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Rasmus Ettl, Wendelin Weis, Thomas Gugler und Axel Göttlein
Junge Buchen auf Femel- und Kahlflächen - LWF-aktuell 117

In Zeiten des Klimawandels erweist sich die Fichte auf vielen Standorten zunehmend als anfällige Wirtschaftsbaumart. Aufgrund der großen Fichtenanbaufläche in Bayern stellt sich die Frage nach dem zukünftigen Umgang mit Fichtenbeständen. In diesem Zusammenhang spielt die Einbringung von Buchenverjüngung in Fichtenreinbestände eine große Rolle. Von praktischer Bedeutung sind hier zwei Verjüngungsverfahren – Pflanzung nach Femelhieb und auf Kahlflächen.

Buchenverjüngung mit Fichtenaltbestand im HintergrundZoombild vorhanden

Abb. 1: Buchenverjüngung auf Kleinkahlfläche. (Foto: W. Weis)

Wie unterscheiden sich Femel- und Kleinkahlschlag nach längerer Zeit? Was lässt sich über Sickerwasserqualität und Stoffhaushalt sagen? Wie hat sich die gepflanzte Buchenverjüngung entwickelt? Das wurde im Forschungsprojekt B71 untersucht.

In reinen Fichtenaltbeständen wurden im Jahr 2000 nach Gruppenschirmstellung und Kleinkahlschlag Buchen gepflanzt. Die Buchenverjüngungen im Höglwald und im Ebersberger Forst wurden jetzt qualitativ und ernährungskundlich bewertet.
Tabelle 1: Bestandsbeschreibung der Fichtenaltbestände im Höglwald und im Ebersberger Forst und Übersicht über die forstlichen Eingriffe auf den Verjüngungsflächen.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
Fichtenaltbestand Höglwald Ebersberger Forst
Alter [a] 95 85
Anzahl [N/ha] 620 675
Durchmesser (BHD) [cm] 39 36
Grundfläche [m²/ha] 79 71
Mittelhöhe [m] 35 33
Vorrat [m³] 1309 980
Maßnahmen Femel Kahlfläche Femel Kahlfläche
Hiebsmaßnahme Auflichtung 2000 Feb. 2000 Auflichtung 2000 Dez. 1999
Auflichtung [%] 10 34
Pflanzung Frühjahr 2000 Frühjahr 2000 Frühjahr 2000 Frühjahr 2000
Nachlichtung Feb. 2006 2005/2006
Räumung März 2013 Dez. 2012

Die Altbestände und ihre Buchenverjüngung

Junge Buchen mit erstem SchneefallZoombild vorhanden

Abb. 2: Buchenverjüngung auf geräumter Femelfläche. (Foto: R. Ettl)

Im Jahr 2000 wurden je zwei Fichtenaltbestandsteile kahlgeschlagen bzw. aufgelichtet und mit Buchen bepflanzt. In den Jahren 2005 bzw. 2006 wurden die Femelflächen nachgelichtet und 2012/2013 endgültig geräumt. Tabelle 1 beschreibt die Altbestände sowie die Behandlungshistorien der vier Versuchsflächen.

2014 wurde die Biomasse detailliert erhoben. Dazu wurden in der Buchenverjüngung jeweils zehn herrschende Bäume pro Versuchsparzelle entlang der BHD-Verteilung entnommen und vermessen.

2016 wurde nochmals die Qualität der Buchen angesprochen und es wurden Blätter aus der Lichtkrone entnommen und analysiert, um den Ernährungszustand zu ermitteln. Aufgrund des geschlossenen Bestandsbildes der Verjüngung fand keine erneute Höhenmessung statt. Beurteilt wurden bei der Buchenverjüngung Stamm- und Kronenform nach den Kriterien von Gockel (1994) (Abbildung 3) sowie der Ernährungszustand nach Göttlein (2015).

Die Kronenform wurde dabei in sechs Kategorien angesprochen, die Stammform in fünf Güteklassen. Bis einschließlich der Stammformzahl 2 (»schwach knickig«) wurde angenommen, dass die Buchen waldbaulich gut veranlagt sind. Zudem unterstellten wir, dass ausreichend gut veranlagte, vitale Buchen bis einschließlich Kronenformziffer 3 (»Wipfelschäftige mit Tendenz zum Zwiesel«) problemlos in den Altbestand übernommen werden können, während vitale Bäume mit Grobformen (vor allem Kronenform 4) bei Durchforstungseingriffen zurückgenommen werden sollten.

Der parameterfreie Mann-Whitney-U-Test zeigt mögliche statistische Unterschiede in den Nährelementgehalten der Buchenverjüngung zwischen den gleichen Verjüngungsvarianten auf beiden Standorten. Die verschiedenen Beprobungszeitpunkte auf einem Standort wurden innerhalb der jeweiligen Varianten mit dem Wilcoxon- T-Test für abhängige Stichproben verglichen.

Verschiedene Kronen- und Stammformen der Jungbuchen. Aufschlüsselung in die Klassen "gut", "schlecht" und "sehr schlecht".

Abb. 3: Aufnahmeschlüssel zur Qualitätsansprache nach Gockel (1994) und Aufteilung in gute, schlechte und sehr schlechte Formen. (Grafik: LWF)
Tabelle 2: Durchmesser-Entwicklung und Höhe auf den Verjüngungsflächen
     
     
     
     
     
     
     
     
     
Standort Variante Jahr Durchmesser (BHD)
Mittel (Spanne) [cm]
Höhe
Mittel (Spanne) [cm]
Höglwald Kahlfläche 2014 5,80 (0,80-12,90) 8,65 (7,56-10,27)
2016 7,12 (2,90-14,60)
Femel 2014 3,35 (0,90-6,60) 4,92 (4,03-5,80)
2016 4,63 (1,70-9,20)
Kahlfläche 2014 5,36 (1,90-9,80) 8,64 (7,16-10,39)
2016 6,01 (2,40-10,80)
Femel 2014 3,00 (0,30-5,30) 5,85 (4,28-9,30)
2016 4,07 (0,80-7,80)

Im Femel »feiner« …

Tabelle 2 zeigt die Durchmesser-Entwicklung (BHD) sowie die Höhe der Buchenverjüngung auf den zwei Standorten. Auf beiden Standorten waren die Buchen der Femelfläche im Mittel 2 bis 2,5 cm dünner als die der Kahlfläche. Die Buchen im Höglwald waren insgesamt dicker als die im Ebersberger Forst. Die Höhen der Buchen auf den Kahlschlagsflächen unterschieden sich nicht wesentlich. Der deutliche Höhenunterschied der Buchen auf den Femelflächen – im Ebersberger Forst waren sie im Mittel fast einen Meter höher als im Höglwald – kann einerseits durch die unterschiedlichen Pflanzsortimente (mittlere Höhe der Buchenpflanzung im Ebersberger Forst 65 cm, im Höglwald 35 cm), andererseits durch das deutlich geringere Auflichtungsprozent im Höglwald erklärt werden. Die aus der BHD-Verteilung 2014 geschätzte gesamte oberirdische Biomasse lag auf den Kahlflächen mit 64,0 (Ebersberger Forst) und 68,5 (Höglwald) Tonnen (atro) pro Hektar jeweils deutlich höher als auf den entsprechenden Femelflächen (Ebersberger Forst 15,7, Höglwald 15,8 Tonnen (atro) pro Hektar).

… und von besserer Qualität

Die Qualität der Jungbuchen ergab sich aus Kronenform und Stammform nach der Farbeinteilung in Abbildung 3. Buchen hoher Qualität zeichnen sich demnach durch mehr oder weniger wipfelschäftige Kronen ohne Tendenz zu Mehrfachzwiesel, Verbuschung oder Kronenauflösung bei gleichzeitig geradem bis schwach knickigem Stamm aus.
Für beide Standorte lag der Anteil von Buchen mit hoher Qualität auf den Femelflächen deutlich über den Werten der Kahlflächen (Abbildung 4).

Auf der Femelfläche im Ebersberger Forst stieg der Anteil gut geformter Buchen zwischen 2014 und 2016 von 46 auf 55 %. Im Höglwald lag der Anteil qualitativ hochwertiger Bäume bereits 2014 bei 71 % und verringerte sich bis 2016 unwesentlich auf 68 %. Dagegen fanden sich auf der Kahlfläche im Ebersberger Forst 2016 nur 34 % gut geformte Buchen, im Höglwald gar nur 23 %. Auf allen Verjüngungsflächen nahm der Anteil sehr schlechter Buchen zu.

Die beobachtete Entwicklung ist ein Indiz für eine beginnende Selbstdifferenzierung der Buchenbestände. Hierfür spricht auch der Anstieg des Anteils toter Bäume an der Gesamtmenge von 0,9 % (2014) auf 5 % (2016). Zudem zeigte sich die enorme Reaktionsfähigkeit der Buchen auf veränderte Lichtverhältnisse mit deutlich erhöhtem Dickenwachstum auf den Kahlflächen.

Weidig (2016) sieht aber in seinen Untersuchungen in der fehlenden Beschattung durch den Altbestand das Risiko des Qualitätsverlustes durch unkontrolliertes Wachstum. Diese Einschätzung bestätigt unsere Untersuchung bei der visuellen Qualitätsansprache nach Gockel (1994). Der regulierende Schirm des Altbestandes fehlte auf der Kahlschlagfläche von Beginn an und bedingte hier die schlechteren Buchenqualitäten.

Tortendiagramme die zeigen, wie die Qualitätsansprache der Buchenverjüngung auf den einzelnen Flächen ist.

Abb. 4: Qualitätsansprache der Buchenverjüngung auf den beiden Standorten Höglwald und Ebersberger Forst. (Grafik: LWF)

Ernährungssituation

Diagramme die die Nährstoffversorgung der einzelnen Flächen zeigen.Zoombild vorhanden

Abb. 5: Ernährungszustand. (Grafik: LWF)

Die Abbildung 5 zeigt die Ernährungszustände der Buchenverjüngung (die Daten aus 2004 und 2012 entstammen älteren Untersuchungen).
Für Calcium wiesen die Buchen der Femelflächen zunächst deutlich niedrigere Gehalte in den Blättern auf als auf den Kahlflächen. Gemessen an dem Bereich für normale Ernährung von Buchen (Göttlein 2015) lagen die Calciumgehalte auf der Femelfläche im Ebersberger Forst lange Zeit sogar im Mangelbereich. Bis 2016 glichen sich dann aber auf beiden Standorten die Calciumgehalte der Femel- und Kahlflächen zunehmend aneinander an.

Auch bei der Kalium-Ernährung der Jungbuchen schnitten die Kahlflächen beider Standorte deutlich besser ab. Insbesondere nach Freistellung zeigten die Buchen der Femelflächen niedrigere Kaliumgehalte, die teilweise unter den Normalbereich sanken.

Keine signifikanten behandlungsspezifischen Unterschiede ergaben sich für die Nährelemente Magnesium, Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Alle Buchen befanden sich bezüglich Magnesium entweder im oberen Normalbereich oder sogar im Überschuss. Mit Phosphor waren die Buchen dagegen auf beiden Standorten eher schlechter versorgt. Im Hinblick auf Schwefel sind alle Buchen unterhalb der Normalversorgung mit ansteigendem Trend. Die Buchen sind bezüglich Stickstoff im oberen Normalbereich.

Unterschiede in der Ernährung

Die tendenziell bessere Ernährung der Buchen auf den Kahlschlagsflächen mit Calcium und Kalium hat vermutlich mehrere Ursachen.

Kahlschlag mobilisiert Nährstoffe

Die Buchen können die in den ersten Jahren nach Kahlschlag freiwerdenden Nährstoffe aus absterbenden Wurzeln des Fichtenaltbestandes zusätzlich nutzen. Allerdings sind gleichzeitig auch die Nährstoffausträge mit dem Sickerwasser in den ersten Jahren sehr hoch (Huber et al. 2010; Weis et al. 2006; Weis et al. 2001).

Schattenblätter, Sonnenblätter

Die geringeren Calciumgehalte in den Blättern der Buchen können aber auch an der unterschiedlichen Blattmorphologie liegen: Die Blätter entwickeln sich im Femel im Schatten und behalten die Eigenschaft eines Schattenblattes auch längere Zeit nach Freistellung (Engler 1935). Auf beiden Kahlflächen entwickeln sich die Blätter dagegen von Beginn an bei voller Sonneneinstrahlung.

Schattenblätter weisen meist ein nur einschichtiges, Sonnenblätter ein mehrschichtiges, häufig englumiges Palisadenparenchym auf (Schütt et al. 1992). Mit anderen Worten: Sonnenblätter sind dicker und derber als Schattenblätter und enthalten damit einen höheren Zellwandanteil. Da an der Stabilisierung der Zellwände mehrwertige Kationen (vor allem Calcium) beteiligt sind, erklärt dies die im Vergleich höheren Calciumgehalte der Buchenblätter auf den Kahlflächen.

Unterschiedliches Wurzelwachstum

Eine dritte Erklärungsmöglichkeit für die Ernährungsunterschiede auf den Flächenvarianten ist das langsamere und vor allem lichtlimitierte Wachstum der Buchen unter Schirm. Um die Energiegewinnung aus Sonnenlicht zu optimieren, müssen die Buchen für eine große Blattfläche sorgen und den fixierten Kohlenstoff vor allem zur Bildung von Blattmasse und zum Wachstum in Richtung Licht nutzen. Dies kann die Tiefenerschließung des Bodens durch langsamer wachsende Wurzeln bedingen.

Da vor allem im Ebersberger Forst, aber auch im Höglwald die calciumreichen Bodenschichten erst unterhalb 50 cm beginnen, der Oberboden dagegen deutlich versauert ist, können die Bäume hinsichtlich ihrer Calciumernährung gegenüber den rascher und unter voller Strahlung wachsenden Buchen der Kahlflächen ins Hintertreffen geraten.

Zusammenfassung

Buchenverjüngung mit Fichtenaltbestand im HintergrundZoombild vorhanden

Abb. 6: Buchenverjüngung im Femel. (Foto: W. Weis)

Fichtenaltbestände im Ebersberger Forst und im Höglwald wurden jeweils nach Femelhieb und Kleinkahlschlag mit Buche verjüngt. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituationen für die Buchenverjüngungen war anzunehmen, dass sich die Jungbuchen bezüglich Wuchsform, Wachstum und Ernährung unterscheiden. Klarere Antworten waren aus dem Forschungsprojekt »Femel- und Kleinkahlschlag im Langzeitvergleich« hierzu zu erwarten.
Da der Buchenvoranbau auch eine finanzielle Investition darstellt, muss auf die Qualität der Buchen besonders geachtet werden. Hier bringt der Femelschlag ein Verjüngungskollektiv mit deutlich besserer Qualität hervor. Die höhere Biomasseentwicklung der Buchenverjüngung und die tendenziell bessere Ernährung der Verjüngung auf den Kahlschlagflächen wiegen die Nachteile der schlechteren Qualität und der anfangs hohen Nitrat- und Nährstoffauswaschung nur bedingt auf.
Für zukünftige Auslesedurchforstungen steht auf den Kahlflächen ein deutlich kleineres Kollektiv gut ausgeformter Buchen zur Verfügung. Um diese Nachteile zu vermeiden, wird heute in der waldbaulichen Praxis in Fichtenreinbeständen ein rechtzeitiger Voranbau angestrebt und der Schirm durch schonende Durchforstungseingriffe möglichst lang gehalten (Bayerische Staatsforsten 2009).

Literatur

  • Bayerische Staatsforsten (2009): Richtlinie Bewirtschaftung von Fichten- und Fichtenmischbeständen im Bayerischen Staatswald. WNJF-RL-001 »Fichtenrichtlinie«, Version 01.00. Regensburg. 83 S.
  • Gockel, H. A. (1994): Soziale und qualitative Entwicklungen sowie Z-Baumhäufigkeiten in Eichenjungbeständen. Universität Göttingen: Dissertation
  • Göttlein, A. (2015): Grenzwertbereiche für die ernährungsdiagnostische Einwertung der Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Eiche, Buche. Allg. Forst- u. J.-Ztg. 186, S. 110–116
  • Huber, C.; Aherne, J.; Weis, W.; Farrell, E.P.; Göttlein, A.; Cummins, T. (2010): Ion concentrations and fluxes of seepage water before and after clear cutting of Norway spruce stands at Ballyhooly, Ireland, and Höglwald, Germany. Biogeochemistry 101, S. 7–26
  • Engler, A. (1935): Waldbau auf ökologischer Grundlage, Ein Lehrund Handbuch. Springer Verlag Berlin Heidelberg.
  • Schütt, P.; Schuck, H. J.; Stimm, B. (Hrsg.) (1992): Lexikon der Forstbotanik. Ecomed Verlagsgesellschaft mbh, Landsberg/Lech
  • Weidig, J. (2016): Qualitätsentwicklung von Buchenvoranbauten (Fagus sylvatica L.) nach unplanmäßigem, sturmbedingtem Verlust des Fichtenschirms. Technische Universität Dresden. Dissertation. 227 S.
  • Weis, W.; Huber, C.; Göttlein, A. (2001): Regeneration of Mature Norway Spruce Stands: Early Effects of selective Cutting on Seepage Water Quality and Soil Fertility. The Scientific World. S. 493–499
  • Weis, W.; Rotter, V.; Göttlein, A. (2006): Water and element fluxes during the regeneration of Norway spruce with European beech: Effects of shelterwood-cut and clear-cut. Forest Ecology and Management 224, S. 304–317

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