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Miloš Knížek und Jan Liška
Borkenkäfer-Massenvermehrung in tschechischen Wäldern – LWF aktuell 120

Seit 2015 vermehren sich in Tschechien Fichtenborkenkäfer in einem bislang noch nicht bekannten Ausmaß

Selbst für den forstlich nicht ausgebildeten Laien sind die Veränderungen in den Wäldern Tschechiens unübersehbar. Riesige, zig Hektar große Kahlflächen verändern seit 2015 das Landschaftsbild in den nördlichen Teilen Mährens und Schlesiens. Ursache ist eine Massenvermehrung der Fichtenborkenkäfer in den von der Fichte dominierten Landesteilen, die 2018 ein, auch historisch nicht bekanntes, Ausmaß erreicht hat.

Hügeliges Gelände mit Nadelwald und großen KahlflächenZoombild vorhanden

Abb. 1: Kahlflächen. (Foto: Jan Lubojacký, VULHM)

Die Witterung im Jahr 2015 war in Tschechien zu heiß und zu trocken. In Teilen der historischen Regionen Mähren und Schlesien wurden Niederschlagsdefizite von über 50 % gemessen. Im Sommer 2015 begann der Befall von Fichte durch Borkenkäfer deutlich anzusteigen.

Die Forstwirtschaft war jedoch nicht in der Lage, durch Waldschutzmaßnahmen angemessen auf die zunehmende Borkenkäfer- Gefahr zu reagieren. Mit den weiteren überdurchschnittlich warmen Jahren 2016 und 2017 hat sich die Borkenkäfer- Situation zunehmend verschärft. Die extremen Witterungsbedingungen im Jahr 2018 mit hohen Temperaturen und einer außergewöhnlichen Dürre haben die Dynamik der Borkenkäfermassenvermehrungen nochmals substantiell beschleunigt.

Hitze-, Dürre- und Käferwelle überrollt tschechiens Forstwirtschaft

Die durch die Witterung ausgelöste Massenvermehrung fällt mit einer äußerst ungünstigen sozioökonomischen Situation der Forstwirtschaft in Tschechien zusammen, die durch Arbeitskräftemangel, Preisverfall auf dem Holzmarkt und organisatorische Probleme bei der Borkenkäferbekämpfung in den Staatsforsten infolge eines strengen öffentlichen Vergabemodells gekennzeichnet sind. Daraus resultiert die beispiellose historisch unbekannte Borkenkäfer-Massenvermehrung mit landschaftsbildverändernden, großräumigen Schadflächen.

Der Wald in Tschechien

Die Wälder in der Tschechischen Republik bedecken mit 2,67 Millionen Hektar etwa ein Drittel der Landesfläche. Dem tschechischen Staat gehören 55 % der Waldfläche, die restlichen 45 % sind im kommunalen oder privaten Besitz. Die Zusammensetzung der Wälder ist sehr weit vom natürlichen Zustand entfernt. Nadelbäume bilden derzeit 72 % der Waldfläche. Bei einer natürlichen Baumartenzusammensetzung würde der Anteil der Fichte bei etwa 30 % liegen. Die Hauptbaumart in den heutigen Waldbeständen ist Gemeine Fichte (Picea abies). Die registrierte Holzernte in den letzten Jahren lag um 16 Millionen Kubikmeter. Im Jahr 2016 wurden etwa 17,5 Millionen Kubikmeter geerntet, wovon circa 14 Millionen Kubikmeter auf die Fichte entfiel.

Tschechische Fichtenwirtschaft am Scheideweg

Karte von Tschechien; Anfall von Schadholz in Kategorien von weniger 1000 Kubikmeter (Farbe: hellgelb) bis mehr als 1000000 Kubikmeter (Farbe: rot). Im Norden recht hellgelb mit gelben und orangen Sprenkeln, im Süden orange und hellrot, im Osten rot und dunkelrot Zoombild vorhanden

Abb. 2: Geschätzter Schadholzanall in den einzelnen Forstbezirken Tschechiens im Jahr 2017 (Grafik: LWF)

Im Jahr 2015 fielen insgesamt rund 2,1 Millionen Kubikmeter registriertes Schadholz an. Im Jahr 2016 stieg die Schadholzmenge auf circa 4,3 Millionen Kubikmeter, um im Jahr 2017 auf 5,3 Millionen Kubikmeter weiter anzuschwellen. Derzeit wird die Schadholzmenge für 2018 auf 15 Millionen Kubikmeter geschätzt (Abbildung 2). Die Borkenkäferkalamität gerät damit in eine Phase, in der in einigen Regionen Tschechiens die Forstbetriebe die Kontrolle über die Gesamtsituation verloren haben. Damit stellt diese Borkenkäferkalamität eine substanzielle Gefahr für die tschechische Forstwirtschaft dar.

Das Ausmaß des Borkenkäferbefalls in Tschechien ist räumlich deutlich differenziert (Abbildung 2). Die östlichen Landesteile, die historischen Regionen Mähren und Schlesien, sind stärker befallen. Derzeit fallen etwa 70 % des Schadholzes in diesen Regionen an, obwohl nur etwa 35 % aller Fichtenbestände dort stocken. Im Westen der Tschechiens, historisch die Region Böhmen, ist das Schadensausmaß am stärksten in den südlichen und südwestlichen Bereichen. Aktuell verschärft sich die Borkenkäfersituation in den zentralen Teilen Tschechiens. Der Borkenkäferbefall konzentriert sich derzeit auf Fichtenbestände in Höhen bis zu 800 m. Die Bergwälder sind (bisher) kaum befallen.

Der dominante Borkenkäfer dieser Massenvermehrung ist der Buchdrucker [i](Ips typographus)[/i]. Der Nordische Buchdrucker [i](Ips duplicatus)[/i] ist jedoch ebenfalls am Schadgesehen beteiligt. Dabei ist die Bekämpfung des Nordischen Buchdruckers durch seine Lebensweise schwieriger als die des allgemein bekannten Fichtenborkenkäfers Ips typographus. Die Prognose der Entwicklung der Borkenkäferkalamität in Tschechien im Jahr 2019 ist äußerst ungünstig. Wenn es nicht zu einem für die Fichte sehr günstigen Witterungsverlauf kommen sollte, ist eine weitere erhebliche Zunahme und auch Verschärfung des Befalls zu erwarten. Im Falle einer wünschenswerten kälteren und regnerischen Witterung im Jahr 2019 und der Anwendung der notwendigen Waldschutzmaßnahmen wäre eine teilweise Stabilisierung der Situation und möglicherweise auch eine Verringerung des Befalls vorstellbar.

Tschechische Forstwirtschaft vor großen Herausforderungen

Aufgrund der erwarteten Änderungen im Klima muss die Perspektive der Fichtenwirtschaft in den kommenden Jahren als ungünstig bewertet werden. Daher muss mit einer dramatischen Neugestaltung der gesamten tschechischen Forstwirtschaft – begleitet von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Problemen – gerechnet werden. Mit diesen Problemen wird sich die ganze Gesellschaft befassen müssen.

Berichte zur Waldschutzsituation in Tschechien

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Weiterführende Informationen

Autoren

  • Miloš Knížek
  • Jan Liška