Forschungs- und Innovationsprojekt
Pilotstudie zur Fledermausaktivität in unterschiedlich von Klimawirkungen getroffenen Eichenmischwaldbeständen in Mittel- und Unterfranken (Projekt ST 353)

Gemischter Laubwald, an einem Baum hängt eine Box.

Der Wald ist ein wichtiger Lebensraum für Fledermäuse. Von den 22 in Bayern heimischen Fledermausarten haben zwei Drittel einen engen Waldbezug. Insbesondere Eichen- und Eichenmischwälder sind aufgrund ihres Insektenreichtums sehr gute Jagdhabitate. Werden diese Wälder aufgrund von Veränderungen des Klimas oder durch Einwirkung von Schadinsekten in ihrer Vitalität beeinträchtigt, könnte das auch Auswirkungen auf die in ihnen jagenden Fledermausarten haben.

Starke Blattverluste führen eventuell dazu, dass die Insektenbiomasse abnimmt und die geschwächten Bestände weniger interessant als Jagdgebiete für Fledermäuse sind als vollbelaubte Wälder. Mittels einer Erfassung und Auswertung von Fledermausrufen in ausgewählten Eichenmischbeständen soll dieser Frage nachgegangen werden.

Hintergrund

Sonnendurchfluteter Eichenwald.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Für Mittel- und Unterfranken typischer Eichenmischwald. (Foto: Christine Franz, LWF)

Der anthropogen bedingte Klimawandel wirkt sich zunehmend auch auf die eigentlich als relativ klimastabil geltenden Eichenwälder aus. Witterungsextreme, hohe Temperaturen und langanhaltende Trockenperioden können Waldbäume ganz beträchtlich in ihrer Vitalität beeinträchtigen und ihre Abwehrkräfte herabsetzen.
Im Unterschied dazu wirken sich Wärme und Trockenheit häufig günstig auf die Entwicklung vieler Insektenarten aus. Insbesondere profitieren zahlreiche Schadinsekten von dieser Entwicklung. Ein Gewinner der Klimaerwärmung scheint der Schwammspinner (Lymantria dispar) zu sein, dessen Raupen sich besonders gerne von Eichenblättern ernähren. Er ist, zusammen mit einigen anderen Arten (wie z. B. dem Eichenwickler, den Frostspannerarten und den Frühlingseulen) - der sogenannten „Eichenfraßgesellschaft“ - zum Aufbau von Massenvermehrungen befähigt.
In den letzten Jahrzehnten kam es daher in den wärmebegünstigten Regionen Bayerns immer wieder zu erheblichen Fraßschäden, teilweise zu flächigem Kahlfraß, an Eichen- und Eichen-Mischwäldern.
Eigelege eines Schmetterlings an einem Baumstamm.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Die Raupen des Schwammspinners (hier: Eigelege) können erhebliche Fraßschäden in Eichenmischwäldern verursachen. (Foto: Klaus Schreiber, LWF)

Um diese sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht wertvollen Wälder vor großflächigen Massenvermehrungen und flächigem Kahlfraß zu schützen, wurden in den letzten Jahrzehnten in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden besonders stark von Schwammspinner befallene Flächen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt.

In diesem Zusammenhang werden auch immer wieder Auswirkungen hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen für Organismen diskutiert, die nicht Ziel der Behandlungsmaßnahmen sind. Zu diesen „Nichtzielorganismen“ zählen unter anderem auch Fledermäuse, die sich überwiegend von Insekten ernähren und damit unter Umständen indirekt von diesen Maßnahmen betroffen sind.

Um auch diesen Aspekt mit zu betrachten, werden im Rahmen der kleinen Fallstudie auch Bestände berücksichtigt, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden.

Ziel

Ziel dieser Studie ist es, drei unterschiedliche Bestandssituationen mit einander zu vergleichen, um mögliche Unterschiede in der Artenzusammensetzung der jagenden Fledermäuse und deren Aktivitäten festzustellen. Die drei Zustandstypen lassen sich wie folgt charakterisieren:

  • 1. Eichen- bzw. Eichenmischwälder ohne Prädisposition für Kahlfraß (Typ: keine Prädisposition);
  • 2. Eichen- bzw. Eichenmischbestände mit Prädisposition für Kahlfraß, aber ohne Pflanzenschutzmitteleinsatz (Typ: Prädisposition, unbehandelt);
  • 3. Eichen- bzw. Eichenmischbestände mit Prädisposition für Kahlfraß, die mit Pflanzenschutzmittel behandelt wurden (Typ: Prädisposition, behandelt).

Grundannahme ist, dass der Typ „keine Prädisposition“ aufgrund einer günstigen Belaubungssituation optimale Voraussetzungen für ein ungestörtes Fledermaus-Jagdhabitat bietet und damit als Null- bzw. Referenzfläche für die anderen Untersuchungstypen dienen kann. Bestände mit Kahlfraßprognose, die nicht mit Pflanzenschutzmittel behandelt werden (Typ: Prädisposition, unbehandelt) können durch Fraßereignisse und dadurch geringere Blattmassen dagegen unter Umständen weniger Insektenbiomasse als die Referenzbestände bereitstellen und müssten daher auch als Jagdhabitat spürbar unattraktiver sein. Und schließlich sollte es bei dem Typ behandelter Eichenwald (Typ: Prädisposition, behandelt) aufgrund der spezifischen Wirkung des Pflanzenschutzmittels auf blattfressende Insekten zu den stärksten Rückgängen bei der Insektenbiomasse kommen und daher dieser Typ auch als Jagdhabitat am wenigsten genutzt werden.

Methodik

Die unterschiedliche Eignung der jeweiligen Waldtypen als Jagdhabitate für Fledermäuse wird anhand von Ruferfassungen mit Hilfe von Horchboxen ermittelt. Diese Methode ermöglicht es, Unterschiede in der Artenzusammensetzung der jagenden Fledermäuse und deren Aktivitäten festzustellen. Dazu wurden in unter- und mittelfränkischen Schwammspinnerbefalls-Schwerpunktregionen vier Untersuchungsgebiete ausgewählt, in denen die drei Zustandstypen (siehe oben) räumlich benachbart vorkommen. Je Untersuchungsgebiet und Zustandstyp wurden sodann drei bis vier Batcorderstandorte bestimmt, an denen zwischen April und September einmal monatlich Rufaufnahmen durchgeführt werden. Um die Vergleichbarkeit der Bestände zu ermitteln und die Habitatqualität für Fledermäuse beurteilen zu können, erfolgen ferner an jedem Batcorderstandort standardisierte Waldstrukturaufnahmen.

Projektinformationen
Projektleitung gesamt: Alois Zollner
Bearbeitung: Klaus Schreiber, Christine Franz, Dr. Thomas Kudernatsch
Laufzeit: 01.08.2019 bis 31.12.2021
Durchführende Institution: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten