LWF aktuell 137
Waldbau mit Wildbirne
von Joachim Stiegler

Ast einer Wildbirne mit FrüchtenZoombild vorhanden

Abb. 1: Früchte und Blätter der Wildbirne (© Frank Lochschmidt)

»Drunt in der greana Au steht a Birnbaam, schee blau, juche!« Musikalisch verpackt zeigt dieser einleitende Satz eines bekannten Volkslieds auf einprägsame Weise die gesellschaft­liche Verbundenheit mit diesem Obstgehölz auf. Diese Zu­neigung ist durchaus berechtigt, wenn man bedenkt, dass Birnbäume nicht nur unser Landschaftsbild bereichern, sondern gleichzeitig auch wertvolles und nachgefragtes Holz produzieren. Während kultivierte Birnensorten vielerorts verbreitet sind, ist die Wildbirne rar geworden. Dabei birgt diese Baumart bei richtiger waldbaulicher Behandlung ein hohes Wertschöpfungspotenzial und leistet zudem einen wichtigen Beitrag zum Aufbau klimastabiler, biodiverser Wälder.

Die Wildbirne (Pyrus pyraster L. Burgsdorf) ist ein Relikt wärmezeitlicher Eichenwälder und gilt als einheimische Baumart der mitteleuropäischen Flora (Barengo, 2001). Vermutlich ist die Wildbirne in der nacheiszeitlichen Wärmezeit aus Südwestasien (Kaukasus) nach Mitteleuropa eingewandert. Ihr Verbreitungsgebiet reicht heute von Südeuropa über England bis zum Ural und zum Kaspischen Meer (Rittershofer, 1998). Innerhalb dieses Areals liegt der Schwerpunkt ihrer Verbreitung im submediterranen Bereich (Mayer, 1977). Demzufolge gilt sie als trockentolerant, so dass sie zu den Gewinnern des Klimawandels gehören könnte (Loskant, 2015). In Bayern beschränkt sich das gebietsweise seltene Vorkommen der Wildbirne laut Schmalen (1998) im Wesentlichen auf Eichenmischwälder (z. B. Eichenhainbuchenwälder) und Hartholzauen. Darüber hinaus ist sie auch an Waldrändern verschiedener Waldgesellschaften sowie in Hecken und in sonnigen Gebüschen vorzufinden.

Erscheinungsbild und Erkennungs­merkmale

Je nach Herkunft und Standort kann die Wildbirne sowohl in Strauch- als auch in Baumform vorkommen. In baumförmiger Ausprägung weist sie nach Rittershofer (1998) einen schlanken, geradschaftigen Wuchs und eine schmale hochstrebende Krone auf. Die im April bzw. Mai vor oder mit dem Blattaustrieb reinweiß blühenden Bäume sind dabei im Wald und an den Waldrändern nicht zu übersehen. Die Unterscheidung zwischen Wildbirnen und Kulturbirnen gestaltet sich hingegen schwierig: Zum einen gibt es eine hohe genetische Vielfalt unter den Wildbirnen, zum anderen wird angenommen, dass zahlreiche Hybridformen zwischen Wild- und Kulturbirne existieren. Zur einigermaßen verlässlichen Ansprache der Wildbirne im Vergleich zu Kulturbirne oder Hybriden eignet sich in Anlehnung an Hofmann (1993) die Prüfung folgender Merkmalskombinationen:
  • Sprossdornen vorhanden
  • Blattspreite eiförmig bis rundlich, weniger als 6 cm lang, nie stark filzig behaart
  • Früchte rund oder schwach birnen­förmig, grüngelb oder braungelb und nie rotwangig (Abbildung 1)

Arteigenschaften und Standorts­ansprüche

Die Beschreibung der waldbaulichen Strategien, die der Wildbirne entgegenkommen, setzt im Vorfeld eine Einordnung ihrer ökologischen Charakteristik und ihrer standörtlichen Präferenzen voraus.
Wuchsverhalten und Konkurrenzkraft
Die Wildbirne beeindruckt durch ein rasches Jugendwachstum, das gewöhnlich bereits im Alter von circa 15 Jahren kulminiert. Damit weist sie gegenüber gleichaltrigen Hauptbaumarten ein mindestens ebenbürtiges und teils sogar überlegenes Höhenwachstum auf (Barengo, 2001). Mit zunehmendem Alter ist die Wildbirne dann eher mattwüchsig. Auf guten Standorten sind Endhöhen von über 20 m möglich, in Ausnahmefällen auch 25 m. Der Stamm erreicht dabei Durchmesser von bis zu 80 cm, maximal sogar bis zu 120 cm (Borghoff-Grundmann & Schmitt, 1998). Die Wildbirne gehört laut Wilhelm (1998) ebenso wie der Speierling und die Elsbeere zu den ausgesprochen langlebigen Bäumen. Gut bekronte Exemplare sind oft noch im Alter von über 200 Jahren vital.
Die Wildbirne ist eine Licht- bis Halbschattenbaumart und deshalb gegenüber anderen Baumarten – insbesondere Schattenbaumarten – nicht sehr konkurrenzfähig. Aus diesem Grund findet man sie im Bestand meist nur einzeln, sehr selten zu mehreren Exemplaren vor. Die Wildbirne erweist sich von früher Jugend an als äußerst beschattungsempfindlich, Überschirmung führt meist zum Absterben (Wilhelm, 1998). Ein Problem stellt in dieser Hinsicht auch das Einwachsen von Ästen benachbarter Bäume in den Kronenraum dar, dies droht der Wildbirne vor allem durch die Rotbuche.
Das Kronenausbreitungsvermögen ist ein weiterer Faktor zur Beurteilung der Konkurrenzfähigkeit – in Verbindung mit einem überlegenen Höhenwachstum kann sich eine Baumart dadurch im Konkurrenzkampf um Licht profilieren. Doch auch in dieser Hinsicht ist das Potenzial der Wildbirne deutlich eingeschränkt. Wie Beobachtungen in oberholzarmen Mittelwäldern zeigen, überschreitet der maximal erreichbare Kronendurchmesser der Wildbirne 13 m nur selten (Wilhelm, 1998).
Eine Besonderheit der Wildbirne ist laut Barengo (2001) die außerordentliche Reaktion der Stammachse auf Seitenlichteinfluss bis ins hohe Alter (Phototropismus). Infolgedessen werden z. B. aufgrund entstehender Lücken im Kronendach immer wieder extreme Krumm-, Schief- und Schrägstellungen beobachtet.
Klima, Wasserhaushalt und Boden
Die Wildbirne bevorzugt sommerwarmes Klima und kommt in den kalt-feuchten Bereichen Bayerns nicht vor, zudem sind Frostlagen eher ungeeignet. Sie ist eine Baumart des gemäßigt kontinentalen Klimas mit kalten Wintern (Januar-Durchschnitts­temperaturen bis -7,5 Grad) und warmen Sommerdurchschnittstemperaturen (LWF, 2020). Im Hinblick auf den Klimawandel hat die Wildbirne in Bayern somit eine durchaus gute Zukunftsperspektive. Vor allem die klimatischen Verhältnisse in höheren Lagen decken sich bei zunehmender Erwärmung immer mehr mit ihren klimatischen Ansprüchen.
Die Wildbirne zeichnet sich durch ein starkes, fest verankertes Wurzelwerk aus, sie kann mit ihrer Pfahlwurzel tiefe Wasserressourcen erschließen (Loskant, 2015). Folglich kommt sie gut mit Trockenheit zurecht und ist daher häufig an der Trockengrenze des Waldes anzutreffen (ökologisches Optimum). Idealerweise sollte die Wasserversorgung mäßig frisch bis trocken sein (Borghoff-Grundmann und Schmitt, 1998). Eine zweite ökologische Nische der Wildbirne liegt auf wiederholt überschwemmten Auenstandorten. Sie gilt zudem als Pionier auf feuchten, wechselfeuchten und wechseltrockenen Standorten. Mit zunehmender Wechseltrockenheit oder Wechselfeuchtigkeit, beispielsweise auf mergeligem Untergrund, findet die Wildbirne demzufolge auch in Buchenwäldern ihren Platz. Extrem trockene sowie sehr nasse Bedingungen (u. a. Staunässe) behagen ihr nicht.
Die Wildbirne kann potenziell sehr unterschiedliche Böden besiedeln. Schmitt (1997) beschreibt sie als Baumart, die basen- bzw. kalkreiche, lockere Lehmböden bevorzugt. Am häufigsten wächst sie auf humosen Braunerden und Rendzinen. Borghoff-Grundmann & Schmitt (1998) erweitern ihr Besiedelungspotenzial auf leicht saure Böden und sogar Felshänge. Laut Albrecht (1998) besitzt die Wildbirne vor allem auf schwierigen Steinmergel- und Tonböden eine optimale Standortseignung, weshalb sie in diesen Bereichen vorzugsweise gefördert werden sollte. Ungeeignet für die Wildbirne scheinen nach Barengo (2001) vor allem Böden aus stark silikathaltigen Ausgangsgesteinen zu sein.
Sauer (2019) kommt zu dem Schluss, dass sich das natürliche Vorkommen der Wildbirne aufgrund ihrer Ökologie vor allem auf wärmeliebende Eichenwälder erstreckt. Gelegentlich gibt es auch Vorkommen in Eichen-Hainbuchenwäldern, in Orchideen-Buchenwäldern, in Hartholz-Auwäldern und in Feuchtwäldern. Natürliche Vorkommen der Wildbirne finden sich sogar an Moorrändern sowie auf Anmoor- und basenreichen Niedermoor-Standorten wie beispielsweise in Randbereichen des Schorenmooses bei Dietmannsried und des Walperstettener Quellmoores im Landkreis Dingolfing (Müller-Kroehling, 2022). Insgesamt zeigt die Wildbirne somit eine weite Standortsamplitude auf.

Waldbauliche Behandlung

Zwei Fotos mit jeweils einer mächtigen Wildbirne Zoombild vorhanden

Abb. 2: Gut dimensionierte Wildbirnen im Limpurger Forst (© Johannes Sauer)

Die Wildbirne verzeichnet seit geraumer Zeit deutliche Rückgangstendenzen. Laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE, 2013) liegt dies vor allem an ihrer geringen forstwirtschaftlichen Bedeutung und am anthropogen bedingten Verlust geeigneter Habitate. Türk (1998) sieht die Gründe zudem in veränderten Waldbewirtschaftungsmethoden, die geschlossene und damit dunkle Hochwälder anstreben. Bei gezielter waldbaulicher Förderung und entsprechenden waldbaulichen Maßnahmen, die ihren Bedürfnissen entgegenkommen, kann die Wildbirne jedoch prächtige, gut dimensionierte Stämme mit Wertholzpotenzial entwickeln (Abbildung 2).

Bei allen Überlegungen im Umgang mit der Wildbirne ist im Vorfeld eine situationsabhängige Abschätzung ihres Konkurrenzvermögens notwendig. Ein wichtiges Kriterium hierfür ist die unter gegebenen standörtlichen Verhältnissen erreichbare Endhöhe im Vergleich zu Bestandeskonkurrenten und damit die Möglichkeit der Wildbirne, in reifen Waldgesellschaften beteiligt zu sein (Wilhelm, 1998). Das heißt, auf Standorten, auf denen konkurrierende Baumarten in ihrem Wuchsverhalten eingeschränkt sind und die Wildbirne zugleich ihr Potenzial im Wesentlichen ausschöpfen kann, verringert sich der Pflegeaufwand spürbar und die Überlebenschancen sind vergleichsweise hoch. Derartige Ausgangssituationen befinden sich beispielsweise auf mergel- bzw. tonlastigen Böden und auf flachgründigen Rendzinen. Auf »günstigeren« Standorten muss – in Abhängigkeit von den beteiligten Mischbaumarten – ein zum Teil erheblicher Pflegeaufwand mit einkalkuliert werden.
Die Beachtung der nachfolgenden Rahmenbedingungen bzw. Behandlungsempfehlungen – gegliedert nach Entwicklungsstadien – erleichtert der Wildbirne eine aussichtsreiche Beteiligung im Bestandesgefüge und ist Wegbereiter für das Zielsortiment »Wertholz«.

Etablierungsphase: vegetative Vermehrung sichert »Wildheit«

Das Hauptaugenmerk bei der Verjüngung von Wildbirnen liegt auf der genetischen Eignung des Ausgangsmaterials. So weist beispielsweise Kleinschmitt (1998) darauf hin, dass die Erhaltung echter Wildformen der Wildbirne über das natürliche Lebensalter hinaus nur über vegetative Vermehrung möglich sei. Ansonsten kann es leicht zu einer Vermischung des Erbgutes mit der Kulturbirne kommen. Auch wenn bei der vegetativen Vermehrung über lange Zeiträume hinweg das Risiko einer Variationsverminderung besteht, empfiehlt Barengo (2001), dass Wurzelbrut und Stockausschlag im Zuge von Verjüngungsmaßnahmen gefördert werden sollen.
Ist eine vegetative Vermehrung in direkter Form aufgrund fehlender »Mutterbäumen« nicht umsetzbar, so besteht die Möglichkeit, auf Stecklinge bzw. Pfropflinge zurückzugreifen. Propflinge gelingen – im Gegensatz zu Stecklingen – auch mit Reisern von wesentlich älteren Bäumen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass mit Pfropflingen auch typische Merkmale der ausgewachsenen Bäume, wie etwa verringertes Wachstum oder Fruchtbildung übertragen werden. Pfropflinge wachsen daher langsamer als Sämlinge, entwickeln einen anderen Habitus als der Ausgangsbaum und sind in freier Wildbahn weniger konkurrenzfähig (Kleinschmitt, 1998). Um dieser Problematik zu entgehen, werden Pfropflinge oftmals auf isolierten Samenplantagen (ohne Bestäubungskontakt zu Kulturbirnen) und ausschließlich zur Gewinnung von Sämlingen verwendet. Die daraus entstandenen Sämlingspflanzen wiederum sind bestens für die Pflanzung im Wald geeignet, da sie die Eigenschaften einer Jungpflanze besitzen und zudem genetisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der »wilden Form« des Birnbaums zuzuordnen sind. Bei der Beschaffung von Pflanzgut sollte daher vorzugsweise auf diesen Ursprung zurückgegriffen werden.
Aufgrund der hohen Lichtbedürftigkeit der Wildbirne sollte man für die Etablierung nur Bereiche mit guten Lichtverhältnissen nutzen, auf denen sich keine (potenziell) bedrängenden Baumarten (i. d. R. Rotbuche) befinden. Falls notwendig, können hierzu im Vorfeld dunkle Bestandesteile ohne Vorausverjüngung femelartig in Gruppen- bis Kleinbestandsgröße aufgelichtet werden.
Die ökologischen Eigenschaften der Wildbirne sind laut Borghoff-Grundmann & Schmitt (1998) auch ausschlaggebend dafür, dass sie bei der Anlage von Erstaufforstungsflächen auf nährstoffreichen Ackerböden häufiger berücksichtigt werden sollte.
Zur Pflanzung eignen sich laut Barengo (2001) verschulte Großpflanzen als Ballen- und Containerpflanze oder auch wurzelnackt. Schmalen (1998) gibt als gängiges Verkaufssortiment 1+1 an. Die im Herbst des zweiten Jahres ausgehobenen verkaufsfertigen Pflanzen liegen dann im Sortimentsbereich 40/60 bzw. 60/100. Wildbirnen sollten vorzugsweise kleinflächig trupp- oder horstweise angepflanzt werden, die Pflanzverbände liegen idealerweise im Bereich von 2 m x 2 m bis 4 m x 4 m. Albrecht (1998) konkretisiert dieses Vorgehen und empfiehlt beispielhaft die kleintruppweise Einbringung von etwa 10 bis 30 Pflanzen/Hektar. In Anlehnung an Rothkegel et al. (2020) und Kölling et al. (2020) bietet sich ebenso die punktuelle Einbringung durch Anreicherung in Form von Klumpen oder Nelderrädern an. Zur Mischung mit der Wildbirne kommen konkurrenzschwache Laubhölzer wie z. B. Vogelbeere, Schwarzerle oder Linde in Frage.
Die Wildbirne muss vor Wildverbiss beziehungsweise Fegeschäden geschützt werden. Hierzu eignet sich – neben der Pflanzung in bereits eingezäunten Flächen – vor allem der Einzelschutz mit beispielsweise Drahtkörben. Dies erleichtert zugleich das Wiederauffinden der Pflanzen. In den ersten 5–10 Jahren nach der Pflanzung sind regelmäßige Kontrollbegänge (i.d.R. mindestens einmal jährlich) erforderlich, um sicherzustellen, dass die Wildbirnen nicht von Konkurrenzbaumarten überwachsen werden und untergehen.

Qualifizierungsphase: Seitendruck hilft, Überschirmung hemmt

Mächtige Wildbirne mit freigestellter KroneZoombild vorhanden

Abb. 3: Wildbirnen mit freigestellter Krone können bis ins hohe Alter wertvolles Holz produzieren (© Johannes Sauer)

Die Konkurrenz durch Nachbarbäume fördert das Höhenwachstum der Wildbirne in ihrer Jugendphase enorm. Die besten Stammformen findet man bei leicht vorwüchsigen, seitlich bedrängten Bäumen (Barengo, 2001). Daraus resultiert, dass junge Wildbirnen während der Qualifizierungsphase bis zum Erreichen der gewünschten grünastfreien Schaftlänge (i. d. R. 4–6 m) einem leichten Seitendruck ausgesetzt sein sollten, der jedoch keineswegs zu einem Dichtschluss führen darf. Von oben muss in jeder Altersphase stets ein hoher Lichteinfall gewährleistet sein, denn Überschirmung in der Qualifizierungsphase und auch in späteren Altersphasen wirkt sich auf die Entwicklung der Wildbirne besonders negativ aus.

Einzelvorkommen von Wildbirnen sollten grundsätzlich – auch bei Qualitätsfehlern – gegenüber den führenden Baumarten gefördert werden (Albrecht, 1998). In Beständen mit nennenswerten Anteilen an Wildbirnen ist eine frühzeitige Sicherung von etwa 100 bis 150 Z-Baumanwärtern je Hektar einschließlich der Mischbaumarten nach den Kriterien Vitalität, Stabilität und Qualität anzustreben. Dies entspricht einem Abstand von etwa 8 bis 10 m zwischen den Bäumen (LWF, 2020). Die ausgewählten Bäume werden bedarfsgerecht und unter Beibehaltung des Seitendrucks begünstigt. Eine Grünastung kann situationsabhängig in Betracht gezogen werden. Am Ende der Qualifizierungsphase – nach Erreichen der gewünschten grünastfreien Schaftlänge etwa im Alter von 20 bis 25 Jahren – werden die Stämme so frei gestellt, dass ihre Kronen sich nicht mit den Nachbarkronen berühren (Albrecht, 1998). Es empfiehlt sich, Vorkommen im Wald zu markieren und auf Karten zu dokumentieren.

Dimensionierungsphase: Langfristig und konsequent freistellen

Offene und kurz bevorstehende Öffnung von Blüten der WildbirneZoombild vorhanden

Abb. 4: Im Frühjahr dienen die reinweißen Blüten der Wildbirne vielen Insekten als Nahrungsquelle (© Gregor Aas)

Diese Entwicklungsphase erfordert eine stetige und intensive Kronenpflege, die sich auf etwa 70 bis 100 Z-Bäume je Hektar inklusive Mischbaumarten konzen­triert (LWF, 2020). Der Abstand zwischen den Bäumen beträgt somit etwa 10 bis 12 Meter. Bei der Auswahl der Z-Bäume ist die Vitalität des Einzelbaums das wichtigste Auswahlkriterium, erst dann folgen Qualität und Stabilität. Nur Bäume mit vitaler, gleichmäßiger Krone lassen ein hohes Wertschöpfungspotenzial und ein geringes Risiko für spätere Kronenabbrüche erwarten. Alle waldbaulichen Maßnahmen richten sich am Z-Baum-Kollektiv aus. Hierzu werden ausschließlich echte Bedränger der Z-Baum-Kronen entnommen, die übrigen Bestandesbereiche bleiben unbearbeitet.

Dabei ist eine häufigere Wiederkehr – etwa im Turnus von 3 bis 5 Jahren – mit schwächeren Entnahmen schonender als stärkere Eingriffe nach langen Zwischenzeiträumen. Das Kronenwachstum der ausgewählten Z-Stämme ist laufend dahingehend zu kontrollieren, dass für diese Bäume keinerlei Kroneneinengung mehr entsteht (Albrecht, 1998). In die­sem Zusammenhang ist laut Kleinschmitt (1998) noch folgende Besonderheit zu beachten: Bei ursprünglich sehr stark bedrängten Bäumen muss die Freistellung umso vorsichtiger erfolgen, damit sich die Wildbirnen an die veränderten ökologischen Verhältnisse anpassen können. Eine plötzliche und massive Freistellung birgt die Gefahr, dass der Baum abstirbt.

Reifephase: Produktionsziel Wertholz

Ein Brett aus Wildbirnen-HolzZoombild vorhanden

Abb. 5: Das Holz der Wildbirne ist sehr begehrt (© R. Rosin, Holzforschung München)

Die Reifephase beginnt, nachdem ein Baum circa 75–80 % seiner Endhöhe überschritten hat (Hettesheimer et al., 2009). Sein Höhenwachstum und damit einhergehend sein Kronenausbreitungsvermögen lassen dann meist merklich nach. Auf die Wildbirne bezogen tritt diese Phase bereits bei Baumhöhen zwischen 15 m und 20 m ein.

Die Dauer der Reifephase ist dann abhängig vom Erreichen des Zieldurchmessers, der für wertholztaugliche Sortimente erforderlich ist. Dieser sollte bei Wildbirne mindestens 50 cm aufweisen. Unter Beachtung der vorangegangenen waldbaulichen Empfehlungen ist damit etwa im Alter von 100 bis 120 Jahren zu rechnen.

Zusammenfassung

Die Wildbirne bereichert in vielerlei Hinsicht das Erscheinungsbild unserer Landschaft. Sie gilt als trockentolerant, steigert die Biodiversität unserer Wälder und produziert wertvolles Holz. Die Förderung der seltenen Wildbirne und ihre Beteiligung am Bestandsaufbau erfordern sowohl waldbauliches Geschick als auch Durchhaltevermögen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen in unseren Wäldern ist die Wildbirne meist auf eine intensive und konsequente Förderung angewiesen, die jedoch in vielerlei Hinsicht lohnenswert ist.

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