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Ralf Petercord, Ludwig Straßer
Mit der Trockenheit kommt der Pilz - Diplodia-Triebsterben der Koniferen - LWF aktuell 112

Abgestorbene Kiefernkrone, an der noch alte Nadeln hängen

Abb.1: Abgestorbene Kiefer (Foto: R. Petercord)

Auffällige Absterbeerscheinungen vornehmlich bei Kiefern, verursacht durch das Diplodia-Triebsterben, sind nun wahrlich nichts Neues. Die Krankheit hat ihren Ursprung in Europa, der Erreger wurde bereits im frühen 19. Jahrhundert beschrieben und tritt in der Zwischenzeit weltweit in Erscheinung. Gravierende Schäden traten bisher nur in deutlich wärmeren Klimaregionen auf. Wird sich dies in Folge des Klimawandels ändern? Aktuelle Schadereignisse in Mitteleuropa deuten darauf hin.

Ausgelöst wird das Diplodia-Triebsterben durch den Erreger [i]Sphaeropsis sapinea[/i] (Fr.: Fr.) Dyko & B. Sutton, die Anamorphe (Nebenfruchtform) eines bisher unbekannten Ascomyceten aus der Gattung [i]Botryosphaeria[/i] (Butin 1983; Langer et al. 2011). Benannt wurde die Art bereits 1823 als Sphaeria sapinea von dem bedeutenden schwedischen Mykologen und Botaniker Elias Magnus Fries (Fries 1823). In Mitteleuropa trat [i]Sphaeropsis sapinea[/i] vor allem als »Bläue«-Erreger an Schnittholz und als Schädling von ein- bis dreijährigen Kiefernsämlingen auf (Butin 1983).

Allerdings beobachtete Desmarzière in Frankreich bereits 1948 das Auftreten der Art als Nadelpathogen nach dem Trockensommer 1947 (Engesser und Meier 2008). In Deutschland berichtete Hartmann 1978 von Schäden durch den Pilz im Zusammenhang mit Blattwespenfraß und Trockenheit im Raum Celle (Schwerdtfeger 1981). Ab den 1980er Jahren trat das Diplodia-Triebsterben dann vermehrt zunächst in Österreich und der Schweiz vor allem an der Schwarzkiefer (Pinus nigra) auf (Butin 1984; Engesser und Wicki 1994).

Entsprechende Schäden an Schwarzkiefer wurden nach 2003 auch in Bayern, mit einem Schwerpunkt in Unterfranken, beobachtet (Blaschke und Nannig 2006). Teilweise waren speziell in Schwarzkiefernbeständen die Schäden so umfassend, dass von einer bestandsbedrohenden Gefährdung ausgegangen wurde (Blaschke und Cech 2007). 2013 hat man erstmalig Nadelschäden an Wald- und Schwarzkiefern in Schweden beobachtet, was als Hinweis auf die Klimasensitivität der pathogenen Lebensphase interpretiert werden kann (Oliva et al. 2013).

Die bisher schwerwiegendsten Schäden an der Waldkiefer durch [i]Sphaeropsis sapinea[/i] traten in Deutschland 2010 in der Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt nach starken Fraßschäden durch die Kiefernbuschhornblattwespe auf (Langer et al. 2011). Die aktuellen Schäden, die ihren Schwerpunkt in Unter- und Mittelfranken sowie in der Oberpfalz haben, treten zwar nur einzelbaum- bis truppweise auf, sind aber von überregionaler Bedeutung und verdeutlichen das Schadpotenzial der Krankheit nachdrücklich.

Verschiedene Lebensweisen

Pilze sind Opportunisten, sie nutzen ihre Chance; dies gilt für [i]Sphaeropsis sapinea[/i] in mehrfacher Hinsicht. Typischerweise wird das Triebsterben mit Vorschädigungen durch Wunden (häufig Hagelschlag), Insektenfraß oder Trockenstress in Verbindung gebracht (Schwerdtfeger 1981; Butin 2011; Schumacher und Kehr 2011; Heydeck und Dahms 2012). [i]Sphaeropsis sapinea[/i] ist also zunächst einmal ein Schwächeparasit, der ein gewisses Maß an Vorschädigung für seine pathogene Lebensweise benötigt.

Darüber hinaus lebt der Pilz aber auch als Saprophyt auf abgestorbenem Material oder als Endophyt symptomlos in den Pflanzen (Smith et al. 1996; Langer et al. 2011). Aufgrund seiner saprophytischen Lebensweise ist der Pilz in den Beständen präsent und kann dann bei günstigen Witterungsbedingungen bzw. nach Schadereignissen in die pathogene Lebensweise durch die Infektion von Wunden und juvenilem Gewebe wechseln. In vitalen Pflanzen, die Abwehrzonen ausbilden und damit die Ausbreitung des Pilzes begrenzen, kann der Pilz nach erfolgreicher Infektion mehrere Jahre symptomlos überdauern und nach exogenen Stressereignissen (z. B. Dürreperiode) dann doch aggressiv werden (Schumacher und Kehr 2011).

Das Diplodia-Triebsterben profitiert von milden Wintern, feuchtwarmer Frühjahrswitterung und nachfolgend trockenen Sommern. Damit wird eine Prognose für das zukünftige Schadgeschehen bei weiter fortschreitendem Klimawandel nicht schwer: Das Diplodia-Triebsterben wird eine zunehmende Bedeutung gewinnen (Wulf 2008).

Charakteristische Krankheitsmerkmale

Charakteristisch für das Diplodia-Triebsterben sind die verbraunten Nadeln an den Triebspitzen (Abbildung 1). Die Nadeln verfärben sich zunächst fahlgrün und verbraunen dann zunehmend. Die Nadeln, an deren Basis sich dann die schwarzen Fruchtkörper (Pyknidien) bilden, bleiben hängen und fallen verzögert ab. Bei mehrjährigem wiederholtem Befall werden die betroffenen Zweige und Äste zunehmend kahl, die Benadelung ist nur noch büschelweise vorhanden.

Befallene Triebe krümmen sich (Abbildung 2) und zeigen starken Harzfluss, dies gilt bei starkem Befall auch für ganze Kronenteile (Abbildung 3). Wie auf den Nadeln können sich auch auf der Rinde Fruchtkörper zeigen, das darunterliegende Holz ist dann bereits großflächig verbläut (Abbildung 4) und damit holztechnisch entwertet. Typischerweise werden auch zweijährige Zapfen befallen, sie sind vermutlich ursächlich für den hohen Durchseuchungsgrad mancher Kiefernbestände.

So finden sich auch an ansonsten symptomlosen Kiefern befallene Zapfen, so dass diese als effektive Sporenquelle fungieren können (Schumacher und Kehr 2011; Heydeck und Dahms 2012). Letztlich führt starker Befall zum Absterben des Baums auch bereits binnen eines Jahres und gleichzeitig werden Folgeschadorganismen wie Pracht- und Borkenkäfer durch die Erkrankung gefördert und können dann je nach Aggressivität und Populationsdynamik auch eigenständig umfangreichere Schäden verursachen.
Abgestorbene Kiefernkrone, an der noch alte Nadeln hängen

Abb. 1: Abgestorbene Kiefer

Kiefernzweig mit gekrümmten brauenen Triebspitzen

Abb. 2: Triebkrümmung und Verbraunung

Liegender Kiefernstamm mit starkem Harzausfluss

Abb. 3: Harzfluss

Kiefernstamm, obere Hälfte mit Rinde, untere Hälfte ohne Rinde, zeigt das leicht bläuchlich gefärbte Holz

Abb. 4: Sporenlager

Krankheitszyklus

Kleine, schwarze Fruchtkörper (Pyknidien), in denen sich die Sporen (Konidien) von [i]Sphaeropsis sapinea[/i] entwickeln, sind charakteristisch für die Erkrankung. Sie finden sich auf den Nadeln, Nadelscheiden, den Zapfenschuppen der zweijährigen Zapfen und der Rinde. Die Sporen werden von (März) April bis Oktober, also über die gesamte Vegetationszeit hinweg freigesetzt. Die Sporen sind zunächst transparent und werden später braun (Blaschke und Nannig 2006).

Für die Infektion sind sehr feuchte Bedingungen erforderlich. Die Mehrheit der Sporen wird nur in Regenperioden freigesetzt. Auch zum Keimen und für das Wachstum der Keimhyphe benötigen die Sporen eine hohe relative Luftfeuchte, um erfolgreich in Nadeln und Triebe einzudringen. Besonders kritisch ist die Phase der Triebentwicklung je nach Witterung von April bis Juni. Bereits kurze Regenperioden und Temperaturen über 20 °C erhöhen in dieser Phase das Infektionsrisiko deutlich (Engesser und Meier 2008). Gleichzeitig ist die Infektionsrate standortsgein Normaljahren gering.

Sobald der Pilz erfolgreich in Nadeln bzw. den frischen Trieb eingedrungen ist, werden deren Gewebe rasch zerstört. Die Nadeln verblassen zunächst und verbraunen in der Folge. Befallenen Triebe zeigen ebenfalls deutliche Nekrosen und krümmen sich in Folge des dann ungleichmäßigen Längenwachstums. Die Infektion der zweijährigen Zapfen erfolgt in der Regel ab der zweiten Maihälfte. Auf den Zapfenschuppen finden sich dann spätestens im kommenden Frühjahr zahlreiche Pyknidien. Bei hohen Niederschlagsmengen im Spätsommer können sich auf den infizierten Nadeln und Zapfen bereits zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Pyknidien zeigen (Engesser und Maier 2008).

Wirtspflanzen

[i]Sphaeropsis sapinea[/i] hat einen weiten Wirtspflanzenkreis, zu dem neben 48 verschiedenen Kiefernarten auch Arten aus zehn weiteren Koniferen-Gattungen ([i]Abies[/i], [i]Cedrus[/i], [i]Chamaecyparis[/i], [i]Cupressus[/i], [i]Juniperus[/i], [i]Larix[/i], [i]Picea[/i], [i]Thuja[/i], [i]Tsuga[/i] und [i]Pseudotsuga[/i] (Abbildung 2) gehören (Blaschke und Cech 2007; Schumacher und Kehr 2011; Heydeck und Dahms 2012; Langer et al. 2013). Das breite Wirtspflanzenspektrum verdeutlicht das Schadpotenzial der Art nachdrücklich.

Gegenmaßnahmen

Da die Sporen (Konidien) von [i]Sphaeropsis sapinea[/i] über die gesamte Vegetationszeit freigesetzt werden, macht dies eine direkte Bekämpfung sehr schwierig, auch wenn Phasen hohen Infektionsrisikos (z. B. Austrieb) identifiziert werden können. Daher sollten vorbeugend Arten bzw. Herkünfte verwendet werden, die nicht anfällig bzw. tolerant gegenüber der Erkrankung sind (Heydeck und Dahms 2012).

Herkunftsversuche zur Anfälligkeit gegenüber [i]Sphaeropsis sapinea[/i], die von Schumacher und Kehr (2012) durchgeführt wurden, zeigten, dass es signifikante Herkunftsunterschiede gibt und dass Kiefernherkünfte der warm-trockenen Regionen die geringste Anfälligkeit aufweisen. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung der standortsgerechten Baumarten- bzw. Herkunftswahl auch für die Anfälligkeit gegenüber Schaderregern und dass diese beim Aufbau klimastabiler Wälder stärker berücksichtigt werden muss.

In befallenen Beständen können phytosanitäre Maßnahmen, wie die konsequente Entnahme stark befallener Bäume (Schädigungsgrad > 60 % der Nadelmasse), den Aufbau von Massenvermehrungen sekundärer Schadorganismen behindern. Eine Auflichtung bei Dichtstand, um damit die Luftfeuchte innerhalb der Bestände zu verringern, kann das Infektionsrisiko senken. Darüber hinaus können regelmäßige Durchforstungen die intraspezifische Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe und damit die Suszeptibilität der Bäume reduzieren.

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