Header Waldschutz - v2

RSS-Feed der Bay. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft abonnieren

So verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr. Unser RSS-Feed "Nachrichten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft" informiert Sie kostenlos über unsere aktuellen Beiträge.

Aufruf des RSS-Feeds

Cornelia Triebenbacher und Ralf Petercord
Buchdrucker und Kupferstecher im Steilflug – LWF aktuell 120

War schon das Jahr 2017 ganz nach dem Geschmack der Fichtenborkenkäfer, so verschärfte sich 2018 die bereits angespannte Borkenkäfersituation noch weiter. Aufgrund der heißen und trockenen Witterung konnten Buchdrucker und Kupferstecher ihr volles Vermehrungspotenzial ausschöpfen.

Das vierte Jahr in Folge legten die Fichtenborkenkäfer eine dritte Generation an. Hinzu kam eine dritte Geschwisterbrut im August. Sowohl Buchdrucker als auch Kupferstecher konnten nach 2015, 2016 und 2017 im Jahr 2018 erneut eine dritte Generation und mehrere Geschwisterbruten anlegen. Damit kam es das vierte Jahr in Folge zu einer starken Vermehrung der Fichtenborkenkäfer.

Sturmtiefs vergrößern erheblich Nahrungsangebot für Borkenkäfer

Hinzu kam in den Bereichen Passau und Freyung-Grafenau im August 2017 der Gewittersturm »Kolle«, der bis zu 2,3 Mio. Fm Schadholz verursachte. Die rechtzeitige Aufarbeitung dieses zum Teil flächigen Windwurfs stellte für diese Region eine große Herausforderung dar. Hinzukamen die Herbst- und Winterstürme »Xavier«, »Herwart«, »Burglind« und »Friederike«.
Sie führten in Bayern zwar zu eher geringeren Schäden, jedoch ging von den schwer auffindbaren und zum Schwärmbeginn 2018 noch nicht aufgearbeiteten Einzel- und Nesterwürfen eine große Gefahr als Ausgangpunkt für die Entstehung größerer Befallsherde aus.

Seit 2015 im Höhenflug

Der Schwerpunkt des Borkenkäferbefalls liegt bereits seit 2015 in den Fichtenwäldern der südlichen Oberpfalz bis in den Vorderen Bayerischen Wald, des Tertiären Hügellands und der Münchner Schotterebene. 2017 und 2018 kam es auch im südlichen und nördlichen Jura, im Frankenwald, im Fichtelgebirge und auf dem Fränkischen Keuper zu einer deutlichen Zunahme des Borkenkäferbefalls.

2018: Heißer Frühjahrsstart ins Borkenkäferjahr hielt bis zum Schluss

Wetteranomalien der Jahre 2015 bis 2018; Temperatur im Schnitt alle Jahre zu hoch, wobei der Niederschlag eher zu niedrig ausfielZoombild vorhanden

Abb. 1: Monatliche Abweichung von Temperatur und Niederschlag zum Mittelwert. (Grafik: LWF)

Nach einem März mit eher unterdurchschnittlichen Temperaturen folgte der wärmste April seit Beginn der Witterungsaufzeichnung in Bayern und Deutschland. Gleichzeitig war er sehr niederschlagsarm (–63 %). Die hohen Temperaturen und der geringe Niederschlag setzten sich im Laufe des Sommers bis zum kalendarischen Herbstanfang fort. Bereits im Mai kam es an einigen Standorten zu Trockenstress bei der Fichte.

Betrachtet man zu den reinen Sommermonaten auch den April und Mai, war es rückblickend der viertrockenste Sommer seit Wetteraufzeichnung. Für das Temperaturmittel gab es für diesen Zeitraum gleichzeitig einen neuen Wärmerekord und auch die Sonnenscheindauer war um ein Drittel höher als im Jahrhundertsommer 2003. Alles ideale Bedingungen für Schwärmflug, Befallsaktivität und Brutentwicklung der Fichtenborkenkäfer.

Das große Schwärmen beginnt

Die überwinternden Buchdrucker und Kupferstecher nutzten das warme Wetter und flogen in der ersten Aprilhälfte massiv aus (Abbildungen 2 & 3).

[i]Buchdrucker[/i]

Hierbei kam es bereits zu ersten Stehendbefall-Meldungen. Die weiter anhaltende warme und zunehmend trockene Witterung beschleunigte im Jahresverlauf die Entwicklung der Fichtenborkenkäfer. Ab Anfang/Mitte Juni schwärmten die Jungkäfer der 1. Generation aus und legten die 2. Generation an. Ende Juli/Anfang August wurde bereits die 3. Generation angelegt. Im August kam es wie bereits im Vorjahr zur Anlage einer 3. Geschwisterbrut. Die Käfer schöpften damit ihr volles Vermehrungspotenzial aus.
Ein Nadelwald von oben; einzelne gelb-rote Bäume stechen herausZoombild vorhanden

Abb. 4: Vom Borkenkäfer im Frühjahr befallene Fichten zeichnen ab Ende August mit roter Krone. (Foto: A. Kelle, BaySF)

Ein Käferpaar brachte mehr als 100.000 Käfer hervor. Die idealen Schwärm- und Entwicklungsbedingungen führten zu einer starken Überlagerung der Schwärmflüge der einzelnen Folgegenerationen und Geschwisterbruten. Die Entwicklungsdauer vom Ei bis zum ausflugbereiten Jungkäfer verkürzte sich in den Sommermonaten auf gerademal sechs Wochen.

Die Fichten konnten diesem permanenten Befallsdruck nichts entgegensetzen, da sie auf vielen Standorten unter Trockenstress gerieten. Die Hitze bewirkte außerdem, dass sich die Borkenkäfer zum Befall frühzeitig (mind. ab Mai) in das Bestandesinnere zurückzogen. Das erschwerte wesentlich die Bohrmehlsuche und Befallskontrolle.

Ende August/Anfang September wurde das Ausmaß des Befalls in vielen Regionen so richtig sichtbar. Überall zeichneten Käferfichten aus Frühjahrs- und Frühsommerbefall mit roten Kronen (Abbildung 4). Die 3. Generation hatte sich nahezu bayernweit vollständig entwickelt. Erste Jungkäfer fanden sich schon Anfang September unter der Rinde.

Aufgrund der überdurchschnittlich hohen Temperaturen entwickelte sich die Käferbrut im September weitgehend zu fertigen Jungkäfern mit Reifungsfraß. Diese flogen aber nur noch aus, wenn die Rinde abfiel, oder bei hoher Besiedlungsdichte. Vereinzelt wurden noch Brutanlagen (Geschwisterbruten) im September beobachtet.

Außergewöhnlich war 2018 die Anlage einer 3. Generation in den höheren Lagen der Mittelgebirge und im Alpenraum. Erstmals wurde in den Höhenlagen des Bayerischen Waldes die Anlage einer 3. Generation nachgewiesen.

[i]Kupferstecher[/i]

Für den kleineren Fichtenborkenkäfer waren die Witterungsbedingungen ebenfalls ideal. Auch sie legten eine 3. Generation an und haben sich regional stark vermehrt. Die Befallsschwerpunkte haben sich von Niederbayern Richtung Ober- und Unterfranken verlagert. Da der Befall immer erst relativ spät in der Borkenkäfersaison gefunden wird, ist eine genaue Einschätzung der Gefährdungssituation beim Kupferstecher schwieriger als beim Buchdrucker. Zunehmend treffen Meldungen zum Kupferstecherbefall ein.
Schwarmzeit des Buchdruckers der Jahre 2015 und 2016; Höhepunkt 2015 um 1. Juli und 1. Juni; 2016 um 15. Mai und 1. Juli; Niveau grundsätzlich höher 2016 als 2015

Abb. 2: Schwärmverlauf 2015 & 2016 (Grafik: LWF)

Schwarmzeit des Buchdruckers der Jahre 2017 und 2018; Niveau 2017 deutlich höher als 2016, kaum deutliche Spitzen, hohes Level von 15. Mai bis 15. Juli; 2018 erstes Hoch um den 20. April, dann wieder um 1. Juni und im Lauf des Jahres abfallend

Abb. 3: Schwärmverlauf 2017 & 2018 (Grafik: LWF)

Handlungsempfehlungen und Ausblick

Durch den bei warmen Temperaturen fortdauernden Fraß der Jungkäfer und Bruten ist die Rinde lose und droht, jederzeit abzufallen. Fertig entwickelte Jungkäfer und Altkäfer ziehen sich bei Rindenabfall zur Überwinterung in den Boden zurück oder verbleiben in der Rinde am Boden und entziehen sich somit der Bekämpfung.

Die Suche und Aufarbeitung der befallenen Fichten muss daher auch weiterhin oberste Priorität haben, auch wenn die Schwärmaktivität der Fichtenborkenkäfer beendet ist. Der Einschlag bereits rot verfärbter oder gar grau verfärbter Fichten ist aus Waldschutzsicht nicht erforderlich und kann auf einen späteren Zeitpunkt verlagert werden. Die Käfer haben diese Bäume bereits verlassen. Ein Bekämpfungserfolg ist auf diesem Weg nicht mehr zu erzielen.

Der Einschlag muss sich auf die Bäume konzentrieren, in denen der Käfer überwintert. Diese Bäume finden sich im Umgriff der übersehenen und bereits verfärbten Bäume und sind bei grüner Krone an [i]Spechtschlag[/i], [i]Einbohrlöchern[/i] und [i]ersten Rindenverlusten[/i] zu erkennen. Die Jungkäfer finden sich in der Rinde, so dass die Rinde aufgebrochen werden muss, um den Befallsstatus richtig einschätzen zu können. Aufgrund der teilweise bereits losen Rinde muss zudem besonders bei der Aufarbeitung und Rückung größtmögliche Sorgfalt gelegt werden, um ein flächiges Abfallen der Rinde zu verhindern. Die Lagerung befallener Stämme sollte daher auch möglichst außerhalb des Waldes stattfinden. Bei größeren Mengen abgefallener Rinde lohnt es sich, diese einzusammeln und zu verbrennen.

Aufgrund des Entwicklungsfortschritts der Jungkäfer ist im kommenden Frühjahr gleich mit eintreten geeigneter Schwärmbedingungen mit einem starken und zeitlich synchronen Ausflug der überwinternden Käfer zu rechnen. Daher sollte im Frühjahr unverzüglich nach Bohrmehl gesucht werden. Aufgrund abgefallener Rinde und der damit im Boden überwinternden Borkenkäfer ist auch an den Holzlagerplätzen und an »zu spät« gefundenen Stehendbefallsherden unbedingt nach frischem Stehendbefall (Bohrmehl) zu suchen.
Karte von Bayern; Markierungen in rot-schraffiert für Gefährdungsstufe mit akutem Befall, in rot für Gefährdungstufe, gelb für Warnstufe, grün für keine Warnstufe; 2015 im Norden und Süden Bayerns Gebiete un gelb und grün, mittig rot und schraffiert; 2016 deutlich weniger grüne Gebiete im Norden, dafür vermehrt gelbe, jedoch auch kaum Zunahme der roten Gebiete

Abb. 5: Gefährdungslage Buchdrucker 2015 & 2016 (Grafik: LWF)

Karte von Bayern; Markierungen in rot-schraffiert für Gefährdungsstufe mit akutem Befall, in rot für Gefährdungstufe, gelb für Warnstufe, grün für keine Warnstufe; 2017 in Norden noch vereinzelte gelbe Gebiete, Mitte Bayerns rot-schraffiert; 2018 ganz Bayern bis auf Ausnahmen im Süden rot oder rot-schraffiert

Abb. 6: Gefährdungslage Buchdrucker 2017 & 2019 (Grafik: LWF)

Zusammenfassung

Die extrem günstige klimatische Situation mit sehr warmen und trockenen Sommern der letzten Jahre und ein erhöhtes Brutraumangebot durch zahlreiches Sturmholz begünstige die Massenvermehrung der Fichtenborkenkäfer. Es werden der außergewöhnliche Entwicklungsverlauf von Buchdrucker und Kupferstecher des Jahres 2018 beschrieben und Handlungsempfehlungen zur Borkenkäferbekämpfung für den Winter und das Frühjahr 2019 gegeben.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen

Autoren