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Olaf Schmidt
»Tierische« Geheimnisse in der Welt der Veilchen – LWF aktuell 126

Immer wieder erstaunt uns die Natur mit großen kleinen Überraschungen

Veilchen mit ihrer typischen blauen Blüte kennt wohl jeder und gerade im Frühjahr freuen sich alle über blühende Veilchen im Garten oder in der freien Natur. Wobei nur das »Wohlriechende Veilchen« den so sprichwörtlichen Veilchenduft entsendet. Aber hinter dem kleinen, unscheinbaren Veilchen verstecken sich noch höchst interessante biologische Vorgänge, eben »tierische Geheimnisse «.

In Mitteleuropa kommt eine große Anzahl verschiedener Veilchenarten vor – allein in Deutschland etwa 30 Arten –, die auch miteinander hybridisieren und deren Bestimmung auch für Fachleute nicht immer ganz einfach ist. In Wäldern ist das Waldveilchen (Viola reichenbachiana) weit verbreitet und am häufigsten anzutreffen. Das berühmte Wohlriechende oder Märzveilchen (Viola odorata) kommt häufig in Auen und an Bachufern vor und ist wohl aus Gärten in unserer Natur verwildert.

Veilchen und Schmetterlinge

So bekannt auch Veilchen an sich sind, ist den meisten jedoch unbekannt, dass unsere Veilchen- und Stiefmütterchenarten der Gattung Viola ganz wichtige Raupenfutterpflanzen für eine Vielzahl von Schmetterlingen darstellen. Beispielhaft seien einige dieser Arten aus der Gruppe der Perlmutterfalter genannt: Kaisermantel (Argynnis paphia), Großer Perlmutterfalter (Mesoacidalia aglaja), Feuriger Perlmutterfalter (Fabriciana adippe), Mittlerer Perlmutterfalter (Fabriciana niobe), Kleiner Perlmutterfalter (Issoria lathonia).

Veilchen – wichtige Raupenfutterpflanze

Veilchen in NahaufnahmeZoombild vorhanden

Abb. 1: Waldveilchen (Viola reichenbachiana) (Foto: R. Wiskin)

Als Beispiel für die Nutzung der Veilchen als Raupenfutterpflanze sei das Eiablageverhalten des Kaisermantels beschrieben. Die Weibchen des Kaisermantels führen in den Wäldern typische Suchflüge, meist in der Mittagszeit und in den frühen Nachmittagsstunden, durch. Die Weibchen suchen niedrig über der Bodenvegetation oder wandern »zu Fuß« über die Blätter und prüfen auf der Suche nach Veilchen die Vegetationsdecke.

Die Eiablage selbst erfolgt nicht direkt an der Raupenfutterpflanze, sondern am nächststehenden Baumstamm, wo das Weibchen die Eier einzeln hinter Rindenschuppen postiert. Nach circa 18/19 Tagen schlüpfen die Räupchen, die sich am Stamm einen Überwinterungsplatz suchen. Erst im darauffolgenden Frühjahr wandern die Raupen zu den Futterpflanzen am Boden, wo sie ab Mitte März zu finden sind (Ebert & Rennwald 1991).

Die Falter des Kaisermantels erscheinen meist Ende Juni, Anfang Juli. Besonders gerne befliegen sie Wasserdost und Doldenblütler, die eine wichtige Rolle als Nektarlieferant für den Kaisermantel an Waldwegen oder -rändern spielen. Letzte Falter können im Jahr noch im September beobachtet werden.

Dieses Beispiel zeigt sehr schön, welch wichtige Rolle das kleine Veilchen doch für die Ernährung der Raupen verschiedenster Schmetterlinge spielt.
Nahaufnahme eines Veilchens

Abb. 2: Das Wohlriechende Veilchen (Foto: J. Hlasek)

Schwarze Raupe mit orangen Stacheln auf einem Grashalm

Abb. 3: Die Raupe des Kaisermantels (Foto: W. Schön)

Leuctend orange Schmetterlinge mit Punkten auf Blumenblüten

Abb 4: Schmetterlinge des Kaisermantels (Foto: W. Schön)

Veilchen und Ameisen

Ebenso relativ unbekannt ist, dass sich alle unsere heimischen Veilchenarten der Hilfe von Ameisen bedienen, um ihre Samen auszubreiten. Die Samen enthalten ein öl- und eiweißhaltiges Anhängsel, das sogenannte Elaiosom, das die Ameisen gerne als Nahrung aufnehmen. Beim Aufsammeln der Samen und vor dem Verzehr dieses Elaiosoms tragen die Ameisen den Samen zu ihrem Nest und verbreiten auf diese Art und Weise die Veilchenarten.

Aber nicht nur die Veilchen bedienen sich der Ameisen, sondern weitere rund 150 Pflanzenarten unserer Vegetation sind auf die Ausbreitung durch Ameisen angewiesen, so zum Beispiel Schöllkraut, Perlgras, Lerchensporn, Ehrenpreis, Wachtelweizen, Taubnessel, Günsel und viele andere auch. Die Verbreitung von Pflanzensamen durch Ameisen nennt man Myrmekochorie. Besonders Frühblüher setzen auf diese Art der Ausbreitung (Kirchner 2001).
Junge Frucht zu Beginn der Öffnung

Abb. 5: Ungeöffnete Frucht (Foto: R. Junker)

Junge, leicht geöffnete Frucht eines Veilchens

Abb. 6: Leicht geöffnete Frucht (Foto: R. Junker)

Geöffnete Frucht eines Veilchens

Abb. 7: Voll geöffnete Frucht (Foto: R. Junker)

Kleine Veilchen ganz groß

Die beiden Beispiele, einmal das Veilchen als Raupenfutterpflanze und auf der anderen Seite die Ausbreitung durch Ameisenarten, zeigen wieder sehr anschaulich, wie auch kleine, unscheinbare Pflanzen in ein enges Beziehungsgeflecht im Wald eingewoben sind. Es ist immer faszinierend zu erkennen, wie in der Natur eins mit dem anderen in Verbindung steht und dem noch so Kleinen unter Umständen eine durchaus gewichtige Bedeutung im vernetzten Großen zufallen kann.

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  • Olaf Schmidt