Valerie Kantelberg, Gerd Lupp und Marc Koch
»BürgerWald 2.0« - LWF-aktuell 111

Die Waldgenossenschaft Remscheid zeigt, wie mehr »Wert« aus dem Wald gewonnen werden kann

Mit den zunehmenden Ansprüchen an seine vielfältigen Funktionen und den daraus resultierenden Konflikten gerät unser Wald zunehmend in ein gesellschaftliches Spannungsfeld. Die Waldgenossenschaft Remscheid eG bietet Bürgern die Gelegenheit, den Wald in ihrer Region mitzugestalten. Ab einem Genossenschaftsanteil von 500 Euro können Bürgerinnen und Bürger echte, insbesondere jedoch ideelle Waldbesitzer werden. Ziel der Waldgenossen ist es, die zahlreichen Ökosystemleistungen des Waldes in Geldwerte umzurechnen und reale Einnahmen zu erzielen.

»Die Umstände hatten uns an einen Punkt gebracht, an dem wir unbedingt eine neue Idee brauchten. Gott sei Dank ist uns diese Idee auch gekommen!« Und ja, es war schon sehr außergewöhnlich, was am 14. März 2013 im nordrhein-westfälischen Remscheid aus der Taufe gehoben wurde. Zu diesem Termin wurde mit der »Waldgenossenschaft Remscheid eG« der erste »Bürgerwald« Deutschlands geboren.

Unter den Gründungsmitgliedern ist auch der Forstamtsleiter der Stadt Remscheid Markus Wolff. Mit ihm sind wir im »Bürgerwald« unterwegs und laufen gerade auf eine Sitzbank zu, von wo aus man einen weiten Blick über den Remscheider Wald genießen kann. Vor der Bank ist ein übergroßer Bilderrahmen aufgestellt, auf dem »Waldbild« geschrieben steht. Durch den Bilderrahmen blicken wir auf einen vielfältigen und baumartenreichen Wald.

Waldweg durch einen Buchenwald mit Holzpolter im FrühlingZoombild vorhanden

Abbildung 1: Wie viel ist uns Wald wert? (Foto: TBR)

»Wald in einem Ballungsraum zu bewirtschaften heißt, sich vor allem intensiv mit den Ansprüchen der Gesellschaft auseinander zu setzen«, erzählt uns Markus Wolff. »Der Wald soll schön sein und vielfältige Leistungen erbringen, gleichzeitig sollte aber die dafür notwendige Bewirtschaftung möglichst unsichtbar bleiben. Der Wald soll Holz für Energie und als Baustoff bereitstellen, zusätzlich Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten und dem Menschen als Erholungs- und Freizeitgebiet dienen. Dann soll er sauberes Trinkwasser liefern, vor Hochwasser schützen, für gesunde Luft sorgen und Lärm abhalten.«

Es ist eine große Herausforderung für Förster und Waldbesitzer, diese Vielfalt der Waldfunktionen im stadtnahen Raum bereitzustellen. Da ist nicht nur großes waldbauliches Können notwendig, sondern es sind auch Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit und ein Gespür für den Nerv der Gesellschaft gefragt.

Im Südwesten Nordrhein-Westfalens stellt sich der Remscheider Forstamtsleiter mit innovativen Methoden und Ansätzen diesen vielfältigen Herausforderungen.

Was bisher geschah

In den Jahren 2006/2007 wurden in der Umgebung von Remscheid vermehrt Wälder an Investoren verkauft. Klamme Haushaltskassen der Kommunen und Sorglosigkeit einiger Waldeigentümer haben dazu geführt, dass diese Wälder vielfach im Kahlschlagverfahren geerntet wurden. Viele, der durch Erholungssuchende stark frequentierten Forstwege blieben in sehr schlechtem Zustand zurück. Gleichzeitig hinterließ der Orkan Kyrill im Januar 2007 große Schäden. Und schon formierten sich erste Bürgerproteste.

Markus Wolff hatte die spontane Idee, nach alternativen Finanzierungsmodellen zu suchen, damit die Wälder vor Ort in Bürgerhand bleiben konnten: »Ganz schnell aber tauchten mit den ersten Überlegungen auch zahlreiche Fragen auf. Was wäre, wenn der stadtnahe Wald ein echter »Bürgerwald« wäre und die Bürger nicht nur als Erholungssuchende in den Wäldern spazieren gehen, sondern sich auch an »ihrem« Wald direkt finanziell und mit ihren Wünschen und Ideen tatkräftig beteiligen würden?

Wäre es derart partizipativ immer noch möglich, den Wald weiterhin nach forstfachlichen Gesichtspunkten zu bewirtschaften? Würden die Bürger dann auch mehr Verständnis für die Wirtschaftsweise der Förster und Waldbesitzer aufbringen? Oder würde der Wunsch nach »Wildnis« die Oberhand gewinnen und die Bewirtschaftung infolgedessen eingestellt werden? Wie geht man damit um, nicht mehr per se als Waldbewirtschafter allein zu entscheiden, was im Wald »richtig« oder »falsch« ist? Welche Rechtsform könnte die Beteiligung zahlreicher »Nicht«-Waldbesitzer ermöglichen? Könnte dadurch vielleicht sogar das Problem der zunehmenden Zersplitterung von Waldflächen durch Erbfolge gelöst werden?«

Der Weg zum Bürgerwald

Eine Dame und zwei Herren stehen in einem Laubwald.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Der Förster Markus Wolff, die Politikerin Jutta Velte und der Banker Volker Pleiß. (v. links); (Foto: T. Ehling für greenpeace-magazin.de)

Markus Wolff sammelte mit dem Sparkassenmanager Volker Pleiß und der Landtagsabgeordneten Jutta Velte eine kleine Gruppe Gleichgesinnter um sich, die schon bald zahlreiche Mitstreiter für ihre Idee gewinnen konnte. Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW, die Landesforstverwaltung NRW und der Landesbetrieb Wald und Holz NRW unterstützen unter anderem in Form eines internationalen Workshops. Hier wurden Beispiele aus England, Deutschland, Slowenien, Italien und weiteren Ländern vorgestellt und mit internationalem Publikum diskutiert.

Markus Wolff erinnert sich noch sehr deutlich an den Ausspruch eines Professors zum Thema Kommunikation im urbanen Wald: »Ihr Förster habt zwar gelernt, mit Bäumen zu sprechen, aber nicht gelernt, zu und mit Menschen zu sprechen«. Am meisten hat ihn aber überrascht, dass das Thema des Gemeinschaftswaldes nicht nur weltweit angewandt, sondern sogar intensiv erforscht wird.

Von diesem Wissenstransfer in die Praxis konnte die kleine Gruppe nun ordentlich profitieren und sich ihrer Ziele und Herausforderungen genauer bewusst werden. Auf dem 7. Bundestreffen der Regionalbewegung nennt Prof. Theresia Theurl von der Uni Münster in ihrem Vortrag über »Netzwerke und Genossenschaften – Schlüsselfaktoren für regionale Initiativen im ländlichen Raum« Bedingungen, die regionale Initiativen wie zum Beispiel Genossenschaften erfüllen sollten, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

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Es gehören dazu: Vertrauen untereinander, Wissen über das »Wie«, die Bereitschaft, voneinander zu lernen, gemeinsame Ziele, Spielregeln für das Miteinander, Methoden für eine verbesserte Entscheidungsfindung und ein »Kümmerer«, der das Ganze im Auge behält.

Wolff hatte mit seiner engagierten Gruppe aus Vertretern der Forstverwaltung und des Forstverbandes Remscheid, der Stadtsparkasse, der Dachorganisation der Rheinischen Genossenschaftsbanken, der lokalen Politik und mit PR-Experten, Geografen und Juristen viele unterschiedliche Kompetenzen vereinigt. Ermutigt von den positiven internationalen Erfahrungen mit genossenschaftlich organisierten Wäldern wurde nun der nächste Schritt eingeleitet.

Durch einen Ideenwettbewerb der Stadtsparkasse Remscheid wollten sich die Gründer nun über die konkrete Realisierbarkeit einer »Wald«-Genossenschaft und der damit verbundenen Notwendigkeiten (Ziele der Genossenschaft, Startkapital, Öffentlichkeitsarbeit zur Gewinnung weiterer Mitglieder) klar werden. So konnte die Waldgenossenschaft mit einem stimmigen Konzept weitere Unterstützer finden und schließlich am 14. März 2013 unter dem Dach des Forstverbandes Remscheid aus der Taufe gehoben werden.

»Ideologiefreies« Waldmanagement

Es gibt zahlreiche Vorteile, die mit dieser Form des Waldbesitzes einhergehen. »Ab einem Mindestbetrag von 500 € je Genossenschaftsanteil kann man Mitglied in der Waldgenossenschaft werden«, erklärt uns Markus Wolff. »Die Waldgenossenschaft ermöglicht den Bürgern Remscheids eine Beteiligungsmöglichkeit mit Kapital bzw. Wald, die im wahrsten Sinne zu einer »Verwurzelung« mit dem Wald führt. So lernen die Mitglieder die Besonderheiten des Waldes nicht nur aus der Sicht eines Erholungssuchenden kennen, sondern erleben den Wald aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln: etwa des Försters, eines Naturschützers, aber auch einer Finanzgesellschaft.

Die Waldgenossen müssen daher ganzheitliche Entscheidungen über das Waldmanagement treffen. Ziel der Waldgenossenschaft ist eine nachhaltige, gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung der Wälder, die ohne Kahlschläge auskommt.« Mittlerweile sind wir an einem Waldstück angekommen, das gänzlich aus der Holznutzung genommen wurde. »Der Wald vor uns wurde vor zwei Jahren Teil der Waldgenossenschaft. Er gehörte einem örtlichen Naturschutzverein.

Der brachte sich in die Waldgenossenschaft ein, weil in der Satzung festgelegt wurde, dass bis zu 10 % der Flächen gänzlich aus der Nutzung genommen werden sollen und sogenannte ›potenzielle Wildnisentwicklungsgebiete‹ werden können.« Die am Gemeinwohl ausgerichtete Satzung ermöglicht es verkaufs- oder tauschwilligen Waldeigentümern, ihre Flächen der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Die achtet bei der Bewirtschaftung auf Integration der gesellschaftlichen Interessen, ohne dabei zu einseitigen Ideologien zu tendieren.

Kapitalanlage Wald

Zweistufiger Buchenwald im Frühling.Zoombild vorhanden

Abbildung 3: Der Wald um Remscheid ist vielfältig, bunt und durchaus strukturreich. (Foto: TBR)

Die Waldgenossenschaft Remscheid eG zielt nicht auf kurzfristig hohe Renditen ab, sondern vor allem darauf, als regionales Wald-Investment den Anteilseignern eine inflationssichere Möglichkeit anzubieten, ihr Kapital langfristig anzulegen.

Die nach ökologischen Kriterien ausgerichtete naturgemäße Waldbewirtschaftung konnte in den Jahren 2013 und 2014 je 2 % Kapitalrendite erwirtschaften. Markus Wolff ist zuversichtlich:

»Die Rendite der Waldgenossenschaft soll dauerhaft zwischen 1 bis 2 % liegen. Das können wir für die Mitglieder sicherlich realisieren. Im März 2016 waren es knapp 170 Genossenschaftsanteilnehmer mit einer gemeinsamen Fläche von 45 ha.«

Partizipation wird großgeschrieben

Entscheidungsprozesse sind transparent gestaltet, jedes Mitglied hat eine Stimme und kann den Betrieb aktiv mitgestalten. Mitglied kann jeder werden, auch wenn er keine Fläche miteinbringen kann. »Dadurch dass jedes Mitglied, unabhängig von seinen Genossenschaftsanteilen, immer nur ein Stimmrecht ausübt, kommt es auch nicht zum Übergewicht einer einzelnen Meinung und damit zu einseitig ausgerichteten Satzungsänderungen.

Das fordert allen Beteiligten natürlich ein besonders hohes Maß an demokratischem Verständnis ab.« erklärt der Forstamtsleiter. Die Fähigkeiten mit Konflikten bzw. ungewohnten Meinungen konstruktiv umzugehen, sind für die Entwicklung derartiger Projekte essenziell. So zeigte sich in einer Umfrage im Jahr 2015, dass viele Mitglieder aus ideellen Gründen Waldgenossen wurden.

Die Waldgenossenschaft hat jetzt ihre Erfahrungen in einem Leitfaden zur Gründung von Waldgenossenschaften nach Genossenschaftsrecht zusammengefasst und dem Landesbetrieb NRW zur Verfügung gestellt

Wie geht es weiter?

Im Fokus der aktuellen Arbeit von Markus Wolff und seinen Mitstreitern steht, die vielfältigen Leistungen des Waldes und dessen integrativer, multifunktioneller Bewirtschaftung noch besser gegenüber der Gesellschaft darzustellen und auch angemessen für die Waldgenossenschaft eG zu entlohnen.

Ziel ist, aus der Region heraus Wald zu stärken und damit wiederum die Region voranzubringen. Ein Ansatz, den zahlreiche Initiativen aus der regionalen Vermarktung von Lebensmitteln verfolgen. Marktgängige Produkte werden dabei mit den Werten Regionalität, Heimatverbundenheit, Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, Transparenz in der Produktionskette sowie Arten- und Klimaschutz verknüpft und aufgewertet.

Der Konsument honoriert diese geschaffenen Werte, indem er einen höheren Preis für derartige Produkte bezahlt.

Die »Wertestudie« sieht Erholung deutlich vor den Holzerträgen

Holzrahmen und Bank auf einem Berg vor einem bewaldetem Tal.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: »Besonderer
Blick« über das bewaldete
Tal der Wupper (Stadtwald. Foto: TBR)

Die Waldgenossenschaft Remscheid eG fragt sich daher: »Wieviel ist uns Wald wert – was leistet der Remscheider Wald für die Gesellschaft?« Dafür sind konkrete Zahlen über den Mehrwert des Waldes für die Region notwendig. In einem vielbeachteten Projekt der Hochschule Ostwestfalen-Lippe haben Dr. Norbert Asche und Lukas Sieberth konkrete Leistungen und den daraus resultierenden Mehrwert der Waldflächen Remscheids erhoben (siehe Kasten).

Die Bewertungsansätze sind fachlich fundiert recherchiert, jeder resultierende Betrag in Euro pro Hektar ist einzeln diskutiert. Dabei wurden sehr konservative Werte verwendet, das heißt, es wurden bei einer Bandbreite an verfügbaren Werten die niedrigsten angesetzt bzw. mit möglichst niedrigen Werten gerechnet. »Der Remscheider Wald generiert für seine Ökosystemleistungen pro Hektar circa 12.000 Euro jährlich.

Der erzielbare Holzerlös als eines der wenigen marktfähigen Produkte des Waldes macht davon jedoch nur einen kleinen Bruchteil, nämlich 3 %, aus.« Nicht marktfähige Produkte des integrativen Waldmanagements der Waldgenossenschaft Remscheid eG wie ein verbesserter Schutz vor Hochwasser (12 %) oder der Bereitstellung von attraktiven Erholungsmöglichkeiten (62 %) erzeugen gemäß diesen Berechnungen ein Vielfaches an Wert.

Die meisten Wälder liefern bei der Bewirtschaftung unter Beachtung nachhaltiger Kriterien derartige Koppelprodukte quasi »gratis« oder »mit etwas Mehraufwand« mit. Richtig bewusst wird dieser ganzheitliche Wert eines Ökosystems in der heutigen konsumorientierten Gesellschaft jedoch oft erst dann, wenn jemand ein »Preisschildchen« dran hängt.

Virtuelle Werte real versilbern

Förster erläutert älterer Schülerklasse etwas. Im Vordergrund ein Anhänger mit verschiedenen Pflanzen.Zoombild vorhanden

Abbildung 5: Baumpflanzaktion zusammen mit der Volksbank Remscheid-Solingen (Foto:
Volksbank Remscheid-Solingen)

Allerdings wird allein durch die Darstellung der Leistungen des Waldes noch kein realer Marktwert generiert. Die Kunst ist nun, aus diesem theoretisch berechneten Mehrwert des Waldes für das Gemeinwohl auch eine Gegenleistung der Gesellschaft zu erhalten. Das können beispielsweise indirekte Leistungen wie eine verbesserte Förderung nicht marktfähiger Leistungen des Waldes sein, aber auch Aufwandsentschädigungen, Spenden etc., oder aber marktfähige Produkte und Dienstleistungen der Waldgenossenschaft, die eine zusätzliche Wertschöpfung ermöglichen.

Markus Wolff hat verschiedene Ideen: »Dabei kann ähnlich wie bei Lebensmitteln mit einem regionalen Label vorgegangen werden. Verbraucher können anhand eines transparenten und verständlich geschriebenen Berichts über die lokalen Leistungen des Waldes nachvollziehen, dass sie mit dem ›Kauf‹ eines Produktes aus dem ›Wald in Remscheid‹ einen Zusatznutzen für sich generieren. Allerdings ist es wegen der begrenzten Zahl an bestehenden marktfähigen Produkten schwierig, diese durch ein derartiges Label aufzuwerten und einen zufriedenstellenden Mehrwert zu generieren.«

Ein weiterer Schritt wäre der auch in der Waldstrategie 2020 diskutierte Ansatz, die Rahmenbedingungen für die Vermarktung und Honorierung der Schutz- und Erholungsleistungen der Wälder zu verbessern Ökosystemdienstleistungen werden zwar inzwischen immer häufiger als Bewertungsmaßstab in der Gesellschaft diskutiert, dennoch fehlt es oft noch an der Umsetzung in die Praxis.
Mann in Aussendienst-ForstuniformjackeZoombild vorhanden

Abbildung 6: Markus Wolff ist Städtischer Forstdirektor bei den Technischen Betrieben Remscheid (Foto: M. Wolff)

Darstellung der Waldleistungen kann aber zu neuen Allianzen und mit etwas Glück und Kreativität sogar zu innovativen Produkten oder Dienstleistungen führen. Ein externes Regionalmanagement kann derartige Prozesse gezielt unterstützen und die Ehrenamtlichen entlasten.

Durch diese Vernetzung und Verknüpfung fachfremder Sektoren und Akteure kann somit eine weitere Form von Mehrwert entstehen, der zunächst nicht in direkten Werten messbar ist, aber als direkter schneller Nutzen »den Blick über den Tellerrand« und damit das Verständnis füreinander fördert.

»Uns gelang es beispielsweise mit Hilfe der Erhebung zu Ökosystemdienstleistungen und der berechneten Werte ein reales Produkt weiterzuentwickeln, indem wir eine Drehgenehmigung für einen Werbefilm aufwerteten. Die Stadt Remscheid führte mit Hilfe einer Spende als Gegenleistung für die Nutzung des Waldes als ästhetische Kulisse des Waldes für die Werbebotschaft einer Brauerei ein Artenschutzprojekt durch.«

Markus Wolff schafft es also mit Marketing und PR, Wald und seine integrative Bewirtschaftung positiv zu kommunizieren und Ansätze für den »Mehr Wert« der vielfältigen Leistungen der Wälder zu generieren. Wolff’s Umgang mit Ökosystemdienstleistungen scheint da erfrischend pragmatisch zu sein und findet aktuell schon Nachahmer in der Fläche.

Eine ähnliche Herangehensweise an die Inwertsetzung von Landschaften kann man in Biosphären, Naturparken und anderen Formen regionaler Initiativen (Leader, ILEK, Ökomodellregion, Regionalmangament etc.) beobachten. Auch hier wird über das regionale Netzwerk der Akteure der Wert der Region und die damit verbundene Bewirtschaftung der Kulturlandschaft besonders gefördert.

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Häufig schlägt sich das dann auch in Form regionaler Produkte nieder wie zum Beispiel bei dem »Initiativkreis Holz aus der Frankenalb« in Form des »Frankenalb-Hauses«. Eine derartige Wertschöpfungskette langfristig und stabil aufzubauen kostet allerdings viel Kraft und Ausdauer aller Beteiligten und es ist immer auch eine bisschen finanzielle Starthilfe und dauerhaftes Marketing nötig, damit sich das Ganze von selbst trägt.

Die Waldgenossenschaft wird in Foren der Finanzwirtschaft unter der Rubrik »Alternative Geldanlage« diskutiert und taucht hier im Vergleich mit der GLS Bank oder der BioBoden Genossenschaft auf. Wolff schafft mit dieser Form der Waldgenossenschaft ein Investment mit positivem Effekt für die Natur und das Gemeinwohl, er gibt den Leuten die Möglichkeit, Anteile an ihrem Bürgerwald zu erwerben, gemäß dem Ausspruchs Goethes »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut«. Dennoch gibt es keinen Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen.

Wie gehen jetzt die Menschen vor Ort mit dem Projekt um? Welche Ziele sind verwirklicht worden – welche nicht? Schafft die Waldgenossenschaft das Engagement und das Interesse der Bürger Remscheids an »ihrem« Wald dauerhaft zu erhalten und zu bündeln? Gelingt es, über den Ansatz der Inwertsetzung von Leistungen des Waldes und deren Sicherung durch integrative Managementansätze, tatsächlich auch realen finanziellen Mehrwert für die Waldgenossenschaft zu generieren?

Auf jeden Fall zeigt das Beispiel Remscheid: Der Wald und sein integratives Management generiert einen nahezu unbezahlbaren »Mehr Wert« für das Gemeinwohl. Mit der Erfassung dieses immensen Mehrwerts, der durch das Waldmanagement gesichert wird, kann dieser thematisiert und kommuniziert werden. Damit können Wege gefunden werden, diesen Mehrwert zumindest teilweise finanziell honoriert zu bekommen. Mit dem kreativen Ansatz der Waldgenossenschaft 2.0 werden in einer modernen Form interessierte Bürger der Region zu Teilhabern und zeigt damit ein Beispiel auf, das auch andernorts ebenfalls umgesetzt werden kann.

Die »Wertestudie«

Ein Projekt der Waldgenossenschaft Remscheid

Ziel der Studie war es, auf Basis des aktuellen Wissensstandes für die 2.300 ha umfassenden Wälder des Stadtgebiets Remscheid eine Identifizierung und Bestandsaufnahme der umfangreichen Waldleistungen vorzunehmen und diese Leistungen einzeln
monetär zu bewerten. Die Ergebnisse haben Markus Wolff, Lukas Sieberth und Norbert Asche 2016 in AFZ–Der Wald, Heft 2, »Ökosystemdienstleistungen von Wäldern«, veröffentlicht. Mehr

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Weiterführende Links

Autoren

  • Valerie Kantelberg
  • Dr. Gerd Lupp, TU München
  • Marc Koch