematische Darstellung von Gumpen beiderseits von Wegdurchlässen (oben) und eines kaskadenartig profilierten Wegseitengrabens (unten) (Grafik: LWF)
Andererseits müssen die Kleinst-Gewässer zumindest so groß sein, dass sie nicht austrocknen, bevor sich die Larven darin fertig entwickelt haben. Die Unke durchläuft die Entwicklung vom Ei bis zum »fertigen« Amphibium in einer sehr kurzen Zeit von zum Teil nur 4 bis 6 Wochen. Kleinste Gewässer von nur einem Quadratmeter Größe und einer handbreiten Wassertiefe können bereits als Laichgewässer geeignet sein (Abbildungen 3 und 5).
Die beiden Amphibienexperten und Mitautoren Ulrike Geise und Uli Meßlinger erarbeiteten eine Reihe von Vorschlägen, wie im Rahmen der forstlichen Bewirtschaftung Kleingewässernetze im Wald etabliert werden könnten – zum Beispiel durch kleinere Maßnahmen in Wegseitengräben (Geise et al. 2020).
Kleinstgewässer am Wegesrand
Abb. 4: Die Gelbbauchunke hat bezüglich ihrer Laichgewässer nur geringe Ansprüche: vegetationsarm, besonnt und nur für wenige Wochen wasserführend sind schon ausreichend für eine erfolgreiche Fortpflanzung. (Foto: C. Franz)
Eine ähnlich positive Wirkung wird erzielt, wenn die Sohle von Wegseitengräben nicht plan, sondern strukturiert angelegt wird: im ebenen Gelände mit muldenartigen Vertiefungen bzw. Gumpen, bei leichter Neigung in Stufen und in steilerem Gelände kaskadenartig (Abbildung 3, unten). Die Dauer der Wasserführung kann dabei durch punktuelles Verdichten (z. B. mit Baggerschaufel) verlängert werden. So können kleine Wasserflächen bereitgestellt werden, die von Unken gern angenommen werden. Durch ihre perlenartige Reihung entlang von Wegen bilden sie zudem Fortbewegungskorridore und verbessern die Durchlässigkeit für Amphibienwanderungen auch in trockeneren Wäldern.
Auch am Rand von Holzlager-, Wende- und Parkplätzen, wo schwere Fahrzeuge wenden und rangieren, ist oft genügend Platz für die gezielte Anlage verdichteter »Pfützen«. Ohne die Nutzung dieser Flächen einzuschränken, können durch regelmäßiges Befahren die Kleinstgewässer offengehalten werden. Ein ähnliches Vorgehen ist an breiten Wegbanketten sowie an Wegeinfahrten und -kreuzungen denkbar.
Fahrspuren im Wald: problematisch, aber bedeutsam
Im Spannungsfeld zwischen Amphibien- und Bodenschutz muss im Einzelfall geprüft werden, ob die entstandenen Gewässer für den lokalen Unkenbestand bedeutend sind. Diese sollten dann erhalten bleiben, bis alternative, für Unken gleichwertige Kleingewässer in der näheren Umgebung angelegt wurden. In jedem Fall sollte auf ein Durchfahren der mit Unken besetzten Fahrspuren zur Fortpflanzungszeit (April–September) verzichtet werden. Wie oben dargestellt, gibt es aber vielfältige kostengünstige Alternativen zu den Fahrspuren, um der Gelbbauchunke geeignete Laichgewässer zur Verfügung zu stellen.
Nicht vergessen werden dürfen dabei aber auch die ursprünglichen Primärhabitate vieler Amphibien. Vielleicht bietet sich ja in manchen Waldgebieten die Möglichkeit einer Wiederzulassung von Gewässerdynamik und der Renaturierung ehemaliger Lebensräume entlang von Fließgewässern an (z. B. durch Gewährenlassen des Bibers in geeigneten Bereichen).
Maßnahmen für den Lebensraum »Land«
Abb. 5: Durch stellenweise Verdichtungen in Wegseitengräben entstehen auf einfache Weise Kleinstgewässer. (Foto: U. Meßlinger)
Den Waldbesitzern und Forstleuten bieten sich also auch bei der Gestaltung des Landhabitats viele Möglichkeiten, dem kleinen, gefährdeten Lurch »auf die Sprünge« zu helfen.
Weitere Tipps und Einzelheiten zu Waldamphibien können auch dem in Kürze erscheinenden LWF-Merkblatt »Amphibien im Wald« entnommen werden, das zusammen mit dem Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz in Bayern erstellt wurde.
Zusammenfassung
Es werden einige Möglichkeiten vorgestellt, wie im Rahmen der forstlichen Bewirtschaftung die für den kleinen Lurch so wichtigen Laich-gewässer angelegt und Landlebensräume strukturreich gestaltet werden können.
Literatur
- Geise, U.; Messlinger, U.; Schlumprecht, H. (2020): Möglichkeiten der Entwicklung eines Kleingewässernetzes zur Förderung der Gelbbauchunke im Rahmen der forstwirtschaftlichen Nutzung. Mertinsiella 29: S. 209–222
- Steinike, H.; Henle, K.; Gruttke, H. (2002): Einschätzung der Verantwortlichkeit Deutschlands für die Erhaltung von Tierarten am Beispiel der Amphibien und Reptilien. Natur und Landschaft 77 (2): S. 72–80
Beitrag zum Ausdrucken
Weiterführende Informationen
Autoren
- Christine Franz
- Ulrike Geise
- Ulrich Meßlinger