Ottmar Ruppert, Wolfram Rothkegel, Barbara Meyer-Münzer und Stefan Tretter
Kann die Robinie eine Rolle im klimagerechten Waldbau in Bayern spielen? – LWF Wissen 84

Hört man das Wort »Robinie«, kommen viele Gedanken auf: an sehr unterschiedliche Einsatzbereiche, Nutzungsmöglichkeiten, aber auch an problembesetzte Felder wie ihr Invasivitätspotenzial und die sehr unterschiedliche Holzqualität.

Für den Waldbau spielte sie bisher in Bayern kaum eine Rolle, erhält jedoch neue Aufmerksamkeit durch den Klimawandel. Ihre gute Prognose bei Klimaerwärmung und ihr vielseitig verwendbares Holz mit hoher Resistenz gegen Holzzersetzer macht aus ihr eine mögliche alternative Mischbaumart für unsere Wälder am trocken-warmen Ende der bayerischen Klimahülle. Zugleich muss jedoch auch ihre starke Neigung zur Vermehrung durch Wurzelbrut berücksichtigt werden. Diese Aspekte sind Anlass genug für zeitgemäße waldbauliche Überlegungen im Umgang mit der Robinie.

Weltweit forstlich im Einsatz – eine Nischenbaumart in Bayern

Scheibe eines Robinienstamms mit Zollstock darauf: Durchmesser knapp 10 cmZoombild vorhanden

Abb. 1: Die Stammscheibe zeigt die hohen Zuwächse in der Jugend (Foto: O. Ruppert)

Die Robinie bestockt bisher in Deutschland etwa 12.000 bis 14.500 ha (Seeling 1997, Lüdemann 2005). In Bayern spielt sie mit rund 1.200 ha (BWI 3) eine unbedeutende waldbauliche Rolle. Seit ihrer Einführung in Europa liegt der Schwerpunkt ihrer Verbreitung mit ca. 460.000 ha oder ca. 24 % der Waldfläche in Ungarn (Vitková et al. 2017). In ihrem Herkunftsland, den USA, gilt die Robinie als Pionier- bzw. Ruderalbaumart (Huntley 1990). Sie kommt mit vielen Standorten zurecht, wächst auch unter extremen Bedingungen und ist durch ihr rasches Wachstum vor allem in der Jugend dominant (Tabelle 1, Abbildung 1).

In den letzten Jahren wurde die Robinie in Bayern v. a. in Kurzumtriebsplantagen (KUP) aufgrund ihrer hohen Massenleistung und ihrer Anspruchslosigkeit eingesetzt. Hier sind optimale Sorten mit hoher Wuchsleistung, optimierte Pflanzabstände, Erntezeitpunkte und Verfahren bekannt und praxisreif erprobt.

Im naturnahen Waldbau hat diese Baumart in Bayern bisher meist durch die »Hintertür« Einzug gehalten: Sie wurde teilweise mit in das waldbauliche Handeln einbezogen, wo sie in Beständen vorhanden ist, eine gezielte forstliche Einbringung hingegen erfolgte kaum. Der von Kiefernbeständen geprägte Nordosten Deutschlands ist gedanklich schon weiter. In Brandenburg wird die Robinie in den aktiv-vorsorgenden Waldumbau v. a. von Kiefernbeständen bereits einbezogen (Lockow & Lockow 2013).
Tabelle 1: Ergebnisse aus der BWI 3 Bayern 2012
Baumaltersklassen [Jahre]Robinienfläche [ha]
1 – 60659
61 – 120533
> 120-
Summe aller Baumklassen1.192
Tabelle 1: Ergebnisse aus der BWI 3 Bayern 2012

Wo liegen die Grundlagen für unser waldbauliches Vorgehen?

Entscheidende Grundlage für das waldbauliche Vorgehen sind die ökologischen Eigenschaften sowie das Wuchsverhalten einer Baumart. Diese werden nachfolgend für die Robinie stichwortartig aufgeführt:

Standort und Boden

  • erträgt Trockenheit und Nährstoffarmut (Pionier)
  • Wachstum wird durch Wärme positiv beeinflusst: v. a. für Standorte mit Durchschnittstemperatur ab 8 °C geeignet
  • problematisch auf stark verdichteten Lehmen und Tonen sowie auf staunassen Böden
  • meidet Böden mit pH-Wert > 8

Wachstumsgang

  • Pionierbaumart mit sehr schnellem Jugendwachstum
  • Kulmination des Höhenzuwachses mit 5 – 10 Jahren
  • Jahreshöhenzuwächse von Kernwüchsen auf durchschnittlichen bayerischen Standorten ca. 1,4 m
  • Jahreshöhenzuwächse bei Stockausschlag auf guten Standorten bis 4,9 m (bis Kulmination)
  • Jahrringbreite nimmt ab dem Alter 14 – 18 Jahren stark ab
  • DGZ kulminiert mit rund 40 Jahren
  • Volumenzuwächse in Italien und Ungarn bis 16 m3/ha*a
  • Derbholzvolumen zw. 300 (1. – 2. EKl) und 160 (3. – 4. EKI) m3/ha in 60 Jahren (Brandenburg)

Wurzelentwicklung

  • Jugend: Pfahlwurzel
  • Alter: Senkerwurzel, mit vielen Hauptseitenwurzeln
  • Fähigkeit zu Wurzelbrut und Stockausschlag

Ausschlusskriterien (waldbaulich)

  • schwere, bindige Standorte
  • stark frostgefährdete Standorte (v. a. durch Frühfrost gefährdet)
  • flachgründige Standorte
  • stark saure Standorte

Mögliche Ziele bei Qualität, Stärke und Alter

  • Wertholz: BHD > 40 cm, < 80 Jahre
  • Schneideholz: BHD 35 – 40 cm, 45 – 60 Jahre
  • Brennholz (Stockausschlag): BHD 15 – 20 cm, < 30 Jahre
  • KUP 1 – 4 Jahre (Ruhm 2013), 10 – 20 (AWG 2020)

Der Waldbau

Möglichkeiten der aktiven Einbringung

In einer naturnahen Waldwirtschaft muss bei der Robinie im Vordergrund stehen, die Einbringung so zu gestalten, dass sie ihre Vorteile unter Beachtung möglicher Risiken entfalten kann. Hierfür gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Da es sich bei der Robinie um eine nichtheimische Baumart handelt, sollte wo standörtlich möglich ihre Einbringung als Mischbaumart in nicht zu hohen Anteilen erfolgen. Ihre Einbringung als zusätzliche Mischbaumart kann vor allem dort sinnvoll sein, wo zu erwarten ist, dass heimische Baumarten künftig an ihre klimatischen Grenzen kommen.
Junge RobinienZoombild vorhanden

Abb. 2: Erstaufforstung (Foto: O. Ruppert)

Erstaufforstung
Ihr hohes Lichtbedürfnis und ihr schnelles Jugendwachstum machen die Robinie speziell für Erstaufforstungen interessant. Da die Robinie zudem ein hochwertiges und attraktives Holz erzeugt, wird nicht nur aufgrund des Klimawandels ihre Bedeutung wachsen, sondern sie wird zukünftig auch stärker von Waldbesitzern nachgefragt werden.

Vor allem bei Erstaufforstungen unter schwierigen Verhältnissen kann die Robinie wegen ihrer Pioniereigenschaften unter Beachtung ihrer Grenzen eine Alternative darstellen. Hier kann sie durch ihr schnelles Jugendwachstum (Abbildung 6) bei entsprechend frühzeitiger und konsequenter Pflege und Durchforstung schnelle Erträge liefern. Wichtig ist die Verwendung geeigneter Herkünfte bzw. spezieller Sorten, die gute Holzqualitäten gewährleisten.

Die Robinie sollte keinesfalls im Reinbestand, sondern in geeigneter Mischung mit anderen Baumarten eingebracht werden. So lassen sich mit durchdachten Kulturplänen und Mischungen seltene und teure Herkünfte mit günstigeren Füllhölzern mischen. Damit können Begründungskosten gesenkt bzw. das Bezugsproblem von hochwertigem Vermehrungsgut reduziert werden. Reihenmischungen (Abbildung 3) oder kleinflächige truppweise Beimischungen eignen sich hierfür.

Für Rekultivierungsmaßnahmen, die mit einfachen schematischen Kulturplänen arbeiten, sind eine reihenweise Einbringung und die Mischung mit anderen Pionierbaumarten sinnvoll. Hier spielt die Robinie eine wertvolle Rolle für den Aspekt Naturschutz (Bienenweide, Insektenhabitat), aber auch für Erosionsvermeidung und Stabilisierung ehemaliger Abbaugelände.

Eine weitere Verwendung findet die Robinie in Kurzumtriebsplantagen (KUP). Hier handelt es sich nicht um Wald, sondern um eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne eines modernen Niederwalds. Im Zuge der Klimadebatte und der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen gewinnt die Robinie auch hier an Bedeutung, die im Vergleich mit Pappelarten und -sorten jedoch untergeordnet ist. Günstig für Kurzumtriebsplantagen ist ihre Eigenschaft, gut und meist mehrmals aus dem Stock auszutreiben und sich zu verjüngen (Abbildung 5).
Junge, dicht stehende Robinien mit anderen LaubbäumenZoombild vorhanden

Abb. 3: Reihenmischung (Foto: O. Ruppert)

Wiederaufforstung
Der Einsatz der Robinie beim Waldumbau stand bisher in Bayern noch nicht stark im Vordergrund. Grund sind vor allem ihr hohes Licht- und Wärmebedürfnis, die für ihren Einsatz enge Grenzen setzen. Grundsätzlich kann sie daher als Mischbaumart vor allem für warm-trockene Regionen in Nordbayern in Frage kommen.

Dies kann insbesondere für den Umbau geschädigter oder mit sehr hohem Anbaurisiko behafteter Kiefernbestände auf ärmeren Standorten und in warmen Ausgangssituationen zutreffen. Aber auch hier sind die waldbaulichen Möglichkeiten für die Einbringung der Robinie im Regelfall eingeschränkt, da ihre ökologischen Eigenschaften eher für die Einbringung auf der Freifläche geeignet sind.

Dies bedeutet für die Robinie, dass sich ihre besten Möglichkeiten nach Störungen oder Kalamitäten, besonders auf geeigneten Standorten, auf denen sie konkurrenzkräftig ist, ergeben werden. Dazu dürften vor allem südexponierte und eher stärker geneigte Flächen mit Ausfällen der bisher dort heimischen Baumarten zählen.
Schematische Darstellung eines PflanzverbandsZoombild vorhanden

Abb. 4: Robinien-Nelderrad (Grafik: LWF)

Flächige oder gruppenweise Einbringung
Die Robinie kann im Reihenverband relativ flexibel eingebracht werden. Dazwischen finden Naturverjüngung anderer Baumarten und Schattbaumarten Platz. Je nach Ausgangssituation, Standortsgüte und Zielsetzung werden Reihenabstände von 2,5 – 9 m praktiziert, in der Reihe sind Pflanzabstände von 1 – 2 m die Regel (Ruhm 2014). Dazu werden circa 20 % Schattbaumartenanteile ergänzt.

Diese Art der Bestandsbegründung kann vor allem bei fehlender Pflege zum Verlust der Mischbaumarten und damit zu Reinbeständen mit plantagenartigen Bewirtschaftungsformen und deren nachteiligen Auswirkungen führen. Bei engen Reihenabständen ergibt sich zusätzlich der Nachteil des höheren Pflanzenbedarfs, der sich insbesondere bei hochwertigen Herkünften finanziell auswirkt.
Anreicherung bzw. Ergänzungspflanzung
Eine Wiederaufforstung mit Robinie lässt sich kleinflächig im Sinne der Ergänzung und Anreicherung vorhandener Naturverjüngung oder in Mischung mit anderen Baumarten erreichen. Es bieten sich Trupps, Klumpen oder Nelderräder an (siehe auch LWF Merkblatt 46 Anreicherungskulturen). In Trupps oder Klumpen sollten Pflanzabstände von 2 x 2 m nicht unterschritten werden, sie werden mit einer Reihe Schattbaumarten umgürtet.

Mit dem Pflanzformat Nelderrad wird versucht, mit einer geringeren Anzahl von Zielbaumarten und einer begrenzten, aber höheren Anzahl von »Trainer«-Bäumen die Phase der Qualifizierung und Dimensionierung vorzubereiten. In Nelderrädern wird in einem zentralen Kreis die Lichtbaumart gepflanzt, umgebend in konzentrischen Kreisen erweiterter Abstände die Schattbaumart als Trainerbäume. Aufgrund ihrer Raschwüchsigkeit wird das Robinien-Nelderrad mit weniger Licht- und Schattbaumarten ausgeführt als bei anderen Baumarten üblich.
Nutzen von Robinien-Sukzession
Sind Robinien im Vorbestand vorhanden, kann die Baumart in der Folge großer Schadereignisse wie Sturm oder Insektenkalamitäten oft beginnend über Bestandsränder, Schneisen oder Verkehrstrassen mit ihrem Verjüngungspotenzial schnell auf der Schadfläche präsent sein.

Über eine gezielte Mischungsregulierung lassen sich vitale, qualitativ ansprechende Exemplare aufgrund ihres zügigen Jugendwachstums als Vornutzung und Bereicherung der Baumartenpalette in die Wiederbewaldungsstrategie eingliedern. Mit dem Ziel Wert- und Schneideholz werden frühzeitig geeignete Bäume gesucht und entsprechend gesichert bzw. gefördert. Hierbei ist die kritische Beurteilung der Qualität besonders wichtig (Abbildung 5 und 6).

Saat oder Pflanzung? Wie wird die Robinie eingebracht?

Abgestorbener Baumstumpf mit StockausschlagZoombild vorhanden

Abb. 5: Stockausschlag (Foto: O. Ruppert)

Beide Begründungsarten kommen in Frage. Bei der Saat ist entscheidend, ob ausreichend Saatgut geeigneter Herkunft zur Verfügung steht und die Risiken auf der Saatfläche zum Beispiel durch Konkurrenzvegetation begrenzbar sind. Wenn ja, spricht die gute Wurzelentwicklung und spätere Stabilität dafür. Wenn hier kein Erfolg absehbar ist, bleibt die Pflanzung als Alternative. Als Obergrenze sollten maximal 2.500 Stk/ ha bei Vollbestockung angesehen werden, als Ergänzungspflanzung in Naturverjüngung zum Beispiel über Nelderräder nur circa 350 Stk/ha.

Als Sortimente empfehlen sich im Regelfall ein- (zwei)jährige Sämlinge. Hierdurch ist gewährleistet, dass möglichst wenig Wurzelmanipulation während der Produktion erfolgt und Sämlinge in der Regel weniger Probleme bei Pflanzung und Anwuchs verursachen. Großpflanzen sind im Regelfall in kritischen Einsatzbereichen eher ausfallgefährdet. Deshalb gilt auch hier: so klein wie möglich, so groß wie nötig. Kleinballenpflanzen bieten sich vor allem für extreme Standorte an.
Stamm einer Robinie mit Durchmesser 34 cm nach einem JahrZoombild vorhanden

Abb. 6: Stammscheibe eines einjährigen Schösslings aus Stockausschlag (Foto: O. Ruppert)

Die Robinie zeichnet sich durch starke Qualitätsunterschiede bei der Schaftform aus. In vielen Vorkommen sind diese Unterschiede sowohl in als auch zwischen Beständen zu sehen. Die Wahl der richtigen Herkunft bzw. geeigneter Zuchtsorten ist daher für die spätere Wertentwicklung entscheidend. Die Robinie unterliegt seit 2003 den Vorgaben des Forstvermehrungsgutgesetzes (FoVG).

Grundsätzlich kann Saatgut aller im jeweiligen Herkunftsgebiet zugelassenen Erntebestände verwendet werden. Als eingeführte Gastbaumart gibt es zwischen diesen Beständen keine erheblichen Unterschiede, sofern diese nicht aus Wurzelbrut entstanden sind und somit eine ausreichend hohe genetische Variation aufweisen. Vorrangig sollte jedoch auf deutsches Plantagensaatgut sowie auf ungarisches Saatgut der Herkunftsregion Nyirseg zurückgegriffen werden. In zunehmendem Umfang sind auch vegetativ vermehrte Sorten mit überdurchschnittlicher Qualität und Wuchsleistung verfügbar.

Auf die vom Amt für Waldgenetik (AWG) ab Sommer 2020 neu überarbeiteten Herkunftsempfehlungen wird verwiesen.

Aktive Pflege – Welche Herangehensweise passt zur schnellen Entwicklung der Robinie?

Das schnelle Jugendwachstum und die frühe Kulmination des Höhenzuwachses bestimmen das waldbauliche Vorgehen bei der Robinie.

Eingriffe in der Etablierungsphase sollen früh, in kurzen Intervallen und kräftig erfolgen. Zwei Aspekte sind während der Etablierung von Bedeutung: Erhalt des gewünschten Anteils der Baumart bzw. auch gewünschter Mischbaumarten und Schaffung einer guten Ausgangssituation für die Vitalität und die folgende Qualifizierung. Dazu gehören eine sinnvolle Verteilung der Robinie über die Fläche, der gezielte Erhalt des später wichtigen Unterstandes sowie die Förderung der vitalsten und qualitativ besten Optionen.

Ein Erziehungsschnitt mittels Schere ist oft im frühen Stadium zielführend und verträglich. Negative Auslese in der Pflegephase ist nicht zu empfehlen, da sie den Verlust der vitalsten Bestandeselemente fördert. Bei mattwüchsigen Pflanzen mit schlechter Stammform empfiehlt sich ein »Auf-den-Stock-setzen« im ersten bzw. zweiten Jahr nach Pflanzung. Der Wiederaustrieb dieser Pflanzen überzeugt durch deutlich verbesserte Stammformen.
Wegen der sehr frühen Kulmination des Höhenwachstums (im Alter zwischen 5 und 10 Jahren) sind in der Qualifzierungsphase die wesentlichen Ziele das schnelle Erreichen des BHD von 14 cm und eine astfreie Schaftlänge von circa 5 – 6 m. Da beide Kriterien nicht immer und auf allen Standorten gleichzeitig erreichbar sind, bleibt der Erhalt des Zuwachses oberste Priorität.

In keiner Phase sollte das Kronenprozent unter 50 % fallen. Um die notwendige Astreinigung zu erzielen, kann eine Nachqualifizierung durch frühen Schnitt mit der Schere oder Grünastung zum Abschluss der Qualifizierung notwendig werden. Ab dem Zeitpunkt des Bestandsschlusses sollten im Zeitraum der folgenden circa fünf Jahren mindestens 1 – 2 Eingriffe zugunsten der Optionen oder zielgerichteten Kandidaten erfolgen.
RobinienbestandZoombild vorhanden

Abb. 7: Geradschaftig, stammzahlreich, kleine Kronen: die Folgen einer versäumten frühen Förderung (Foto: O. Ruppert, LWF)

Die frühe Kulmination des Höhenwachstums bei der Robinie erfordert wie bei allen Pionier- oder Lichtbaumarten einen sehr frühen Einstieg in die Dimensionierungsphase. Dass dies häufig nicht erfolgt, zeigt sich in vielen Beständen: stammzahlreich, lange (> 8 m) astfreie Schaftlängen und kleine, kurze Kronen, die nur noch sehr langsam auf Durchforstungseingriffe reagieren können. »Der Schuss ist draußen!«, so der häufige Kommentar. Die Kulmination des Höhenzuwachses sowie des jährlichen Zuwachses liegt in der frühen Jugendphase.

Ab dem Alter 14 – 18 Jahre zeigt die Robinie eine starke Abnahme der Jahrringbreite bzw. des Zuwachses (Meyer-Münzer 2013). Deshalb ist ab dem Erreichen von 14 cm BHD eine regelmäßige, kräftige und in kurzer Wiederkehr durchzuführende Durchforstung notwendig. Nur so und mit einem Mindestabstand von circa 10 – 12 m zwischen den Zielbäumen wird es möglich, die gewünschte Krone und die notwendige Vitalität zu erhalten und frühzeitig die verwertbare Dimension zu erreichen.

Eingriffsstärken mit der Entnahme von 1 – 3 Bedrängern und ein Durchforstungsturnus von 3 – 5 Jahren sind in den ersten Jahren nicht ungewöhnlich. Dies hat vor allem auch für den zwingend notwendigen Unterstand den Vorteil, sich ebenfalls gut entwickeln und damit die Wurzelbrut ausdunkeln zu können (Abbildung 7 und 8).
Blick in den Himmel an Robinien entlangZoombild vorhanden

Abb. 8: Auch hier die Folgen einer versäumten frühen Förderung (Foto: O. Ruppert)

Bei angepassten Wildständen stellt sich Verjüngung der Robinie in der Regel im ausreichenden Umfang und in entsprechender Vitalität ein. Aufmerksame Beobachter finden Robinien schon unter lichten Bestandsstellungen von Kiefern- oder auch Eichenaltbeständen, in ersten offenen Lücken oder schon besiedelten Rückgassen oder Wegerändern, wo Seitenlicht eine Etablierung ermöglicht.

Meist über Wurzelbrut, aber auch – in jungen Jahren beginnend – über Samenabfall findet eine »Eroberung« von lichten Beständen statt. Da dies unabhängig vom Standort erfolgt, der Oberbodenzustand bzw. der Bewuchs selten ein Verjüngungshindernis für die Robinie darstellt, ist die Steuerung der Lichtverhältnisse entscheidend.

In Beständen mit Robinie sollte deshalb rechtzeitig ein Unter- und Zwischenstand aus schattentoleranten Baumarten eingebracht und erhalten werden, wenn man die Anteile der Robinie regulieren möchte. Durch diese Lichtsteuerung lässt sich eine unerwünschte Zunahme der Robinienanteile im Zuge der Verjüngungstätigkeit steuern.

Die Umgebung macht den Unterschied – Das Invasivitätspotenzial der Robinie

Wurzelbrut der RobinieZoombild vorhanden

Abb. 9: Bei Verlichtung des Bestandes und fehlendem Nebenbestand kann sich die Robinie durch Wurzelbrut ausbreiten. (Foto: O. Ruppert)

Aufgrund der Fähigkeit zu Wurzelbrut und Stockausschlag hat die Robinie ein gewisses Invasivitätspotenzial. Dies muss jedoch standörtlich differenziert betrachtet werden und ist in Wald und Offenland unterschiedlich zu beurteilen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass bei Untersuchungen zur Sukzessionsentwicklung nach starken Störungen die Robinie nicht als problematische oder häufig auftretende Baumart verzeichnet wird (Schölch 1998).

Nach Meyer-Münzer et al. (2013) kann die Robinie ihr Ausbreitungspotenzial in dichteren Wäldern licht- und konkurrenzbedingt nicht umsetzen. Lichtsteuerung über Unter- und Zwischenstand und aktive Pflege zu Gunsten von Mischbaumarten bieten waldbauliche Möglichkeiten, eine unkontrollierte Ausbreitung in Beständen zu verhindern. Vitkovà (2017) bezeichnet daher die Robinie dort als eingeschränkt anbauwürdig, wo naturschutzfachlich wichtige Waldökosysteme oder Schutzgebiete benachbart sind und beeinflusst werden können. Hier sollte auf die Einbringung verzichtet werden. Insbesondere auf flachgründigen und trockenen Standorten ist die Erwartung auf gute Holzerträge ohnehin gering, so dass hier auf die Robinie leichter verzichtet werden kann (Abbildung 9).

Problematischer sieht es im Offenland und auf offen zu haltenden Flächen, zum Beispiel Magerrasen, aus. Es kann durch Stickstoffanreicherung zu Verdrängung geschützter Arten und nachhaltiger Veränderung der Standortseigenschaften kommen. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass auf naturschutzfachlich wertvollen Standorten oder in geschützten Bereichen eine Etablierung der Robinie schon im Ansatz unterbunden wird. Ist die Robinie bereits vorhanden, sind frühzeitiges Entfernen, Mahd oder Beweidung wichtige Maßnahmen, um deren Ausbreitung einzugrenzen.

Positiv zu beurteilen ist, dass die Robinie durch eine Vielzahl von Insekten genutzt wird. Besonders hervorzuheben ist ihre Funktion als Bienenweide. Dies führt oftmals auch zu einer Bereicherung unserer Wälder, zumal in eher nadelholzgeprägten Bereichen. Funde des Eremiten auf Robinie (Schaffrath 2003; Stegner et al. 2009) zeigen, dass sie auch von diesem seltenen holzbewohnenden Käfer besiedelt werden kann.

Fazit

Schon lange in Europa eingebürgert und in ihrer Nische mehr oder weniger gut gewachsen, kann die Robinie auf den passenden Standorten im Klimawandel eine Alternative sein. Aufgrund ihrer Pioniereigenschaften hat sie das Potenzial, unter standörtlich wie klimatisch extremeren Bedingungen – immer mit anderen Mischbaumarten zusammen – stärker am Waldaufbau beteiligt zu werden und ein gut verwertbares und gesuchtes Produkt zu erzeugen.

Das waldbauliche Handeln sollte, einer Pionierbaumart entsprechend, gezielt und vor allem innerhalb der entscheidenden frühen Phasen auf qualitativ gut veranlagte Individuen setzen. Durch frühe, kräftige und in kurzen Intervallen durchgeführten Eingriffe erzieht man vitale Einzelbäume und kann in relativ kurzer Zeit die Früchte der Anstrengung ernten.

Bei Neubegründung sollte das Augenmerk auf qualitativ hochwertigen und genetisch überprüfbaren Herkünften liegen. Die Einbringung muss aber so erfolgen, dass Schutzgebiete sowohl im Wald als auch im benachbarten Offenland durch Ausbreitung oder Eindringen nicht beeinträchtigt werden. Es sind aus Sicht der Artenvielfalt aber auch positive Beispiele im Sinne der Bereicherung von Flora und Fauna bei der Verwendung von Robinie möglich.

Zusammenfassung

Hört man das Wort »Robinie«, kommen viele Gedanken auf: an sehr unterschiedliche Einsatzbereiche, Nutzungsmöglichkeiten, aber auch an problembesetzte Felder wie ihr Invasivitätspotenzial und die sehr unterschiedliche Holzqualität. Für den Waldbau spielte sie bisher in Bayern kaum eine Rolle, erhält jedoch neue Aufmerksamkeit durch den Klimawandel.

Ihre gute Prognose bei Klimaerwärmung und ihr vielseitig verwendbares Holz mit hoher Resistenz gegen Holzzersetzer macht aus ihr eine mögliche alternative Mischbaumart für unsere Wälder am trocken-warmen Ende der bayerischen Klimahülle. Zugleich muss jedoch auch ihre starke Neigung zur Vermehrung durch Wurzelbrut berücksichtigt werden. Diese Aspekte sind Anlass genug für zeitgemäße waldbauliche Überlegungen im Umgang mit der Robinie.
Literatur
  • AWG – Amt für Waldgenetik (2016): Auszug aus »Herkunftsempfehlungen für forstliches Vermehrungsgut in Bayern«, Stand: 1. Juli 2016 https://www.awg.bayern.de/mam/cms02/asp/dateien/robinie_2016.pdf (29.04.2020)
  • AWG – Amt für Waldgenetik (2020): Schriftliche Mitteilung vom 05.05.2020
  • Huntley, J.C. (1990): Robinia pseudoacacia L. – Black Locust. In: R.M. Burns & B.H. Honkala, Silvics of North America: 1. Conifers; 2. Hardwoods. Agriculture Handbook 654. P. 877ff U.S. Department of Agriculture, Forest Service, Washington, DC.
  • Knoche, D. et al. (2015): Entwicklung von innovativen Bewirtschaftungsverfahren für Robinienbestände (Robinia pseudoacacia L.). In: Liesebach, M. (Hrsg.): FastWOOD II: Züchtung schnellwachsender Baumarten für die Produktion nachwachsender Rohstoffe im Kurzumtrieb – Erkennntnisse aus 6 Jahren FastWOOD. Thünen Report (No. 26) 71–84
  • Lockow, K.-W.; Lockow J. (2013): Die Robinie (Robinia pseudoacacia L.) – Eine schnellwachsende Baumart mit wertvollen Holzeigenschaften. Mitteilungen der Gesellschaft zur Förderung schnellwachsender Baumarten in Norddeutschland e.V., 8
  • Lüdemann, G. (2005): Die Robinie in den norddeutschen Bundesländern. Vorkommen, Herkunftsgebiete und Vermehrungsgut. Forst und Holz 60, S. 447–449
  • Meyer-Münzer, B. et al. (2013): Robinie (Robinia pseudoacacia). In: Vor et al. (2013): Potenziale und Risiken eingeführter Baumarten
  • Meyer-Münzer, B. (2017): Die Robinie unter die Lupe genommen, Teil 2, AFZ 1, S. 34–37
  • Rédei, K.; Csiha, I.; Keserü, Z.; Végh, Á. K.; Györi, J. (2012): The Silviculture of Black Locust (Robinia pseudoacacia L.) in Hungary: a Review. South-east Eur For 2 (2), S. 101-107; DOI: http:// dx.doi.org/10.15177/seefor.11–11
  • Ruhm, W. (2013): Die Robinie, schnell wachsend bei geringen Ansprüchen, aber nicht unumstritten. www.diekammer.info, 1.8.2013 https://www.waldwissen.net/wald/baeume_waldpflanzen/ laub/bfw-robinie/index_DE
  • Ruhm, W. (2014): Präsentation »Gastbaumarten« (unveröffentlicht)
  • Schaffrath, U. (2003): Zur Lebensweise, Verbreitung und Gefährdung von Osmoderma eremita (Teile 1 + 2). Philippia 10(3): S. 157-248 und 10(4): 249–336
  • Schölch, M. (1998): Zur natürlichen Wiederbewaldung ohne forstliche Steuerung. Schriftenreihe Freiburger Forstliche Forschung Bd.1
  • Seeling, U. (1997): Die Robinie – nur ein Exot im deutschen Wald? Forst und Holz 52, S. 81–86
  • Stegner, J.; Strzelczyk, P.; Martschei, T. (2009): Der Juchtenkäfer (Osmoderma eremita) eine prioritäre Art der FFH-Richtlinie. Handreichung für Naturschutz und Landschaftsplanung. 2. Auflage. VidusMedia: 60 S.
  • Vitková, M. et al. (2017): Black Locust (Robinia pseudoacacia) beloved and despised: a story of an invasive tree in Central Europe. Forest Ecology and Management 384, S. 287–302

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