Planung von Kurzumtriebsplantagen
KUP-Scout: Ein Pappel-Ertragsmodell für Bayern

Ein mit schnellwüchsigen Pappeln bestellter Hektar Landwirtschaftsfläche in Bayern kann unter guten Bedingungen jährlich rund 30 Tonnen Holz (Frischmasse) produzieren. Wird diese Menge an Holzhackschnitzeln verfeuert, ersetzt sie 5.000 bis 6.000 Liter Heizöl. Dank des extensiven Anbauverfahrens geschieht dies sehr energieeffizient und oftmals mit positiven ökologischen Auswirkungen. Die Verwertung von regionalem Energieholz aus Kurzumtriebsplantagen (KUP) stellt eine interessante Alternative zur Wärmeerzeugung aus fossilen Brennstoffen dar.

Links Foto einer grünen Kurzumtriebsplantage, mittig Kartenausschnitte zu Niederschlag, Temperatur, Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicher, rechts Schema eines Computers für Ertragsberechnung durch ein Geografisches Informationssystem (GIS). Zoombild vorhanden

Ertragspotenziale abschätzen mit räumlichen Standortdaten

Um Landwirte und regionale Energieprojekte bei der Planung von Kurzumtriebsflächen zu unterstützen, wurde der KUP-Scout entwickelt: Im Rahmen eines Projektes der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft wurde ein standortbasiertes Pappel-Ertragsmodell an die regionalen Verhältnisse in Bayern angepasst und in Kartenform dargestellt.

Kommunale Potenziale für die bayerischen Landkreise auf Gemeindeebene

Der wissenschaftliche Hintergrund
KUP-Scout: Erträge schätzen - aber wie?

Die Biomasse-Produktion von Pflanzen wird stark durch Standorteigenschaften wie Klima und Bodenfruchtbarkeit beeinflusst. Dieses Wissen nutzt man bei der Erstellung standortbasierter Ertragsmodelle.
Ertragsmodelle im KUP-Scout
Ziel ist es, einen mathematischen Zusammenhang zwischen bestimmten Eigenschaften eines Standortes (wie der Niederschlag in der Vegetationsperiode) und den dort produzierten Zuwächsen zu finden.
Im Rahmen des Projektes KUP-Scout wurden verschiedene Pappel-KUP-Ertragsmodelle bezüglich ihrer Anwendbarkeit in Bayern getestet. Hierzu wurden die modellierten Erträge mit tatsächlichen Erträgen bayerischer KUP-Versuchsflächen verglichen und mit zahlreichen statischen Auswertungen die Trefferquote der Modelle sowohl regional als auch bayernweit bewertet. Der beste Ansatz wurde als Basis für eine schrittweise Anpassung und Optimierung der Ertragsschätzung für bayerische Standortverhältnisse verwendet. Die entstandene Ertragskarte für Pappel-KUP in Bayern erlaubt Aussagen zu möglichen Erträgen und zur regionalen Eignung einer Gemeinde für KUP-Anbau.
Projektphase 1: Standortbasierte Ertragsmodelle - Was gibt es schon?
Bei der Entwicklung des Ertragsmodells für Pappel-KUP in Bayern wurde zuerst geprüft, wie gut bereits vorhandene Modelle die bayerischen KUP-Erträge abbilden können. Dazu wurden vier verschiedene Modellansätze verglichen. Die untersuchten Ertragsmodelle unterscheiden sich sowohl bezüglich der von ihnen verwendeten Modellvariablen, als auch bezüglich deren Gewichtung.
Die Standortfaktoren bayerischer Landwirtschaftsflächen decken durch die vielfältigen Klima- und Reliefbedingungen sowie verschiedenste Ausgangssubstrate ein weites Spektrum ab. Dies weicht teilweise deutlich von den Standortbedingungen ab, für die die verglichenen Modelle ursprünglich entwickelt worden waren. Deshalb wurde die Anwendbarkeit der Modelle durch einen Vergleich der Modellierungsergebnisse mit tatsächlichen Ertragsdaten bayerischer KUP-Praxisflächen überprüft.
Grafik mit mittiger Tabelle, darin die einzelnen Parameter, die zur Berechnung des Modells verwendet wurden.Zoombild vorhanden

Übersicht der verglichenen Modelle und deren Modellvariablen

Je nach Modell gehen in die Berechnung des Ertrages unterschiedliche Eingangsparameter ein.
Vier Modelle wurden ausgewertet.
Das Modell von Murach et al (2008) wurde an der Universität Eberswalde im DENDROM- Projekt entwickelt. Es berechnet als Parameter das Transpirationswasserangebot und fand in Brandenburg Anwendung. Zur Berechnung werden der Niederschlag Mai bis September, die Interzeption (35 Prozent der genannten Niederschlagssumme) sowie die nutzbare Feldkapazität bis 50 Zentimeter Tiefe verwendet.
Das Model nach Ali (2009) wurde am Institut für Waldwachstum und forstliche Informatik in Dresden entwickelt und in Sachsen angewendet. In dieses Model gehen ein: der Niederschlag Mai bis Juni, die nutzbare Feldkapazität im effektiven Wurzelraum und die Temperatur von April bis Juli.
Das Modell von Aust (2012) entstand im Rahmen einer Dissertation an der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften in Freiburg. Es wurde für Baden-Württemberg angewandt und bezieht neben der reliefkorrigierten klimatischen Wasserbilanz die nutzbare Feldkapazität bis 1 Meter Tiefe ein.
Das Model von Amthauer Gallardo (2014) wurde ebenfalls im Rahmen einer Dissertation am Institut für Waldwachstum und forstliche Informatik in Dresden entwickelt. Es fand auf Deutschland Anwendung und greift auf den Datenpool des Projektes PROLOC zurück. Die nutzbare Feldkapazität bis 60 Zentimeter Tiefe sowie der Trockenindex nach de Martonne finden hier Eingang.
Projektphase 2: Praxistest – Welches Modell trifft am besten?
Grafische Darstellung der Vorgehensweise. Von links nach rechts: Lage der Praxisflächen als Punkte auf einer Bayernkarte. Foto der motormanuellen Pappelernte. Mittig zwei Fotos einer KUP für gemessene und modellierte Zuwachswerte. Der Vergleich ergibt die regionale Anpassung des Modells und eine Ertragskarte. Zoombild vorhanden

Modell-Vergleich der Ertragsmodellierungen mit tatsächlichen Erträgen

Die vier getesteten Modelle wurden bezüglich ihrer Vorhersagegenauigkeit verglichen.
Dazu wurde jedes Modell mit den Standortdaten von 44 bayerischen KUP-Flächen gerechnet. Den individuell modellierten Erträgen wurden die tatsächlichen Erträge der jeweiligen KUP-Fläche gegenüber gestellt.
Anhand statistischer Auswertungen konnte so die relative Anwendbarkeit des Modells für Bayern beurteilt werden.
Das Modell von Ali (2009) im mittleren Umtrieb schnitt am besten ab.
Um die regionalen Unterschiede der Modelle zu beurteilen wurden sie flächendeckend für ganz Bayern gerechnet. Hierzu war es notwendig verschiedene, flächig vorliegende Bodeninformationen (unter anderem Bodenschätzung, Bodenübersichtskarte 1:25.000) und Profilbohrungsbeschriebe des Bodeninformationssystems Bayern (BIS) zu verarbeiten, fachlich zu beurteilen und um eigene Aufnahmen im Gelände zu ergänzen. Bei der Überprüfung wurde deutlich, dass die modellierten Erträge in einigen Regionen korrigiert werden mussten.
Projektphase 3: Regionale Anpassung – Wie können wir das Modell optimieren?
Durch einen intensiven Austausch mit KUP-Experten (Dienstleister, Landwirte, Wissenschaftler) wurde die Plausibilität der Modelle in standörtlich unterschiedlichen Regionen Bayerns bewertet.
Es konnten Regionen identifiziert werden, in denen die modellierten durchschnittlichen Erträge überschätzt wurden (z.B. Alpenraum, bayerischer Wald) sowie Gebiete, in denen die Erträge regelmäßig unterschätzt wurden (z.B. Auenbereiche).
Um die Ertragskarte regional an die standörtlichen Gegebenheiten Bayerns anzupassen, wurden sogenannte Korrekturfaktoren, die ökophysiologisch bedingte Grenzen des Pappelwachstums berücksichtigen, getestet. Hier fand ein in Anlehnung an Petzold (2013) entwickelter Ansatz Verwendung, der die Ertragsprognosen bei zu niedrigen Temperaturen bzw. bei Trockenstress reduziert, sowie den Einfluss von kapillarem Aufstieg berücksichtigt. Die Ergebniskarte wurde in einem iterativen Prozess angepasst. So konnten die Ertragsprognosen realistischer abgebildet werden.

Ergebnisse aus dem Projekt KUP-Scout
Praxisgerechte Aufbereitung - Wer braucht was?

Das an bayerische Standortverhältnisse angepasste Ertragsmodell berechnet ein durchschnittliches jährliches Ertragspotenzial für Pappeln im mittleren Umtrieb. Die Ergebnisse können auf zwei Informationsebenen verwendet werden:
  • Grundstückseigentümer (z. B. Landwirte) haben die Möglichkeit, das Ertragspotenzial ihrer Flurstücke beim zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft, und Forsten (AELF) anzufragen.
  • Kommunen, Planungsbüros, regionalen Energieversorgern oder interessierten Bürgern werden auf Gemeindeebene aggregierte Ertragspotenziale zur Verfügung gestellt. Neben einer Übersichtskarte enthalten diese Dokumente Informationen zur Schutzgebiets-Kulisse sowie zur regionalen Eignung für Kurzumtrieb.
Individuelle Beratung (Flurstückebene)
Die individuelle Beratung leistet das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in der Regel über einen persönlichen Kontakt mit den dort zuständigen Ansprechpartnern. An diese können sich sowohl der einzelne Grundstückseigentümer als auch Kommunen wenden, um sich über das örtliche Ertragspotenzial zu informieren oder sich allgemein zum KUP-Potenzial in ihrer Gemeinde beraten zu lassen.
Berater der Forst- und Landwirtschaftsverwaltung können über das Bayerische Waldinformationssystem (BayWIS) bzw. das integrierte Bayerische Landwirtschaftliche Informationssystem (iBALIS) auf flurstückscharfe Daten zugreifen.
Detaillierte Informationen werden nur an berechtigte Personen weitergegeben. Berechtigte Personen sind Grundstückseigentümer oder Personen, die mit schriftlicher Erlaubnis des Eigentümers die Daten einsehen dürfen.
Kommunale Potenziale (Gemeindeebene)
Für jede Gemeinde in Bayern wurden Kennzahlen errechnet, die eine relative Eignung des Gebietes für den Anbau von Pappeln im Kurzumtrieb ausdrücken. Dadurch werden drei zentrale Fragen beantwortet:
    1. Wie viel Biomasseertragspotenzial steckt in unseren Flächen?
    2. Wie groß ist der Anteil an Schutzgebieten, in denen der Pappel-Anbau eventuell nur eingeschränkt oder verbunden mit Auflagen möglich ist?
    3. Auf welchem Flächenanteil kann Pappel-Anbau besondere Leistungen erbringen (Erosionsschutz, Produktivität)?
    Die bereitgestellte Tabelle enthält alle Gemeinden des ausgewählten Landkreis (bzw. der kreisfreien Stadt). Zu jeder Gemeinde werden spezifische Kennzahlen gelistet, die sowohl das Ertragspotenzial als auch die regionalen Möglichkeiten des KUP-Anbaus zeigen. Je nach Fragestellung beziehen sich die Auswertungen entweder auf die Landwirtschaftsfläche oder auf die Ackerfläche.

    Darstellung der kommunalen Ergebnisse
    KUP-Scout Beispielgemeinden im Landkreis Landshut

    Links oben Übersichtskarte Landkreis Landshut, unterteilt in die zugehörigen Gemeinden. Diese sind nummeriert und farblich nach dem mittleren zu erwartenden Ertrag klassifiziert. Darstellung jeder Gemeinde nach berechneten Kennzahlen je Landwirtschaftsfläche und Ackerfläche. Unten Auszug einer Tabelle mit Werten und berechneten Ergebnissen.