Fichtenaltholz mit Buchenvoranbau

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Wolfgang Wambsganß und Hans-Peter Ehrhart
Multitalent Edelkastanie – Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Pfälzerwald – LWF Wissen 81

Vorkommen und Bedeutung

Blühende Kastanien an einem HangZoombild vorhanden

Abb. 1: Kastanienblüte an der Haardt (vom Slevogthof nach Süden zur Madenburg) (Foto: W. Wambsganß)

Die Edelkastanie kommt in der Pfalz auf ca. 2.600 ha entlang der Deutschen Weinstraße und um die Ortslagen des südlichen Pfälzerwaldes, dem sogenannten Wasgau, vor. Ihr Verbreitungsgebiet gehört mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von knapp 11 °C zu den wärmsten Regionen in Deutschland (Kwis-rlp.de 2018).

Die Edelkastanienbestände prägen den landschaftlich reizvollen Übergang der Weinlandschaft zu den von der Kiefer dominierten Wäldern der Haardt, wie der Ostabfall des Biosphärenreservats »Pfälzerwald-Nordvogesen « zur Oberrheinischen Tiefebene genannt wird. Insbesondere im Frühsommer beleben die hellgelben Blüten der Edelkastanienwälder das Landschaftsbild (Abbildung 1).

In den Jahren 2010 bis 2012 wurde von den Landesforsten Rheinland-Pfalz, unter Federführung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt, das grenzüberschreitende Projekt »Die Edelkastanie am Oberrhein – eine Baumart verbindet Menschen, Kulturen und Landschaften« bearbeitet. Es wurde von der EU im Rahmen des Programmes INTERREG IV Oberrhein (EFRE) kofinanziert. Ziel des Projekts war es, die Potenziale und Gefährdungen der Edelkastanie in diesem grenzüberschreitenden Naturraum aufzuzeigen und daraus Handlungsstrategien abzuleiten (Ehrhart und Segatz 2013).

Dabei hat sich gezeigt, dass die Edelkastanie in verschiedenster Weise Bedürfnisse des Menschen befriedigt und gleichzeitig von einer vielfältigen Biozönose begleitet wird. Seit der Römerzeit bis heute prägt die Edelkastanie das Leben und die Kultur der Menschen in der Weinlandschaft der Pfalz.

Nutzung im Wandel der Zeit

HangschutzverbauungZoombild vorhanden

Abb. 2: Hangschutzverbauung in den Alpen (Foto: W. Wambsganß)

Die wärmeliebende Edelkastanie stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und wurde durch die Römer vor über 2.000 Jahren innerhalb des Römischen Imperiums verbreitet. So gelangte sie auch in das Gebiet der Oberrheinischen Tiefebene und in die Pfalz.

Damals war insbesondere die Frucht der Edelkastanie bedeutend, stellte sie doch wegen ihres Nährstoffgehalts eine wichtige Nahrungsgrundlage für die Legionäre dar. Auch später gab es in der Pfalz speziell zur Fruchtnutzung angelegte Edelkastaniengärten, wovon heute nur noch Relikte wie der Hain »Im Hahnen« bei Freinsheim nahe Bad Dürkheim übrig geblieben sind (Schmidt o.J.).

Die besondere Eignung des Edelkastanienholzes als Spalierholz war ein weiterer wichtiger Grund für ihre Verbreitung. Die Weinreben wurden damals an Holzpfählen befestigt, um die Ranken mit ihren Trauben bis zur Ernte im Herbst zu halten. Im sogenannten »Kammertbau« wurden Gerüste errichtet, zu deren Bau sich Edelkastanienholz wegen seiner langjährigen Dauerhaftigkeit bestens eignete (Bronner 1833; Scharff 1995). Aufgrund eines hohen Gerbsäureanteils hat das Holz eine sehr hohe Widerstandskraft gegenüber der Verwitterung im Freien. Seine Standzeiten betragen bis zu 20 Jahren, etwa die Zeit, die ein Ausschlag nach einem Stockhieb braucht, um wieder 15 cm Durchmesser und damit die optimale Dimension für diesen Verwendungszweck zu erreichen. Daher war bis in die Neuzeit hinein die Edelkastanie für den Weinbau in der Pfalz von großer Bedeutung und wurde entsprechend gefördert. Erst im 20. Jahrhundert wurden die Edelkastanienpfähle zunehmend durch Pfähle aus Beton, Kunststoff oder Metall ersetzt. Heute wird dieser natürliche und nachwachsende Rohstoff im Weinbau so gut wie nicht mehr verwendet.

Bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hatten die Edelkastanien auch eine hohe Bedeutung als ortsnahe Brennholzquelle. Der damals einsetzende Import der fossilen Brennstoffe Erdöl und Erdgas führte dazu, dass Energieholz immer weniger nachgefragt wurde. In der Folge schien das Holz der Edelkastanie perspektivlos, es war kaum noch zu vermarkten. Die forstliche Bewirtschaftung versuchte sie daher zwischen 1960 und 1980 durch Baumarten zu ersetzen, die bessere Verwertungsmöglichkeiten versprachen, nämlich durch die Lärche, insbesondere aber durch die Douglasie. Deshalb ist der Edelkastaniengürtel am Haardtrand immer wieder von Douglasienbeständen durchsetzt. Die hohe Konkurrenzkraft der Stockausschläge der Edelkastanie führte jedoch in vielen Fällen dazu, dass der Baumartenwechsel hin zur Douglasie misslang.

Die Edelkastanie wird wieder entdeckt

Dünne Stämme auf einem PolderZoombild vorhanden

Abb. 3: Palisadenholz aus Edelkastanienstockausschlags-bestand (Foto: W. Wambsganß)

Anfang der 1980er Jahre kam es zu einer Trendwende. Edelkastanienholz mit seiner hohen natürlichen Dauerhaftigkeit wurde wieder entdeckt. An der Forstlichen Fakultät der Universität München war man im Zusammenhang mit Forschungsprojekten über Schutzmaßnahmen gegen Hangrutschungen und Lawinen in den Alpen auf die Edelkastanie aufmerksam geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man in den deutschen Alpen Hangschutzverbauungen mit kesseldruckimprägnierten Nadelhölzern errichtet. Schutzbauten aus unbehandeltem Kastanienholz, die im Tessin 20 Jahre und länger ihre Funktion erfüllten, wurden als umweltschonende Alternative den schadstoffbelasteten Hölzern in dem sensiblen Ökosystem vorgezogen (Abbildung 2).

Seit dieser Zeit fließen große Mengen des im Pfälzerwald produzierten Edelkastanienholzes in den alpinen Hangschutzverbau sowie zunehmend in den ökologisch orientierten Garten- und Landschaftsbau. Die Edelkastanie erlebt seitdem in der Pfalz einen neuen Boom. Gerade, junge Triebe aus Stockausschlag mit Durchmessern zwischen 10 und 20 cm haben eine besondere Nachfrage, denn diese Dimension ist ideal für den Rundholzverbau (Abbildung 3). Die Erlöse für dieses Sortiment liegen je nach Qualität bei bis zu 90 € pro Festmeter. Angesichts einer Produktionszeit von 30 Jahren im Stockausschlagsbetrieb ist das für die Waldbesitzenden ein betriebswirtschaftlich äußerst rentables Produktionsziel.
Dicker StammZoombild vorhanden

Abb. 4: Kastanienwertstamm (Alter 47 Jahre, Durchmesser 52 cm, 400 €/fm, 2015) (Foto: W. Wambsganß)

Aber auch starkes, ringschälefreies Kastanienstammholz guter Qualität ist ab 30 cm Mittendurchmesser sehr gefragt und erzielt auf Submissionen 400 bis 800 € pro Festmeter (Abbildung 4) (Mettendorf 2007).

Infolge der gestiegenen Preise für die fossilen Energieträger ist inzwischen auch die Verwendung als Energieholz, insbesondere für die Privatwaldbesitzenden, wieder bedeutend geworden.

Die Edelkastanie ist heute in der Pfalz nicht nur wegen ihres Holzes bedeutsam und beliebt. Sie ist neben der Weinrebe ein Symbol für ein mediterran geprägtes Klima. Schon der Bayernkönig Ludwig I. ließ um seine in der Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Sommerresidenz Villa Ludwigshöhe, oberhalb von Edenkoben, Tausende von Edelkastanien pflanzen, um auf die Klimagunst seines Herrschaftsbereiches hinzuweisen.

Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts setzt der Tourismus zunehmend auf die Edelkastanie als Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Regionen. Die Verbindung Wein, Edelkastanienwald und mildes Klima wurde ein Markenzeichen insbesondere für die Südpfalz. Seit einigen Jahren werden auf sogenannten Kastanienmärkten im Oktober zur Reifezeit der »Keschdefrucht« kulinarische Leckereien aus Kastanien in fester und flüssiger Form angeboten.

Der Erlebniswert in dem an vielen Stellen sehr geschlossenen Pfälzerwald wird für die Wanderer durch die typische waldbauliche Behandlung der Edelkastanienbestände bereichert. Die Stockhiebe zur Verjüngung der lichtbedürftigen Edelkastanie führen zu zahlreichen reizvollen Ausblicken in die Waldlandschaft. Der »Keschdeweg« zwischen Hauenstein und Neustadt macht die Kastanienwälder zu einem beliebten Wanderziel.

Im Herbst sind die Edelkastanienwälder ein besonderer Anziehungspunkt für Familien, die die gefallenen Früchte sammeln. Pro Hektar fallen zwischen 500 und 1.000 kg Kastanienfrüchte, genug für die Menschen sowie das Schwarzwild, das zu dieser Zeit aus dem inneren Pfälzerwald an die Haardt wechselt (Schabacker 2015). Und der Tourismus entlang der Weinstraße profitiert von den einkehrenden Wanderern, denen der Wildschweinbraten besonders schmeckt.
Zur Kastanienblüte im Juni, die dann das Landschaftsbild des aus der Rheinebene emporsteigenden Haardtrandes eindrucksvoll prägt, kommen viele Wanderimker an die Haardt, um den begehrten Kastanienhonig zu erzeugen. Er hat einen aromatisch-herben Geschmack und soll antibakterielle Wirkungen haben, weswegen er besonders begehrt ist. Circa 10.000 Bienenvölker produzieren jährlich je nach Witterungsverlauf bis zu 50.000 kg Honig, was nach einer Szenarienanalyse von Schabacker (2015) einem potenziellen Erlös von 500.000 € entspricht. Dieser Wert würde aktuell sogar den Gesamterlös des Kastanienholzes übertreffen, der in den letzten Jahren bei ca. 300.000 € lag (Wambsganß 2014).

Die Edelkastanie hat auch eine positive Wirkung auf die Lebensgemeinschaften in den Wäldern der Haardt. Als Lichtbaumart mit dauerhaftem Holz bietet sie im Alter mit ihrer strukturreichen Rinde und Hohlräumen für viele, auch seltene Arten Habitate. Die Biodiversität ist mit der wärmeliebender Eichenbestände vergleichbar. Segatz (2013) hat an ausgewählten Altbäumen 99 Flechtenarten, 30 Moose sowie über 1.000 Käferarten belegt.

Waldbauliche Konzeption

Die Erhaltung und die Entwicklung der Edelkastanienbestände sind wegen ihrer vielfältigen Nutz-, Schutz- und Erholungsleistungen heute ein wichtiges waldbauliches Ziel in den Wäldern der Haardt und der Südpfalz. Dabei sind für die Behandlung neben dem hohen Wertpotenzial des Stark-, aber auch des Schwachholzes folgende Faktoren entscheidend: das schnelle Jugendwachstum, die Neigung zur Ringschäle und der Befall mit Kastanienrindenkrebs.

Frühdynamische Baumart

Die enorme Wuchsdynamik der Stockausschläge führt auch heute dazu, dass die Edelkastanie in traditioneller Weise überwiegend über Stockhiebe verjüngt wird. Diese dunkeln in den ersten zehn Jahren mit einem jährlichen Höhenwachstum von einem Meter und mehr Konkurrenzbaumarten oder auch ankommende Edelkastanienkernwüchse meist komplett aus. Da die Wurzelsysteme der alten Stöcke große Nährstoff- und Wasserpotenziale erschließen, werden je nach Standort im Alter 20 Baumhöhen zwischen 13 m und 24 m erreicht.

Die Triebe der Stockausschläge weisen zunächst ein enormes Durchmesserwachstum (bis zu 1,4 cm /Jahr) auf, das mit dem Kronenschluss ab einem Alter von 10 bis 15 Jahren schlagartig absinkt. Die dann herrschende Konkurrenzsituation führt zu einer hohen Mortalität der Schösslinge. Benner (2010) fand in dichten Jungbeständen im Alter 20 bis zu 2.000 abgestorbene, stehende Stockausschläge pro Hektar. Die Grundflächen erreichen hektarbezogen schon mit 20 Jahren 30 m² und mehr, die Vorräte bis zu 200 Vorratsfestmeter. Aufgrund der abflachenden Durchmesser- und Höhenentwicklung sowie der hohen Absterberate steigen diese Werte mit zunehmendem Alter jedoch nur noch verhalten. Die Edelkastanie ist somit ein ausgesprochener Frühdynamiker, die Steuerung der Produktion kann daher nur in jungen Jahren erfolgen.

Ringschäle

Edelkastanienstammholz mit RingschäleZoombild vorhanden

Abb. 5: Edelkastanienstammholz mit Ringschäle (Foto: W. Wambsganß)

Immer dann, wenn stärkeres Stammholz erzeugt werden soll, bestimmt die extreme Neigung zur Bildung von Ringschäle den Waldbau der Edelkastanie. Husmann (2013) konnte nachweisen, dass zwischen Ringschälewahrscheinlichkeit und Wachstumsschwankungen ein signifikanter Zusammenhang besteht. Diese werden, neben der Witterung, durch die Behandlung bestimmt. Der anfänglich sehr hohe Radialzuwachs fällt ohne Z-Baum-orientierte Pflege durch den frühen Kronenschluss schnell ab, was zu entsprechenden Spannungen führt. In vielen Beständen, die unzureichend oder viel zu spät durchforstet wurden, weist der überwiegende Teil des stärkeren Holzes ab 30 cm BHD Ringschäle auf und kann nur noch als Energieholz verwertet werden (Abbildung 5).

Andererseits konnte beobachtet werden, dass bei konstanten Jahrringbreiten über 4 mm das Risiko der Ringschäle deutlich zurückgeht (Fonti et al. 2002; Cousseau und Lemaire 2008).

Leider kann das Ausmaß der Ringschäle bei stehenden Edelkastanienbäumen nicht sicher eingeschätzt werden. Weder Schalltomografie noch elektrische Widerstandstomografie können zuverlässige Hinweise auf den Grad der Ringschäle geben (Happe 2012 /2013). Somit kann erst nach dem Hieb eingeschätzt werden, ob ein Stamm auf den Wertholzplatz kommt oder mit großen Erlöseinbußen nur noch als Energieholz vermarktet werden kann.

Kastanienrindenkrebs

Seit 2004 tritt in der Pfalz der Pilz Cryphonectria parasitica als Verursacher des Kastanienrindenkrebses auf (Delb et al. 2018). Sein Myzel wächst zwischen Rinde und Kambium und führt im Endstadium zu einer stammumfassenden Ringelung, die zum Absterben von Krone und Ästen oder des ganzen Stamms führt. Da sich die Krankheit immer mehr ausbreitet, stellt sich zunehmend in vielen Beständen die Frage, ob das Risiko für eine Wertholzproduktion nicht zu groß ist. Entscheidend für die Antwort wird die Ausbreitung von hypovirulentem Myzel sein, da dieses die Pathogenität und Reproduktivität des Pilzes mindert (Peters 2016). Der Pilz wird durch Virenbefall so geschwächt, dass die Edelkastanie ihn erfolgreich abwehren kann. Im Rahmen des INTERREG-Projekts wurde hypovirulentes Myzel ausgebracht, was sich aber nur langsam ausbreiten kann, da die Übertragung nur durch Myzelverwachsungen erfolgt. Optimistisch stimmt aber, dass in der Ortenau in Baden die Hypovirulenz schon in vielen Beständen festgestellt wurde.

Frühe Festlegung auf Produktionsziele

EdelkastanienjungbestandZoombild vorhanden

Abb. 6: Edelkastanien-jungbestand: Produktionsziel Wertholz (Foto: W. Wambsganß)

Beim Produktionsziel Wertholz steht die Minimierung der Ringschäle im Vordergrund. Daher müssen die Zukunftsbäume der frühdynamischen Edelkastanie auch sehr früh und konstant freigestellt werden, damit breite, möglichst gleichmäßige Jahrringe entstehen.

In den Jungbeständen sind beim beginnenden Kronenschluss, also vor dem Absinken des Durchmesserzuwachses (Alter ca. 10 bis 15 Jahre), bei einer Oberhöhe von ca. 12 m, 60 bis 80 Zukunftsbäume auszuwählen und wiederholt konsequent freizustellen (Abbildung 6). Dadurch werden sowohl ein maximales Dickenwachstum als auch geringe Schwankungen der Jahrringbreiten erreicht (Abbildung 7). Im Alter 60 kann der Zieldurchmesser von 60 cm mit einer möglichst geringen Ringschälewahrscheinlichkeit erreicht werden (Hein 2013). Die Standorte sollten gut wasserversorgt sein, um die Gefahr des Stresses in Trockenjahren möglichst gering zu halten. Beispiele aktuell genutzter, ohne Kronenkonkurrenz aufgewachsener Edelkastanien zeigen, dass dieses Ziel realistisch erreicht werden kann.

Bei merklichem Auftreten von Kastanienrindenkrebs oder auf schlechteren Standorten birgt das Produktionsziel Wertholz ein zu hohes Risiko. Hier ist das Produktionsziel Palisadenholz eine gute Alternative. In einem 30-jährigen Umtrieb kann das begehrte Kastanienschwachholz erzeugt werden, die Pflegeeingriffe begrenzen sich auf die Entnahme schlechtformiger Stockausschläge.

Das Produktionsziel Energieholz, das der klassischen Niederwaldwirtschaft entspricht und maximale Holzmasse ohne Qualitätsmerkmale in 20 Jahren erzeugt, ist insbesondere im Privatwald eine Möglichkeit, die sich aufgrund des enormen Jugendwachstums der Edelkastanie anbietet.

Die waldbaulichen Möglichkeiten sind im Rahmen des oben genannten EU-INTERREG-Projekts in einem auf Französisch und Deutsch herausgegebenen Merkblatt »Die Edelkastanie, vom Brennholz zum Wertholz« in einer für Privatwaldbesitzende ohne forstliche Ausbildung verständlichen Form dargestellt (Tabelle 1).
   
   
   
   
   
Produktionsziel Produktionszeit Zieldurchmesser
Wertholz 60 Jahre 60 cm
Schwaches Stammholz 45 Jahre 45 cm
Palisadenholz 30 Jahre 20 cm
Energieholz 20 Jahre < 20 cm
Tabelle 1: Produktionsmodelle zur Bewirtschaftung der Edelkastanie
Neben den spezifischen Eigentümerinteressen wie Finanzzielen, Risikobereitschaft und mögliche Intensität der Bewirtschaftung sind für die Wahl des Modells das Alter und die Qualität des Ausgangsbestands sowie das eventuelle Ausmaß des Krebsbefalls entscheidend.

Ausblick

Singulär stehende alte EdelkastanieZoombild vorhanden

Abb. 7: Ca. 140-jährige Starkkastanie im Gemeindewald Hainfeld (400 m über NN) (Foto: W. Wambsganß)

Die positive Bewertung des Multitalents Edelkastanie sowohl aus kultureller, ökologischer als auch aus holztechnologischer Sicht führte dazu, dass die Edelkastanienwälder für die Weinorte entlang der Haardt wieder eine hohe Bedeutung erlangt haben. Die Edelkastanie ist inzwischen als Charakterbaumart der Region bekannt und als solche ein bedeutsames Element der regionalen Tourismusstrategie.

Insbesondere zur Zeit der Weinlese im Herbst wird sie von den Menschen der Region und darüber hinaus wahrgenommen, wenn Kastanienfrüchte gesammelt und als »Keschde« je nach persönlichem Gusto zubereitet und genossen werden können. Ihr Waldbau hat eine große Variationsbreite und bietet späteren Generationen viele Optionen, was angesichts der Risiken des Klimawandels besonders wichtig ist. Die Risikofaktoren Rindenkrebs und Japanische Esskastaniengallwespe müssen in ihrer weiteren Entwicklung im Auge behalten werden.

Zusammenfassung

Die Edelkastanie ist wegen ihrer vielfältigen Eigenschaften seit der Römerzeit vor über 2.000 Jahren in der Pfalz eine begehrte Baumart. Ihr gegen Verwitterung widerstandsfähiges Holz hat inzwischen eine Nachfrage in Bereichen gefunden, wo chemischer Schutz unerwünscht ist, etwa in der Hangschutzverbauung oder im Spielplatzbau. Sie ist für den Tourismus der Pfalz zu einem Markenzeichen für Klimagunst und Kulinarik geworden. Ihre Bedeutung für den Artenschutz ist inzwischen unbestritten. Auf Basis entsprechender waldbaulicher Behandlungsprogramme ist die planmäßige Produktion von Wert- und Massenware möglich.

Literatur

  • Benner, S. (2010): Edelkastanien-Niederwälder am Haardtrand – Struktur, Zustand und Entwicklungsmöglichkeiten für die Energieholznutzung. Masterarbeit beim Institut für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
  • Bronner, J. P. (1833): Der Weinbau am Haardtgebirge von Landau bis Worms. Universitätsbuchhandlung E,F, Winter, Heidelberg, 164 S.
  • Cousseau, G.; Lemaire, J. (2008): Detecter la presence de roulures dans un arbre sans l’abattre. Forêt-Entreprise Nr. 179, S. 45–48
  • Delb, H.; Grüner, J.; John, R.; Seitz, G.; Wußler, J. (2018): Waldschutzsituation 2017/2018 in Rheinland-Pfalz und Saarland. AFZ-Der Wald 7, S. 22–25
  • Ehrhart, H.-P.; Segatz, E. (2013): Potenziale und Gefährdungen der Edelkastanie am Oberrhein. AFZ-Der Wald 16, S. 4–5
  • Fonti, P. et al. (2002): Ringshake in chestnut: State of the art. Annales of Forest Science, 59, S. 129–140
  • Happe, R. et al. (2012/2013): Eignung von Schall- und elektrischer Widerstandtomografie zur Detektion von Ringschäle an stehenden Edelkastanien (Castanea sativa Mill.). Teil 1: Anwendung und Interpretation der Tomografiesysteme. Holztechnologie 53: (6), S. 39–43; Teil 2: Kritische Analyse der Untersuchungsergebnisse. Holztechnologie 54: (1), S. 34–39
  • Hein, S. et al. (2013): Wachstumskundliche Grundlagen der Wertholzproduktion mit der Edelkastanie in Südwestdeutschland und im Elsass. Allg. Forst- und Jagd-Zeitung, 185Jg.,1/2: S. 1–16
  • Hussmann, K. et al. (2013): Ursachenanalyse der Ringschäle bei Edelkastanie in Rheinland-Pfalz. Forstarchiv 84: (4) S. 107–118
  • Mettendorf, B. (2007): Neue Perspektiven bei Produkten und Vermarktung: Edelkastanien-Wertholz aus Baden. AFZ-Der Wald 17, S. 920–922
  • Peters, F. et al. (2016): Der Esskastanienrindenkrebs im EUInterreg Oberrheingebiet: Ausbreitung, zunehmende Differenzierung und Hypovirulenz. Mitteilung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz Nr. 74/15, S. 27–56
  • Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen bei der FAWF (2018): Entwicklung der Temperatur im Kalenderjahr: Naturraum Vorderpfalz, Internetseite KWIS-rlp.de
  • Segatz, E. (2013): Eignung der Edelkastanie als Biotop. AFZDerWald 16, S. 6–9
  • Schabacker, A. et al. (2016): Untersuchungen über die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Edelkastanien-Nebenerzeugnisse. Mitteilung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz Nr. 74/15, S. 145–160
  • Scharff, M. (1995): Der Kammertbau – Zur Rekonstruktion einer historischen Reberziehungsweise in der Pfalz. Verlag der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Speyer, 234 S.
  • Schmidt, F. (o. J): Die keusche Frucht, Kastaniengeschichten und Kastanienrezepte. Info-Verlag, 76877 Offenbach, 129 S.
  • Wambsganß, W. et al. (2013): Vermarktung der Edelkastanie in der Region Haardt. AFZ-Der Wald 16, S. 15–17
  • Wambsganß, W. (2014): Die Edelkastanie im Pfälzerwald. AFZDerWald 11, S. 8–9
  • Wambsganß, W. et al. (2014): Empfehlungen zur Behandlung der Edelkastanienwälder am Oberrhein. AFZ-DerWald 16, S. 10–11

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