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Stefan Müller-Kroehling
Importware Trauerbock – LWF aktuell 118

Bockkäfer sind auffällige, attraktive Käfer. Vor allem die größeren Arten erwecken Aufmerksamkeit. Manche der Arten sind streng geschützt wie etwa der Alpenbock. Andere, wie etwa der Asiatische Laubholzbock (»ALB«), sind weltweit gefürchtete invasive Arten und unterliegen strengen Quarantänevorschriften.

Bockkäfer besiedeln überwiegend relativ frisches Holz. Verschiedene Arten wie der Veränderliche Scheibenbock [i](Phymatodes testaceus)[/i] können daher regelmäßig als »Brennholzböcke« mit Brennholz verschleppt werden und auch in Wohnungen gelangen.

Zum Verwechseln ähnlich: Trauerbock – Alpenbock – ALB

Eine auffällige, sehr große Art, die gelegentlich mit Holztransporten nach Mitteleuropa verschleppt wird (Harde 1966; Petzold 2013; Klausnitzer et al. 2016), ist auch der aus Süd- und Südosteuropa stammende Trauerbock ([i]Morimus funereus[/i] bzw. [i]M. asper funereus[/i]). Aufgrund seiner stattlichen Größe und der Färbung der Flügeldecken wird er von Laien zum Teil sowohl mit dem Alpenbock ([i]Rosalia alpina[/i]) oder auch dem Asiatische Laubholzbock (ALB) ([i]Anophlophora glabripennis[/i]) verwechselt.

Eine besondere Ähnlichkeit in Färbung und Zeichnung des Trauerbocks besteht mit dem Alpenbock, mit ähnlich pflaumenblau- grauer Färbung und zwei paarigen, großen und dunkelgrauen Punkten auf den Schultern. Anders als jene Art fehlt dazwischen aber ein ebenso gefärbter Querstreifen gänzlich. Beim ALB hingegen ist die Färbung genau invers, d.h. das Tier ist (glänzend) schwarz mit weißen, kleineren und eher unregelmäßigen Punkten(vgl. Lemme 2016).

In der Systematik mit Fragezeichen

TrauerböckeZoombild vorhanden

Abb. 1: Trauerböcke (Foto: L. Hlasek)

Bereits seit längerem (Bense 1995) ist zwar umstritten, ob [i]Morimus funereus[/i] eine eigenständige Art oder aber eine Unterart von [i]M. asper[/i] ist. Genetische Befunde sprechen für zweiteres (Solano et al. 2013). Im Sinne der FFH-Richtlinie ist die Art jedoch bis auf Weiteres als eigenständiges Taxon geführt.

Solano et al. (2013) halten eine grundsätzliche Revision der Gattung für notwendig, da die Art bisher nach morphologischen Merkmalen fast nicht sicher bestimmbar sei, und plädieren wie bereits Helsdingen et al. (1996) dafür, auch den polyphageren M. asper in den Schutz der Richtlinie einzubeziehen, da auch dieser in seinem Vorkommen rückläufig und an totholzreiche Wälder gebunden sei.

Bense (1995) und Helsdingen et al. (1996) folgend gehören Exemplare mit deutlich abgehobenen Punkten auf den deutlich helleren Flügeldecken zum Taxon [i]funereus[/i]. Es ist auffallend, dass unter den hier mitgeteilten Funden nur solche Exemplare, und keine [i]M. asper[/i] waren. Da [i]M. asper[/i] ein weiteres Wirtsbaumartenspektrum hat, das sogar auch Nadelbäume umfasst, könnte dies zunächst verwundern. Doch erstens werden wohl eher Laubbäume nach Bayern importiert, und die meisten Holzimporte kommen zweitens eher aus Ost- denn aus Süd und Westeuropa, so dass es plausibel ist, dass [i]M. funereus[/i]- Importe auftreten und nicht solche von [i]M. asper[/i].

Habitate und Vorkommen im natürlichen Verbreitungsgebiet

Die Art hat ein pontomediterranes Verbreitungsgebiet (Klausnitzer et al. 2016). Innerhalb Europas ist die wärmeliebende Art auf den Südosten beschränkt, mit Vorkommen im pannonischen und dinarisch-balkanischen Raum. Sie besiedelt xylobiont und polyphag verschiedene Laubbaumarten wie Eichen, Buche, Ahorne und Ulmen; und zumindest für M. asper werden noch weitere Laub- und sogar Nadelbaumarten als Brutbaum aufgeführt. Die Entwicklung der Larven dauert drei bis vier Jahre. Das besiedelte Holz sollte eher feucht und noch mit Rinde versehen sein, aber dennoch in deutlich wärmegetönter Lage liegen, also meist an Südhängen (Helsdingen et al. 1996).

Für Bayern wird das Vorkommen aktuell in der Internet-Datenbank »Colkat« als »fraglich« angegeben (Klausnitzer 2016). In Bayerns Nachbarländern kommt bzw. kam die Art zum Teil vor. Während für Sachsen (Petzold 2013) und Thüringen (Klausnitzer et al. 2016) klar ist, dass es Einschleppungen mit Holztransporten waren, wird für Österreich (Mitter 2001, Zettel & Rabitsch 2010) und Tschechien und Slowakei (Slama 1996) diskutiert, ob die Art möglicherweise teilweise auch autochthon vorkam bzw. vorkommt.

Fundbeobachtungen in Bayern

Einschließlich eines Fundes, der bereits 2015 der für das Monitoring des ALB zuständigen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) mitgeteilt wurde (mdl. Mitteilung Dr. Benker, LfL 5/2018), gelangten dem Autor bisher folgende Zufallsfunde zur Kenntnis:
  • 2015, Garching, Lkr. München (Oberbayern): mit Holz unbekannter Art und Herkunft
  • 2018, südlicher Lkr. Landshut (Niederbayern): möglicherweise mit einer Holzlieferung aus Rumänien (Robinie und andere Laubhölzer)
  • 2018, Karlsfeld, Lkr. Dachau (Oberbayern): vermutlich mit aus Italien stammenden Platten auf einer eingeschweißten Holzpalette

Bockjagd der etwas anderen Art

Vermutlich werden wesentlich mehr Trauerbock-Käfer eingeschleppt und der eine oder andere Trauerbock mit dem ALB oder dem Alpenbock verwechselt. Weitere Fundmeldungen der Art mit Bild und Schilderung der Fundumstände und des möglichen Einschleppungsweges sind an den Autor erbeten.

Rechtliche Bewertung

Asiatischer LaubholzbockZoombild vorhanden

Abb. 2: Asiatischer Laubholzbock (Foto: H. Lemme, LWF)

[i]Morimus funereus[/i] ist durch Anhang II der FFH-RL geschützt. Die Listung in der FFH-Richtlinie ist auch unabhängig davon, ob man ihn als eigene Art oder als Unterart von [i]M. asper[/i] einstuft, da entscheidend ist, was die FFH-Richtlinie mit der Listung dieses Taxons »gemeint hat«. Da die Art in Deutschland nicht heimisch ist, sind für sie keine Gebiete gemeldet worden. Rechtlich unterliegt sie in Deutschland nur dem »besonderen« Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG) und insofern gemäß §44 BNatschG einem Tötungs- und Aneignungsverbot. Gleichzeitig ist es nach §40 BNatschG genehmigungspflichtig, eine nicht heimische Art auszusetzen. Sofern eine »Rückführung« in das Heimatland ausscheidet, die der beste Weg wäre (z. B. anlässlich einer Transportfahrt zurück in das Ursprungsland der erhaltenen Lieferung, mit der das Tier angereist war), sieht sich der Grundbesitzer, auf dessen Fläche der Fund getätigt wurde, der Situation gegenüber, sich das Tier ohne Genehmigung weder aneignen oder töten zu dürfen, noch es in ein anderes Gebiet verbringen und dort freilassen zu dürfen.

Wege der Verschleppung

TrauerbockZoombild vorhanden

Abb. 3: Trauerbock (Foto: J. Hlasek)

Bereits beim Alpenbock ist das Phänomen bekannt, dass über eine zu lange Zeitspanne und vor allem während der Eiablage-Zeit im Wald gelagertes Holz bruttauglicher Holzarten wie eine Falle wirken kann, da es Tiere anzieht, die hier ihre Eier ablegen. Dadurch kann es zum Verschleppen von Tieren mit Holz oder aber später zum Verschleppen von Larven und Puppen mit dem Holz kommen. Da sich die Larven über mehr mehrere Jahre entwickeln, kommt es vermutlich zu einer Reifung im Holz während der Lagerung am Ursprungs- oder am Zielort. Auch ein Einschlag bereits im Wald von der Art besiedelten Holzes wäre als Ursache für das Verschleppen denkbar.

Da die Art auch in den Herkunftsländern des Holzes einen Schutz durch die FFHRichtlinie bzw. in Ländern außerhalb der EU durch die Berner Konvention genießt, sollte verstärkt Sorge getragen werden, dort kein Holz zum Zeitpunkt der Eiablage in der Nähe alter Waldbestände zu lagern, das dann als Falle für Eier legende Weibchen dienen kann (Hardersen et al. 2017). Bruttaugliches Holz aus Waldbeständen, die von der Art besiedelt sind, sollte nicht eingeschlagen werden. Wie genau die Verschleppung erfolgt, und ob diese möglicherweise sogar eine Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes darstellen kann, sollte gegebenenfalls untersucht werden. Es sollte zur guten forstlichen Praxis gehören und entsprechend auch Bestandteil von Zertifizierungssystemen sein, beides (Einschlag besiedelten Starkholzes, Lagerung bruttauglichen Holzes in Waldnähe) möglichst zu vermeiden.

Ausblick

AlpenbockZoombild vorhanden

Abb. 4: Alpenbock (Foto: T. Bosch, LWF)

In einem wärmer werdenden Klima ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis es zu Ansiedlungen der Art in Wärmegebieten Deutschlands kommt. In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet ist die Jahresmitteltemperatur circa 3 Grad wärmer als in hiesigen Breiten. Eine solche Ausbreitung wäre aus Waldschutz- wie aus Waldnaturschutz-Sicht unproblematisch, da die Art kein Primärschädling ist, der gesunde Bäume befällt und zum Absterben bringen kann. Auch ist es eine europäische Art, die wie alle Arten im Klimawandel ihr Areal an sich ändernde Klimabedingungen anpassen können muss. Dazu gehört unter anderem auch, dass Arten aus wärmeren Teilen Europas in wärmer getönten Epochen zu uns kommen, und auch in früheren Warmzeiten schon immer gekommen sind. Heute sehen sie sich einer ungleich fragmentierteren Landschaft gegenüber als jemals zuvor. Bei manchen ausbreitungsschwachen, da flugunfähigen Arten gleicht der Mensch diesen Mangel durch unbeabsichtigte »Transporthilfe« wieder aus.

Literatur

  • Zettl, H.; Rabitsch, W. (2010): Bericht zum Workshop »Biologie und Schutz xylobionter Käfer am Beispiel der FFH-Arten« in der VHS Ottakring in Wien, 28. Februar 2010. – Beitr. Entomofaunistik 11: S. 120–142
  • Bense, U. (1995): Bockkäfer. - Weikersheim, 512 S.
  • Hardersen, S.; Cuccurullo, A.; Bardiani, M.; Bologna, M.A.; Maura, M.; Maurizi, E.; Roversi, P.F.; Sabbatini Peverieri, G.; Chiari, S. (2017): Monitoring the saproxylic longhorn beetle Morimus asper: investigating season, time of the day, dead wood characteristics and odour traps. - Journal of Insect Conservation 21(2). S. 231–242
  • Harde, K.W. (1966): Fam. Cerambycidae, Bockkäfer. – Die Käfer Mitteleuropas Bd. 9, S. 7–94
  • Helsdingen, P.J.; Willemse, L.; Speight, M.C.D. (1996): Background Information on Invertebrates of the Habitats Directive and the Bern Convention, Part I – Crustacea, Coleoptera and Lepidoptera – Nature and Environment 79 (Strasbourg, Council of Europe Publishing), 217 S.
  • Klausnitzer, B.; Klausnitzer, U.; Wachmann, E.; Hromadko, Z. (2016): Die Bockkäfer Mitteleuropas. (3., ergä. Aufl.) Neue Brehm- Bücherei 499 (in 2 Bänden) – Magdeburg, 692 S.
  • Lemme, H. (2016): Praxishilfe Asiatischer Laubholzbockkäfer. Hrsg. LWF & LfL, 118 S.
  • Mitter, H. (2001): Bestandsanalyse und Ökologie der nach FFHRichtlinie geschützten Käfer in Oberösterreich (Insecta, Coleoptera). – Beitr. Naturk. Österreichs 10: S. 439–448
  • Petzold, W. (2013): Ist der Trauerbock Morimus asper funereus (Mulsant, 1862) (Coloptera: Cerambycidae) in Sachsen eingebürgert? Ent. Nachr. Ber. 57(3/4): S. 270
  • Slama, M.E.F. (1998): Tesarikoviti – Cerambycidae. – Krhanice, 383 S.
  • Solano, E.; Mancini, E.; Cuiucci, P.; Antonini, G. (2013): The EU protected taxon Morimus funereus Mulsant, 1862 (Coleoptera: Cerambycidae) and its western Palaearctic allies: Systematics and conservation outcomes - Conservation Genetics 14(3):683-694 (DOI 10.1007/s10592-013-0461-3)

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