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Marco Kunz
Anzeichen des Klimawandels frühzeitig sichtbar machen – LWF aktuell 122

Art und Anzahl der Erbanlagen bestimmen über Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit von Waldbeständen. Während unter der Angepasstheit eine positive Reaktion auf derzeit vorherrschende Umwelt- und Standortsbedingungen zu verstehen ist (z. B. die geeignete forstliche Herkunft), beschreibt die Anpassungsfähigkeit das Potenzial eines Waldbestandes, auf neue und zeitlich rasch ändernde Bedingungen (wie sie die Klimaerwärmung durch die Häufung von Extremwetterereignissen mit sich bringen) positiv reagieren zu können. Voraussetzung hierfür ist eine hohe genetische Vielfalt.

Vor diesem Hintergrund sind der Verlust an genetischer Variation sowie Störungen im genetischen System wichtige Indikatoren für eine Bewertung dieser Anpassungsfähigkeit. Störungen äußern sich zum Beispiel durch Inzuchteffekte, enge Familienstrukturen und hohe Verwandtschaftsgrade, die mit einer räumlich sehr eingeengten Pollen- und Samenausbreitung einhergehen. Mit einem genetischen Monitoring sollen der gegenwärtige Zustand der genetischen Variation und der Zustand des gesamten genetischen Systems auf Populationsebene sowie zwischen den Populationen beobachtet und bewertet werden.
Grafik mit grünem Hintergrund, neun Balken, wovon drei hoch und die restliche eher kurz sindZoombild vorhanden

Abb. 1: Genetische Diversitätsparameter von Altbäumen und deren Nachkommen (Grafik: LWF)

Mit dem Verbundprojekt »Gen- Mon« wurde 2016 erstmalig ein flächendeckendes Beobachtungsnetz in Deutschland etabliert, in dem genetisches Monitoring für die forstlich relevanten Hauptbaumarten Buche und Fichte stattfindet. GenMon umfasst 14 Buchen- und zehn Fichtenbestände und ist durch ein einheitliches Versuchsflächendesign gekennzeichnet.

Mindestens 250 Altbäume und 400 Verjüngungspflanzen sowie die Samen von 20 fruktifizierenden Altbäumen werden beprobt und genetisch analysiert. Im Verbundprojekt sind zehn Institutionen mit vier Laboren beteiligt. Das Amt für Waldgenetik (AWG) koordiniert dieses Projekt und ist zuständig für die Einrichtung und phänologische Beobachtung von zwei Buchen- und einem Fichtenbestand in Bayern. Daneben ist es für die genetischen Analysen von sieben Buchenflächen und der bayerischen Fichtenfläche zuständig.

Für die zwei bayerischen Buchen-Monitoringbestände wur- den verschiedene genetische Parameter berechnet und einzelne Diversitätsindizes dargestellt. In beiden Beständen herrscht ein intakter Genfluss. Die genetische Vielfalt der Elterngeneration wird vollständig auf die Nachkommenschaften (Samen, Naturverjüngung) übertragen. Auf der Fläche Adlgaß (Grafik) besteht ein Genfluss von außerhalb des Bestandes, was durch eine höhere Anzahl privater Allele in der Naturverjüngung sichtbar wird.

Private Allele sind solche, die bei den analysierten Altbäumen nicht vorhanden sind. Die erhöhte genetische Vielfalt in der Naturverjüngung der Adlgaßer Buchenfläche könnte daher stammen, dass diese Pflanzen die Nachkommen mehrerer Samenjahre sind. Da in einem Samenjahr nicht alle potenziellen Elternbäume gleichmäßig am Reproduktionsgeschehen teilnehmen, kommt es in der Verjüngung zu einer genetischen Akkumulation, da die Bucheckern nur das Reproduktionsergebnis eines Samenjahres abbilden. Weitere Auswertungsanalysen (z. B. Elternschaftsanalysen) lassen Rückschlüsse auf das Reproduktionsverhalten zu. Sie liefern die Grundlage für die Ableitung räumlicher Familienstrukturen, zum Beispiel die Ausbreitungsdistanzen von Pollen und Samen.
Blick vom Boden in BuchenbaumkronenZoombild vorhanden

Abb. 2: Kronendach eines Buchenaltbestandes zeigt Unterschiede im Austriebsverhalten. (Foto: Marco Kunz)

Das genetische Monitoring wird ergänzt durch phänologische Beobachtungen (Austriebsverlauf, Blüh- und Fruktifikationsintensität) sowie Vitalitätseinschätzungen an ausgewählten Individuen. Anhand stündlich aufgezeichneter Wetterdaten lassen sich abiotische Einflüsse aufzeigen (z. B. Spätfröste), die sich negativ auf das Reproduktionsgeschehen (z. B. Absterben der Blüten) auswirken können.

Anhand der Boniturdaten aus den Jahren 2017 bis 2019 ließen sich auf allen bayerischen Versuchsflächen sowohl bei den Altbäumen als auch in der Verjüngung Früh- und Spättreiber identifizieren (Foto). Deren Vorhandensein und räumliche Verteilung kann sich ebenfalls auf das Reproduktionsgeschehen auswirken, da bei einem Spätfrostereignis nicht alle Individuen in gleichem Ausmaß geschädigt werden.

Über eine Integration des genetischen Monitorings in das bestehende forstliche Umweltmonitoring (z. B. Wald- und Bodenzustandserhebung) können zeitliche und räumliche Veränderungen genetischer Parameter frühzeitig aufgezeigt werden. Das genetische Monitoring ermöglicht erstmals Einblicke in die genetische Intaktheit von Waldbeständen. Daraus lässt sich die Anpassungsfähigkeit von Waldbeständen wissenschaftlich beurteilen. Dieses Wissen liefert wichtige Entscheidungsund Planungshilfen für die weitere Behandlung von Waldbeständen.

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